Introvertiertheit und Berufswahl

Hallo!

Ich habe heute diesen Artiekl gefunden, weil ich mich momentan sehr mit Introvertiertheit auseinandersetze. Dort berichtet eine introvertierte Mutter wie sie den Alltag mit (extrovertierten) Familienmitgliedern meistert und wie es sie manchmal auslaugt.

Ja, so in etwa geht es mir auch.
Nur, dass ich nicht mit einer extrovertierten Familie zusammenlebe aber einen Beruf für mMn. extrovertierte Menschen gelernt habe. Und das sind jeden Tag 8h meiner Lebenszeit in einem System, was mich krank macht - einmal ist das System/die Branche eh schon krank und zweitens liegt es an meinen natürlichen „Spezifikationen“ (=Introvertiertheit), dass ich dort besonders schnell zugrunde gehe. Es endete bei meiner alten Arbeitsstelle in einer Depression und tiefer Verzweiflung und kurz vor Crash habe ich dann gekündigt. Damals noch nicht mit dem Wissen ausgestattet, dass meine „laute“ Arbeitsstelle mit für meine Depressionen verantwortlich war.
Wie oft saß ich nach Feierabend weinend im Auto, weil ich nichts mehr hören konnte, selbst haptile Reize nicht mehr ertragen habe. Ich war für mindestens 2h nicht ansprechbar, weil ich mich erstmal akklimatisieren musste. Kein Radio, kein Fenster auf bei der Rückfahrt bitte! Auch mein Freund hat sehr darunter gelitten.

Das habe ich erst bei meinem neuen Arbeitgeber herausgefunden, wo es wesentlich leiser und passender für Introvertierte ist. Erst jetzt merke ich wie fertig und kaputt ich damals war.
Der neue Job ist mit Patientenkontakt, aber mit viel „Alleinarbeit“ (=weniger extrovertierte Kollegen), deutlich mehr Arbeit am Bildschirm und mehr Sachen, die man organisieren muss (mehr Eigenverantwortlichkeit, was mir Spaß macht).
Als ich meine Einarbeitung dort hinter mir hatte, in einem Raum saß, in dem ich die Uhr ticken hörte, hätte ich fast angefangen zu weinen (seriously), weil diese Ruhe wie Balsam für mich ist.
Und, siehe da: habe ich meine Batterien auf Arbeit nicht komplett verbraucht für social interacting habe ich auf einmal Reserven für soziale Kontakte nach der Arbeit, die mir wichtig sind. Die sind zwar auch nicht zahlreich (ich bin eben intro), aber mir wichtig und seelenverwandt (eben auch Intros).

Ich zitiere mal ein Kommentar aus dem Artikel oben:

„Vielen Dank für den tollen Artikel. Auch ich (36,m) fühle mich oftmals erschöft in meinem Alltag und benötige ganz viel Ruhe und Zeit für meine Gedanken und um Erlebtes zu verarbeiten. Ich habe mich auch oft gefragt ob mit mir irgendwas nicht stimmt. Ich arbeite in einer Wohngruppe für Jugendliche und habe nun einen Sohn (3) und meine Tochter kommt die nächsten Tage zur Welt. Leider habe ich zu spät erkannt wer ich bin und was ich will und stecke nun in einem System, was viel von mir abverlangt (Arbeit und Familie). Viele wechselnde, laute, spontane Kontakte. Hätte ich mich früher intensiver mit mir auseinander gesetzt, hätte ich wohl einen anderen Weg eingeschlagen. Aber ich kann in einigen Momenten das Familienleben auch genießen.“

Wenn ich ganz ehrlich zu mir bin ist das vermutlich auch ein Grund, warum ich (aktuell) keine Kinder möchte. Ich kann es einfach nicht leisten, mir fehlt dazu die Kraft. Hätte ich nach Feierabend ein lautes, evtl sogar extrovertiertes Kind daheim dann würde ich innerhalb kürzester Zeit in den totalen Zusammenbruch rutschen. Elternabende, Kitatreffen, andere Eltern einladen…ein Graus. Für mich verzichte ich da einfach drauf, das geht aber nicht mehr, wenn ich ein Kind hätte. Dann würde ich es für das Kind machen. Mich also in der Freizeit noch verbiegen müssen, obwohl ich das für den Job schon machen muss.
Ich schaffe meine Arbeit nur, weil ich daheim einen Ruhepol habe (mein Freund ist genauso ein Alien wie ich).

Auf diese ganze Eigenart kommt natürlich noch mein ADHS on top. Das Ritalin hilft mir, macht mich wesentlich ruhiger und weniger empfindsam. Die alte Arbeit würde ich damit trotzdem nicht meistern. Ich arbeit noch auf Minijobbasis dort und merke nach 1-2h wie die Nadel rückwärts wandert, wenn ich dort bin. So wie beim Auto der Tank schneller leer geht, wenn man beispielsweise im falschen Gang ist.
Es sind zu viele Menschen, zu viele Kollegen. Patienten laugen mich weniger aus, weil sie für mich „Arbeitsmaterial“ sind und ich das gleiche Prozedere mit ihnen durchgehe.

Seid ihr evtl selbst introvertiert und habt ihr einen Beruf gefunden, der damit konform ist?

Ich will den Exit aus dieser Branche, ich gehe lieber ins Lager und packe Sachen ein als nochmal in die Klinik zu gehen.

Warum nicht beim jetzigen Job bleiben? Nunja, erstmal Gehalt. Sehr wenig. Das stört mich nicht, weil ich mir keinen dicken Mercedes leisten kann, sondern weil mich das einfach direkt in die Altersarmut treibt. Gehaltserhöhungen gibt es auch nicht. Ebenso ist dieser AG eine kleine heile Insel mit guten Arbeitsbedingungen (abgesehen vom Gehalt), was völlig branchenuntypisch ist.
Sprich, ich möchte mich nicht für mein restliches Leben auf diese eine Karte setzen. Diese Zeit dort nutze ich zum regenerieren und zum orientieren. Wohin soll es mit mir gehen? Inzwischen weiß ich ja eine ganze Menge mehr über mich.

Kennt ihr Branchen, in die man als Quereinsteiger einsteigen kann, die für introvertierte Menschen geeignet sind? Morgens in der Bahn lese ich immer so viele Annoncen, die Stellen für Azubis aushängen.
Ich habe schon überlegt, ob ich mich initiativ bewerbe. Ich bin zwar älter, aber ich weiß auch wie der Arbeitsmarkt teilweise aussieht. Lieber einen Bewerber als gar keinen, oder?
Außerdem bin ich auch einfach eine gute Kraft, ich arbeite zuverlässig, bin pflichtbewusst, pünktlich und fast nie krank. Fachlich bin ich auch gut bis sehr gut - ich bekomme so viele positive Rückmeldungen von den Patienten.
Ebenfalls werde ich als Teammitglied sehr geschätzt. Also ich mache schon einiges richtig.
Ich will das bloß für dieses System nicht mehr hergeben. Ich bekomme durch meinen Freund mit wie schwierig es ist gute Arbeitnehmer zu finden. Hallo, hier bin ich doch! Tja, falsche Qualifikation…
Ich würde auch nochmal eine Ausbildung machen oder gar studieren (bloß da mache ich mir eben Sorgen, dass ich es nicht packe (ADHS)).
Familiengründung ist mit den jetzigen Bedingungen für mich gestrichen und wenn es nötig ist für eine Umorientierung darauf zu verzichten, dann ist es eben so. Ich bin für dieses Opfer bereit, da mein Kinderwunsch eh nicht sonderlich groß ist.

