Unter- vs. Überstimulation

Hallo liebe Leute,

mir fällt es immer noch super schwer zwischen Unter- und Überstimulation zu unterscheiden und auch die jeweils richtigen Maßnahmen zur Selbstfürsorge zu finden.

Ich habe grundsätzlich das Gefühl, dass mich auf jeden Fall mal beides stresst. Und leider bin ich über die Jahre sehr stresssensibel geworden.

Paradox ist, dass wenn ich meine in der Überstimulation zu sein und mein Körper nach Ruhe schreit, mir Ruhe irgendwie gar nicht gut zu tun scheint bzw. alles noch verschlimmert.

Gestern bin ich beispielsweise relativ lange ohne Pause vor dem Laptop gesessen im Homeoffice und habe relativ viel nebenher rumgewuselt zu Hause. Man kennt es ja.

Ich merke dann irgendwann, dass es mir zu viel wird im Sinne von Nebel im Kopf, Unruhe, Erschöpfung. Wenn ich mich dann aber hinlege in Stille und zur Ruhe kommen will, wird es fast noch schlimmer.

Obwohl alles nach Ruhe schreit, muss ich dann doch irgendwie was tun. Ich brauche dann doch irgendwie einen Reiz. Das fühlt sich nicht richtig an. Aber manchmal wirkt es.

Kennt ihr das?

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Oh ja , das kenne ich auch. Manchmal fühlt sich Ruhe fast schon überwältigend an, wenn der Körper eigentlich danach verlangt. Vielleicht liegt es daran, dass man in solchen Momenten keine richtige Balance findet oder so?

Ein völlig überreiztes Gehirn, schwirrende Gedanken auf der einen Seite und ein verspannter erschöpfter Körper auf der anderen.

Manchmal hilft es dann, die Ruhe in kleinen Mini-Schritten zuzulassen, statt sofort komplett abzuschalten – so kann der Körper sich viel besser darauf einstellen und Entspannen wird nicht selbst zum Stress.

Vielleicht hilft dir aber auch aktive Entspannung zB ein Spaziergang oder Atemübungen/Yoga, damit die Ruhe nicht zu intensiv wirkt?
So als Idee…

Schönen Abend wünsche ich dir :crescent_moon:

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Das ist ein guter Punkt. Spaziergang tatsächlich manchmal nicht so gut, weil ich da irgendwie wieder viel ins Denken komme. Ich sag nur Pflanzenbestimmung und Tiere beobachten :laughing:.

Achtsames Tun ist hier glaube ich oft das Beste. Obwohl mein Körper nach „nichts tun“ und „Pause“ schreit. Aber wie do sagst … die Pause ist dann echt zu überwältigend.

Manchmal hilft aber auch lautes Musik hören und singen, oder hüpfen. Als würde ich doch irgendwie Stimulation brauchen.

Es ist einfach alles konfus :face_with_peeking_eye:. Wahrscheinlich hilft da einfach nur ausprobieren jedes Mal was wirkt, ohne es vorher direkt sagen zu können …

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Ich bin mir nicht sicher, ob die Unterscheidung zwischen Über- und Unterstimulation entscheidend ist, um herauszufinden, was man gerade braucht.

Denn Dopaminmangel kann sowohl durch Über- als auch durch Unterstimulation entstehen. Meistens ist es doch beides: zu viel vom falschen und zu wenig vom richtigen.

Wenn Nichtstun schon eine Qual ist wegen Dysphorie / Dysthymie bei Inaktivität, macht es das nicht besser, wenn man noch etwas Unangenehmes obendrauf packt, z.B. eine langweilige Routine-Arbeit am Rechner oder viele nervige, langweilige Menschen.
Über- und Unterstimulation gleichen sich also nicht aus, sondern ihre negative Wirkung addiert sich.

Der Weg daraus wäre also nicht keine Stimulation, sondern eine positive Stimulation - z.B. laufen, Musik hören, über etwas spannendes, angenehmes Nachdenken (Themen findet man hier im Forum ja mehr als genug😀) - am besten alles zusammen.

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Da kannst du nur ausprobieren und versuchen, dem inneren Drang zu folgen.

Das kann durchaus zur Downregulation dienen. Also Stressabbau.

Ich muss da auch hin und wieder durchprobieren, was mir hilft. Manchmal denke ich, dass Musik gut ist, dann ist es aber die falsche Musik. Oft hilft z.B. Lofi Musik, aber dann ist sie von jetzt auf gleich unerträglich. Dann muss halt ne andere Strategie her.

Ich glaube, da muss man sich selber gut beobachten und einfach mal der inneren Stimme folgen, selbst wenn es vielleicht erstmal seltsam wirkt. Und im Zweifel mehrere Sachen durchtesten.

Was mir speziell noch einfällt ist Sensorik.
Also z.B. diese Stachelmatten zum drauflegen. Da kommt der Körper zur Ruhe, aber es gibt auch einen Reiz. Auf den harten Bodenlegen kann auch schon reichen.
Wechselduschen oder kurz mal kaltes Wasser oder Eiswürfel auf die Haut legen.
Igelbälle, Boxen mit Reis oder Erbsen drin zum Fühlen.
Auch Geruchs- oder Geschmacksreize können hilfreich sein. Also z.B. ätherische Öle oder Lebensmittel mit starken Düften oder Geschmack. Gerne sauer oder bitter.

Für Bewegung während Bildschirmarbeiten kann ein Laufband hilfreich sein.

Mir hilft bei diesem Mischmasch aus Über- und Unterstimulation ein stärkerer Reiz über die Haut tatsächlich am besten.

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Das Gefühl habe ich langsam auch :roll_eyes:. Also ist die Frage nicht was es ist, sondern was hilft mir gerade.

