Atomoxetin als „ADHS-Neuling“

Hallo zusammen,

ich bin neu hier und hab mal eine Frage an euch.

Zu meiner Person, ich bin 33 Jahre alt und hab am Mittwoch meine erste Verdachtsdiagnose ADHS erhalten. Der Arzt meinte er könnte nach einem einfachen Test noch nicht fest sagen, dass es ADHS ist, aber es sieht stark danach aus. Das zu hören war erstmal eine Erleichterung, nach jahrelanger Ungewissheit wieso meine Gedanken so wirr sind.
Der Arzt hat mir dann direkt Atomoxetin 18 mg verschrieben.
Er meinte, dass ich das wahrscheinlich gar nicht merken werde, und auch selbst auf die doppelte Dosis erhöhen könnte, da man ca. 1 mg pro kg Körpergewicht empfiehlt/nehmen kann. Er es mir aber auch gibt, weil es kein Betäubungsmittel ist.
Er sagte, dass er erst von der Diagnose überzeugt ist, wenn wirklich was wirkt und wir erstmal verschiedene Medikamente ausprobieren müssen. Und wenn Atomoxetin nicht wirkt, würde das nächste ausprobiert werden.

Ich bin dann nach Hause und hab mich natürlich erstmal über das Medikament schlau gemacht, und bin wie jeder der es verschrieben bekommt, irritiert und verärgert.
Denn zum Einen hat niemand meinen Blutdruck gemessen oder nach meiner Herzgesundheit gefragt. Er hat mich nicht nach Medikamenten gefragt, die ich einnehme. Ich hab das sogar anfragen müssen.
Weiterhin hab ich das Gefühl, dass das Medikament auch nicht auf mich zugeschnitten ist. Aber ich glaube ihr kennt auch da besser aus.
Mein größter Leidensdruck besteht darin, dass meine Gedanken so unsortiert sind, alle gleichzeitig, kann nicht filtern, ich bei Gesprächen oft nicht das ausdrücken kann was ich will, weil einfach zu viel los ist in meinem Kopf, dass ich ständig reizüberflutet und gestresst bin.
Ich habe aber keine grundlosen Stimmungsschwankungen. Bin in der Regel immer neutral bis gut gelaunt.

Jetzt habe ich diese Babydosis von 18 mg jedenfalls zwei mal genommen (1x pro Tag) und hatte direkt viele Nebenwirkungen.
Kopfschmerzen, drückende Augen, Albträume (träume sonst fast nie oder vergesse es) aber das allerschlimmste ist, dass ich an beiden Tagen eine kurze Phase hatte wo ich grundlos traurig wurde. Das war schrecklich, jeder der diese Gefühle hat, mein Beileid.

Danke bis hier hin schon mal fürs lesen.

Meine Fragen sind folgende:

  1. findet ihr ich übertreibe?
  2. würde nicht ein anderes Medikament besser zu mir passen? (Atomoxetin wird ja auch bei Depressionen verschrieben, und die habe ich Gott sei dank gar nicht, bzw. haben die erst ein kurzes Gefühl in diese Richtung ausgelöst)
  3. soll ich es einfach weiternehmen, in der Hoffnung, dass es sich bessert?

Ich bin über jede Idee und Anmerkung glücklich.
Könnte sein, dass ich nochmal ein paar Infos hinterher werfe, da ich gerne die Hälfte vergesse :smile:

Liebe Grüße
Anna Abida

Willkommen im Forum!

Puh, starker Tobak. Entweder man (=Arzt) macht eine vernünftige Diagnostik oder lässt es sein. Entweder man „hat“ ADHS oder eben nicht. Mit Medikamenten holt man sich keine Bestätigung über ADHS, egal ob Atomoxetin oder was anderes. Das ist Bullshit.

Wenn man ADHS hat, sind die Stimulanzien Metyhlphenidat und Lisdexamfetamin die erste Wahl. Dazu auch nebenwirkungsärmer als Atomoxetin.

Es kann durchaus sein, dass dir Atomoxetin hilft. Ich habe den Verdacht, dass der Arzt fachlich nicht auf der Höhe ist und mit Stimulanzien keine Erfahrung hat. Vielleicht wollte er auch einfach nur irgendwie helfen, aber das ist dann alles eher suboptimal. Sowas lese ich hier immer wieder, auch das Verordnen vom Atomoxetin.

Blutdruckmessungen beim Arzt zeigen sich meist als „fehlerhaft“. Nennt sich Weißkittelhypertonie, weil in einem medizinischen Umfeld die meisten einen erhöhten Blutdruck haben. Den kann man selbst ganz gut messen. Funktionale Geräte gibt es in Drogerien günstig, ab 30 sollte man so ein Teil sowieso zuhause haben (meine Meinung).

