nachdem ich jetzt über 18 Monate Clonidin zusätzlich eingenommen habe, hat mich die Neugierde gepackt und ich möchte wissen, wie es mit dem Wirkstoff Guanfacin so wäre.
Ich bin nach wie vor dem Wirkstoff Clonidin extrem dankbar, dass ich dadurch mein aktives Leben zurück bekommen habe. Inzwischen konnte ich es sogar auch deutlich reduzieren, nachdem ich über ein Jahr täglich mehr als ein halbes Gramm benötigt hatte. Nun bin ich zumeist bei nur noch 0,150mg. Liegt wohl am Magnesium und vielleicht ja auch der „Desensibilisierung der A2 Rezeptoren“ - hatte dazu was gelesen bei längerer Hochdosierten Einnahme und einer teilweisen „Heilung“ von Bluthochdruck.
In den kommenden Tagen, Wochen, Monaten werde ich hier mal meine Erfahrungen niederschreiben - je nach dem wie lange ich Intuniv einnehmen möchte.
Tag 1:
Mit großer Skepsis habe ich 70mg Ratio und 1mg Intuniv heute morgen eingenommen. Nachdem ich zunächst dachte, da käme gar nichts vom Intuniv, ist mir aufgefallen, das der Kopf für meine Verhältnisse unnatürlich „ruhig“ ist (positiv). Auch ist die vom Clonidin gewohnte Trägheit nur schwach ausgeprägt (ebenfalls positiv). Die Stimmung die sich zeigt, mutet bisher alltagstauglicher an, da sie genau mittig zwischen total produktiv und total entspannt liegt. Beim Clonidin war es ehr in Richtung (zu) entspannt verschoben, was dann durchaus auch mal Motivationsprobleme verursachen kann.
Also bisher ist es nicht schlecht. Ich bin gespannt, was mich in nächster Zeit erwarten wird und ob ich weitere Unterschiede feststelle.
Hier im Forum gibt es recht wenig zu Clonidin. Du hast ja zu deinen Erfahrungen mit Clonidin einiges geschrieben, sodass der Kontrast zu Guanfacin nochmal interessant ist.
Sau spannend - Ich werde lesen.
„Desensibilisierung der A2 Rezeptoren“
Ich hatte bisher nichts dazu gefunden. Die a2 Rezeptoren sind ja auch ein selbst Regulationsmechanismus des Noradrenalin, insbesondere über a2 Rezeptoren an der Presynapse. Noradrenalin rauf → a1 agonist → a2 agonist ->körperliche Stressreaktion gedämpft/Noradrenalin runter. Müsste der Effekt einer Bluthochdruck „Heilung“ dann nicht über eine up-regulation von a2- Rezeptoren kommen? Das Agonisieren eines Rezeptors muss ja nicht immer zur Downregulation führen, glaube ich.
Auf Reddit gab es auch mal einen (an den ich mich erinnere) der mit Clonidin eine lebensveränderne Symtom verbesserung erlebt hat. Da war die Erfahrung das Clonidin (wahrscheinlich genauso wie Guanfacin) extrem anfällig gegenüber unregelmäßiger Einnahme ist. Später war es dann wohl quasi bei Bedarf einnehmbar. Könnte ja dafür sprechen das a2-agonisten sowohl akut zusätzlich auch verzögert mittelfristig die Sympatikusaktivität regulieren.
Die Erklärung der wirkweise in dieser Quelle hier finde ich am besten:
Ich wollte Clonidin jetzt auch mal meinem Doc als Behandlungversuch vorschlagen. Oder vlt Guanfacin mal schauen
ich habe das irgendwann mal gelesen in einem Paper, ich weiß aber nicht mehr wo ich das finde. Da ging es um Bluthochdruck. Falls ich es irgendwann nochmal finden sollte, versuche ich das mal nachzuliefern. Vielleicht war es auch eine Sensibilisierung. Irgendwas in der Richtung war es. Sorry für das durcheinander.
