subjektiv emotional bewerten

Hab ich doch irgendwo gelesen, wahrscheinlich bei Neuhaus: "Ein ADHSler bewertet alles subjektiv emotional. "
Das merk ich grad extrem, wenn die Medis auswirken.
Jetzt macht auch alles irgendwie mehr Sinn mit dem Satz. :smiley:

Um… was soll der Neuhaussche Satz denn genau bedeuten?

Würde mich sehr wundern, wenn diese Pauschalaussage wirklich von Frau Neuhaus stammen würde.

Kannst es ja selber nachlesen.

Wie soll ich das, wenn du keine exakte Quellenangabe machst? Du sagst ja selbst, dass du das „irgendwo“ und „wahrscheinlich“ bei Frau Neuhaus gelesen hast…

Ja wenndes bei google eingibst kommste z.B. auf „die Neuropsychotherapie der ADHS“ wo du in der Vorschau lesen kannst.
Jedenfalls hier noch das Video, was mir jetzt dazu in dwn Sinn kam: Tun-Fische - live - "Viel Lärm um Nichts" - YouTube

:smiley:

Na mag ja sein dass das von Frau Neuhaus stammt, aber der einzelne Satz ohne Zusammenhang sagt nicht sehr viel aus.

Bei genauer Betrachtung ist der Satz doppelt gemoppelt. Denn objektiv emotional oder subjektiv rational passt irgendwie nicht. :wink:

Und wer beurteilt alles objektiv? Wer das meint, belügt sich selbst. Meist beurteilen wir (ADHS oder nicht) subjektiv bzw. emotional und suchen dann Erklärungen, um sich und Anderen vorzumachen, man sei verstandesgesteuert.

Und nur vom Verstand her zu urteilen und die Gefühle auszuschalten, ist nicht mal besonders klug. :sunglasses:

Ich habe das Buch hier (und ein paar andere Bücher von Cordula Neuhaus auch) und kann mal bei Gelegenheit gucken, was sie genau schreibt.

Klar ist wie gesagt, alle beurteilen zunächst emotional. Aber bei uns ADHS-lern kommt die Impulsivität dazu, gleich zu handeln ohne nachzudenken. Dazu kommt noch, dass ADHS-ler zu Schwarzweißdenken neigen, was Cordula Neuhaus soweit ich mich erinnere auch beschreibt.

Viele Grüße
Falschparker

Ich stimme dir in allem, was du zuvor geschrieben hast, absolut zu.
ABER: Ich warne auch hier wieder vor Pauschalierungen! DEN ADHSler gibt es nicht!
Und daher handeln auch nicht alle von uns impulsiv und unüberlegt.
Selbst wenn ich eine emotionale Entscheidung treffe, spiele ich vorher die möglichen Konsequenzen im Kopf durch und entscheide erst dann, wenn ich mit allen Konsequenzen leben könnte. Und ich denke, ich werde nicht die einzige sein…

Was ich bei AD(H)S überdurchschnittlich häufig wahrnehme ist ein „jetzt ist immer“, eine Verabsolutierung des momentanen Empfindens.
Das Bewusstsein „ok, das ist jetzt so , aber das geht wieder vorbei“ wird weniger deutlich wahrgenommen als bei Nichtbetroffenen, vor allem wenn’s mal scheisse ist.
Mit überdurchschnittlich häufig meine ich von der Wahrscheinlichkeit her, dass es so ist wie von der Intensität her - aber nicht bei jedem.

Meintest Du so was, Zorayazia ?


Klar gibt es DEN ADHSler nicht, aber Impulsivität gehört nunmal zu den beiden Kernsymptomen neben der Aufmerksamkeitsstörung. Und ich lehne mich mal weit aus dem Fenster: Das, was du da beschreibst mit Konsequenzen abschätzen und dann entscheiden und so, ist genau das, was man als ADHSler normalerweise gerade nicht kann - es sei denn, man ist medikamentös eingestellt oder hat viel trainiert in der Richtung. Dann klappt das vielleicht besser. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen.