Bzgl. Herzgesundheit: Gab es da mal eine Untersuchung? EKG? UKG? Wenn das nicht lange her ist und alles okay war, würde ich mir keine Sorgen machen. Wenn das noch nie passiert ist oder lange her ist, kann man es beim Hausarzt machen. Einfach die Situation erklären.

Es liegt an dir. Es ist dein Körper, deine Entscheidung. Du musst ein Rezept nicht einmal einlösen wenn du es bekommst. Du kannst es einlösen und die Packung ungeöffnet liegen lassen. Du kannst die Einnahme stoppen. Du kannst das Mittel aber auch weiter nehmen um zu schauen ob es dir hilft.

Wichtig wäre eine richtige Diagnostik, keine Verdachtsdiagnose. Darauf würde ich persönlich bei dem Arzt beharren und eine Priorität setzen. Grundsätzlich empfehle ich in der Kommunikation mit einem Arzt Offenheit. Also auch Zweifel und Gedanken offen kommunizieren. Gedankenlesen ist schwierig und führt zu Fehlinterpretationen. :smiley:

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Hallo :slight_smile: Danke für die zügige Antwort. Ich habe generell einen sehr niedrigen Blutdruck, also nichts aufregendes. Mir ging es da eher ums Prinzip.
Also ich habe eine ADHS Diagnostik mit einer Arzthelferin durchgeführt. Der Arzt sagte mir, dass 4 von 7 Bereichen auf ADHS schließen aber man es nie 100% sagen könnte. Er mit mir aber jetzt Medikamente geben könne, um herauszufinden, ob etwas hilft…

Ich denke ich nehme die 18 mg noch ein paar Tage, wenn es mir weiterhin so komisch damit geht, werde ich nach einem anderen Medikament fragen.

Was vielleicht noch interessant ist, der Grund wieso ich überhaupt rausgefunden habe, dass ich ADHS haben könnte, war die Einnahme eines in Deutschland illegalen Sportboosters DMAA. Ich habe danach gehört, dass dieser bei Leuten mit ADHS eher beruhigend wirken soll und für Gedanken Klarheit sorgt. Genau das ist bei mir eingetroffen und dadurch wurde mir dann bei weiterer Suche klar, ich muss ADHS haben.
Vielleicht kennst du, oder jemand anderes dich ja damit aus. Ich vermute, dass das DMAA auch eher eine Nähe zu dem MPHs hat und eher bei mir wirken würden so wie es soll.
(Abgesehen davon habe ich aber keine Drogenvergangenheit, deshalb kenne ich mich da weiter nicht aus).

Liebe Grüße
Anna Abida

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Oh… die hat mein Sohn auch. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass die von Atomoxetin kommen könnten.

Ansonsten war mein Sohn die erste Woche sehr Emotional, das hat sich dann gelegt nach einer Woche. Als wir erhöht haben, wieder sehr emotional.

Kopfschmerzen gingen auch mit der Zeit weg. Ich würde nicht zu schnell erhöhen.

Erzähl mal über die Diagnostik. :smiley: Da bin ich jetzt echt neugierig. Viele Wege (Diagnose-Arten) führen nach Rom (Diagnose). Manchmal ist es ein langes Gespräch mit einem Arzt, manchmal das Ausfüllen von umfangreichen Fragebögen, manchmal die Befragung Angehöriger oder Prüfen von Schulzeugnissen auf Hinweise.

Zu den 100 %: Doch durchaus. Es gibt Differenzialdiagnostik womit man andere Sachen ausschließen kann, die sich ähnlich zeigen und wo Verwechselungen drohen. Schwierig wird eine gegenseitige Ausschlussdiagnostik bei ADHS und Autismus, weil das stark ineinander greift. Es kommt darauf auch an, ob man „leidet“.

DMAA kenne ich nicht. Aber paradoxe Wirkungen sind durchaus bekannt bei Koffein, Cannabis, Nikotin, selbst bei Narkosemitteln. Während neurotypische Menschen mit Koffein wacher und konzentrierter werden, werde ich ruhiger und träge (ich brauch viel Kaffee um hibbelig zu werden). Cannabis (THC) macht mich nicht high, sondern konzentrierter und mehr im Hier und Jetzt (Lärm stört nicht, ich werde geselliger/sozialer). Nikotin macht mich nicht konzentrierter, sondern aktiver, verballerter und impulsiver. Ich bin eher der verballerte, unaufmerksame Typ.

Randnotiz: So erlebt das nicht jeder ADHSler, wenn jemand solche paradoxen Reaktionen hat, spricht es weder für noch gegen ADHS.

