ADHS und Autismus Diagnostik?

Hallo,

Ich habe seit 3 Jahren eine Autismus-Diagnose, habe aber seit längeren den Verdacht, dass ich auch (oder stattdessen) AD(H)S habe. Wobei ich eher von ADS ausgehe.

Dies wollte ich gerne in einer Diagnostik prüfen lassen. Da ich gerade Arbeitslos bin und auch einen Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben gestellt habe, wäre die Diagnose zusätzlich zu der Autismus-Diagnose auch hilfreich (es geht aber auch ohne), daher wollte ich es auch dieses Jahr noch machen.

Ich habe hier im Forum nach der aktuellen Liste gefragt mit allen Diagnostiken in Hamburg und Umgebung. Leider stellte sich heraus, dass nur eine Praxis Diagnostiken in diesem Jahr macht, weil alle anderen überlastet sind.

Also hatte ich dort einen Termin für eine ADHS Diagnostik gemacht und musste nur 2 Monate warten.

Heute war ich dort und es stellte sich heraus, dass es garnicht um die Diagnostik geht, sondern nur ein allgemeines Vorgespräch. Hatte ich aber irgendwie auch befürchtet, weil auf meine Anfrage zu einer ADHS Diagnostik viel zu wenig Informationen kamen, nur der Termin.

Er sagte mir, dass er sich mit Autismus nicht auskennt und darum dazu nichts sagen kann. Ich sollte ihm aber einmal erzählen, wieso ich glaube, dass ich ADHS habe. Glücklicherweise hatte ich mich genau darauf vorbereitet (denn ich vergesse sowas immer und kann es nicht spontan aufrufen). Also habe ich ihn einige Beispiele genannt. Nach jedem Beispiel kam ein „Ja das muss aber kein ADHS sein“, was mich ziemlich irritierte. Dadurch wurde ich dann auch hastiger in meinen Ausführungen und vergaß doch wieder einiges. Generell war seine Meinung aber, dass das ja auch alles Autismus sein kann (er war der Meinung, dass sich Autismus und ADHS ausschließen).

Am Ende konnte ich ihn dann doch überzeugen, dass es einige Hinweise gibt, die eine genauere Untersuchung rechtfertigen. Dafür soll ich in einem Monat nochmal vorbei kommen und meine Zeugnisse mitbringen. Er sagte aber auch, dass die Diagnose garkeinen Sinn macht, wenn in den Zeugnissen nicht eindeutige Hinweise stehen.

Er schien generell sehr gegen die Diagnostik zu sein. Ich denke, das hat auch damit zutun, dass ihn der Autismus unsicher macht und er den eigentlich als Ausschlusskriterium im Kopf hat bei ADHS (was ja vor 10 Jahren glaube ich der Fall war).

Jetzt weiß ich nicht, ob ich bei ihm gut aufgehoben bin, oder ob er der ganzen Sache von Anfang an voreingenommen gegenüber steht. Ich werde ihn nicht Autismus erklären können, oder wie man Autismus und ADHS differenziert diagnostiziert.

Meine Zeugnisse habe ich alle, aber da treten die Auffälligkeiten besonders nach der Pubertät auf, da fangen die starken Leistungs- und Konzentrationsschwankungen an. Ich weiß nicht, ob ihm das früh genug ist.

Wie war das bei euch? Musstet ihr auch die Zeugnisse vorzeigen als Kriterium? Und gibt es hier eventuell welche, die Autismus und ADHS haben? Wie war es bei euch mit der Diagnostik? Macht es Sinn, das nur von ADHS+Autismus Spezialisten machen zu lassen?

Solch eine spezialisierte Praxis gibt es hier auch, die hat aber bis auf weiteres Aufnahmestopp, da gerade zum Thema „Autismus und ADHS“ zu viele Anfragen sind.