Evtl kann das jmd nachvollziehen, sich wiederfinden oder jmd. hat diese Situation schon erfolgreich gemeistert. Für Anmerkungen jeder Art bin ich dankbar. Und natürlich für den ein oder anderen Tipp zur Umorientierung :wink:

Liebe Grüße,

Irrlicht

PS: durch meinen Job sehe ich viele Patientenakten, wir haben ein sehr bunt gemischtes Klientel. Da sind auch öfter MPH-Kandidaten dabei und die stecken meist alle in kreativen Berufen. Freiberufliche Illustratorin hatte ich letztens :wink: Da muss ich immer ein bisschen schmunzeln. „Ich bin so wie du!“ will ich dann am liebsten sagen, das verbietet sich aber aufgrund der Professionalität :wink:
Menschen aus dem Gesundheitswesen sind auch vertreten…die nehmen auffallend oft Antidepressiva. Nicht alle, aber überproportional viele.

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Meine liebe @Irrlicht ich verstehe Dich gut das Du gerne mal was anderes ausprobieren würdest, ich würde Dir wirklich von Herzen gerne weiter helfen, nur leider kann ich Dir keine professionellen Empfehlungen oder Ratschläge abgeben.
Das idealste wäre wahrscheinlich Home Office?, denn dort kann man sich seinen Arbeitsplatz Quasi so gestalten wie man es will.
Ansonsten eventuell anderweitige Jobs die man von zuhause aus machen kann, wie z.B. Übersetzerin, Schriftstellerin, Bloggerin, Vloggerin,Schneiderin, Näherin, Coiffeuse, mehr fällt mir gerade nicht ein, aber da gibt es vielleicht noch ein paar andere Möglichkeiten?, jedenfalls Jobs von zuhause stelle ich mir irgendwie ideal vor.
Dann eventuell im Lager oder in einer Fabrik wo man Routine Arbeiten ausführt?, allerdings ist es dort oft sehr laut und stressig.
Eventuell Lastwagen Fahrerin, Bus Fahrerin, Tram Fahrerin, Kurier Fahrerin, weil man dabei nicht zuviel mit Leuten sprechen muss?.
Vielleicht noch Buchhalterin oder Sachbearbeiterin?.
Oder Floristin, Bäckerei, Boutique, Parfümerie, Verkäuferin, Kassiererin in einem kleineren Laden?.
Viel mehr fällt mir jetzt gerade leider auch nicht ein.

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Liebes Irrlicht,

gut, dass du so viel über dich und deine Eigenschaften weißt und auch erkannt hast, dass es für dich in bestimmten Umgebungen einfach nicht geht. Darf ich so neugierig sein und fragen, welchen Beruf du gelernt hast?

Ich kenne diese Überstimulation, die du beschreibst, sehr gut. An meine Grenzen bringen mich viele Menschen auf einmal, Lärm, Gewusel,… Bezogen auf meinen Beruf ist es so, dass ich vor zwei Jahren auch eine Umorientierung gewagt habe. An meinem alten Job hat mich paradoxerweise jedoch eher die Ruhe und die wenige Abwechslung gestört. Ich bewege mich scheinbar ständig in einem Spannungsfeld zwischen Über- und Unterstimulation und es verlangt mir viel ab, immer wieder auszuloten, inne zu halten und zu schauen, was ich gerade brauche. In meinem neuen Job habe ich sehr viel Abwechslung, teilweise auch ein hohes Arbeitspensum, viel Verantwortung, aber ich kann mich selbst organisieren und muss mich nicht an gegebene Strukturen anpassen. Das tut mir sehr gut. Ich komme in Fahrt, kann aber selber entscheiden, wie ich mich organisiere. Nebenbei mache ich ein Fernstudium und ich muss sagen, dass es für mich oft eine wahre Wohltat ist, nach einem vollen, lauten Tag alleine in meinem Arbeitszimmer zu sitzen und still vor mich hin zu arbeiten. Ich könnte mir vorstellen, dass so ein Fernstudium auch gut geeignet sein könnte für introvertierte Menschen.

Übrigens kann ich auch deine Überlegungen zum Thema Kinderwunsch gut nachvollziehen. Ich habe ein fast 4-jähriges Kind und werde ständig gefragt, wo denn jetzt das Geschwisterchen bleibt. Ich kann es mir gerade einfach nicht vorstellen, weil ich mich einfach gut ausgelastet fühle und das Muttersein als schön, aber auch sehr fordernd erlebe.

In meinem Arbeitsfeld erlebe ich es gerade so, dass eine große Offenheit besteht für Quereinsteiger. Hat sicherlich auch mit dem Fachkräftemangel zu tun. Ich bin im sozialen Bereich tätig. Lustigerweise schlauchen mich meine Klienten auch oft viel weniger als private Kontakte oder Kollegen. Ich glaube, da habe ich eine gewisse Klarheit über meine Rolle, das macht es einfacher.

Falls du es erzählen magst, würde mich auch interessieren, in welchem Bereich du gerade tätig bist.

Lieben Grüß
Larifari

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Liebe @Irrlicht ,
die Situation die du beschreibst kenne ich auch sehr gut: nämlich aus meiner Zeit als MFA. Man hat von morgens bis Abends mit Patienten zu tun, muss immer gut gelaunt sein, immer freundlich sein, telefonieren und gleichzeitig mit Patienten an der Anmeldung… ich denke, der ein oder andere hier wird das kennen.

Du schreibst, du willst nicht mehr in einer Klinik arbeiten? So ganz generell nicht mehr oder geht es dir nur um den Patientenkontakt?

Ich bin auch sehr introvertiert bis schüchtern, rede recht leise und oftmals gar nicht (also nur, wenn ich auch tatsächlich etwas zu sagen habe).
Meine Arbeit ist jetzt auch nicht das, was ich gelernt habe. Aber: es ist sehr strukturiert, jeden Tag der gleiche Ablauf, aber auch mit Verantwortung, und - zugegeben - manchmal körperlich anstrengend. Die meisten dort beginnen als Quereinsteiger, da es bis letztes Jahr überhaupt keinen Ausbildungsberuf dafür gab.

auch das würde passen zu dem Job als technische Sterilisationsassistentin. Aber da kommt es halt wieder drauf an, warum genau du nicht mehr in einer Klinik arbeiten möchtest, ob das dann noch passt. Und es ist auch nicht jede Klinik gleich. Wer weiß, vielleicht gibt es ja eine Klinik, bei der das ganz genau passt, was du suchst?

Könntest du dir denn vorstellen, in die Abrechnung zu gehen? Also Klinik oder Arztpraxis, oder vielleicht Krankenkasse und da einfach nur die Abrechnung zu machen?

Oder aber - was mir noch einfällt - vielleicht im Landratsamt gucken? So Richtung Abrechnung oder sowas? Was genau hast du eigentlich gelernt?
Thema Ausbildung: ich hab die Erfahrung gemacht, dass ich - seit ich Stimulanzien nehme - überhaupt kein Problem mehr mit dem lernen habe. Ich kann viel strukturierter an die Sache ran gehen und ich kann mir die Dinge besser merken. Vielleicht wäre das doch eine Option?

Auf jeden Fall finde ich es gut und wichtig, dass du dir so viele Gedanken machst und selbst reflektieren kannst, was du willst/brauchst und was gar nicht geht.

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Schönes Bild! In Bezug auf deine Situation könntest du es noch weiter ausbauen. Was tankt dein Auto (Geld, Zeit für dich, Ruhe, Bestätigung, Anerkennung, Zuwendung …). Wie müsste das Mischverhältnis sein? Wer dürfte wann mitfahren, ohne dass die Fahrt zu stressig wird? Wie und wann können stressige Passagen angemessen ausgeglichen werden? (Seitenstreifen, Haltebuchten, Raststätten). Muss das Fahrtziel langfristig feststehen und wie sieht es konkret aus (Altersabsicherung, Familienplanung …)? Oder langt erstmal die grobe Fahrtrichtung? Wie müssten Auto und die Route ausgestattet sein, dass ein Kindersitz gut hineinpasst? Gibt es eine Person, die auf dem Beifahrersitz mitfährt? Darf sie eingreifen, vielleicht sogar mal ans Lenkrad? Kannst du dieser Person vertrauen und mit ihr gemeinsam die Routenplanung erarbeiten? Gute Um- und Durchsicht (Spiegel nachjustieren, Scheibenwischer erneuern …)?