Oh, dein armer Sohn, das ist echt nicht schön. Also bei mir kann ich es eindeutig darauf schieben, da ich das sonst echt gar nicht habe. Vielleicht ist es bei deinem Sohn ja wirklich auch so…

Also ich habe einen ca. 40 Minuten Fragebogen mit einer Mitarbeiterin ausgefüllt. Sie stellte die Fragen, ich antwortete und sie hakte nochmal nach.
Die Bereiche waren ungefähr eingeteilt in Themen wie Vergesslichkeit, Impulsivität, Stimmungsschwankungen, Ablenkbarkeit, Bewegungsdrang, Aufmerksamkeit in sozialen Interaktionen, Stressresistenz.

Der Test war ähnlich wie viele die ich vorher im Internet gemacht habe. Habe zusätzlich auch Autismus Tests gemacht, die haben allerdings nicht wirklich zu mir gepasst. Das würde ich ausschließen. Bei mir passt ein ADHS Typ 1 am besten.

Mein Fehler war auf jeden Fall, dass ich dem Arzt nicht genug zu meinem genauen Leidensdruck genannt habe.
Bzw. dass er mich nicht genug gefragt hat.
Vernünftig von ihm könnte gewesen sein, dass er mir wirklich so eine niedrigere Dosierung gegeben hat. Aber ich habe nicht das Gefühl dass es das richtige für mich wahr…. Leider.

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Ok. Klingt eher nach einem Screening statt einer Diagnostik.

Wurde auch nach der Kindheit gefragt? ADHS kann nur diagnostiziert werden, wenn es bereits da vorlag. Eine Diagnose in der Kindheitszeit ist da nicht nötig.

Nutze die Gelegenheit beim nächsten Termin. Mach dir ruhig Notizen (und vergesse sie nicht mitzunehmen - Klassiker😉)

Du siehst ja dann was passiert. Dann kannst du dich, wenn‘s nichts wird, nach einem anderen Spezialisten umschauen.

Ich kenne mich mit Atomoxetin nicht aus. Daher meldet sich vlt. jemand anderes zu Worte. :grinning:

Also Atomoxetin verordnen, weil es kein BTM ist, gefällt mir nicht. Man sollte das verordnen, was am Besten für die Patientin ist.

Aber wie auch immer - wenn du berichtest, dass das Atomoxetin schlimme Nebenwirkungen macht und du es nicht weiter nehmen möchtest, kriegst du hoffentlich als Nächstes MPH oder Ähnliches.

Eine hundertprozentige Diagnose gibt es nicht. Gibt es nie. Bei einem Armbruch vielleicht, wenn man den gebrochenen Arm auf dem Röntgenbild sieht.

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Hi,
Die Diagnostik und den Grund für Atomoxetin finde ich echt strange. :face_with_peeking_eye:

Hat der Arzt Dir auch gesagt, dass Du das 6-8 Wochen nehmen solltest, um überhaupt beurteilen zu können, ob es wirkt oder nicht? Manche haben nach 2 Wochen eine erste Wirkung, aber das muss nicht der „Endstand“ sein.

Mir wurde auch Atomoxetin (25mg) als Erstmedikation „angedreht“, aber nach gesicherter Diagnose, mit anderer Begründung und nach hausärztlichem Check (Blut/EKG).

Habs 7 Tage lang genommen und auch nur Nebenwirkungen gehabt, die eher schlimmer wurden als besser. Mein Arzt hat dann eingesehen, dass es ein Griff ins Klo war und mir Medikinet retard verschrieben.

  1. Ich finde, Du übertreibst nicht.
  2. Welches Medikament zu Dir passt, sollte eigentlich der Arzt wissen… Als Laie per per „Ferndiagnose“ kann man schlecht eine Aussage dazu treffen.
  3. Musst Du selbst entscheiden. Ich würde es bei DEN Nebenwirkungen absetzen und zeitnah beim Arzt auf der Matte stehen.
  4. und wenn er Dir dann nicht zuhört, würde ich mir einen anderen Arzt suchen.

Alles Gute für Dich!

Danke für deine Antwort :blush:

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Der Arzt hat bei mir von einem kürzeren Zeitraum gesprochen, aber denke mir reicht es auch jetzt schon mit den Nebenwirkungen…

Ich kann euch gerne auf dem laufenden halten, ob der Arzt seine Medikamentenwahl nochmal überdenkt :slight_smile:

Liebe Grüße

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Mein Arzt hat mir als erstes Medikament nach der Diagnostik auch Atomoxetin verschrieben. Allerdings passt das bei mir auch gut mit den Depressionen zusammen. Ausserdem ist für die Praxen der Aufwand schon deutlich geringer wenn es eben kein BTM ist. Als Patient für Urlaub etc übrigens auch :wink:
Da ich aber heftige Nebenwirkungen hatte, bin ich nach circa zwei Wochen wieder zum Arzt und habe es abgesetzt. Habe dann Medikinet adult bekommen und 3 Monate eindosiert und genommen. Hat gut gewirkt, war für mich aber auch verschiedenen Gründen nicht das richtige.
Jetzt nehme ich seit ein paar Wochen Elvanse und bin total zufrieden damit :blush: