Hallo zusammen,
Ich bin neu hier und wollte euch direkt mal von meinem psychiatrischen Ersttermin berichten. Denn irgendwie bin ich ganz schön verunsichert jetzt.
Ich war bei einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie nach Empfehlung einer ADHSlerin die auch erst im Erwachsenenalter die Diagnose erhalten hat.
Im Gespräch, was nur eine halbe Stunde dauerte, erzählte ich, dass ich mich schon immer irgendwie „nicht normal“ gefühlt habe und Schwierigkeiten mit Freundschaften habe bzw. dem Pflegen dieser. Weiter ging es dann viel um meine starken Selbstzweifel. Ich erzählte dann noch dass ich durch mein Masterstudium extrem merke, dass ich mich nicht Konzentrieren kann, dass ich Schwierigkeiten beim Lernen habe und dass ich auch Gesprächen oft nicht aufmerksam folgen kann und dass das auch meinem Partner in den letzten 12 Monaten vermehrt aufgefallen ist.
Jedenfalls fragte die Ärztin nach meiner Impulsivität im Kindesalter.
Ich antwortete, dass ich mich schlecht erinnere und nur weiß, dass ich als Teenager sehr impulsiv war.
Dann fragte sie, wie es aktuell sei und ob ich in meiner Partnerschaft impulsiv sei. Mein Partner und ich führen eine sehr harmonische Beziehung und wir streiten auch nicht wirklich. Ich fühle mich oft missverstanden oder nicht ernst genommen und merke dann wie ich direkt heulen könnte. Das versuche ich zu unterdrücken aber gelingt mir immer weniger.
Nunja, Impulsivität war dann seitens der Ärztin auch ausgeschlossen.
Ich hab erzählt, dass ich mein erstes Studium, welches ich direkt nach dem Abi angefangen hatte auch schnell wieder abgebrochen habe, weil ich in vielen Klausuren durchgefallen bin und nicht den Mut und die Motivation hatte weiterzumachen, mein zweites Studium habe ich erfolgreich abgeschlossen. Es war auch vom Fach her einfach in meinem Interessensgebiet. Danach habe ich aus Unsicherheit, verursacht durch meine Familie, ein drittes Studium angefangen und nach einem Jahr wieder abgebrochen.
Dass ich seit ich denken kann keine Ordnung halten kann, war dann nochmal etwas, was sie sich aufgeschrieben hatte.
Sie sagte mir, ich mache nicht den Eindruck, dass ich ADHS haben könnte, sondern dass es etwas anderes , möglicherweise eine depressive Episode, sein könnte, die meine krassen Selbstzweifel etc. auslöst.
Nach dem Satz wollte ich ihr auch gar nicht mehr meine ganzen anderen Symptome aufzählen, weil ich auch nicht wollte, dass ich jetzt verzweifelt versuche sie davon zu überzeugen, dass ich doch ADHS haben könnte.
Sie empfahl mir eine Psychotherapie (nicht bei ihr, wegen Entfernung und weil Privatpraxis). Wenn ich aber unbedingt eine ADHS Testung machen wollte, könnte ich das natürlich auch machen bei ihr. Muss man zwar selbst zahlen, aber dann würde man auch wissen ob es das ist oder eben nicht.
Dann fing sie an, dass man auch Medikamente austesten könnte (sie war ja nach 15 Minuten der Meinung dass ich wohlmöglich eine Depression entwickelt habe).
Da hab ich dann irgendwie abgeschaltet.
Ich bin jetzt sehr verunsichert. Rede ich mir die ADHS Symptomatik nur ein?
Meine Schullaufbahn war unauffällig. Die Grundschule war für mich ein Klacks, was den Stoff angeht genauso war auch das Gymnasium keine große Herausforderung. Ich war zwar keine Einser- Schülerin, aber lernen musste ich kaum. Vielleicht in Mathe und Physik manchmal.
Richtige feste Freundschaften gab es wenige bzw. haben sie nicht gehalten, nach Abschluss.
Ich war immer schon sensibel und hab schnell geweint. In der Schule war das natürlich für den ein oder anderen ein gefundenes Fressen.
An viel aus meiner Kindheit erinnere ich mich einfach nicht.
Außer dass ich immer an meinen Fingernägeln gekaut habe und das heute auch noch manchmal tue. Vielmehr knibbel ich an der Nagelhaut, manchmal bis es blutet. Zupfen an meinen Haaren, Wimpern, Augenbrauen.
Ich kann nicht normal stillsitzen. Irgendwas ist immer in Bewegung.
Vergesse oft mitten im Satz was ich eigentlich sagen wollte. Kann Routinen nur für maximal ein paar Monate durchhalten. Kann Gespräche an Nebentischen etc. Nicht ausblenden. Starre mehrmals täglich Löcher in die Luft. … könnte noch so viel mehr aufzählen.
Ich weiß jedenfalls nicht, was ich nun machen soll. Suche ich mir eine andere Praxis um die Diagnostik zu machen? Suche ich mir parallel einen Therapieplatz?
Rede ich mir die Symptome nur ein, um endlich eine Antwort bzw. Erklärung zu haben?
Ich weiß es einfach nicht und fühle mich irgendwie wie gelähmt.
Danke an alle, die sich die Zeit genommen haben, das alles zu lesen.
Sonja