KOFFEIN FÜR KINDER? / Umgang mit provozierendem Verhalten (5 Jahre)

Hallo zusammen🤗 ich bin noch nicht lange dabei, habe meine eigene ADHS-Diagnose dieses Jahr erst bekommen.

Ich habe zwei Töchter (3 + 5 Jahre). Die 5-Jährige war schon als Baby sehr herausfordernd. Obwohl ich sie nur getragen habe (wir hatten keinen Kinderwagen), fast 2,5 Jahre gestillt und gerade das erste Jahr wie im Liebesrausch alles für sie getan habe, wäre sie bei den Bowlby-Bindungstyp-Test der unsicher-vermeidende Typ gewesen, d.h. keine Anzeichen von Beunruhigung oder Vermissen, wenn ich den Raum verlasse.

Die erste Regel mit ca. 14 Monaten war „nicht auf die Straße laufen“. Ich hatte sie nie so glücklich gesehen, wie sie war, als sie diese Regel (und alle die folgten) brechen konnte. Und egal, was man von ihr wollte, es gab ein riesen Geschrei. Schon in der Krippe war sie auffällig, hat z.b. andere Kinder geschnappt und ist mit ihnen weggelaufen.

Im Kindergarten gab es teilweise mehrmals wöchentlich Gespräche, weil sie so oft ausgerastet ist und einfach so unfassbar unkooperativ war. Da war ich das erste Mal auf Anraten der Erzieherinnen beim Kinderarzt. Der hat es aber nicht ernst genommen und meinte ich wäre zu unsicher in der Erziehung, was ich auch geglaubt habe und ja irgendwie auch stimmt.

Jetzt ist sie in der Vorschule. Sie provoziert dort die Kinder und Erzieher, beleidigt, kneift, schreit ins Ohr. Am liebsten zeigt sie mit dem Finger auf jemanden, der sich über sie ärgert und lacht. Die Erzieher wissen nicht weiter. Sie haben sehr viel Wissen über ADHS bzw. sind selbst betroffen, stehen aber vor dem selben Problem wie mein Mann und ich - Kann sie sich nicht anders verhalten oder will sie es nicht? Wir haben schon so viel ausprobiert, von extrem verständnisvoll zu sehr konsequent und klar, alles scheint gleich wenig zu helfen.

Sie ist nicht dumm, kann z.b. gut lesen, schreiben, rechnen. Und wenn es einen seeehr guten Grund gibt, kann sie sich „zusammenreißen“, z.b. sage ich, wir fahren sofort nach Hause, wenn es in der Schwimmhalle nicht klappt. Aber ansonsten liebt sie es zu ärgern. Wenn man sie fragt, sagt sie: „ich will ärgern!“ - die sozialen Kosten scheinen ihr einfach nicht so hoch zu sein. Sie hasst Regeln und liebt Freiraum.

Der Kindergarten hat einen Termin mit der Eingliederungshilfe und einer Jugendpsychiaterin veranlasst, die eine sozial-emotionale Entwicklungsstörung festgestellt hat. Sie soll jetzt auf ADS und ASS getestet werden, das kann aber noch dauern, wir stehen seit 6 Monaten auf der Warteliste.

Das Hauptproblem ist für mich, das ich nicht den ganzen Tag pädagogisch wertvoll handeln kann, sondern irgendwann mit den Nerven am Ende bin. Ich würde so gern die Ursache bekämpfen, damit es gar nicht so weit kommt. Ich glaube auch nicht, dass es ihr selbst gut geht, wenn sie in dieser Phase steckt.

Vielleicht gibt es hier jemanden, der Erfahrung mit so einem Verhalten und Tipps für mich hat. Ich bin für jedes Puzzlestück dankbar.:slightly_smiling_face:

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Hallo Sukuwomo!

Das tönt sehr anstrengend, hatte gerade ein paar Flashbacks als meiner noch kleiner war :see_no_evil:

Naja, ich denke mal, da du mit ADHS diagnostiziert bist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie es auch hat, mit diesen Symptomen relativ hoch, oder?