Aber nun mal zum Update.
Inzwischen bin ich auf 2mg und es ist weiterhin erfreulich positiv. Unerwünschte Nebenwirkungen treten nicht auf. Eine interessante und (für mich) bedeutende Änderung scheint sich wohl herauszukristallisieren:
Ich fühle mehr und kann diese Gefühle auch besser kommunizieren. Mit „mehr Fühlen“ meine ich nicht eine stärkere Intensität, sondern ein umfangreicheres positives Gefühlsempfinden. Außenstehenden Menschen ist dies schon aufgefallen. Angenehm ist auch die Wirkdauer über den ganzen Tag hinweg .
Weiterhin bin ich gespannt auf 3mg und ggf. 4mg. Ich wünsche mir noch eine etwas stärkere physische Wirkung. Der Sprung von 1mg auf 2mg hat schon einen angenehmen Unterschied gemacht. Auch bin ich daran interessiert, welche weiteren (psychischen) Effekte sich zeigen bei einer Erhöhung der Dosierung.
Bis jetzt kann ich sagen, dass die Wirkung für mich ganz gut ist. Wenn das weiter so positiv verläuft, werde ich beim Guanfacin bleiben.
PS: @UlBre Ich hab mich ja im Forum verklickt bei der Threaderstellung. Könntest du das bitte in die medikamentöse Behandlung schieben?
inzwischen ist ja genau ein Monat vergangen nach meinem letzten Zwischenstand.
Ich habe dann noch 3mg bzw. 4mg probiert. Und anfangs war die Wirkung jeweils nach jeder Steigerung ziemlich gut aber sie verging ziemlich schnell. Also nicht komplett, aber nicht so, dass ich damit zufrieden wäre.
Das selbe hatte ich beim Clonidin mit 75ug. Eine Woche gut, dann verflog es gefühlt.
Mit 150ug ca. zwei Wochen wirklich gut und dann das selbe. Erst mit 225ug war ein dauerhafter und jeden Tag gleicher Effekt vorhanden.
Wenn es wirkt, finde ich Intuniv wirklich hilfreicher als das Clonidin. Gedanklich war ich eigentlich schon dabei, wieder zum Clonidin zurück zu wechseln. Aber ich dachte mir, ich sollte vielleicht dem Ganzen noch eine realistische Chance geben: Da ja die Zulassung bei Kindern zumindest bis 7mg geht, wäre es ggf. eine für mich vergebene Chance, nicht bis dahin zu gehen - falls notwendig.
Ich werde berichten und bin großer Hoffnung, da es beides A2-Agonisten sind, dass irgendwann die Intuniv-Dosierung erreicht wird, wo sich wie beim Clonidin eine langfristig gleichbleibende Wirkung einstellt.
Probiere es auch gerade. Leider habe ich aber starke schlafstoerungen vom intuniv. Sonst ist es super wenn ich es abends nehme kann ich gar nicht schlafen, wenn ich es morgens nehme wache ich dauernd auf. Arg.
Hrnz. Ich hoffe dass ich irgendeine Lösung für den schlaf finde. Die Wirkung ist phänomenal gut tagsüber. Ich verstehe zum ersten mal im Leben, was Impulskontrolle wirklich bedeutet. Ich bin EXTREM viel weniger gestresst, kann Dinge ganz gemütlich erledigen. Es ist wunderbar. Kein Vergleich zu Stimulanzien. Wenn da nicht das Schlafproblem wäre.
Hallo,
ich nehme Intuniv morgens ein und bin abends dann angenehm müde. Einschlafen klappt hervorragend. Auch ich werde seit einigen Jahren hin und wieder mal Nachts kurz wach und konnte dann nicht unbedingt gleich wieder einschlafen.
Mir ist glücklicherweise dann etwas aus meiner Jugend eingefallen. Wie war es denn so, wenn man zu Schulzeiten mal in der Nacht aufgewacht ist? Vielleicht eine Stunde bevor der Wecker klingelt? Bei mir war das so, dass ich mich unglaublich darüber gefreut habe, noch nicht aufstehen zu müssen und das ich nochmal einschlafen konnte/durfte. Also ein absolutes Glücksereignis für mich.
Bis vor einiger Zeit hatte ich es als negativ aufgenommen, dass ich nachts wach werde. Gedanklich also ein Fass aufgemacht und dann schläft man sowieso nicht mehr gut ein.
Nachdem ich meine Ansicht wieder auf die Version in meiner Jugend abgeändert habe, schlafe ich ratzfatz wieder ein und auch häufiger wieder durch. Vielleicht kann dir diese Erfahrung helfen.
Zwischenstand Intuniv:
Es erfolgte ein Sprung von 4mg auf 6mg. Der Wirkunterschied war enorm und auch die physischen gewünschten Effekte sind eingetreten. Wie beim Clonidin liegt der Puls durchweg um 80 herum und es besteht eine entspannende Wirkung - den ganzen Tag konstant.
In der Fachinfo ist beim Intuniv eine Dosierung nach Körpergewicht angegeben. Hierbei ist der Zielbereich ca. 0,05 mg/kg bis 0,12mg/kg vorgesehen. Aktuell bin ich mit den 6mg bei 0,08 mg/kg, mit den vorherigen 4mg bei ca. 0,05mg. Ist dann also kein Wunder für mich, warum erst bei der jetzt recht hohen Dosierung, die von mir erhofften (physischen) Effekte eintreten.
Ansonsten sind die psychischen Effekte wirklich beeindruckend - denn diese sind seit 1mg durchweg da, werden jedoch immer besser mit steigender Dosierung. Habe ja schon einige Sachen aufgelistet, aber besonders hervorheben möchte ich jetzt, dass starre Denkmuster / Blockaden / fehlende Flexibilität in den letzten Wochen erheblich abgebaut haben. In der letzten Zeit hat sich wirklich viel in meinem Kopf verändert - aber bisher ist des wundervoll und ich freue mich auf das was noch so kommt.
Was mir auch enorm auffällt mit Intuniv:
Ich kann endlich Musik machen. Vorher habe ich einzelne Töne gehört, jetzt kann ich Melodien hören.
Ich kann die Pausen zwischen den Noten fühlen. Das ging vorher einfach nicht. Meine Wahrnehmung war so fragmentiert. Als wäre ich ein Charakter in einem Videospiel mit zu hohem Ping.
Mir fällt auch auf, dass ich wesentlich besser im linearen Denken bin. Abläufe kann ich jetzt viel klarer planen als vorher. Und mein Gedächtnis ist wesentlich besser! Songtexte prägen sich direkt ein, ich erinnere mich an Akkordfolgen, der Müll kommt regelmäßig an die Straße…
Werds heute mal mit meiner zweiten Dosis nachmittags probieren. Habe den Verdacht, dass es bei mir etwas zu kurz wirkt und ich nachts einen Rebound habe. Ich wache mit Adrenalin auf und bin wirklich hellwach. Meine Träume sind auch merkwürdig. Sehr real und nah am Wachbewusstsein. Vorallem Gesichter erscheinen mir als seien sie real. Deutet für mich auch darauf hin, dass ich nicht tief genug schlafe.
Hast du schon einen Antrag bei der Krankenkasse auf Kostenübernahme gestellt?
