Spät diagnostiziert (Ü50), wie geht Ihr damit um?

Ich habe zwar noch keine offizielle Diagnose, aber mein behandelnder Neurologe/Psychiater, bei dem ich seit fast 8 Jahren bin, geht inzwischen auch von ADHS aus und verschreibt mir auch Medikamente (derzeit Medikinet adult)
Ich suche noch eine spezialisierte Praxis, da ich denke, mit den Medikamenten alleine ist es nicht getan.
Seit Beginn der Wechseljahre (inzwischen 3 Jahre nach Menopause) werden meine Probleme, die ich früher gut copen/maskieren konnte, immer schwerer zu handeln.
Das Medikinet hilft mir, meine Arbeitstage durchzustehen, in der Freizeit komme ich einigermaßen klar, habe trotzdem auch viele Schwierigkeiten
Ich habe bisher nur wenigen Menschen von meiner Verdachtsdiagnose erzählt und bin dort bisher auf wenig Verständnis gestoßen.
Ich habe das in einem anderen Beitrag schon mal angesprochen: gerade in höherem Alter haben ja besonders die älteren Freunde ein bestimmtes Bild, das aber nicht unbedingt mit der Realität über ein stimmt.
Früher habe ich immer sehr darauf geachtet, meine Andersartigkeit zu verbergen und nach außen möglichst normal zu wirken und die vermeintlichen Erwartungen meines Umfeld zu erfüllen.
Jetzt, wo ich nicht mehr genug Energie habe, um das so fort zu führen, komme ich mir ein bisschen vor, als hätte ich immer alle angelogen. Irgendwie ist es ja auch so.
Ich weiß nicht so richtig, wie ich damit jetzt umgehen soll. Kennt das noch jemand?

Zum Beispiel der Fremdbewertungstest: ich habe den bisher meinem Partner und einer Freundin gegeben. Bislang keine Reaktion. Überfordere ich die damit? Habt ihr die weitergegeben?

2 „Gefällt mir“

Hallo liebe @Minzli mein Adhs wäre wahrscheinlich nie ans Licht gekommen wenn ich nicht mit knapp 50 einen Burnout mit schweren Depressionen bekommen hätte.

Und vor meinem Burnout und meinen schweren Depressionen wäre ich selbst niemals auf die Idee gekommen das ich Adhs haben könnte.

Geschweige denn das ich irgendwas über Adhs gewusst hätte, ausser das ich meinte Adhs’ler* seien wohl so extrem zappelige und nervige Leute die ständig um Aufmerksamkeit buhlen, dieser Bullshit war eigentlich das einzige was ich dazumal über Adhs gehört hatte.

Und dann wo ich mit 50 meine Adhs Diagnose hatte, da war ich paradoxerweise zuerst irgendwie froh, heute weiss ich ehrlich gesagt nicht mehr wieso.

Jedenfalls war ich ja total ausgebrannt und fühlte mich psychisch Scheisse und körperlich schlaff wie ein Kartoffel Sack, im Prinzip wie eine ausgequetschte Zitrone oder ein ausgelatschter Schuh, oder einfach gesagt: total am A*sch.

Und dazu kam dann dieses ganze Adhs Zeugs noch dazu, meine Psyche war ja schon ziemlich angeschlagen, aber als ich dann meine Adhs Diagnose hatte, da zog mich das immer noch tiefer runter, heute wäre ich froh ich hätte meine Adhs Diagnose in meinem Alter nicht bekommen und stattdessen einfach nur eine Depression diagnostiziert bekommen, wahrscheinlich wäre ich dann leichter und schneller wieder aus meinen Depressionen raus gekommen.

Jedenfalls hatte ich dann noch jahrelang mit schweren Depressionen zu tun, und als dann nach meiner Scheidung, mehreren kurzen Affären, bis ich dann zum Glück endlich doch noch meinen Schatz kennenlernte, und ich gerade auch wieder mal am umziehen war, zu allem dazu dann auch noch Covid-19 kam, und ich auch während Covid keinen Job fand, und ausserdem auch noch mit anderen Sachen belastet war, da wurde mir mein Adhs immer noch mehr zur Bürde, aber ich bin abgeschweift und habe dabei doch nur einen knappen Umriss davon gezeichnet was ich damals nach der Diagnose alles so bewältigen musste.

Jedenfalls war es eine wirklich harte und schwierige Zeit und ich bin unendlich froh das dass inzwischen hinter mir liegt, und jetzt ist es nicht so das ich mein Adhs verdränge, aber es ist mir nicht mehr wichtig, irgendwie ist es mir jetzt einfach Scheissegal.

Na und?, dann habe ich halt Adhs, und jetzt?, warum soll ich ich mich jetzt deswegen fertig machen?, die 50 Jahre vorher kam ich ja trotzdem irgendwie durch’s Leben, und soll ich mich jetzt die vielleicht 30 bis 40 Jahre die ich vielleicht noch zu Lebe habe, den Rest meines Lebens wegen meiner Adhs Diagnose fertig machen?, Nee ohne mich, dass muss jetzt endlich aufhören.

Ich akzeptiere mich jetzt einfach so wie ich eben schon immer war, Ja mein Leben war nicht einfach, aber ist das Leben eigentlich für irgend jemand einfach?, Nein ich glaube nicht, also soll ich jetzt den Rest des Lebens rum jammern?, Nein ganz sicher nicht, durch Jammern wurden noch nie Probleme gelöst, Probleme muss man anpacken.

Endlich geht es mir psychisch wieder gut.

