Polarisiert Ihr?

Nach der Sache mit meinem Arbeitszeugnis frage ich mich, ob es anderen hier so geht wie mir, oder ob das nichts mit ADHS zu tun hat und nur bei mir so ist:

Kommt es bei Euch auch häufig vor, dass Menschen gegen Euch so ein Feindbild aufbauen? Euch fertig machen (wollen)? Oft ohne Vorankündigung aus dem Nichts? Aber ansonsten bekommt ihr gutes Feedback, seid beliebt.
Man liebt oder hasst Euch?

Oder ist das Neid, Angst vor starken Frauen, Dummheit?
Verletzter Stolz?

Mir passiert es leider grad nicht zum ersten Mal, das Menschen so reagieren. Immer geht voraus, dass ich unterschätzt werde. Hier hatte man auch versucht, mich einzuschüchtern.

Es würde mich nicht freuen, wenn Ihr das kennt. Aber vllt ist ADHS eine Erklärung. Ich dachte bisher, es sei die Hochbegabung und mein Aussehen.

Ich habe die Erfahrung mit einer Adhslerin gemacht, dass sie unter einer maßlosen Selbstüberschätzung leidet.

Ich weiss nicht, ob das bei dir auch zutrifft aber das ist ziemlich abturnend.

Nein, denke nicht, dass ich an Selbstüberschätzung leide.
Fakten wie IQ-Test, Uni-Abschluss, Gehalt oder auch HCP beim Golf sprechen für sich.
Im Gegenteil. Ich muss mir solche Fakten immer klar machen, weil ich gefühlt kurz davor stehe, putzen gehen zu müssen.

Ohne Dir zu Nahe treten zu wollen. :slight_smile:
„Putzen gehen“ ist im besten Fall ein in drei Jahren erlernter Beruf und im schlechtesten einer, den man wählt, weil man nichts anderes findet. Auf jeden Fall aber ist es ein wichtiger Job, der von allen Putzenden dieser Erde gemacht wird. Ich weiß, was Du damit sagen möchtest, Hedwig, aber ich finde es denjenigen gegenüber nicht okay, die damit ihren Lebensunterhalt bestreiten (müssen).

Zum Thema Polarisieren: Es gab schon die ein oder andere Situation in meinem Leben, in der ich fertig gemacht wurde. Bestes Beispiel ist eine Chefin, die mir nach und nach alle Kompetenzen abgesprochen hat. Aber da z. B. war es, weil ich den Mann (und Kollegen) geheiratet hab, den sie wollte.
Ich hab auch so das ein oder andere Mal das Gefühl, dass man mich ungerecht behandelt. Da ich aber ein massives Problem mit Selbst-/Außenwahrnehmung habe (und gerne mir selbst alle Schuld in die Schuhe schiebe, zur Not auch für den 1. Weltkrieg - ihr versteht?), kann es gut sein, dass ich auch irgendeinen Mist gebaut, das aber nicht begriffen habe.

Ist das verständlich ausgedrückt? Irgendwie kann ich noch nicht so richtig denken heute Vormittag …


Ja, das kenne ich sehr gut.
Ich glaube, es liegt daran dass wir gegen den Strom schwimmen und nicht in der akzeptieren sozialen Schema passen.
Mein Motto ist: haters gonna hate
Lass dich bitte nicht an dir selbst zweifeln, was ich bis jetzt von dir mitbekommen haben, du bist eine starke intelligente Frau , viele wissen nicht damit umzugehen.

Ich selbst bin schon putzen gegangen und hätte auch kein Problem damit dies wieder zu tun und ich ertappe mich dabei, wie ich im Kopf durchrechne, was ich da verdienen würde. Das wäre halt deutlich weniger. Warum soll ich das hier verschweigen? Ich kenne Reinigungspersonal in meiner alten Firma, die haben mich immer bedauert, wenn ich abends um 7 noch da saß.
Ich finde putzen einen sehr befriedigenden Job. Kellnern liegt mir nicht so und Supermarktkasse ist mir zu sitzend.
Ich mache mir ernsthaft solche Gedanken und weiß vom Kopf her, dass ich in meinem Job keine Angst haben muss. Aber ich bin nun mal allein und kann mich nicht auf einen Mann oder den Staat verlassen. Putzen geht immer und wenn sich da jetzt jemand angegriffen fühlt, kann ich es nicht ändern.

