Meine Erfahrungen mit Elvanse als junger Erwachsener

Hallo,

ich bin relativ neu hier und habe bisher noch keinen Beitrag verfasst.

Ich bin 23 und mit ADHS seit der Kindheit und Asperger Autismus seit diesem Jahr diagnostiziert. Und ich würde auch ADHS als mein hauptsächliches Problem beschreiben.

Mir wurde von meiner ehemaligen Psychiaterin im Juni angeboten, es mit Elvanse gegen das ADHS zu versuchen.
Ursprünglich wollte ich schon seit 2020 Medikamente gegen ADHS ausprobieren, damals schlug ich Methylphenidat vor. Dies lehnte man mit der Begründung ab, dass zwar ADHS im Kindesalter diagnostiziert worden war, eine medikamentöse Behandlung aber jedoch nur möglich sei, wenn man es nochmal im Erwachsenenalter diagnostiziert, da es sich mit dem Erwachsenwerden verlaufen könne. (Halte ich persönlich für absoluten Bullshit…)

Nun ging es aber doch, auch ohne erneute Diagnostik, aber im Juni schlug ich das Angebot noch aus, da ich kurz vor der praktischen Prüfung zum Führerschein war und davor nicht mit Betäubungsmitteln hantieren wollte.

Beim nächsten Arztbesuch, mit der neuen Psychiaterin im September, bestand ich dann darauf, es zu versuchen.
Verordnet wurden 30mg.

Die Ersteinnahme war ein sehr seltsamer Trip. Erst dachte ich, dass mich das Medikament stark sediert, aber es war wohl einfach ein unfassbar starker Fokus.
Am zweiten Tag war die Wirkung nicht mehr so intensiv, aber ich war euphorisch, hatte Tatendrang und erledigte viele Aufgaben des Haushalts, die bis dato liegen geblieben sind.
Mit den nächsten Tagen wurde die Wirkung gefühlt immer schwächer und die Stimmung immer schlechter.
Daraufhin war ich kurzfristig wieder bei der Psychiaterin und frug, ob wir demnächst bereits auf 50mg steigern können.

Diese Entscheidung vertagte sie um zwei Wochen.
Nach zwei Wochen war ich wieder dort und mir wurde die Erhöhung mit dem Verweis verweigert, dass mein gemessener Blutdruck zu hoch sei und keine Erhöhung zuließe.
Aufgrund von diversen Meinungsverschiedenheiten und gegenseitigen Vorwürfen, beendete diese Psychiaterin das Behandlungsverhältnis auf einseitige Weise.

Inzwischen wurde der Blutdruck über 24-Stunden überwacht und vom Hausarzt (Internist) als gut/ vollkommen normal befunden.

Ich bekam dann erst mal übergangsweise für einen Monat ein Rezept für Elvanse 30mg vom Hausarzt.

Seit Anfang November bin ich nun bei einer neuen Psychiaterin in Behandlung, diese ließ sich darauf ein, dass Elvanse erst mal auf 40mg zu erhöhen und wollte mich in zwei Wochen nochmals sehen.
In diesen zwei Wochen hatte ich einige Stimmungstiefs am Abend, die mich an meine schlimmsten, depressiven Zeiten erinnerten, sodass ich nach langer Recherche und eigener Reflektion zum Schluss kam, dass die optimale Dosis nich nicht erreicht ist.

Vor einer Woche war ich wieder bei der Psychiaterin und hielt ein Plädoyer für eine Erhöhung, aber nicht nur für 50mg, sondern direkt für 60mg. Ich argumentierte damit, dass es lange Zeit keine 10er-Schritte für Elvanse im Erwachsenenalter gab und eine Erhöhung um 20mg auch funktionieren musste, oder eben nicht.

Seitdem nehme ich nun also 60mg und fühle mich soweit gut. Ich merke nicht mehr diesen starken Honeymoon-Effekt, sondern eine etwas subtilere Wirkung, aber genau so soll es, meinen Recherchen nach, sein.

Ich würde hier erst mal einen Cut machen, weil ich jetzt noch einen Termin habe und eventuell heute Abend den Bericht ergänzen, da mir noch viele kleine Besonderheiten aufgefallen sind, die ich gern einfach mal dokumentieren würde, damit andere eine bessere Sicht auf die Wirkung des Medikaments bekommen.

Und ich würde gern noch niederschreiben, was ich mir von den Psychiatern gewünscht hätte, als das Elvanse angesetzt wurde. Niemand hat mich darüber aufgeklärt, dass es eine „Honeymoon-Phase“ gibt, die aber nicht die eigentliche Wirkung von Elvanse widerspiegelt. Darin sehe ich eine riesengroße Gefahr, sich in eine Erwartung zu stürzen, die Elvanse nicht erfüllen kann.

Viele Grüße erst mal

So, nun möchte ich gern daran weiter schreiben.

Mit 30 und 40mg verspürte ich leider viel Unruhe und Nervosität, es war nahezu kein Antrieb vorhanden und im besten Falle wie ohne ADHS-Medikament, eventuell sogar schlechter.