Meintest du vielleicht folgendes: „Die Aufmerksamkeit kann nur bei subjektiv positiver emotionaler Vorbewertung einer Sache oder einer Person aktiviert werden“?

Das ist nicht nur von Frau Neuhaus, sondern allgemein anerkannt. Heißt nix anderes, als dass die Aufmerksamkeit bei ADHS kein Problem ist, wenn die Sache interessant und die beteiligten Personen einer Situation positiv bewertet/nett gefunden werden. „Aber wehe, der Lehrer ist blöd oder das Thema ist langweilig, dann geht gar nix“, würde Frau Nauhaus wohl über den umgekehrten Fall sagen.


Kann ich so bestätigen. Auch bekannt als Tunnelblick oder Schwarz-Weiß-Denken. Hat wohl auch etwas mit der fehlenden Rückschau und Voraussicht in solchen Situationen zu tun, dem Problem, Emotionen nicht differenziert wahrnehmen zu können und generell, einfach nicht ganz bei sich zu sein. Stattdessen ist das so ein negativer Gefühlsbrei, dem man sich hilflos ausgeliefert fühlt. Wenn sich das zu einem negativen Hyperfokus auswächst, ist man schnell bei der (fragwürdigen) Diagnose Depression.

Ich versuche gerade übrigens, in solchen Situationen besser rauszufinden, was da wirklich los ist - mit ersten vielversprechenden Ergebnissen. Muss mal sehen, wie sich das langfristig entwickelt…

Impulsivität kann sich auch auf verschiedene Weisen äußern. Der Eine wird schnell laut, der andere fällt seinen Gesprächspartnern ständig ins Wort und wieder andere rennen sofort los, weil eine neue Idee sofort umgesetzt werden muss…ich denke, auch hier hat jeder sein eigenes Päckchen. Der Eine mehr, der Andere weniger…


Du lehnst dich allerdings sehr weit aus dem Fenster! :wink:
Ich bin mir dessen bewusst, dass ich wohl zu den Ausnahmen gehöre und bin darüber auch sehr froh, gleicht diese Fähigkeit doch meine anderen Probleme recht gut aus.

Der einzige Grund, warum ich das hier überhaupt erwähne, ist meine (wohl zwanghafte :wink:) Aversion gegen Pauschalieren von AD(H)S-Symptomen. Dazu sind die Spektren und die Komorbiditäten einfach zu vielfältig.

Aber, aber… was ist den gegen ein strahlendes Weiß und ein schönes Pechschwarz einzuwenden? Grautöne sind doch einfach nur öde… :wink:

@Addy_Haller:
Ich liebe Grau! :grin:

Ja einerseits meinte ich die Aufmerksamkeitssteuerung, aber auch die anderen Sachen sind von der subjektiven Bewertung abhängig in der sozialen Interaktion.
Und auch die Entscheidungsfindung

Vielleicht kann ich das nachher nochmals ein Bisschen ausformulieren.

Bezüglich Entscheidungen treffen gibt es beide Richtungen: alles abwägen, wobei man da Gefahr läuft, bei zuvielen Optionen sich nicht entscheiden zu können.

Und das andere ist eben einfach „jetzt“ zu entscheiden.

Lg Zoraya

Edit: Also ich hab auch das Buch Neuropsychotherapie unter der Berücksichtigung des betroffenen Elternteils und andere, aber für die Suche hab ich jetzt google benutzt und da fand ich für „sujektiv und rein emotional“ Treffer auf Seit 99, 81, 78, 81, 94
Also bei den einen gehts nur um „rein emotional“.
Geht da um verschiedene Aspekte, z.b. in der Mimik, Gestik, Stimme des gegenübers deuten, auf sich beziehen;
das triggern der Gefühle, Gefühlsabsturz;
auch die Aufmerksamkeitssteuerung

Wo sie auch schreibt, dass das mit Medikation besser wird.

OT: War schonmal jemand bei ihr in Therapie?

Oh jetzt konnte ich den anderen Beitrag nicht mehr editieren

Das Schwarz Weiss denken kommt auch von der emotionalen Burteilung des Momentes.(S.81, Neuropsychotherapie)
Natürlich können wir wohl alle als Erwachsene auch rational beurteilen, doch mit Medikation fällt das leichter.