In dem Sinne - Ursache bekämpfen - landen wir wohl schnell mal bei einer Medikation. Dazu gibt es einen sehr guten Podcast vom ADHS-Family Podcast - Folgen 64-69 mit Lea Ibell. Hat auch sonst sehr gute Inputs dabei, falls eine Medikation für euch (noch) nicht in Frage kommt.

Von Lea Ibell gibt es auch einen sehr guten Text online zu finden: „Bedürfnisorientierte Begleitung hyperaktiver Kleinkinder“.

Falls du gerne Bücher liest (gibts teilweise auch als Hörbücher), ist Nora Imlau auch sehr zu empfehlen, z.B. „ So viel Freude, so viel Wut“, „Meine Grenze ist dein Halt“ und auch „Bindung ohne Burnout“. Sie spricht immer von „gefühlsstarken Kindern“ statt von Diagnosen, da sie auch Familien von Kindern abholen möchte, die noch nicht an ein ADHS o.ä. gedacht haben. Man kann aber „gefühlsstark“ durchaus durch ADHS ersetzen beim lesen.

Ich hoffe, ihr kriegt bald einen Termin zur Diagnostik. Ich selbst würde in eurem Falle (auch in unserem übrigens) so bald wie möglich mit einer Medikation starten, wenn die Möglichkeit besteht. Das wird am Anfang nochmals sehr anstrengend, aber es ist - wenn richtig eingestellt - sooo eine grosse Hilfe fürs Kind und auch für die Familie. Da kommst du mit Erziehung nicht annähernd hin!

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Liebe @Sukuwomo ,

die Ärztinnen sind sehr zurückhaltend mit Medikamenten bei kleineren Kindern, hier sehe ich aber einen wichtigen Grund, damit nicht länger zu warten! Lasst euch bitte nicht durch die Warteliste für die Tests vertrösten - die Tests können immer noch gemacht werden, aber jetzt ist erst einmal wichtig, dass dem Kind geholfen wird. Nicht erst im Herbst, sondern jetzt.

Und nein, auch wenn das Verhalten noch so sehr nach Provokation aussieht, sie will nicht so sein! Ganz sicher nicht. Auch wenn sie es in dem Moment sagt.

Meine beiden Kinder haben leider nicht nur ADHS, sondern auch eine Behinderung. Der Große hat mit fünfeinviertel zum ersten Mal Methylphenidat gekriegt, der Kleine mit vier Jahren und sieben Monaten. Bei beiden haben wir es nicht bereut, es tat ihnen sehr gut.

Mit einer Einschränkung - der Kleine zog sich mit Methylphenidat zu sehr zurück, weswegen wir die Dosis stark reduzieren mussten. Später bekam er Attentin, das hat diese Nebenwirkung bei ihm nicht, aber die Ärztin wollte es nicht vor dem 6. Geburtstag geben.

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Hallo @Sukuwomo ,

Ich bin Heilpädagogin und arbeite in einer Frühförderstelle. Ich habe selbst in der Förderung Kinder die noch nicht diagnostiziert sind, ixh aber schon ein Adhs sehe.
Mein Grundsatz (nach 20 Jahren im pädagogischen Bereich)ist: kein Kind der Welt provoziert tatsächlich um Ärger zu bekommen. Es sind Verhaltensweisen, die Kinder nutzen um sich zu regulieren oder ihr Verhalten spiegelt die ihre komplette Überforderung wieder.
Für Frühförderung könnte es evtl schon zu spät sein aber strebt evtl (falls noch nicht erfolgt) eine Ergotherapie an -am besten eine mit Sensorischer Integration. Viele Kinder mit ADHs haben auch eine Wahrnehmungsverarbeitungsstörung. Die Propriozeptive und Vestibuläre Wahrnehmungsverarbeitung könnte Punkt sein.
Manche Kinder und Jugendpsychiater bieten auch eine Diagnostik an. Ich würde tatsächlich rum telefonieren und Klinken putzen.
Sport integrieren finde ich bei den kleinen auch wichtig. Wahrscheinlich funktionieren Gruppensportangebote eher nicht so gut,aber vielleicht könnt ihr einmal in der Woche 1:1 (nur du und sie) mit ihr schwimmen gehen oder sie irgendwie auspowern (gut bei einer Wahrnehmungsproblematik).
Kurze klare Ansagen, sofortige Konsequenz die abbrechenbar ist . Also „klappt es nicht in schwimmhalle gehen wir sofort“ . Nicht „klappt es nicht, gibt es eine Woche Fernsehverbot“. Die Konsequenz muss immer an dem Fehlverhalten geknüpft sein. So wie ich es aber rausgelesen habe,macht ihr das schon. Du schreibst ja,wenn sie will kann sie sich benehmen.
Vielleicht habt ihr auch Elternberatungsstellen in der Nähe, die euch Tipps im Umgang noch geben können.
Ich habe jetzt einfach nur random aufgeschrieben, was mir einfällt. Vielleicht habt ihr sowas schon ausprobiert.
Ich wünsche euch viel Nervenstärke und Durchhaltevermögen. Ich verstehe dich sehr gut und wünsche euch,dass ihr einen Weg findet.