Hi,

Zeugnisse sind ein sehr hilfreiches Diagnoseinstrument, aber wahrlich nicht das einzige oder alleinentscheidende.
DSM 5 hat das „Verbot“, ASS und AD(H)S gleichzeitig zu geben, aufgehoben, das es in DSM IV noch gab.

Mach einfach noch weitere Termine bei denen, die Dir erst später einen geben können - und erwäge, etwas weiter zu fahren. Falls der Doc hier nicht gründlich vorgeht, hast Du dann wenigstens die Wartezeit verkürzt.

Hat er Dir keine Fragebögen mitgegeben ? Dann erst recht !!!

Viel Erfolg

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Also beides überlappt sich in einem ziemlich großen Symptombereich… mein Sohn hatte erst die Diagnose ADHS und später kam noch ASS dazu…

Jetzt sind wir nach drei Jahren Wartezeit ab Diagnose in einem Elterntraining… alle 8 Kinder der teilnehmenden Eltern haben beide Diagnosen.

→ lass Dir das bloß nicht ausreden, es ist eher häufig, beides zu haben!

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Ich dachte, er habe keine Ahnung vom Autismus, aber erlaubt sich solche Meinung?

Ich würde den nächsten Termin bei ihm wahrnehmen ( vielleicht hat er sich gut bis dahin eingelesen) und in der Zwischenzeit woanders versuchen einen Termin zu bekommen. Auch wenn du größere Strecken in Kauf nehmen musst, mit der Bahn von Hamburg aus null Problem.
Kann dir die EOS Klinik in Münster empfehlen, diese kennt sich bestens mit beiden Störungen aus. Hamburg- Münster fährt man unter drei Stunden mit der Bahn.

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Ich bin auch der Meinung, auf alle Fälle nach einem anderen Arzt oder Klinik suchen…für mich wäre er mit dem Satz…ADHS und ASS schließt sich aus…sofort raus.
Was will man mit so einem Arzt?
Wenn ein Auto mechaniker zu mir sagt…also Getriebe und Motor können nicht gleichzeitig defekt sin, suche ich mir ne andere Werkstatt.
Ich bin beim aussotieren von inkompetenten Fachleuten sehr streng…

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Beitrag vom Verfasser gelöscht

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Öhm… Das scheint mir nun aber auch etwas übertrieben…
Aber lieber so als andersrum…

Also bei meiner Diagnostik bei einer auf Erwachsenen-ADS spezialisierten Ärztin brauchte ich nichts von alledem - keine Zeugnisse, keine Fremdeinschätzung und erst recht kein EEG oder MRT…

Und ich habe einen Hochschulabschluss… all das hat sie nicht abgehalten, die Diagnose recht schnell zu stellen.

Für sie scheint mein Fall wohl klar genug gelagert gewesen zu sein… aber all diese Anforderungen hat sie auch immerhin nicht schon von vornherein gestellt… vielleicht soll man das je nach Konstellation zum zweiten Termin dann noch mitbringen…

Fremdeinschätzung gehört allerdings laut Leitlinien dazu. Bei mir war es ein Fragebogen, den meine Frau ausfüllen sollte.

Wohlgemerkt, Fremdeinschätzung zur aktuellen Symptomatik, nicht zur Kindheit. Eltern zu befragen ist, wenn es um Erwachsene, die lange nicht mehr im Haushalt der Eltern wohnen, meiner Meinung nach übergriffig.

Eltern von Erwachsenen geht doch die psychiatrische Diagnostik ihrer Kinder rein gar nichts an. Zumal da alte Wunden aufgerissen werden können. Denn wenn eine ADHS festgestellt wird, die logischerweise schon in der Kindheit vorhanden war, wird das verstanden wie eine Infragestellung der Eltern, die sich eventuell damals nicht darum kümmerten. Das würde dann dazu führen, die Symptome herunterzuspielen.