Vielleicht kommst du mit diesen Assoziationen ja ein Stück weiter oder kannst sie noch besser auf deine Situation anpassen. Gute Fahrt! :slightly_smiling_face:

Das ist schon echt schräg. Im Prinzip ist es ja genau das, was wir uns auch oft wünschen, dass uns jemand sowas sagt, wir uns verstanden fühlen, uns nicht verstellen und anpassen müssen. Und dann kommt ein Schlaumeier daher und sagt, das wäre unprofessionell. Als würde jemand am Straßenrand stehen, von dem man weiß, dass man ihm helfen könnte und auch selbst profitieren würde, aber irgendwelche stupiden Regeln zwingen einen zum Weiterfahren. Not fair! :face_with_symbols_over_mouth:

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Das müsste ich einmal ausprobieren. Allerdings habe ich schon ganz gerne den Patientenkontakt, ich bin auch (mal) ganz gerne an der Anmeldung. Patient - Ich funktioniert gut. Wahrscheinlich aus genau diesem Grund:

Diese Klarheit ist in der Patienten-„Behandler“ Rolle komplett eindeutig. Zumal ich auch wirklich kaum von meinen Tätigkeiten abweiche. Es ist immer Schema F.
Anders ist es mit Kollegen. Weil ich eben , zumindest bilde ich mir das ein, (zu) viel von der Persönlichkeit meines Gegenübers mitbekomme. Ich merke schnell, wenn jmd selbstunsicher ist , wenn jmd. eine (Lebens)unzufriedenheit mit sich rumträgt, wenn jmd Komplexe hat, wenn jmd gerne im Mittelpunkt steht, wenn jmd sehr dominant ist.
Und ich merke auch, wenn jmd mit sich relativ im Reinen ist. Mit diesen Typen kann ich sehr locker umgehen, weil ich weiß, dass die alles nicht so ernst nehmen.

Nun habe ich all diese Typen im Arbeitsumfeld vertreten und für jeden muss ich ein anderes Verhaltensschema auspacken, weil ich es nicht anders kann. Ich weiß, dass gewisse Vehaltensweise bei dieser Person ungünstiger wären. Ich antizipiere ständig irgendwelche Folgen, wenn ich Option a), b) oder c) wähle. Das passiert so automatisch in meinem Kopf.
Ich weiß nicht, ob das normal ist. Auf jeden Fall macht es mir das Leben schwer. Zu viel „mindfuck“. Das ist schon wesentlich besser geworden und versuche wirklich oft mich nicht zu sehr darum zu kümmern. Oder ich grenze mich deutlicher ab. Dominante Personen quatschen einen gerne mal mitten im Arbeitsprozess an und stoppen einen. Inzwischen sage ich dann: ich kann grad nicht, warte mal kurz.
Bei vorgegebenen Rollen fällt das alles weg. Deswegen ist Patient kein Problem.
Kita etc wäre trotzdem die Hölle für mich.

Arbeiten wo ich was mit den Händen machen kann sind immer gut.

Routine ebenfalls kein Problem. Selbst stupide Arbeiten stören mich nicht. Ich kann mich dabei mit mir selbst im Kopf unterhalten.

Auf jeden Fall danke, dass du dir so viele Vorschläge für mich ausgedacht hast! Da ist einiges dabei, was ich schon so in Betracht gezogen habe.

Ja, darüber bin ich auch sehr froh. Das hätte ich nicht herausgefunden, wenn ich den Job nicht gewechselt hätte und wenn ich keien Therapie gemacht hätte. Meinen Beruf schreib ich dir per PN.

Kenne ich sehr gut.

Ich habe viel Abwechslung in meinem Job und ich mag auch gerne die stupidesten Tätigkeiten. Aus o.g. Grund. Das ist wie Meditieren. Ich weiß allerdings nicht, ob ich das auch noch so toll finden würde, wenn ich das 8h so machen müsste. Eher nicht.

