ADHS / Strukturierter Typ / Medikation

Hallo zusammen

Ich bin neu hier und muss sagen, dass dieses Forum absolut grossartig ist - herzlichen Dank für eure Erfahrungen und Tips.

Nun zu mir. Ich bin der strukturierte ADHS‘ler bzw. ist Chaos für mich enorm belastend.

Meine Diagnose habe ich mit 22 Jahren erhalten - bin nun 30 und habe bereits einiges ausprobiert und antrainiert.

Ich weiss nicht wie es euch ergangen ist, aber der Übertritt vom Inneren Kind ins erwachsene Ich war wichtig und richtig - jedoch zeigen sich nun neue Probleme, welche es anzupacken gilt.

Als Kind und Jugendlicher hatte man immer mal wieder Zeitfenster, um auftanken zu können (nichts tun, Unfug machen, etc.) Als Erwachsener muss man nun tagtäglich funktionieren und „anwesend“ bzw. selbstorganisiert sein. Das alles wäre halb so schlimm, wenn es nicht ständig so extrem anstrengend wäre. Dass daraus jeweils Erschöpfungen = Depressionen = Angstzüstände resultieren, liegt in der Sache der Natur.

Ich komme gerade wieder einmal aus einer schweren Depression und bin nun bereit, mein Leben für das Erwachsene-Ich auszulegen bzw. anzugehen.

Hierbei stellt sich mir die Frage, welches Medikament das Richtige für mich ist.

Ich muss zugeben, dass SERTRALIN hat mir in meinen schlimmsten Stunden immer hervorragend geholfen. Es beruhigte und stabilisierte mich immer enorm. Gepaart mit einer psychologischen Therapie kam/komme ich - zum Glück - immer wieder aus diesen Löchern heraus.

Nun ist es ja so - ich denke ihr kennt das - dass Depressionen eines von vielen Klötzchen auf dem ADHS ist. Wenn dann nur noch das ADHS „übrig“ bleibt - so wie es jetzt bei mir der Fall ist, stellt sich die Medikamentenfrage erneut.

Das Sertralin habe ich vor 3 Monaten (2 Jahre eingenommen) wieder abgesetzt. Ich möchte wieder tiefe Gefühle zulassen und ausleben. Jedoch suche ich ein Medikament, dass mir hilft, für Notfallsituationen einnehmen zu können - falls nötig selbstverständlich auch täglich.

Vor zwei Wochen habe ich das Ritalin zum ersten Mal ausprobiert. Der Fokus war toll - jedoch haben sich meine innere Unsicherheit und Ängste dadurch verstärkt.

Ist es richtig, dass Elvanse eher dämpfend wirkt? Kann man dieses Medikament auch nur an einzelnen Tagen nehmen?

Generell habe ich in meinem Leben zurzeit nur Aufgaben , die mich sehr interessieren = Hyperfokus. Dadurch bin ich jedoch immer direkt im Tunnel und dementsprechend ausgelaugt. Gerade an Wochenenden, wo soziale Kontakte anstehen etc. komme ich jeweils fast nicht über die Runde bzw. ist alles so anstrengend, da ich mich auf nichts konzentrieren kann (keine Lust, da keine Reserven).

Das der Stand unseres Ernergiehaushaltes zentral ist, wissen sicherlich die meisten von uns. Dennoch bin ich absolut für Medikmente, wenn sie mir helfen bzw. mein Leben erleichtern. Alles so zu planen, dass der Energiehaushalt immer stimmt, ist praktisch unmöglich - vor allem bei mir in der jetzigen Lebensphase.

Herzlichen Dank für eure Ratschläge in Sachen Medikamente.

1 „Gefällt mir“

Hi, willkommen im Forum

Welches Medikament genau hast du in welchen Aufdosierungsschritten genommen?

Elvanse wirkt anregend, aber sanfter.
Stimulanzien kann man alle tageweise nehmen. Bei der Eindosierung sollte man sie aber erst mal durchnehmen.

Hier ein paar allgemeine Infos zur Eindosierung von Stimulanzien bei AD(H)S.