Liebe Grüße Frieda

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Vielleicht trage ich Eulen nach Athen, dann bitte ich um Entschuldigung: Was ist mit Hochbegabung? Wird sicher mitgetestet in der ADHS/ASS-Abklärung, aber vielleicht hilft es, einen Blick darauf zu haben.

Finde ich hilfreich an der Schnittstelle, da beides parallel bestehen kann oder sich gern gegenseitig verdeckt:
Fehl- und Doppeldiagnosen - Können macht Spaß (xn–knnen-macht-spass-zzb.de)

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Vielen Dank für eure lieben Rückmeldungen! Vor einer Stunde hat tatsächlich die jugendpsychiatrische Klinik angerufen, in der die Diagnostik gemacht wird - am 1.8. haben wir den ersten Termin! :+1:t2::slightly_smiling_face:

Mit dem Podcast werde ich gleich starten! Ich bin für mich selbst noch zu keiner abschließenden Meinung gekommen, was die Medikamente angeht. Ich merke zwar, dass sie mir helfen, aber gleichzeitig fühle ich mich nicht krank und würde lieber mein Leben und die Umweltbedingungen an meine Bedürfnisse anpassen. Für meine Tochter gilt das natürlich noch viel mehr. So lange ihrerseits kein besonderer Leidensdruck da zu sein scheint, will ich erstmal alles versuchen, mit ihr einen Weg zu finden, die Gefühle anders rauszulassen - ohne dass es für sie und andere mit so hohen Kosten verbunden ist. Wenn sie älter ist, würde ich sie selbst entscheiden lassen, ob sie Medikamente probieren möchte.

Aus Sicht der Erzieher und der Kinderpsychologin steht zudem ASS im Vordergrund und damit einhergehend eine riesige Überforderung mit so vielen Menschen klarzukommen. Zuhause zeigt sie z.b. selten Auffälligkeiten. Das müssen wir erstmal abklären. Wahrscheinlich würde die dann eine KiGa-Begleiterin bekommen, die sie immer wieder raus nimmt, damit sie genug Ruhe bekommt.

Vielen Dank, dass du das schreibst! Eigentlich bin ich absolut überzeugt davon. Komischerweise kommen aber immerwieder Zweifel auf, gerade wenn mein Geduldsfaden schon sehr überspannt ist und sie wie aus Langeweile anfängt zu ärgern :triumph:. Aber gerade dann sollte ich es mir im Erinnerung rufen. Auch für deine anderen Tipps vielen Dank!

Ich glaube eher, es steht in engem Zusammenhang mit ASS / ADS - Hyperfokus, Spezialinteresse. So starke Verhaltensauffälligkeiten resultieren glaube ich weniger aus einer Begabung. Eine Rolle spielt aber sicher, dass sie mit den anderen Kindern nicht auf einer Wellenlänge ist. Ihr bester Freund ist über 3 Jahre älter und mit dem spielt sie seit sie 3 ist sehr gut zusammen und ist dabei auch sehr ausgeglichen.

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Guten Morgen liebe @Sukuwomo ,

ich kann das gut nachvollziehen, sehe es aber genau gegenteilig.