Von der anfänglichen Euphorie, also der Honeymoon-Phase verspürte ich nach ein paar Tagen mit 30mg gar nichts mehr und mit 40mg überhaupt nicht.
Und das anfängliche Problem war, dass mir nicht bewusst war, wie Elvanse wirken soll. Die involvierten Ärzte/Ärztinnen haben mit keinen Worten erwähnt, dass sich die Wirkung von Elvanse eher subtil zeigt, dass eine Euphorie nicht zur Wirkweise zählt.

Das habe ich nun erst durch Eigenrecherche im Internet herausgefunden und versuche dies nun auch so nieder zu schreiben.
Ich halte es für höchst gefährlich, dem Patienten ein Amphetamin zu verschreiben, ohne darüber aufzuklären, welche Nebenwirkungen dieses verursachen kann. Denn die Honeymoon-Phase mag für die allermeisten angenehm sein, aber sie spiegelt nicht den wahren Effekt von Elvanse wider, dementsprechend sollte es m.M.n. als Nebenwirkung kommuniziert werden.

Mit diesem Wissen kann ich nun viel entspannter an die Einnahme gehen, ohne direkt zu denken: „Und was ist, wenn es jetzt wieder schlechter wirkt?“
Dann hat dieses Denken durchaus das Potenzial, die Wirkung zu schmälern.

Tatsächlich möchte ich aber nach wie vor nicht ausschließen, dass die Dosis mit 30, bzw. 40mg zu gering war, diese Fälle gibt es ja durchaus.

Mit der jetzt ersten, vergangenen Woche bei 60mg und mit dem insgesamt dritten Monat Elvanse kann ich nun (m)ein erstes Fazit ziehen.
Ich hatte nie das Gefühl, dass es mich fremdsteuert oder mich zum Zombie verkommen lässt, ich hatte nicht das Gefühl, dass es mich grundlos aggressiver macht.
Anfänglich hatte ich mit 30mg leichte Brustschmerzen, welche sich aber schnell verflogen haben.
Auch leichtes Herzrasen gehörten nach der Einnahme zu den Nebenwirkungen, doch auch dieser Nebeneffekt verflüchtigte sich. Mein Puls ist eher am unteren Ende der Fahnenstange anzusiedeln, mein Blutdruck und meine Blutwerte wurden bisher auch nicht schlechter.

Zur Wirkung unter den 60mg merke ich, dass die Wirkung relativ zügig nach einer halben Stunde nach Einnahme beginnt und dann ca. 10½-11h anhält. Danach beginnt eine relativ starke Müdigkeit, auch meine Augen werden müde… Ich würde hier tatsächlich von einem Rebound-Effekt sprechen.

Eine kleine Besonderheit, die mir unter den 60mg aufgefallen ist: Im letzten Drittel der Wirkzeit, merke ich einen nochmal stärkeren Fokus im Kopf, wie ich ihn im ersten Drittel vespüre. Oder man dreht es um: In der Mitte der Wirkdauer ist die Wirkung schwächer als am Anfang und am Ende. So als gäbe es nicht eine Amplitude, sondern zeitversetzt zwei. Kennt dies jemand oder war dies schon irgend wann einmal Thema?

Ein für mich netter Nebeneffekt der 60mg, eigentlich ist es ja eine Nebenwirkung, ist, dass es meinen Appetit dämpft, was ich in der Form unter 30 und 40mg nicht gespürt habe.

Und um auf die Wirkung einzugehen: Ich fühle mich deutlich ruhiger und ausgeglichener, springe nicht von einer Aufgabe zur nächsten, mir fällt es nach wie vor einfacher, mit den Aufgaben zu beginnen, auch wenn sie eher unliebsam sind und währenddessen schweife ich nicht andauernd ab, sondern bleibe dran, bis ich fertig bin.

Alles in allem ist es schon ein Gamechanger, aber kein Wundermittel. Wenn ich nicht mitarbeiten würde, würde es mir vermutlich nichts bringen, bzw. würde ich keine Wirkung merken, wenn ich den ganzen Tag nur rum säße.

Was ich mir wünschen würde:
Ich hätte gern die Wirkung der 60mg über einen längeren Zeitraum, weil ich die Wirkzeit von maximal 11 Stunden etwas zu kurz empfinde, obwohl mir durchaus bewusst ist, dass es bei anderen Patienten maximal 6-8 Stunden wirkt.

Ich bin daher am überlegen, was für mich langfristig am sinnvollsten wäre. Gern würde ich noch eine geringe Dosis am späten Nachmittag einwerfen, um die einsetzende Müdigkeit nach hinten hinaus zu verschieben, doch gibt Elvanse offiziell nur noch einen Spielraum von 10mg her. Eine 10mg-Kapsel gibt es nicht, d.h. dass derzeit nur noch die Erhöhung auf 70mg möglich wäre, der durchaus auch die Wirkdauer verlängern, aber auch Nebenwirkungen hevorrufen könnte.

Eventuell fallen mir noch weitere Kleinigkeiten ein, an die ich gerade nicht denke, dann würde ich diesen Bericht weiter ergänzen.