Ich neige auch dazu, die Schuld bei mir zu suchen und strahle auch anscheinend aus, dass man Fehler mal auf mich schieben kann.
Aber das geht selten gut, weil ich wenig Fehler mache und dann sehr ruhig bleibe und die anderen sich da in irgendwas reinsteigern. Und dann kann ich halt auch mal zurückschlagen und das sitzt dann. Dabei werde ich nicht verletzend oder persönlich. Aber deutlich.


Ja, ich fühle dass Du vom gleichen Schlag bist. Danke!

@Hedwig - tja, so viel zum Thema Wahrnehmung (ganz ohne Selbst- und Außen-). Im Kontext klang das für mich leider gar nicht positiv.

Auch in der eigenen Wohnung? Also, ich mach zuhause ja lieber tausend andere Dinge. :smiley:


Das Motto in meiner Jugend war: Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom.
Mit dem nicht ins soziale Schema passen hast Du sicher recht.

Ich möchte da aber etwas anderes in den Raum werfen: Weil ich so oft angefeindet wurde, Angst vor Kränkung habe, etc. versuche ich mich, wie ein schleimiger Wurm (wäh!), in die Wünsche und Vorstellungen meiner Mitmenschen zu biegen. Kann ich dann noch polarisieren?
Ich denke ja, denn ich kann es a) nicht allen recht machen und b) merken doch meine Mitmenschen, dass ich mich nur verbiege, um es doch irgendwie allen recht zu machen.

Eine wirklich interessante Frage, die Du da stellst, Hedwig.
Aber, ob ich polarisiere, weiß ich leider immer noch nicht.

Wenn ich das so lese und auch so viele andere Beiträge von mir hier, in denen ich mehr oder weniger planlos und ohne Kenntnis meiner Selbst rumschwafle, kommen mir mal wieder große Zweifel, dass ich „mich jemals wirklich in den Griff bekomme“ …


Ich gehe da jetzt von mir aus:
Das dachte ich von mir auch immer…
Auf andere wirkte ich aber so wohl gar nicht.


Ja, allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich viel davon in meiner Wahrnehmung abspielt.
Egal ob es Schule oder Arbeit war - ich habe im Nachhinein festgestellt, dass mich die Leute gar nicht in Erinnerung haben, d.h. ich hatte den Dingen deutlich mehr Bedeutung beigemessen als sie hatten.
Du bist jetzt gekränkt, das ist auch richtig, aber es gibt keinen Grund, das irgendwie auf zukünftige Situationen zu übertragen. Sonst machst Du Dich nur selbst fertig.

Das ist jetzt nur ein Aspekt, den ich einbringen möchte - ich möchte Dir da nichts unterstellen, weil wir uns da zuwenig kennen.
Diese Rejection Sensitivity sorgt dafür, dass wir uns generell schneller angegriffen fühlen, weil wir soziale Signale (vor allem wenn wir eben keine „narzisstische Auslenkung“ haben) sehr gerne falsch bewerten, meist zu unseren Ungunsten und ihnen meist auch zu viel Bedeutung beimessen und uns vor allem sehr lange und intensiv darüber aufregen.
Da Du jetzt noch nicht so lange medikamentiert bist (wenn ich das recht erinnere) sage ich mal so: Gib Dir selbst da eine Chance, versuch das Vergangene abzuhaken.
Nein, wir (ich) schwimmen nicht gegen den Strom, wir sind eher einfach mal ein wenig trampelig, überempfindlich und gehen anderen auf die Nerven.
Das darf man weder hochjazzen noch abwerten - ist halt so, kann man dran arbeiten (hoffentlich…)

Ich stehe auch gerade vor der Situation der Jobsuche und mich beschleichen ähnliche Gedanken, zumal es die erste Jobsuche seit mehr als 20 Jahren wird (zwischenrein war eben Acquise, das ist irgendwie was anderes…) und ich in meiner damaligen Berufstätigkeit ähnliche Situationen erlebt habe („sie war eine verträgliche Mitarbeiterin“ :o :o :shock: :shock: :oops: :oops: :mrgreen: ) und die mit ein wenig Distanz doch sehr anders bewerte.
Übrigens hat diese Äußerung in Klammern dazu beigetragen, dass ich den nächsten Job (damals mein Traumjob) bekommen hatte. Die kannten den anderen Betrieb und wussten was sie davon zu halten haben.

:twisted: :twisted: :twisted:
… und das kannst Du einschätzen?
:mrgreen:

Ich habe nicht das Gefühl dass man Feindbild gegen mich hat, aber in mir schon eine „ Gefahr“ sieht das meine Meinung/Art eine Wahrheit spiegelt, die man nicht Unbedingt akzeptieren möchte da man sich dann selbst hinterfragen muss.

Eine alte Chefin sagte mir mal , dass es nicht immer so einfach mit mir ist , da ich manchmal drei Tage im Voraus schon was erfasse, was dann sich auch noch bestätigt .
Obwohl Sie weiß das ich nicht ihre Position untergraben wollte fühltE sich das für ihr Ego dann manchmal so an.
Ebenso sagte sie , dass sie das was ich äußerte erstmal selbst erfassen und verstehen muss. Das ich das was für mich schnell logisch scheint nicht automatisch von anderen erwarten kann und mich dann nicht Missverstanden Oder nicht ernst genommen fühlen soll .

Ich spüre das manche vorsichtig sind mir gegenüber andere halt nicht.

Mein Therapeut sagte mir auch mal dass ich manchmal so schnell bin und auch noch hilfreiche Ideen für die Therapie mitbringe und er schon fast das Gefühl hat ich würde an seinem Stuhl Sägen, weil er ja eigentlich die Ideen liefern müsste.

Vielleicht löst du ja Ähnliches aus ? Und die können nicht damit umgehen?

Ich denke, wir kommunizieren - „senden“ anders und oft direkt, ohne Rücksicht auf Konventionen, weil wir die nicht so auf dem Schirm haben.
Beim „Empfang“ dann das Gegenteil: da wird stärker auf beziehungsbezogene Signale geachtet.
Also überspitzt schon eher in die Richtung Austeilen aber nich einstecken können…

Auf jeden Fall und schon immer, mein ganzes Leben lang :grin:

Ja, mir hat eine Psychologin erklärt, dass es für andere, vor allem Kollegen, verstörend sein kann, wenn man Probleme oder generell was kommen wird, voraussagen kann. Ich bin im Denken oft schon ein paar Schritte weiter.
Plan B und Plan C sind immer bereit etc.

Statt diese Fähigkeit für das Team zu nutzen (ich bin wirklich ein Teamplayer) werde ich von einzelnen zum Schadrn des Teams ausgebremst - um es mal positiv zu formulieren.

Mein Partner hat diesen Weitblick auch und eckt auch damit an.
Wenn er dann recht hatte und dann um Rat gebeten wird, wie man die Suppe wieder auslöffeln kann ist er so richtig begeistert :twisted:

Oje… solche besonderen Begabungen - inbesondere bei Frauen - sind manchmal ein echtes Kreuz…

Ja, mir geht es auch so.
Heute ist das wohl nicht mehr ganz so stark, aber als ich jünger war, haben besonders Jungs/Männer zum Teil richtig aggressiv auf mich reagiert. Das ist mir einige Male passiert.

Das schlimmste, was mir diesbezüglich passiert ist, war der Besuch bei einem Astrologen. Ich hatte über die Freundin meiner Tante bei diesem mir bisher unbekannten Mann einen Termin vereinbart und unglücklicherweise hatte diese Frau sich nicht getraut, mir auszurichten, dass er mich nicht sehen wolle und mich ins Messer laufen lassen.
Als ich dann bei ihm vor der Tür stand, ging er mich verbal ziemlich heftig an und fragte, was ich denn überhaupt bei ihm wolle und warum ich mir überhaupt ein Horoskop hätte stellen lassen, wo ich doch sowieso vollkommen beratungsresistent sei und mir von niemanden etwas sagen lassen würde.
Das hätte er in meinem Horoskop gesehen und so jemanden würde er nicht empfangen.Da war ich doch sehr perplex, aber der Typ hatte ganz offensichtlich ein ziemliches Ego-Problem, wenn er Schiss vor einer 20 Jährigen hat.

Ich habe mir dann Jahre später noch von einem anderen Astrologen ein Horoskop stellen lassen und der war so begeistert von mir, dass wir drei Stunden miteinander gesprochen haben.

Mit Frauen habe ich komischerweise nur im beruflichen Umfeld immer wieder Probleme. Ich war auch schon einigen üblen Mobbingsituationen ausgesetzt, die ich aber immer sehr gut gemeistert und bis auf eine immer für mich entschieden habe. Beim ersten Mal hatte diese Exkollegin schon 4 Frauen vor mir aus dem Job gemobbt. Ich war die erste, bei der sie es nicht geschafft hat.

Und das zweite Mal hat sich eine Vorstandsassistentin von mir dermaßen bedroht gefühlt, dass sie dafür sorgen wollte, dass ich die Vorbereitung für eine sehr wichtige Aufsichtsratssitzung versaue und die Einladung samt Unterlagen zu spät versende. Damit wäre die Frist versäumt gewesen und die Sitzung hätte ein weiteres Mal verschoben werden müssen. Das hätte nicht nur mir geschadet, sondern damit hätte sie auch ihren eigenen Chef und das Unternehmen beschädigt.
Ich habe die Zähne zusammen gebissen und rangeklotzt und zum Glück alles noch geschafft. Selbst der Kurier hat gewartet.

Offenbar fühlen sich manche Kolleginnen von mir bedroht. Ich weiß bis heute nicht warum…

Wir fühlen uns ja manchmal so, als sein wir auf dem falschen Planeten gelandet.
Vielleicht empfinden die es ja auch so als ob wir von einem anderem Planeten kommen.

So Aliens können schon Angst machen :mrgreen:

Vor drei Jahren hatte ich eine sehr skurrile Situation auf einer Hüttenwanderung, die das Entstehen dieses Phänomens ganz gut veranschaulicht. Wir waren ca. 5 Leute plus Wanderführerin, bunt zusammengemischt und sind 5 Tage lang einmal oben um den Wilden Kaiser rum und haben in Hütten geschlafen. Das war meine erste Wanderung dieser Art.
Ich habe mich mit einer Frau aus Österreich gut verstanden, wir haben im Laufe dieser Wanderung beschlossen, ein paar Wochen später auf die Zugspitze zu wandern.

Außerdem war ein Ehepaar dabei. Die Frau davon war die, die zunehmend ein Problem mit mir hatte.
Sie war vorher schon mehrmals auf solchen Wanderungen, immer mit ihrem Mann. Da ich Neuling war, fing sie schon am ersten Anstieg an mich etwas besserwisserisch zu behandeln. Neben ihr war ich die einzige, die ein paar Kilos zu viel auf den Rippen hatte. Ich denke, dass sie mich als das schwächer als sie einordnete. Ihr Mann trug übrigens den überaus schwereren Rucksack, ihrer hatte nur etwa 4 kg und sie hatte unnötig viele Wechselklamotten dabei - die ihr Mann schleppte.
In den nächsten drei Tagen drehten sich die Gespräche darum, wie toll sie ist, wie toll ihre Kinder sind, was sie alles schon gemacht hat.
Es war dann so, dass sie jedes Mal, wenn sie angeben wollte, sie nachfragte, wie das denn bei mir sei. Und fast immer habe ich sie übertrumpft. Das war gar nicht meine Absicht und mir zunehmend unangenehm.
Beispiele:
Sie: 3 Kinder Ich: 4
Sie: ähnliches Studium, ich an der Uni, sie FH
Sie: arbeitet Teilzeit als Sachbearbeiterin. Ich: Vollzeit als Managerin.
Sie: Kind war ein Jahr in USA. Ich: Kind war ein Jahr in Japan.
Sie: wir haben Doppelhaushälfte. Ich…
USW.

Wir hatten am dritten Tag der Wanderung dann zu entscheiden, ob wir über einen Gipfel gehen oder einen leichteren Weg nehmen. Die Wanderführerin schätze die Lage so ein, dass der Gipfelweg für die Dame zu anstrengend sein würde. Das ließ die nicht auf sich sitzen und wir nahmen den Gipfelweg. Wir mussten ständig Pause machen, sie war aber auch so stur und hörte nicht auf die anderen und trank z.B. zu wenig. Der Tag endete so, dass wir wegen ihr umdrehen mussten, weil nichts mehr ging, wir gingen einen anderen, flacheren Weg, den sie irgendwie schaffte, und waren sehr lange unterwegs. Es hatte nicht viel gefehlt und wir hätten die Bergrettung rufen müssen.