Dein Kind fühlt sich nicht krank. Aber der Leidensdruck, wenn man sich nicht steuern kann und seinen Gefühlen so unmittelbar ausgesetzt ist, ist doch ganz enorm. Deiner Tochter geht es nicht gut damit, wenn es ständig Stress mit den Eltern, Erzieherinnen und anderen Kindern bekommt.

Die Stimulanzien werden sowohl bei ADHS als auch bei ASS eingesetzt und verbessern erst einmal die Selbst- und Fremdwahrnehmung. Gerade bei einem kleinen Kind kann es so beindruckend sein, wenn es zum ersten Mal in der Lage ist, zu verstehen und umsetzen zu können, was die Erwachsenen von einem wollen.

Auch deiner Tochter würde es gut tun, sich selbst als kompetenter zu erleben.

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Das finde ich super wichtig. Sehe es genauso. Zumal die Medikamente bei Kindern auch das Wachstum hemmen und der Appetit entweder komplett weg ist oder übermäßig vorhanden. Man muss schauen,wie es dann in der Schule ist. Aber eine Lernproblematik scheint sie nicht zu haben,wenn sie schon lesen kann (wahnsinn!!!). Aber im sozio-emotionalen Bereixh könnte es eine gute Unterstützung sein. Aber dein Ansatz ist definitiv gut,in meinen Augen.

Ich selber habe mich auch für Medikamente entschieden und sie helfen mir auch. Missen möchte ich sie nicht im Moment. Später, wenn meine kleinen Kinder groß sind und ich vielleicht etwas weniger in diesem mental load bin,werde ich auch versuchen eher die Rahmenbedingungen anzupassen.
Wie gesagt, Ergotherapie (konnte nicht rauslesen ob ihr das schon macht) ist super.

Ich freue mich,dass ihr nun doch Zeitnah einen Termin bekommen habt.
Deine Tochter hat eine super Mama :smiley:. Der Weg ist manchmal echt anstrengend und steinig aber ihr meistert das ganz bestimmt.

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Wahrscheinlich hast du vollkommen Recht. Die Argumente sind absolut einleuchtend. Trotzdem bin ich voller Zweifel.

Ich sehe die ADHS-Symptome als Teil meiner Persönlichkeit und habe 30 Jahre lang andere Gründe für mein Anderssein verantwortlich gemacht. Es ist soweit ich weiß auch nicht ausgeschlossen, dass der Dopaminhaushalt nicht Wurzel des Problems ist, sondern etwas anderes. Und wenn ich Medikamente nehme, hindere ich mich daran, meinem Lebensthema auf den Grund zu gehen… Ich meine damit, vielleicht sind die Symptome wichtig, um meinen Weg zu finden und in die richtige Richtung zu laufen, auch wenn es manchmal schwer ist. Und für meiner Tochter gilt natürlich dasselbe und eigentlich möchte ich, dass sie es für dich selbst entscheidet.

Vielleicht ist das aber auch Quatsch, die Ursache ist wirklich nur eine „Fehlprogrammierung“ des Gehirns und ohne Medikamente kann es kaum möglich sein, ein glückliches Leben zu führen. Ich glaube mein Hauptproblem ist, dass die Diagnose nicht eindeutig z.B. mit einem Bluttest gestellt werden kann. Das ist gefühlt auch der Grund für die gesellschaftliche Ablehnung der Diagnose. Es gibt keinen Beweis dafür, dass ich nicht einfach nur Probleme mit der Erziehung habe.

In jedem Fall bedeutet die Diagnose eine Wende in meinem Leben und stellt vieles auf den Kopf. Ich bin noch ziemlich verwirrt und merke auch, dass ich mich noch viel mehr informieren muss, um es besser zu verstehen.

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Leider noch nicht, die Kinderärztin konnte es nicht verschreiben. Ich hoffe aber, dass es mit einer Diagnose bald losgehen kann.

Hallo @Sukuwomo ,

ich denke, du bist auf der falschen Fährte. Man hat nicht ADHS, weil man seinem Lebensthema auf den Grund gehen muss oder weil man seinen Weg finden muss. Die ADHS-Symptome wollen uns nichts sagen, sondern ADHS beeinträchtigt unsere Steuerungsfähigkeit.