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Ja, logisch. Dafür gibt es aber andere Wege, etwas über das Kindesalter herauszufinden. Zu allererst einmal den oder die Betroffene selbst, schließlich waren wir ja bei unserer Kindheit dabei. Und wie es uns damals ging, wissen wir selbst viel besser als alle Eltern oder Lehrer.

Wenn ein Arzt der/dem Hilfesuchenden nicht glaubt und zur Kontrolle noch Zeugnisse oder Elternbefragungen zur Bedingung macht, stimmt etwas mit dem Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt nicht.

Meine Mutter lebt inzwischen nicht mehr. Als ich mich 2003 diagnostizieren ließ, war sie 70 und ich seit 15 Jahren zu Hause ausgezogen. Der habe ich doch nicht erzählt, ich gehe zum Psychiater und der möchte wissen ob ich als Kind Hypie war. :adxs_grins:

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So viel zur Theorie von DSM und ICD. Das sind aber eher statistische Manuale der Klassifizierung einer Diagnose zum Zweck der Abrechnung gegenüber den Krankenkassen als zum Zweck der Feststellung einer behandlungsbedürftigen Problematik. Ärzte, die sich stur danach richten, zeigen aus meiner Sicht mehr Unsicherheit in der Diagnostik als Kenntnis von der Störung selbst.
Stichwort: Late onset.
Die AD(H)S-Kriterien haben sich von DSM I bis DSM 5 schon sehr verändert. Die Probleme der Betroffenen waren jedoch stets die selben. AD(H)S gab es schon vor dem DSM…

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Ich habe die Diagnose ADHS…ohne Zeugnisse, ohne Eltern, ohne Sonstwem…2 ADHS Spezialisten haben all das nicht benötigt, um die Diagnose zu stellen…die wussen nach sehr kurzer Zeit was los ist.
Ich denke hier im Forum sind auch einige, die die Diagnose stellen könnten, wenn sie denn dürften oder wollten.

Das ein Patient nur was Vorspielt, kann natürlich passieren, niemand kann in den Kopf schauen…das selbe wie bei jeder anderen psychischen Erkrankung auch.

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Hier ebenso. Im Übrigen auch ohne EKG.

Im Rückblick denke ich, Eisen, Vitamin D, etc. hätte man schon nochmal angucken können im Zuge des Feintunings der Dosierung, aber wer mit sehr abgefahrenen Reifen zur Diagnose kommt, hat in der Regel auch keinen Nerv für weitere eingebaute Hürden jeglicher Art, sondern benötigt dringend Hilfe und ist auch dankbar dafür.

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Beitrag vom Verfasser gelöscht

Bei meiner eigenen Diagnose wurden auch die von dir aufgezählten Dinge benötigt. Ich konnte aber nicht alles vorweisen, insofern wurde die Diagnose nur mit Eigen-, einer Fremdbewertung und einer ausführlichen Testung (IQ, Arbeitsgedächtnis, Verarbeitungsgeschwindigkeit, „Fehleranfälligkeit“,…) gestellt.
Bei mir ist es übrigens umgekehrt: ich habe eine ADS-Diagnose, aber es passt auch sehr viel aus dem Bereich des Autismus. Mir ist erst vor einiger Zeit im Rahmen von Psychotherapie bewußt geworden, dass soziale Interaktion für die meisten Menschen instinktiv und nicht aktiv durchdacht und analysiert abläuft. Seit meiner Kindheit dachte ich, dass ist nur ein „Skill“ in dem ich mich nicht genug anstrenge und den ich schlecht gelernt habe.
Aber um auf deine Ausgangsfrage zurückzukommen: So wie du es schilderst, hört es sich so an, als wäre der Arzt mit der Kombination und den Eigenheiten einer kombinierten Diagnose nicht vertraut. Erstmal nicht sie besten Vorraussetzungen. Andererseits immer noch besser als eine sehr lange Wartezeit. Vielleicht machst du parallel einen Termin oder einen Wartelistenplatz bei einem ADHS & Autismus Spezialisten aus, dann hast du keine Wartezeit verschenkt, sofern du die Diagnostik bei der jetzigen Praxis abbrichst.