Ich glaube das ist sehr wichtig. Das funktioniert auch gut, wenn ich nicht zu Hause bin bzw irgendwelche Termine mir vorgeben, dass das bis dann erledigt sein muss. So extrem langatmige Sachen könnte ich wahrscheinlich eher nicht machen. Also ich brauche schon Struktur durch den Arbeitsort oder durch Deadlines. Sonst kickt das ADHS und die Prokrastination wieder rein.

Danke für deine Ehrlichkeit. Ich glaube ein großes Problem ist , dass das Elternsein heutzutage diese Doppelrolle abverlangt. Bei den Müttern evtl noch mehr.

Wenn ich an meine Kindheit denke: morgens Schule, dann gabs Mittagsessen daheim (meine Mama war Hausfrau), ich musste Hausaufgaben machen und dann war ich den ganzen Tag draußen und hab gespielt. Zum Abendessen musste ich wieder da sein.
In der Stadt ist es ganz anders. Rund-um-die Uhr-Betreuung heißt es da. Schule-Hort-abends zum Vereinssport. Und wie man es macht es ist falsch: gehst du arbeiten bist du evtl die Rabenmutter, gehst du nicht arbeiten dann machst du dir einen faulen Lenz.
Die Leute sollen sich doch einfach um ihren eigenen Sch** kümmern.

Auf jeden Fall möchte ich den Exit aus dem medizinisch-sozialen Bereich schaffen. Ich habe momentan auch mit familiärer Trauer zu kämpfen und das Gesundheitssystem und der Umgang mit kranken, hilflosen Menschen triggert mich derzeit so enorm, dass ich das nicht mehr machen kann. Zumindest ist es im Moment so.

Danke für diesen wichtigen Aspekt, da ist gerade eine Glühbirne über meinem Kopf aufgeleuchtet. Das ist mit Sicherheit ein Grund, warum mich das nicht so stört.

Ja, das mache ich teilweise auch. Ich mache es gerne solange wie es nicht Überhand nimmt. Ich bin ja keine MFA und helfe nur mal aus in der Anmeldung. Mit liegt diese Patientenkommunikation schon - positive wie negative. Allerdings ist es mir zu viel Gewusel und eine zu hohe Lautstärke. Wir haben zum Glück keinen Klingelton - sonst würde ich durchdrehen.
Außerdem ist man extrem exponiert, Ansprechpartner für jeden. Kollegen, Ärzte und Patienten…das ist schon extremes Multitasking manchmal. Das laugt aus, liegt aber eher am Arbeitsumfeld. Anmeldung ist ungünstig.

Es korreliert mit der Anzahl an Kontakten. Mit wie vielen Menschen muss ich täglich interagieren. Je höher die Anzahl, desto ausgelaugter bin ich am Tagesende. Patienten möchte ich nicht mehr sterbenskrank sehen und erleben. Ambulant und in der Lage für die eigenen Interessen noch einzutreten gerne - aber nicht mehr als akute Notfälle oder Pflegefälle.
Von daher wäre das evtl sogar eine Möglichkeit.

Ja! Wir haben bei uns Sekretärinnen, die diktieren und Mails beantworten. Ich wollte schonmal nachfragen, was sie gelernt haben.

Das sagt mir gar nichts. Was macht man da?

Schreib ich Dir.

hab ich noch nciht wieder probiert. Ich prokrastiniere mein Lernzeugs gerade bis aufs Äußerste, weil ich Angst habe zu versagen. Außerdem kann ich zeitlich nur abends lernen (Reboundtime?)
Es freut mich zu lesen, dass dir das Medikamt so sehr hilft!!! :slight_smile:

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@ads66

Danke für deinen spannenden Beitrag, darüber mache ich mir mal Gedanken und äußere mich dazu.
Nun muss ich aber mal was essen und ein Keksteig möchte von mir heute auch noch verarbeitet werden :smiley:
Also ran ans Werk!

Liebe Grüße und einen schönen Abend! :slight_smile:

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Das heißt ja dann, du brauchst einen Arbeitsplatz, bei dem du durchaus mit Patienten zu tun hast, aber eben nicht die ganze Zeit? Und am Besten eine Stelle, bei der du nicht so viel Smalltalk mit Kollegen machen musst…?