Wäre es anders, hättest du diese Symptome nicht kontinuierlich seit der Kindheit. Und du hättest sie auch nicht weitervererbt. Dass deine Tochter ähnliche Schwierigkeiten hat, ist ein sehr starkes Indiz, dass es sich nicht um ein psychologisches Problem handelt, sondern um ADHS - bei deiner Tochter und bei dir selbst.

Schlechte Erziehung? Interessante Idee, aber durch Erziehung bei einem Kind ohne ADHS derartige Symptome auslösen ist schon ziemlich schwer. Also: es passt hinten und vorne nicht.

Natürlich hast du sicher so einige Lebensthemen, denen es wert ist auf den Grund zu gehen. Aber das wird dir mit Medikamenten voraussichtlich besser gelingen als ohne.

Weil (wenn es gut wirkt) der Vorhang weg ist. Weil die Gedanken nicht unlogisch kreisen, sondern du besser siehst was Sache ist.

Ja, man braucht einige Zeit, um alles was man bisher darüber gedacht hat, wie man funktioniert, neu zu ordnen, das kann dir auch niemand abnehmen.

Du hast als erwachsener Mensch die Möglichkeit, all diese Fragen abzuwägen, ein fünfjähriges Kind nicht. Zu warten bis es selbst entscheiden kann klingt gut, kann aber in der Realität extrem zynisch sein. Ein Kind kann darüber eine verständige Entscheidung frühestens mit 10 oder 12 treffen. Bis dann ist aber im Leben deines Kindes ganz viel passiert, zumal wenn die Auffälligkeit so extrem ist wie bei deiner Tochter! Ihr noch jahrelang die voraussichtlich effektivste Hilfe von Vorneherein vorenthalten fände ich, Entschuldigung, grausam.

(Mein großer Sohn, jetzt 28, könnte wegen seiner Behinderung eine solche Entscheidung nie selbst treffen. Dass er von 5 bis 19 Methylphenidat bekommen hat, war für ihn aber ein ganz großer Segen.)

@Friedaline Die Wachstumsminderung ist geringer als befürchtet, darüber gibt es Forschungen. Alle Kinder erreichen ob mit oder ohne Medikamente die gleiche durchschnittliche Körperlänge, die mit Medikamenten nur etwas später. Für die Appetitminderung gibt es auch Lösungen.

Aber wie auch immer - natürlich haben die Medikamente Nebenwirkungen. Man würde sie auch nicht einem vollständig gesunden Menschen geben, sondern es kommt immer darauf an, welche Wirkung der Nebenwirkung gegenüber steht. Du hast gelesen, welche Riesenprobleme Sukus Tochter hat?

Allein der Schutz vor Unfällen - Stichwort „Auf die Straße laufen“ - hebt die Gefahren durch Nebenwirkungen des Medikamentes um ein Mehrfaches auf! Mit Medikament hat das Kind die Möglichkeit umsichtig im Verkehr zu sein, ohne nicht oder viel weniger. Ich selbst würde ohne Medikament keinesfalls mehr Auto oder Fahrrad fahren, die Gefahr einen Unfall zu verursachen ist dann viel höher.

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:adxs_wink: @Sukuwomo

Teile meiner Persönlichkeit, habe ich auch immer gesagt, ich bin eben so.

Die verschiedenen Symptome haben mich auch in unterschiedliche Richtungen geschickt, nicht immer freiwillig, es war auch NIE wirklich leicht. Ich mußte immer kämpfen, um alles.

Heute, mit Diagnose und dem Wissen darum, einige Jahrzehnte später, blutet schon mein Herz das ein oder andere Mal.

Was hätte ich damals getan, als mein Kind klein war, ebenso „anders“ wie ich, wie hätte ich mich entschieden? Ich weiß es nicht.

Unser beider Leben hätte vielleicht eine andere Richtung genommen, wäre die besser gewesen? Auch das kann ich nicht beantworten.

Freie Entscheidung…darüber muss ich seit meiner Diagnose oft nachdenken; wieviel meines Weges fußt tatsächlich auf meiner freien Entscheidung? Da waren schon ein paar Dinge, die ich nicht machen konnte, weil ich eben war, wie ich bin.