FInde die Aufstellungen interessant, wie ein ADHSler sich entwickelt im Gegensatz zu nicht ADHSler.

lg Zoraya

Danke für die Beschreibung, das kenne ich leider viel zu gut!

Ich hab meine Diagnose zwar seit vielen Jahren, hab auch immer wieder mal etwas über AD(H)S gelesen, aber diese Besonderheit hab ich nie damit in Zusammenhang bringen können bis vor einiger Zeit.

Gerade bei negativen Gefühlen bin ich teilweise regelrecht verzweifelt, ich empfinde dann, dass ich für immer in diesem schrecklichen Zustand bleiben muss - deshalb dachte ich zwischendurch sogar an Borderline, obwohl diese Störung sonst so gar nicht auf mich passt - jetzt weiß ich ja, dass ADS einiges mit Borderline gemeinsam hat.

Es muss aber gar nicht immer ein so starkes negatives Gefühl sein, Müdigkeit reicht schon - ich bin täglich gegen Ende meiner Arbeitszeit depressiv geworden - die Müdigkeit lässt mich alles so unwirklich wahrnehmen und ich nehme an, dass dann auch dieses Gefühl wirkt, es würde nun für immer dieser Zustand bleiben.

Ein anderes konkretes Beispiel: wenn ich in eine Umgebung komme, in der ich mich unwohl fühle, gerate ich auch in ein depressives Erleben. Ich glaube, mein Unterbewusstsein denkt, dass ich dort bleiben müsste.

Ich glaube, seit ich mich aktuell wieder mehr mit ADS und zusätzlich speziell mit Emotionsregulation beschäftige und auch grundsätzlich mich viel beobachte und analysiere, begreife ich allmählich, dass Zustände sich DOCH immer wieder ändern. Ich sag es mir jetzt oft vor: Es wird auch wieder anders sein! Das hast du schon x-mal erlebt und es wird immer wieder so sein, dass du dich am nächsten Tag oder nach wenigen Tagen wieder besser fühlen wirst." (oder: nach einem Nachmittagsschlaf, oder: nachdem ich etwas gegessen habe etc.)

Ich hab mich bis vor sehr kurzer Zeit den aktuellen Gefühlen und Empfindungen meist völlig ausgeliefert gefühlt. Jetzt hab ich zum ersten Mal in meinem Leben die Ahnung und Hoffnung, dass sich das ändern lässt.

Ich würd mich über dieses Thema gern mehr austauschen oder davon lesen, wie stark das bei euch ausgeprägt ist.

Barkley beschreibt ja das Phänomen bei ADHS, nur im Hier-und-Jetzt zu leben, anstatt aus der Vergangenheit zu lernen und in die Zukunft zu schauen. Ich denke, bei den Emotionen ist das auch so: Das Lernen aus der Erfahrung, dass auf „Regen wieder Sonnenschein folgt“ (sorry, mir fällt gerade keine bessere Beschreibung ein), scheint nicht so gut zu funktionieren. Bei mir ist das auch so, das aktuelle Gefühl überlagert alles. Ich muss mir das immer mühsam mit Sätzen wie „Morgen wirds wieder besser“ oder „Es gibt halt auch mal so Scheißtage“ schönreden. Dann gehts einigermaßen.

Es ist eben dieses verdammte Problem mit der Emotionsregulation… :frowning:

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Danke für deine Antwort!

Was den letzten Satz angeht, da arbeite ich zur Zeit dran: Gefühle erkennen (also rausfinden: was ist da grad los, wodurch wurde es vermutlich ausgelöst?) und dann beobachten, wie ich mit diesen Gefühlen umgehe (welche Automatismen hab ich entwickelt?) und dann versuchen, mit hilfreichen Emotionsregulations-Methoden das (negative) Gefühl abzuschwächen. Oder, wenn das nicht funktioniert: es zu akzeptieren und auszuhalten, ohne es aber zu verstärken.
(Literatur dazu: „Gefühle im Griff“ von Sven Barnow)