Das ist die Frage. Mir zum Beispiel reicht als „Abwechslung“ schon, wenn ich mal Container packen kann, die aus der Gynäkologie kommen und dann wieder welche aus der Unfallchirurgie, ich manchmal am Packen bin und manchmal auf der unreinen Seite und manchmal beim Einschweißen…

das ist zwar OT, das muss ich jetzt aber wirklich einwerfen. Meine Mama sagte auch immer, sie habe das Gefühl, eine Rabenmutter zu sein, weil sie viel arbeiten war (alleinerziehende Erzieherin) und daheim viel vorbereiten musste. Wir blieben da auf der Strecke - ihrer Ansicht nach. Stimmte aber nicht. Sie hat alles für uns getan was sie nur konnte. Und wenn jemand als „Rabenmutter“ betitelt wird, sollte man das eigentlich als Kompliment nehmen, denn: Rabenmütter sind äußerst fürsorgliche Mütter!

Haben Kolkraben sich einmal ein Revier ausgesucht, bleiben sie dort ihr Leben lang. Auch bei der Partnerwahl sind Raben eigen: Alle Raben-Arten bleiben ihr Leben lang mit demselben Partner zusammen. Ihre Nester beziehen sie immer wieder und beide Elternteile kümmern sich um das Ausbrüten der Eier und die Fütterung des Nachwuchses.

Siehe hier

Hm okay, dann wird es glaub ich schwierig - von meiner Seite aus - dir wirklich etwas zu raten, denn meine Erfahrungen sind ausschließlich im sozialen Bereich…

Das wäre doch mal ein guter Anhaltspunkt. Fragen, was sie gelernt haben.

Naja, es gibt im Landratsamt eine Stelle (komme gerade nicht drauf wie das heißt) die stellen für Flüchtlinge beispielsweise die Scheine aus, dass die zum Arzt gehen können. Eine Art Überweisung. Sowas in die Richtung. Das muss ja mit der zuständigen Kasse auch irgendwie abgerechnet werden…

okay, ja, das ist dann schon schwierig. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass ich an freien Tagen oder eben vormittags in der Spätschicht am Besten gelernt habe. Abends ist das schon schwieriger.

Und ja, das Medikament hilft mir enorm dabei (danke dass du dich mit mir freust :slight_smile: ). Beispielsweise hab ich während meiner Ausbildung für jede Arbeit 3 Wochen am Stück jeden Tag gelernt - parallel zu einem Vollzeitjob in einer Arztpraxis und einfache Strecke 1h Bahnfahrt - und für die Abschlussprüfung ein halbes Jahr. Das war ordentlich anstrengend, hat mich verdammt viel Überwindung und auch Motivation von meinem Partner gekostet. Das war dann ohne Medikation. Wenn ich das vergleiche - nee kann man eigentlich kaum vergleichen.

Wow das klingt gut finde ich, das muss ich glaub auch mal für mich nutzen die nächsten Tage.

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Ich lese gerade dieses Buch und bin fasziniert davon wie sehr die Autorin auf Studien eingeht, auf Persönlichkeitsentwicklung, welche Rolle die Gesellschaft dabei spielt was als pathologisch angesehen wird und was nicht. Woher kommt der Hype der Extraversion? Warum ist es gewollt? Wie profitieren Arbeitgeber davon (vermeintlich).

Jeder der sich für Introvertiertheit interessiert oder selbst so eine Person ist dem kann ich dieses Buch nur empfehlen.
Es ist angenehm umfangreich, viele Beispiele, tiefgehende Erklärungsversuche etc.

Auch für Führungskräfte interessant, wenn auch zweitrangig. Sie versucht zu ergründen unter welchen Bedingungen Menschen/Mitarbeiter zu bahnbrechenden Erfindungen kommen.

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Ja, das kann ich bestätigen. Gerade in einer Großstadt, mit viel Hipsterpotential ist Extraversion, Netzwerkern und absolute Redegewandtheit der Menschen in der Arbeitswelt obligatorisch.