Ich habe nicht solche Situationen wie du erlebt, aber ich stelle mir das sehr anstrengend vor, dazu wächst da ja noch jemand heran. Du hast heute aber auch ganz andere Möglichkeiten, da einzugreifen.

Meinem Kind hätte ich gerne so manches erspart, mit dem Wissen von heute. Er macht seinen Weg, muss aber genauso kämpfen wie ich. Das war ja auch für viele Jahre unsere Normalität, hätte es möglicherweise nicht sein müssen, ok verschüttete Milch.

Jetzt bleibt uns nur Schadensbegrenzung, aber wir sind dran :four_leaf_clover:

Du wirst für dich, für euch entscheiden, Medis oder nicht. Ich wollte dir nur gerne ein wenig erzählen, wie so ein Leben ohne Hilfe verlaufen kann.
Das sind eben so Dinge, auf die uns niemand vorbereitet hat :adxs_friends:

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Ich bitte um Entschuldigung wegen des Ausdruckes grausam. Ich weiß dass du für deine Tochter das Allerbeste willst, liebe @Sukuwomo

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Ja hab , und ich will auch nicht sagen ,dass Medikamente bei Kindern nicht durchaus hilfreich ind sinnvoll sein könnten, um Gottes Willen.
Aber ich kann den Punkt irgendwie schon verstehen, dass man nicht sofort die Medikamente ausprobiert, wenn man noch woanders Potential an Veränderung sieht. Wie zum Beispiel Anpassung der Rahmenbedingungen(sicher geht das auch nur bis zu einem gewissen Maß), evtl alternative Therapien. Ich denke,wenn der Leidensdruck da ist, kann man darüber nachdenken auch bei Kindern. Wenn es Schwierigkeiten beim lernen gibt. Oder im sozialen Bereich. Ich schrieb ja :

Also ich finde den Ansatz gut,es heißt ja nicht automatisch das man Medikamente gänzlich ausschliesst. Zumindest meinte ich das nicht so :smiley:

Ich selber habe einen fast 5 Jährigen Sohn und würde auch erstmal alternativen suchen. Zumal er noch ein Kitakind ist,so wie @Sukuwomo ’ s Tochter. In der Schule kommen andere Herausforderungen auf die Kids zu. Da würde ich auch noch mal anders drüber nachdenken,wenn es zu Problemen kommt.
Aber ich sehe ja,wie schwierig es sein kann die richtige Meditation und Dosis für mich zu finden. Das ist bei Kindern bestimmt noch mal ne ganz andere Herausforderung. Sicherlich machbar .

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Du hast mit allem Recht und ich denke auch, dass Medikamente sinnvoll sind, wenn ganz klar der Dopaminhaushalt Ursache der ADHS Symptome ist.

Bei mir bin ich aber (noch) nicht sicher und damit auch bei meiner Tochter nicht. Bei meiner Diagnose ist „gerade so“ ADS herausgekommen. Das erklärt mein gefühltes Anderssein aber nicht. Ich hatte viel Hoffnung in die Diagnose gesteckt und erwartet, relativ stark betroffen zu sein. Das Testverfahren war allerdings auch sehr abgespeckt.

Ich habe außerdem mal gelesen, dass Vernachlässigung auch ADHS Symptome hervorrufen können. Das war bei mir ganz klar der Fall. Auf der anderen Seite scheint mir meine Mutter ein ADS-Paradebeispiel zu sein. Es ist für mich irgendwie nur logisch, dass ADXSler mit der Erziehung überfordert sind und es deswegen so aussieht als sei Vernachlässigung die Ursache, obwohl es ebenfalls eine Konsequenz des ADXS (der Eltern) ist. (Damit stelle ich mein eigenes Argument in Frage :wink:

Mein kleiner Bruder zeigte zudem vor etwa 15 Jahren ein sehr ähnliches Verhalten wie meine Tochter. Er war ebenfalls beim Psychiater, es ist aber keine Diagnose dabei rausgekommen (außer eine Teil-Hochbegabung und Legasthenie) und er hat einen Schulbegleiter bekommen. Vielleicht wurde er aber auch gar nicht auf ADHS getestet, ich muss da noch mal nachhaken…

Auf die Straße läuft meine Tochter übrigens nicht mehr, sie war damals 1 Jahr alt :wink:

Bei dem Verhalten Deiner Tochter wirkt es nicht so, als wären das für sie wichtige Symptome.
Ich bin Autistin und habe ADHS. Das meine Symptome und Verhaltensweisen wichtig sein könnten erscheint mir geradezu absurd. Die sind teilweise so weitreichend, dass ich nicht dazu fähig bin meinen Alltag normal zu bewältigen.

Es geht vielen Menschen mit den Symptomen so, dass es nicht nur einfach schwerer ist, sondern das es teilweise unerträglich ist und der Weg ganz sicher nicht dahin führt wo er hinführen soll. Sehr viele Menschen leiden sehr stark unter den Symptomen.

Eigentlich spielt das keine besonders große Rolle ob es der Dopaminhaushalt ist oder etwas anderes, was dafür sorgt, dass der Dopaminhaushalt durcheinander kommt.
Es ist wissenschaftlich noch nicht einmal klar, was da genau passiert.
Es gibt autistische Menschen, die ohne ADHS Stimulanzien verschrieben bekommen, die da sehr gut helfen. Da ist auch der Dopaminhaushalt nicht die Ursache.

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Ich bin ja völlig auf eurer Seite und habe nicht den geringsten Zweifel, dass die Medikamente uns sehr gut helfen können.

Ich glaube, mein Problem ist, dass ich mein komplettes Selbstbild über den Haufen werfen müsste, wenn ich mir endgültig eingestehen würde, dass ich das Problem bin und nicht die Welt um mich herum. Ich habe mich zwar immer anders gefühlt aber nie falsch. Eher als wären alle Menschen und das System um mich herum völlig verrückt - vielleicht aus Selbstschutz. Alles in mir hat sich dagegen gesträubt „einfach mitzumachen“. Vielleicht habe ich also wirklich kein ADS sondern eine oppositionelle Verhaltensstörung oder was auch immer.

Meiner Tochter Ritalin zu geben würde sich so anfühlen, wie Michel aus Lönneberga ADHS zu diagnostizieren. Ich würde ihr damit endgültig klar machen, dass SIE das Problem ist. So fühlt es sich für mich aber nicht an. Für mich ist sie perfekt und verhält sich angesichts der Anforderungen völlig angemessen.

Ich sehe so viele Menschen um mich herum, die so perfekt angepasst sind, die aber trotzdem nicht glücklicher wirken als die und ich und mehr Stress- oder Erschöpfungssymptome zeigen… Häufiges Kranksein, Migräne. Es ist mir ein Rätsel, warum sie einfach so weiter machen und nicht mal das Bedürfnis haben aus dem Hamsterrad auszusteigen. Erst wenn der Körper völlig kapituliert - Depression oder völliger Verschleiß - sind die gezwungen auszusteigen.

Ich frage mich einfach, ob man mit Medikamenten nicht das innere (vielleicht richtige) Gefühl, dass etwas falsch ist, einfach ausstellt und damit die Missstände aufrecht erhält statt sie gezwungenermaßen anzupacken.

Aber ich meine ganz ehrlich: Ich weiß es wirklich nicht. Das Gefühl, nicht selbst das Problem zu sein dient sicher auch dem Selbstschutz.

Bevor ich meinen Tochter Medikamente geben, möchte ich dieses Thema für mich klären. Vor zwei Jahren habe ich deswegen begonnen, soziale Arbeit zu studieren. Meinen Job als Bauingenieurin habe ich gerade gekündigt, um bald mit dem Praktikumssemester zu beginnen und der Sache weiter auf den Grund gehen zu können.

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Ich fühle mich nicht falsch. Ich denke auch nicht, dass ich das Problem bin. Und trotzdem verstehe ich was Du meinst. Wahrscheinlich geht es hier um Selbstakzeptanz.

