in Bildern denken, dadurch langsamer verstehen, außerdem alles wörtlich verstehen

Ich möchte gern wissen, wie das bei euch ist. Ich habe Probleme in der Kommunikation aus folgenden Gründen:

Wenn jemand etwas erzählt, hinke ich mit dem Verstehen immer ein bisschen hinterher (Achtung, es geht hier NICHT um fehlende Aufmerksamkeit oder Konzentration!). Mein Gehirn setzt alles Gehörte (oder Gelesene - beim Lesen ist es genauso) erstmal in Bilder um, und erst dann kommt das Gesagte bei mir an. Wenn jemand zu schnell erzählt, vergrößert sich der Rückstand immer mehr sodass ich irgendwann sagen muss: Stopp! - Dann wiederhole ich das letzte, was mein Gehirn verarbeitet hat und dort kann es dann weitergehen.
Ist das bei euch auch so?

Das andere ist, dass ich sehr vieles bildhaft oder wortgenau verstehe und dadurch ständig Missverständnisse entstehen. Jemand sagt etwas, ich verstehe es wörtlich oder wie gesagt bildhaft - also das Bild ist dann die Grundlage für das, was ich verstehe - und dann ergibt es keinen Sinn oder ich wundere mich darüber oder der andere merkt, dass ich es falsch verstanden habe - dadurch muss ich ständig nachfragen, der andere muss erklären - Gespräche sind dadurch sehr anstrengend. Ich bin eigentlich ständig damit beschäftigt, herauszufinden, wie etwas gemeint ist.
Kennt ihr das auch?

Ich verstehe dadurch auch oft Witze nicht oder dass etwas als Scherz gemeint ist.

Ist das typisch für AD(H)S?

Das erste ja, das zweite nein - würde ich sagen.

Alles wörtlich verstehen ist etwas, was für Autismus typisch ist.

@Addy_Haller Das Hinterherhinken, weil alles erst in Bilder umgesetzt werden muss, das ist bei dir auch so?

Ich hab nachgedacht, was ich für Beispiele für das wörtlich nehmen anführen könnte, aber aus dem Stehgreif (falls sich das so schreibt) fällt mir nichts ein. Bzw. was mir einfällt, dass ich auch Aufforderungen wörtlich nehme. Ich hab mich immer gewundert, wenn jemand gesagt hat: Grüß den und den Ort von mir! - Also sagen wir, ich teile jemandem mit, dass ich nach Paris reise. Dann sagt die Person: Grüß Paris von mir! - Das fand ich immer seltsam, aber ich hab das dann ausgeführt. Kam ich in Paris an (die Stadt ist nur ein fiktives Beispiel), dann habe ich „in den Raum hinein“ gesagt: Schöne Grüße von …! - Die Aufforderung, die Stadt zu grüßen, ist für mich dann wie ein Imperativ. Also ich speichere das ab und muss es dann auch ausführen.

(Mittlerweile, weil ich es ja jetzt kenne, dass man das sagt, sage ich es selbst manchmal, aber nur, um irgendwas zu sagen.)

Für das andere, wo ich ständig nachfragen muss, weil ich es falsch wörtlich verstehe, fallen mir leider gerade keine Beispiele ein. Ich erlebe das aber täglich.

Ich glaube, das Hinterherhinken liegt bei mir eher am Arbeitsgedächtnis, das einfach zu wenig Kapazität hat. Das Umsetzen in Bilder ist aber auch ein Problem - ich glaube, das funktioniert nicht immer, so dass von den sprachlichen Informationen öfter einiges verloren geht.

In einem Buch über Autismus erzählte die Autorin, sie sei auf einer Fortbildung in der Provinz gewesen. Dort erzählte man sich, dass im Ort der Veranstaltung abends die Bürgersteige hochgeklappt würden, worüber sie sich sehr gewundert habe.

Das Beispiel kenne ich. Das ist eine Redewendung, die mir bekannt ist. So in die Richtung geht das, aber halt nicht nur bei Redewendungen - da kenne ich ja die meisten.

Kenn’ ich. Ich würde es so beschreiben, dass man
A) an Gedanken und Bildern hängenbleibt und vergisst, weiter aufzupassen. Stattdessen verselbstständigt sich der eine Gedanke. (Wie wäre es wohl wenn Bürgersteige tatsächlich hochklappen würden?)
B) Gehörtes und Gelerntes kann nicht 1:1 wiedergegeben werden, sondern in der Verbalisierung der eigenen Interpretation bzw. dieses selbstgebauten Bildes.

Da fällt mir ein, dass ich als Kind mit etwa 12 Jahren von meinem Opa gehört habe, er hätte sich die Beine in den Bauch gestanden.
Das fand ich so skurril, dass ich mich bis heute dran erinnere.

Ich kann Erklärungen und Erzählungen anderer nicht lange folgen, weil in meinem Kopf so viele Assoziationen, Gedanken und Ideen auftauchen. Dann unterbreche ich den anderen, glaube ich, um kurz meine Gedanken dazu äußern zu können.

Die Idee ist aber nicht unbedingt, meine Idee kundzutun oder mich so wichtig zu nehmen, sondern, das wird mir jetzt erst durch diesen Thread klar, es geht mir darum, den anderen zu bremsen und wieder auf einen Nenner zu kommen.

Aber andere können das natürlich gar nicht verstehen und verstehen mich ganz falsch… manchmal unterbreche ich auch zu rabiat, rede der anderen Person ins Wort. Bei Vorgesetzten kommt das gar nicht immer gut… und es wird rundum wohl als nicht so angenehm empfunden. Denn der ursprüngliche Redefluss wird natürlich dann doch nicht so fortgesetzt wie es der erste Redner vor hatte.

Ich selber bin dann auch wieder etwas gelangweilt, weil durch diese Praxis meine Themen zu sehr in den Vordergrund geraten. Dabei war ich ja do eigentlich neugierig auf die Geschichte des anderen… schon ziemlich crazy und bescheuert…

Ich hbe beim Zuhören eher das gegenteilige Problem. Ich kenne eine Menge Leute, die sehr blumig und langsam sprechen. Dann sagen sie etwas, ich habe bereits nach ca. einem Drittel des Satzes verstanden, was (und, ja, meistens richtig), muss mir aber immer noch die anderen zwei Drittel anhören, bevor ich antworten kann. Falls ich bis dahin nicht schon so weit abgedriftet bin, dass ich meine Antwort vergessen habe. Oder ich unterbreche halt und gelte als unhöflich.

Ich kenn das auch, auch das mit Paris. Obwohl es eher dem Autismus zugeordnet wird. Aber auch ADHS wird Bilder senden zugeordnet, aber nicht so extrem mit analogien. Die Symptomatik überlappt sich bis 70%
Z.b. als Quelle das Buch ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen von Neuhaus
Da wird das auch kurz angesprochen.

Die stärkste Unterscheidung zwischen ADHS und Autismus ist wohl die nicht beinträchtigte Fähigkeit zur Theorie oft Mind bei ADHS. Quelle : auch Neuhaus

Im Netz kann man den Augenpartien Test machen… für das Autismusscreening