Morgens am Fahrradständer vorm Office beobachte ich die „Extraversierten“ beim Smalltalk und kann garnicht anders als sie sogar zu bewundern, so enthusiastisch unterhalten sie sich und das bereits um 07:30 :sweat_smile:

Ich glaube Extraversion ist für Unternehmen wichtig, da es Aktivität & Dynamik impliziert und Unternehmen nach aussen attraktiv werden lässt. Das sieht man anschaulich auf kununu und Xing/LinkedIn.
Vom wirtschaftlichen Benefit solcher Mitarbeiter für Unternehmen ganz zu schweigen.

Introvertierte Mitarbeiter sind aber genauso wichtig, um ruhige konzentrierte Tätigkeiten auszuüben.
Wir haben unfassbar viele Sachbearbeiter in unterschiedlichen Bereichen im Konzern. Manche sind sitzen in 2-4 Mann Büros, manche in riesigen Grossraumflügeln mit Laptops an täglich anderen Plätzen (eher die Kreativen). Jeder findet seinen Platz. Und natürlich auch im Homeoffice.

Wir haben sehr viele ruhige Menschen im Unternehmen, die nicht in der 1. Reihe agieren möchten. Das finde ich auch genau richtig. Sie „erden“ den Alltag und bringen Beständigkeit in das oft turbulente Tagesgeschäft.
Ich denke, in jeder Branche gibt es solche Rückzugsstellen.

Ich war mal in einer Reha, da hatte ich mich mit einer Schwester auf Station super verstanden und wir hatten uns häufig lange ausgetauscht. Sie sagte, sie hatte im städtischen KKH gelernt, konnte den Stress dort nicht mehr ertragen und hat dann in der Reha Klinik angefangen. Sie sagte, das sei unvergleichlich gut. War ihre Rettung. Vll wäre das auch was für dich? Zwar Klinik, aber eine andere Fachrichtung, entspanntere Umgebung, ohne Notaufnahme etc?

Auf jeden Fall möchte ich dir sagen, dass ich es sehr bewundere, wie strukturiert du an die Themen herangehst, dir Gedanken über die Zukunft machst und Pläne schmiedest.
Ich kann nur sagen, das finde ich grossartig!

Ich persönlich bin immer nur ins Leben hinein gestolpert ohne gross nachzudenken und hatte mMn einfach nur Glück, einfach ab und zu mal die richtige Abbiegung genommen zu haben :sweat_smile:

Ich bin gespannt, wie es bei dir weitergeht und wünsche dir nur das Allerbeste :blush:

Liebe abendliche Grüße :sparkles:

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So, jetzt möchte ich mich nochmal mit deinem tollen Beitrag auseinandersetzen.

Zeit für mich, Ruhe, Zeit mit meinem Partner, kreatives Schaffen, Ästhetik, gutes Essen, kochen, Musik hören, auch die eher seltenen aber wichtigen Treffen mit meinen Freunden, gute Arbeit geleistet haben

Das mache ich intuitiv schon ewig. Durch den sozialen Alltag verkrümel ich mich nach Feierabend. Dadurch tanke ich wieder auf. Aber auch aktive Urlaube in der Natur helfen. Kreative Hobbies.

Die Intuition ist schon kein schlechter Ratgeber.

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Heute ist ein guter Tag!

Ich arbeite heute alleine am Platz, da wir Personalmangel haben.
Das Programm ist aber nicht rappelvoll und ich kann mich austoben. Alles läuft wie an Schnürchen und ich bin total happy nur mit den Patienten kommunizieren zu müssen.

Und mit der Ärztin (wahrscheinlich auch intro!) :smiley:

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Ich muss mich selbst zitieren und damit dieses Buch nochmal ausdrücklich hervorheben.

„Susan Cain - Still. Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt.“

An alle Introvertierten, Pseudo-Extravertierten, Partner von Introvertierten, Erzieher, Pädagogen, Psychologen und Ärzte … bitte nehmt dieses Buch in die Hand und lest!!

Es ist so mindblowing - zumindest für mich. Noch mehr als meine ADHS - Diagnose.

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