Ich kann hier nur von mir berichten. Mein inneres Gefühl ändert sich nicht durch die Medikamente. Ich fühle mich sogar mehr wie ich selber. Und es ist sogar im Gegenteil so, dass sie mir helfen die Missstände anzupacken.
Du scheinst hier möglicherweise an einem für Dich wichtigen Punkt festzuhalten. Ich denke es wäre gut da dranzubleiben und es könnte Dir weiterhelfen dem auf den Grund zu gehen.

Ich war als Kind einerseits sehr auffällig und anderseits extrem angepasst. Neben ADHS und ASS bin ich sehr wahrscheinlich noch im PDA Profil (da habe ich sowas wie wie „Verdachtsdiagnose“, es kann (noch) nicht offiziell diagnostiziert werden).
Ich habe aber alles mit mir selber ausgemacht und eher alles in mich reingefressen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Medikamente mir geholfen hätten. Ich bin mir aber auch sicher, dass es mir noch mehr geholfen hätte, wenn mich jemand verstanden hätte und auf meine Probleme und Bedürfnisse eingegangen wäre.

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Nein. Aber nachvollziehen kann ich diese Gedanken total.

Michel aus Lönneberga ist natürlich eine Kunstfigur, von daher ist auch eine Diagnosevermutung fiktiv. Bei Astrid Lindgren selbst gibt es durchaus Hinweise, dass sie ADHS gehabt haben kann. Wobei auch die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse, die für eine alleinerziehende Schriftstellerin nicht gerade günstig waren, zu kritisieren sind.

Bei Michel steht die Naivität und Impulsivität im Vordergrund. Dadurch sind die Geschichten spannend zu lesen. Romane über Normalos sind langweilig. Aber möchte man Michel sein? Und ist an den Problemen, die er hatte, die Gesellschaft schuld?

Eigentlich nicht. Dass er die Suppenschüssel so weit ausleckt, dass er darin stecken bleibt, oder dass er die Reste vom Kirschweinmachen den Schweinen gibt oder seine Schwester an der Fahnenstange hochzieht, liegt daran dass er etwas tut ohne nachzudenken.

Würde man sich vorstellen, die ADHS würde behandelt, wäre er in der Lage gewesen, weniger impulsive Entscheidungen zu treffen. Aber die Bücher wären dann weniger lustig.

Seine Kreativität und sein Gerechtigkeitssinn wären dadurch nicht beeinträchtigt gewesen. Es ist ja toll, dass er die armen alten Menschen aus dem Heim befreit und ihnen das Weihnachtsessen der Familie gibt, oder dass er alles tut, damit Alfreds Blutvergiftung behandelt wird. Später im Leben wird er auch Bürgermeister. Das alles würde ja nicht durch eine (medikamentöse) Behandlung der ADHS unterdrückt.

Deine Tochter ist perfekt und verhält sich absolut angemessen? Das liest sich oben anders an. Du schreibst, sie provoziert, ärgert, rastet aus, schreit ins Ohr, beleidigt.

Nein, nicht sie ist das Problem, aber sie hat eines.

Sicher gibt es überall Missstände. An denen ändert sich aber nichts, indem man ADHS-Kinder (oder ADHS-Erwachsene) unbehandelt lässt. Gerade dann entsteht das Bild, das Kind sei das Problem.

Zu ändern an den Umständen gibt es dann immer noch genug. Indem man schaut dass ein Kind im Unterricht vorne sitzt, indem man einem Kind beibringt, die Hausaufgaben zu notieren, indem man mit Erzieher/innen und Lehrer/innen überlegt, wie man Struktur reinbringen kann, um das Kind zu unterstützen. Und zusammen mit medikamentöser Hilfe hat das Kind dann auch etwas davon. Man tut nicht das eine, um das andere zu lassen, im Gegenteil.

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Warum hänge ich mich hier so stark rein? Das liegt daran, dass ich selbst ein ADHS-Kind war, das sich schon im Kindergartenalter unverstanden fühlte. Ich bin 1965 geboren und kann also meinen Eltern nichts vorwerfen. Und ich habe auch viel Glück gehabt. Aber rückblickend bin ich sehr sicher, meine Kindheit und Jugend hätten viel besser sein können, wenn ich damals schon eine Diagnose und Medikamente bekommen hätte.

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