Habe durch die extrem positiven Effekt den Eindruck gewonnen, dass ich eher im ASS als im ADHS Spektrum bin. Meine executive function ist SO viel besser, weil ich jetzt Impulse kontrollieren kann, die vorher verhindert haben, dass ich Dinge tue. Ich liebe Ordnung und Struktur, konnte dem aber nie wirklich nachgehen. Wirklich erstaunlich. Ich bete, dass sich das mit dem Schlaf irgendwie eingrooved. Die Wirkung wäre für mich wirklich lebensverändernd. Kann mir auch gut vorstellen, dass es gerade bei Menschen gut hilft, die unter CPTSD leiden. Die Symptome sind ja ziemlich deckungsgleich mit denen von ADHS. Und Guafacine reguliert ja in erster Linie den Fight or Flight Mechanismus.
Das stimmt mich etwas Hoffnungsvoll, dass selbst wenn ich es nicht weiternehmen kann, das grundlegende Problem auch anders angegangen werden kann. Dann wahrscheinlich mit einer sehr intensiven, tiefen Meditationspraxis und Traumatherapie.
Und mein Hyperfokus ist endlich regulierbar. Ich kann einfach Pausen machen und entspanne mich dann auch wirklich. Ich spüre meine körperlichen Bedürfnisse und kann ihnen nach gehen. Das war alles vorher nicht möglich. Wirklich erstaunlich.
eine zweite Dosis nachmittags halte ich jetzt nicht unbedingt für sinnvoll aufgrund der langen HWZ.
Aber freut mich, dass du da positive Erfahrungen machst.
Wiesow sind Schlafstörungen eigentlich eine Nebenwirkung von Intuniv? Ich dachte es sorgt eher für Entspannung usw.? Hab überlegt, Intuniv mal auszuprobieren, hab aber Angst, dass es den Schlaf beeinträchtigt
Scheinbar wurde vor wenigen Monaten in der EU ein zweites Medikament mit Guanfacin für ADHS zugelassen (Paxneury). Müsste das nicht dann ein Generikum von Intuniv sein? Oder habe ich das falsch verstanden? Weiß da jemand vielleicht mehr dazu?
Meinen Schlaf beeinträchtigt es nicht. Werde seit Jahren meistens einmal wach in der Nacht. Schlafdauer sind bei mir meistens ca. 6 Stunden.
Was das mit dem Paxneury anbetrifft: Ich vermute mal das wir das frühstens ab kommenden Monat sehen werden, weil dann ja diese 10 Jahre Marktexklusivität enden werden. Zulassung von Intuniv war ja am 17.09.2015.
____________________
Mal der aktuelle Stand bei mir:
Ich habe nun 7mg und sehr wahrscheinlich werde ich beim Intuniv bleiben, auch wenn es finanziell noch ziemlich weh tut mit nun über 300€ mtl. Aber die Benefits sind bei mir unglaublich.
Extremer Abbau “autistisch” anmutender Ansichten und Verhaltensweisen bei mir.
Gar keine Überreizung / Reizüberflutung mehr
Zugriff auf meine Gefühlswelt, keine Blockade mehr diese auch ausdrücken und zeigen zu können.
Erhebliche Steigerung der geistigen Resilienz
Es erfüllt mich nun von Herzen, Zeit mit Kindern zu verbringen zu können.
Purer Genuss sozialer Aktivitäten, unter Menschen kommen
Die Wirkungen des Intuniv im Kopf, also der Psyche, sind umfangreich. Ich bin gespannt und hoffe, dass das so bleiben wird.
300 € sind schon heftig, aber verstehe, dass es dir das wert ist. Ich hoffe, dass das neue Generikum günstiger ist… Dann wird Guanfacin vielleicht auch mal häufiger von den Kassen genehmigt.
Nimmst du aktuell zusätzlich zu den 7 mg Elvanse/MPH?
Bei mir leider nach wie vor extrem schlechter schlaf. Von 9 Stunden im Bett schlafe ich wenns gut läuft 5. Echt nervig. Und trotzdem gehts mir tagsuber wesentlich besser als ohne intuniv und mit 8-9 Stunden schlaf. aber irgendwann wird es sich wohl raechen. Aber ich versuche die Zeit zu nutzen.