Am nächsten Tag hatten wir eine leichte Strecke und kamen früh an der Hütte an. Die Österreicherin und ich gingen mit der Wanderführerin nochmal hoch auf eine Alm Käse kaufen. Das Ehepaar ruhte sich aus - da war sie schon vernünftiger, aber das nagte auch nochmal an ihr, dass sie nicht dabei war.

Abends saßen wir beim Essen und ganz plötzlich schrie die mich an: „Du kannst alles besser!“ Und rannte heulend aus dem Restaurant. Ihr Mann entschuldigte sich für sie und rannte ihr hinterher. Die hat sich gar nicht mehr beruhigt.
Die Österreicherin war viel genervter von ihr als ich, weil die wirklich gerne auf den Gipfel wäre. Aber ich war plötzlich… was? Schuld?

Das war damals so unangenehm. Aber ich denke es ist etwas, was bei anderen Mitmenschen auch passiert, allerdings nicht so konzentriert und innerhalb von 4-5 Tagen.

Erklärungsversuche:
Bei mir ist es schon so, dass ich in neuen Situationen zurückhaltend bin und viele Fragen stelle. Oft gehe ich ja auch etwas blauäugig in solche Abenteuer rein, weil das halt auch der Kick ist. Ich war vorher noch nie in einer Berghütte zum Übernachten. Natürlich war ich von der Kondition und vom Material her bestens vorbereitet. ÜBer andere Dinge habe ich mir gar nicht viele Gedanken gemacht.
Aber ich strahle dann anscheinend aus, dass ich etwas dumm bin, mich auf so etwas einzulassen. Die Leute wissen ja nicht, dass ich sehr gut im Voraus plane, mir aber vielleicht andere Gedanken mache als sie selbst.
Es ist bei mir immer Unterschätzung dabei, wenn die Leute irgendwann so reagieren.
Ich neige auch dazu, bei Menschen, die da einen gewissen Geltungsdrang haben, mich dumm zu stellen. (Dass ich mich dumm stelle, beobachten auch meine Kinder.) Ich stelle mich dumm, um nicht unnötig aufzufallen, mich sozial anzupassen. Aber der Schuss geht oft ganz schön nach hinten los.

Ja, diese Erfahrung habe ich auch mein Leben lang gemacht: Regelmäßig schien und scheint meine reine Anwesenheit –also bei fehlendem Wissen über mich oder fehlender persönlicher Erfahrung mit mir–, in der Sozialpsychologie „Mere Exposure“ genannt, bei Leuten subtile Aggressionen hervorzurufen. Die Leute scheinen sich von meiner reinen Anwesenheit „provoziert“ zu fühlen. Das ist dann immer eine bizarre Erfahrung in so einem Szenario (man hat ja „gar nichts gemacht“, um es mal mit den Worten eines Kindes zu sagen).

Wie Du bin auch ich in meinem inneren Wesen (also nicht äußerlich, d.h. ich laufe z.B. nicht mit einem Irokesenschnitt rum) weit unterschiedlich zu dem Durchschnitt der Leute (dabei möchte ich es aber hier belassen).

Die Abneigung der „durchschnittlichen“ Menschen zu Leuten, die sofort intuitiv als anders im Sinne eines „höheren“ Potentials (Intelligenz, Bildungsniveau, aber auch körperliche Stärke) eingeschätzt werden, ist gut mit der Theorie und den empirischen Ergebnissen der Evolutions-Psychologie zu erklären:

Vor allem sind die kognitiven Prozesse und die Reaktionen auf Leute wie Dich und mich für den Einzelnen unbewusster Natur. Dies nennt sich „Implicit Bias“, hier konkret der „Out-group bias“. Das heisst, die wahrgenommene Person wird blitzschnell durch parallele, unbewusste Assoziationen bewertet. Gegen alles Unbekannte gibt es dabei automatisch eine impulsartige Abwehrreaktion. Dieser Effekt ist verstärkt, wenn die Person männlich und/oder „strak“ (z.B. intelligent, gebildet) ist. Dieses sind fest verankerte genetische Programmierungen, die wir von den „Jägern und Sammlern“ geerbt haben.