1. Koffein komplett vermeiden
Wirklich wichtig: kein Koffein bei der Eindosierung von Stimulanzien. Nicht nur weniger, sondern ganz konsequent: gar keines.

Koffein ist ein Adenosinantagonist, d.h. es hemmt Adenosin. Und Adenosin hemmt Dopamin. Im Ergebnis fördert Koffein Dopamin.
Es ist oft so, dass Koffein und Stimulanzien jeweils allein gut vertragen werden, während sie bei gemeinsamer Einnahme eine Zitterigkeit auslösen können, wie bei einer Stimulanzienüberdosierung - und ebenso andere, gravierender Nebenwirkungen.

Nach der Stimulanzien-Eindosierung, also wenn das passende Medikament und die passende Dosis gefunden wurden, kannst du bei neuem Koffeinkonsum problemlos erkennen, falls Nebenwirkungen aus diesem resultieren und nicht aus den Medikamenten.

Koffein findet sich in Kaffee, Schwarztee, Grüntee, Cola, Energydrinks; verwandte Stoffe finden sich in dunklem Kakao.

2. Eindosierungsleitfaden lesen

3. Eindosierungshilfetabelle verwenden
Besonders wichtig für Frauen aufgrund des Monatszyklus.
Download hier:

https://adhs-forum.adxs.org/t/ein-dosierungshilfetabelle/7270

4. Arzt ist der Maßstab
Und klar: alle Hinweise und Informationen hier im Forum und bei ADxS.org dürfen nie dazu führen, ärztliche Anweisungen zu missachten, sondern dienen ausschließlich dazu, mit dem Arzt besser kommunizieren zu können.

Hallo Keep_going,

ich bin selber von ADHS und phasenweise auch von Depressionen betroffen. Eine gleichzeitige Einnahme von Antidepressiva und Stimulanzien ist durchaus möglich und auch nicht unüblich. Bei mir klappt das sehr gut (Ritalin adult + Escitalopram). Welches Medikament nun das richtige ist - das kann dir sicher nur ein Arzt beantworten. Eine Kombi aus Antidepressiva und Stimulanzen könnte hilfreich sein. Es gibt aber auch ein bestimmtes Antidepressivum (Vanlafaxin), das in gewissen Dosen einen positiven Effekt auf die ADHS-Symptomatik haben kann und eben zugleich antidepressiv und angstlösend wirkt.

Mit Elvanse kenne ich mich nicht aus. MPH kann man durchaus auch mal weglassen, man braucht keinen „Spiegel“ aufzubauen. Natürlich muss man sich fragen, ob es Sinn macht z.B. am Wochenende darauf zu verzichten.

Ich finde es spannend, was du zu kindlichem und erwachsenem Ich schreibst. Hast du in der Psychotherapie schematherapeutisch gearbeitet (klingt danach)? Diesen Konflikt kann ich nachvollziehen. Manchmal trauere ich noch um die Zeit, wo es kaum Verantwortung zu tragen galt. Ich glaube nicht, dass man sich von seinem inneren Kind so ganz verabschieden muss. Vielleicht gibt es in deinem Alltag Möglichkeiten, auch der Stimme des Kindes weiter nachzugehen. :slight_smile:

Für mich persönlich war es im letzten Jahr ein guter und richtiger Weg, immer wieder inne zu halten, genau zu beobachten, was ich eigentlich brauche. Und mich davon zu verabschieden, alles immer perfekt und richtig und zur Zufriedenheit aller zu meistern.

Was genau meinst du eigentlich mit „strukturierter ADHS’ler“? Du brauchst Struktur aber findest dich selbst trotzdem immer wieder im Chaos wieder? Bestimmt trifft das auf viele ADHS’ler zu. Ich fühle mich in einer gut strukturierten und ordentlichen Umgebung pudelwohl und gleichzeitig ist es schwer, mir dies zu ermöglichen. :smiley: Ich merke, seit der Ritalin-Einnahme allerdings, dass Chaos, spontane Änderungen von Plänen etc. gar nicht mehr so stören. Ich könnte mir vorstellen, dass so ein Festhalten an Struktur und Routinen sowie ein Bedürfnis nach Ordnung wie ein Sicherheitsanker sind, wenn man sich ständig mit allem überfordert fühlt… Gibt ein bisschen Kontrolle zurück.