Wie meinst du das?
Jeder kann selbst entscheiden, ob er seine Diagnostik zutraut oder für zu schwammig empfindet.
Ich bin in der Diagnostik sehr gründlich untersucht worden, Blut, EEG, EKG, tausend Gespräche und Computer Tests, inklusive der Fremdbewertung meines Mannes. Es wurde auch den Bogen von den Eltern und Zeugnissen aus der Kindheit verlangt, diese konnte ich aber nicht liefern. Und ich bin froh, dass es daran nicht gescheitert hat und ich trotzdem die Diagnose bekommen habe.

Und ich muss ehrlich sagen, ich kann mir echt nicht vorstellen, wie einer nicht Adhsler unsere Medikamente missbrauchen will. Denn ich stelle es mir voll eklig vom Gefühl her.

Bei der Diagnose von anderen psychischen Krankheiten vertraut man auch meistens nur die Berichte der Betroffenen. Und hier kommt man mit Medikamenten raus, die viel mehr Schäden und Suchtpotenzial mit sich bringen.

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Die Frage finde ich sehr wertvoll und cool, @allmighty. Danke. Ich werde mir ein Beispiel daran nehmen.

Unmedikamentiert und mit aufgedrehter Rejection Sensitivity wäre meine normale „Go-to-Reaktion“ nämlich evtl. eine Mischung aus Sarkasmus und beleidigter Teewurst vom Schlage „Wir geben uns hier alle Mühe und beraten uns gegenseitig auf der Basis eigener Erfahrungen“ (und dann vielleicht noch was Wurstiges, je nach Zyklusphase).

So kann es aber ja kaum gemeint gewesen sein. Oder hat das evtl. mit dem Autismus zu tun, dass eine aus Deiner Sicht „nicht leitlinienkonforme Durchführung“ gleich zur Abqualifikation führt, @anon94021787 ? Das interessiert mich wirklich sehr und ich würde sicher viel lernen für mein Kommunikationsverhalten. Recht herzlichen Dank.

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Exactly.
Je besser ein Arzt sich auskennt, desto weniger braucht er Schema F. Kann hilfreich sein oder (wenn schlampig und nur gefühlt erfahren) schädlich.

Das ist aber bei jeder Profession so. Die erfahrenen alten Hasen sehen oft mehr als die, die noch das Handbuch aus der Ausbildung daneben liegen haben.

Bei AD(H)S hat sich in den letzten 20 Jahren zudem so viel neue Erkenntnis ergeben, die Ärzte, die noch auf ihr Ausbildungswissen zurückgreifen, nicht haben.

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Nein, nicht allein was ein Mensch dem Arzt an Symptomen berichtet. Es sind ja mehrere Fragebögen und ein strukturiertes Interview.

Und ich habe nicht gesagt, dass Zeugnisse und sonstige externe Bestätigungen nicht einbezogen werden sollten. Aber nur eben wenn es welche gibt.

Falls du das ironisch gemeint hast: Eltern- und Lehrerauskünfte gehören selbstverständlich zu den Leitlinien. Bei der Diagnose von ADHS im Kindesalter.

Hier geht es aber um Erwachsene, und die Leitlinie möchte ich mal sehen, die die Befragung betagter Eltern oder ehemaliger Lehrer zur Bedingung macht.

Du siehst die Missbrauchsmöglichkeit, wenn der Arzt auf Vertrauensbasis arbeitet. Ich gehe aber stark davon aus, dass die meisten Psychiater schnell herausfinden, wenn Erzählungen unplausibel oder Anekdoten einstudiert wirken. Es reicht ja nicht zu sagen, ich war als Kind verpeilt, sondern man sollte schon schildern können wie sich das auswirkte. Ich denke mal, Simulanten werden bald einsilbig, wenn nachgehakt wird.

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Ganz genau