Hallo zusammen,
ich muss mir mal was von der Seele schreiben…
Mir unterlaufen immer wieder kleinere Fehler in der Arbeit, Unachtsamkeiten, ich vergesse was, bring Sachen durcheinander… Seit 3 Jahren arbeiten ich in diesem Büro aber in der letzten Zeit bin ich leider ziemlich in den Fokus des Chefs geraten. Ich kann gar nichts mehr recht machen und mir kommt das inzwischen wie die reine Schikane vor. Weil IMMER irgendwo was zu finden ist, das man kritisieren kann. Selbst, wenn alles richtig ist, keine Fehler da sind, dann hätte Chef irgendwas bitteschön noch ausführlicher gewünscht. Ich orientiere mich an den Ausführungen der Kollegen, aber was da gut ist, ist bei mir seit ein paar Monaten immer Kacke.
Ich hatte soooo viel Hoffnung auf das Medikinet gesetzt und tatsächlich war ich um einiges ruhiger, weniger gestresst, konzentrierter, konnte sogar strategisch an meine Arbeit gehen.
Bislang waren Baustellentermine für mich ein absoluter Kraftakt. Eigentlich trifft man sich ja, um das weitere Vorgehen und die Zeitplanung zu besprechen. Die ganzen Infos, die da auf mich einprasseln, die konnte ich nie sofort verarbeiten, habe mir immer 1 Tag für die Bearbeitung und Entscheidung erbeten und im Büro erst mal alle Infos aufgedröselt, zugeordnet, nachgeschlagen und dann die Rückmeldungen an die Firmen geschickt. Baustellentermine waren immer so, als ob jemand in einem klaren See Sand und Matsch aufwirbelt und dann kann man nichts mehr sehen und muss warten, bis sich der Sand gelegt hat und erst dann kann man unter Wasser wieder durchblicken. Nach so einem Baustellentermin war ich immer fix und alle und konnte gar nicht mehr denken.
Mein erster und bislang einziger Baustellentermin unter Medikinet war dagegen klar, die Infos konnte ich quasi gleich vor Ort verarbeiten und in die richtige Reihenfolge bringen und ich war danach frisch und munter.
Leider bin ich durch das Medikament in ein Stimmungstief geraten. Und ausgerechnet da kommt wieder mal mein Chef und haut mir meine Arbeitsergebnisse verbal um die Ohren. Zum kleinen Teil berechtigt, zum großen Teil völlig überzogen und auch unfair. Stimmung ist dann an dem Abend in pure Verzweiflung gekippt und so stand ich dann am folgenden Tag völlig verheult beim Neurologen meines Vertrauens und hab mich für den Rest der Woche krank schreiben lassen.
Ich hab mich umgehend telefonisch krank gemeldet, das Attest per Post ins Büro geschickt und per Mail angekündigt, das ich noch anrufen würde, wenn ich weiß, wann ich wieder komme. Tja, und das hab ich vergessen. Anzurufen. Das wird also am Montag wieder Ärger geben.
Mich zieht das so runter, weil ich ja nun ENDLICH mal etwas gefunden habe, was mir hilft, vernünftig zu arbeiten und jetzt haut das nicht hin. Ich werde den Arzt natürlich um ein anderes Präparat bitten, wir probieren da solange, bis wir was gefunden haben. Aber das daaaauert wieder…bis ich einen Termin kriege…
Und ausgerechnet in dieser Phase bin ich das schwarze Schaf im Büro. Dafür hab ich echt keine Nerven.
Das kommt mir so vor, als ob das Leben immer dann, wenn ich aufrecht stehen kann, mir von der Seite in die Kniekehlen tritt.
Immer schön am Boden bleiben, liebe Christina! DU wirst es NIE schaffen!!
Das Selbstabwertung ein Symptom bei AD(H)S ist, das wusste ich nicht. Bei mir ist das dermaßen ausgeprägt, dass ich mich nie traue, ein anständiges Gehalt zu verlangen. Das ist der nächste Punkt, der mich gerade so ankotzt: ich bekomme im Vergleich zu meinen Kollegen fast 1/3 weniger Gehalt bei gleichem Aufgabenspektrum. Der Gesetzgeber definiert das als sittenwidriges Gehalt. Und ich trau mich trotzdem nicht, mehr zu fordern, weil ja meine Leistung so schlecht ist, weil ich mehr Fehler mache, mehr vergesse. Und zu einem Zeitpunkt, wo der Chef keine Gelegenheit auslässt, mir seinen Unmut deutlich zu zeigen, ist die Bitte um mehr Gehalt…naja…nicht gerade erfolgversprechend. Andererseits steigt in mir eine Wut auf, weil ich so deutlich schlechter bezahlt werde, aber mindestens genauso viel leisten soll wie die Kollegen. Und mit einer Unnachsichtigkeit terrorisiert werde.
Eigentlich wollte ich in diesem Büro bis zur Rente bleiben, weil ich die Kollegen sehr mag. Wir ticken ähnlich. Die Projekte sind interessant, die Arbeit abwechslungsreich und ich arbeite eigenverantwortlich.
Aber unter diesen Umständen kann ich da kaum bleiben. Ich muss Miete bezahlen. Ich würde gerne mit dem Hund mal Urlaub machen im Bayerischen Wald, ich brauche dringend eine neue Brille, die Spülmaschine macht es auch nicht mehr lange. Aber das ist alles finanziell nicht drin.
Zur Zeit fehlt mir auch jeglicher Antrieb, ich esse nur noch 1 x am Tag weil ich mir nicht mal ein Brot schmieren mag, wenn überhaupt eins zuhause ist. Ich bin müde und komplett überfordert, wenn ich durch die Stadt laufen muss. So viele Menschen, Radfahrer, Autos…das ist zu viel für mich. Ich mag auch nicht raus, weil ich mittlerweile denke, dass man mir ansieht, wie inkompetent, träge und illoyal ich bin.
So, und mit diesem Background muss ich mich auf eine neue Stelle bewerben…
Ich leg mich jetzt mal in die Wanne und bade ein Stündchen in meinem Selbstmitleid… :jammer