Viele Grüße

Hallo Keep Going,

man könnte Methylphenidat oder Elvanse tageweise nehmen, aber erstens ist die Frage ob es sinnvoll ist, und zweitens finde ich es wichtig die richtige Dosis herauszufinden und „sich mit dem Medikament kennenzulernen“ - d. h. über eine zeitlang tägliches Nehmen, nach der du dann entscheiden könntest, ob du es danach nur an bestimmten Tagen nimmst, kommst du eigentlich nicht herum, ich hoffe du verstehst wie ich das meine.

Da du sagst, dass Ängste und Unsicherheit mit Ritalin zunahmen, solltest du mit einer ganz geringen, möglicherweise erst einmal unwirksamen, Dosis anfangen und dann wochenweise in kleinen Schritten steigern.

Hallo zusammen

Herzlichen Dank für eure Zeit & Antworten.

Bezüglich dem „Erwachsenen-Ich“. Ich habe immer wieder festgestellt, dass ich häufig als „Säugling“ (braucht Nahrung & Liebe) durch den Tag gehe bzw. viele Situationen dadurch komplett falsch angehe/intepretiere. Ein grosses Defizit von uns ADHSler ist, dass wir häufig im Kindmodus agieren bzw. fremde Reize auch im Kindermodus aufnehmen. Wenn das Kind dann zudem noch selber an sich herumtherapiert, entstehen eben die einen oder anderen Folgeschäden.

Bei mir ist es seit den letzten 3 Jahren folgendes:

  • brauche viel mehr Ruhe als vorher
  • viel weniger soziale Kontakte als vorher (hatte/habe immer einen grossen Freundeskreis, aber nie so richtig tief?!)
  • viel mehr Ängste, vor allem in Menschenmengen = Schwindel
  • permanente Unterbauchanspannung, dadurch Schwindel
  • nur Antrieb für Situationen, die mit einer Verpflichtung einhergehen

Aufgrund dessen suche ich ein Medikament, was mir den inneren Druck & die ständigen Grübeleien abfedert und den Fokus gibt. Ich bin zurzeit noch ehrenamtlich tätig und führe eine Gruppe. Die Sitzungen sind so anstregend, da mich alles ablenkt - vor allem die fremden Emotionen. Dennoch erfüllt mich dieses Amt….

Das Medikinet habe ich 2 Tage morgens 10mg und mittags 10mg genommen. Ich war zu fest fokussiert völlig überdreht und der Rebound war enorm. Darüber hinaus haben sich meine Ängste - vor allem beim Rebound und am nächsten Tag extrem getriggert. Verwirrtheit kam ebenfalls dazu.

Ich suche etwas wie Sertralin…jedoch weniger dämpfend, dafür mehr Fokus und dennoch etwas angstlösend. Elvanse?

Nachtrag: Ich bin der strukturierte ADHS-Typ, da mir mein Vater dies auf den Weg gegeben hat. Er selber ist extrem strukturiert und perfektionistisch… diese Züge habe ich von ihm. Für mein ADHS ist das sehr hilfreich, jedoch ist das ständige ordnen sehr anstrengend.

Neue Orte, Abläufe etc. bringen mich immer zum Verzweifeln.

Orte: Ich gehe in die Ferien und kann nicht auftanken, da alles neu ist bzw. nichts eingeordnet werden kann. Ich war mal 2 Monate auf Reisen - habe im Anschluss, nach ca. 6 Monaten wieder am Heimatort - die Reise in Gedanken durchgemacht und konnte erst dann „reisen und geniessen“ / habe ein sehr fotografisches Gedächnis.

Abläufe: Das selbe - sobald ein grosser Wandel ansteht, strengt mich dies extrem
an. Nach einer Zeit - wenn alles abgescannt und eingeordnet wurde - läuft es dann wie am Schnürchen. In dieser Phase bin ich im Hyperfokus und danach im Langeweilemodus und die Probleme fangen wieder an

Liebe Grüsse