1 „Gefällt mir“

Niemand muss oder soll sich wegen einer ADHS-Diagnose fertigmachen! Im Gegenteil!!
Die Diagnose kann und sollte helfen, besser damit klarzukommen, da du nun weißt, warum du bist wie du bist.
Und eine Depression ist meistens eine Folge von ADHS, die auch nur dann effektiv behandelt werden kann, wenn das ADHS berücksichtigt wird.

2 „Gefällt mir“

Liebe @Andromache ich schreibe vielleicht später noch was dazu, über meine persönlichen Erkenntnisse und positiven Ausblicke. :wink::heart:

1 „Gefällt mir“

Ich bin auch spät diagnostiziert. Bei mir weiß es so gut wie keiner.
Fremdbögen habe ich deswegen auch nicht rausgegeben bzw. hätte es eh keinen Sinn gebracht weil ich sehr stark kompensiere und mir eh aus Spaß manchmal schon ADHS hinterher gesagt wurde. Bei mir stand so viel pro ADHS so dass es auch nicht zusätzlich noch notwendig war.
Nur mein Vater hat den Kindheitsbogen ausgefüllt aber er wusste nicht was das war🤣
Mir würde es auch nichts bringen wenn die Leute es wüssten, weil ich bin und bleibe für mein Leben eh selbst verantwortlich ob nun mit oder ohne ADHS.

2 „Gefällt mir“

Liebe Minzli

Ich habe meine Diagnose auch durch meinem 2.Burnout mit 52 Jahren bekommen
Als ich die Diagnose hatte war mir klar ich war schon immer anders, besondere Probleme hatte ich schon immer im privaten Berreich, beruflich konnte ich alles ziemlich gut auf die Reihe bekommen bis ich in die Wechseljahre kam da war alles plötzlich vorbei, Depressionen, Schlafstörungen, Panikatacken.
Mit den Medis komme ich zur Zeit beruflich ganz gut zurecht privat habe ich noch immer grosse Probleme da selbst bei Menschen die mir nahe stehen kaum Verständnis für meine Probleme aufgebracht wird
Da ich viele Dinge die ich hasse nun einfach nicht mehr mache z. B Kochen, weil mich das nach der Arbeit überfordert gibt es eben one Pot Nudelgerichte oder einfach nur Brötchen mit Auflage

3 „Gefällt mir“

Das heißt, du hast keinen Fragebogen ausgefüllt?

Soll das heissen, die haben ihn nicht ausgefüllt?

Nicht beim Arzt, nur online

Bis jetzt nicht.

Das heißt, der Psychiater der dir MPH verschreibt hat überhaupt nichts gemacht und wissen wollen?

Ich bin schon seit fast 8 Jahren bei ihm in Behandlung wegen Depressionen (Diagnose seit 2004, die er selbst inzwischen hinterfragt hat).
Während eines Klinikaufenthaltes 2015 kam das Thema ADHS schon mal auf, wurde damals aber nicht weiter verfolgt
Da haben zu viele Ärzte Kausalitäten gesehen war vermutlich nur Korrelationen waren.
Immer wurde meine schwierige Kindheit und PTBS als Ursache für alle Probleme vermutet und lange Zeit nicht hinterfragt.
Von mir selbst am wenigsten :see_no_evil:
Nun hat er das Thema ADHS wieder aufgegriffen , ist aber nicht darauf spezialisiert.
Für eine offizielle Diagnose bin ich auf zwei Wartelisten.

Hallo Minzli,

du kannst die beiden einfach fragen, warum sie die Bögen nicht ausgefüllt haben. Irgendwas scheint sie ja abzuhalten.

Deine Freundin, wenn es sich um diese handelt,

kannte dich offenbar immer als eine, die sich durchbeißt, und du hast ja eine Menge im Leben geschafft, was in ihren Augen eventuell nicht zu ADHS passt?

Meine Diagnose hatte ich 2003, und den Fremdbeurteilungsbogen hat meine Frau ausgefüllt, mit der ich da schon 12 Jahre verheiratet war. Sie sah meine Auffälligkeiten noch stärker als ich und kreuzte das auch entsprechend an.

Im übrigen Umfeld ging ich sehr sparsam mit Äußerungen über meine ADHS um, meiner Mutter habe ich es nicht erzählt und meinem Bruder auch nicht. Die Kindheit betreffend reichte dem Arzt ein Selbsteinschätzungsbogen, ich hatte auch eine ziemlich typische ADHS-Kindheit, mit vielen verschusselten Gegenständen, Klassenclownverhalten, Fahrradunfällen usw.

1 „Gefällt mir“

Gut möglich, zumal sie meines Wissens auch keine Ahnung von ADHS hat. Aber sie hat meine Hochs und Tiefs, mein Chaos und Unfähigkeit zum durchhalten eigentlich am längsten mitbekommen.

Erinnerungen an die Kindheit habe ich so gut wie gar keine. Die Erinnerungen setzen bei mir erst ungefähr Mitte zwölften Lebensjahr ein, davor gibt es nur ein paar Bilder Fetzen
Das versuche ich gerade, zu rekonstruieren.

Darf ich fragen, warum du deiner Mutter nichts gesagt hast?
Meine ist 90, lebt im Pflegeheim und hat sich seit jeher jedem Gespräch über meine Kindheit verweigert
Allerdings gehöre ich auch noch zu der Generation, von der die Eltern wenig mitbekommen haben. Auf dem Land gelebt, morgens aus dem Haus und erst zum Abendessen wieder zu Hause.