Liebe Mitstreiter im Forum,
mein erster Beitrag in diesem Forum und auf eure wertvollen Erfahrungen und Meinungen sehr gespannt.
Historie:
- Februar 2023: Burnout, mit anschliessend mehrmonatiger Arbeitsunfähigkeit. Primärdiagnose Depressionen, Behandlung mit 20mg Escitalopram, welche damals sehr gut funktioniert hat (bereits nach wenigen Tagen Eintritt der Wirkung, minimale Nebenwirkungen)
- Auf „sanften Druck“ eines ADHS-ler Kollegen im Studium hin, dahin gedrängt eine ADHS-Abklärung durchführen zu lassen; September 2023 endlich die Abklärung bei einer spezialisierten Neuropsychologin. Diagnose ADHS-C, leichte Ausprägung
- November 2023: Erste Gehversuche mit ADHS-Medikation. Reduktion des Escitalopram auf 0 binnen weniger Tage, parallel dazu „hochfahren“ von kurzwirksamem Ritalin/Medikinet bis ca. 35mg; ging mir supergut phasenweise, neues Leben, neue Erfahrungen, endlich „Ruhe im Kopf“. Wechselwirkung Escitalopram / MPH wird als heikel eingeschätzt, daher der (erfolgreiche) Versuch das Escitalopram komplett herunterzufahren.
- Januar 2024: Versuche mit Medikinet MR und Focalin XR… ca. 30-40mg Medikinet MR ODER Focalin XR bis 15mg fühlten sich „gut“ an. Ich konnte plötzlich strukturiert arbeiten - eine ToDo-Liste morgens befüllen und sie auch grösstenteils abarbeiten. Eventuell war dies der „gefährliche“ Teil - plötzlich lud ich mir immer mehr auf den Schlitten, stellte meine Bedürfnisse wieder hinten an.
- Februar 2024: Burnoutartiger „Rückfall“, Panikattacke an einem Abend (hatte vorher nie etwas in Richtung Angststörung). Ich kriege übermässigen Respekt vor den Stimulantien: Einerseits helfen sie mir definitiv, andererseits macht mir diese Panikattacke echt Angst. Ich fahre den Konsum quasi auf null herunter.
- März - Juni 2024: Längerer Urlaub, Pause vom Arbeitsleben. Ich habe in dieser Zeit fast keine Medikamente genommen. ca. an 5 Tagen ein einfaches 10mg Medikinet (kurzwirkend), wenn mir meine eigenen Gedanken/Gehirn mir auf die Nerven gingen Abgesehen von phasenweise depressiver Symptomatik ging es ganz gut.
- Juli 2024 bis jetzt: Zurück im Berufsleben, Situation aktuell schwierig, fühle mich auf dem Abstellgleis, Umfeld hat Angst mich „wieder zu überlasten“. Jetzt haben wir eine sehr unglückliche Spirale: Gefühl der Wertlosigkeit, nicht gebraucht zu werden, nur „langweilige“ Arbeiten mit niedrigem Herausforderungslevel. An einigen Tagen nehme ich Focalin XR - je nach „Bauchgefühl“ zwischen 5mg und 15mg, an einzelnen Abenden noch 5mg Medikinet, wenn z.B ein Nachtessen im Restaurant ansteht (damit ich nicht jedes Gespräch am Nachbarstisch mitkriege und meinem Gegenüber überhaupt folgen kann, ohne dass sich der Akku innert Minuten leerzieht). Aber meine depressive Symptomatik wird stärker und stärker, oft sehr negativer Hyperfokus.
Ich bin in psychologischer Behandlung bei einer Psychologin, der parallel delegierende Arzt/Psychiater hat aber nur alle paar Monate Zeit für 30 Minuten, wenn ich ein neues Rezept brauche. Hat selber wenig Erfahrung mit Stimulantien, ist aber offen hier dazuzulernen und auch mal „etwas ausprobieren“. Nun, meine aktuelle Situation. Neben der Psychologin habe ich nun auch einen ADHS-Coach mit welchem ich meine Selbstfindung bezüglich Berufsleben (was will ich? was macht mir wirklich Spass? was kann ich gut?) und auch Finetuning meiner Medikation. In einem ersten Gespräch meinte dieser, als wir mein neuropsychologisches Gutachten vom letzten Herbst angeschaut haben, dass mein ADHS sicherlich nicht nur „leicht ausgeprägt“ ist sondern mittelschwer, ich bei einigen Tests durch einen eher hohen IQ „kompensieren“ konnte; auch eher Typus ADHS-HI und nicht „nur“ ADHS-C. In den letzten zwei Wochen hat sich meine depressive Symptomatik wieder massiv verschlechtert, teilweise wieder Mühe mit einschlafen, Grübeln, Gefühl der Wertlosigkeit, Selbstvertrauen ist im Keller. Sowohl Coach als auch eine ADHS-Betroffene sehr enge Vertraute sagen mir, dass ich wohl eher „zu wenig“ MPH als zu viel nehme. Aber ich mache mir Sorgen wegen meiner zunehmend depressiven Stimmung, getraue mich daher nicht hier „mehr zu nehmen“.
Was haltet ihr davon, wieder 10mg Escitalopram (jeden Tag, z.B mittags) einzunehmen, an Arbeitstagen zusätzlich 10mg Focalin XR? Meine Recherchen (von Reddit bis hin zu wissenschaftlicheren Quellen) zeigen sehr unterschiedliche Ergebnisse: Einerseits das gefürchtete Serotoninsyndrom, andererseits auch die Erkenntnis, dass eine Kombination SSRI/MPH in der Praxis doch sehr geläufig ist - bedenke man den hohen Prozentsatz von Komorbidität Depression/ADHS. Auch bin ich nicht sicher, ob ich wirklich eine Depression im engeren Sinn habe oder einfach eine ADHS-Dysthymie - man gebe mir eine wirklich spannende Herausforderung und einen Kollegen zur Seite - und ich kann vollmotiviert und konzentriert am Thema arbeiten, die depressive Stimmung ist (kurzzeitig) weg/ausgeblendet.
Bin sehr dankbar für eure Einschätzung und Erfahrungsberichte (gerade zur Focalin/Escitalopram Combo), bin langsam wirklich am Verzweifeln und mache mir täglich mehr Sorgen um meine berufliche Zukunft.