Ich habe immer mehr Gefühl, dass ich irgendwann gelernt habe mich anzupassen und meine Bedürfnisse zu unterdrücken. Bis ich quasi innerlich implodiere. Hauptsache immer Ruhe nach außen ausstrahlen.

Meine „wahre“ Natur kann halt ganz schön nervig sein, weil ich immer irgendwie am rumsingen, rumplappern, rumfummeln bin.

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Ich kann deine Sorge verstehen. Aber mit den richtigen Menschen um sich passt das schon :wink:

Ich war ganz betroffen als mir meine Tochter mit 13 erzählte, was eigentlich ihre Stimming-Bedürfnisse sind und dass sie das immer unterdrückt, um nicht als seltsam oder nervig wahrgenommen zu werden.
Was sie eigentlich alles macht/braucht haben wir besprochen während wir ein Video zum Thema angeschaut haben.

Ich habe da natürlich sofort eine strikte Stimming-Pflicht für zu Hause eingeführt :smile:

Ich finde es tatsächlich belebend, wenn wir uns gegenseitig damit anstecken.
Mit meinem Sohn habe ich das auch schon immer gehabt, dass wenn einer anfing ein Geräusch zu machen, dass das der Andere dann mitgemacht hat und man in eine Art Rhythmus oder Melodie gekommen ist oder das einfach nur Spaß machte sich „auszutauschen“.
Umso schlimmer fand ich es, dass die Tochter es oft unterdrückt hat.

Inzwischen ist es auch für die Tochter normaler geworden. Es gehört eben dazu.
Hier wird gesungen, gesummt, geklickt, gehüpft, im Vorbeigehen auf dem Klavier geklimpert und so weiter.

Manchmal zum Stressabbau, manchmal zur Aktivierung.
Was wozu dient ist auch für uns manchmal noch nicht ganz klar. Wir entdecken auch immer mal wieder was Neues. So lange lassen wir das ja auch noch nicht zu.

Aber natürlich sagen wir uns auch, wenn wir das Stimming des Anderen gerade aus eigener Überreizung heraus nicht ertragen können.
Wenn man offen kommuniziert ist das eigentlich kein Problem.

Mir hat es geholfen, erstmal klein anzufangen. Für mich alleine und erstmal schauen, was mir gut getan hat. Dann Stück für Stück immer mal was zu Hause gezeigt.
Inzwischen lasse ich „unspektakuläres“ Stimming auch auf Arbeit zu. Ist aber auch ein seeehr dankbares und offenes Umfeld dort. Überall kann man das natürlich nicht machen.

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Ich streichle oft irgendwelche Gegenstände. Das fällt vor allem auf der Arbeit auf. Beispielweise streichle ich bei Besprechungen auf einmal die Pflanze auf dem Tisch oder auch schon mal bei Geschäftsessen die Jacke meines Sitznachbarn die über dem Stuhl hängt :roll_eyes:.

Der Klassiker ist mir ständig den Kopf bzw. die Haare zu streicheln :sweat_smile:

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Ähm ja, da kann ich verstehen warum dir das manchmal unangenehm ist. Man gerät da ja quasi in Erklärungsnot :sweat_smile:

Ich kann da Fidget Toys empfehlen. Muss man natürlich schauen, was man mag.
Wir mögen zum Beispiel den NiceCube von Needoh gerne. Der ist irgendwie besonders in der Haptik (nur das Oroginal, Billigprodukte kommen da nicht ran). Und vor allem geräuschlos, was ja für Meetings wichtig ist.

Es gibt da inzwischen eine richtige Vielfalt an Lösungen für verschiedenste Bedürfnisse, die man gar nicht überblicken kann. Interessant finde ich Magnetkugeln mit Silikonüberzug, die wohl auch leise sein sollen. Habe ich aber selber nicht getestet.

Ich selber mag die Billigprodukte aus z.B. Schreibwarenläden nicht so gerne. Gerade wenn man gerne Dinge in den Händen hält und die Haptik wichtig ist, stören dann billige Materialien oder ungenaue Verarbeitung.

Aber auch einfache Dinge wie Murmeln oder Steine können schon ausreichen. Oder ein Stück Klettband, ein Schlüsselanhänger, ein Stift usw.

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Oh ja, das Problem habe ich auch. Habe hier ein/zwei Dinge an denen mich aber genau das stört!

Danke für den Tip, wird gleich bestellt! :blush:

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Oh Gott ja, das Problem habe ich auch! Als Kind waren immer alle von meinen ständigen Fragen und Unterbrechungen genervt, wenn ich unbedingt irgendwas in Erfahrung bringen oder etwas loswerden musste. Oder wenn ich nach einer halben Stunde keinen Bock mehr auf die langweilige Feier oder das lange Rumsitzen mit Smalltalk hatte und immer gesagt habe: „Mir ist langweilig! Können wir endlich nach Hause?“ Und eben das unruhige Sitzen, ständiges Herumhampeln, etc.

Mit der Zeit habe ich dann wohl auch gelernt, einfach alles für mich zu behalten und in mich hineinzufressen. Ich merke z.B. auch dass ich immer super nervös werde, bevor ich meinen Bedürfnissen nachgehe oder irgendwelche Fragen stelle. Ich gehe dann immer automatisch davon aus, dass dadurch alle von mir genervt sind.

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Same here! Ich habe dummerweise die letzten Tage meine Magnesium- und Vitamin C-Einnahme auf morgens verlegt und mich gewundert warum ich zurzeit so unruhig und hyperaktiv bin.

Die NEM haben die Wirkung von meinem Elvanse abgeschwächt :relieved:. Jetzt geht es wieder etwas besser seit gestern aber habe gemerkt wie schwierig es ist diese innere Unruhe zu bewältigen ohne Medikamente :roll_eyes:.

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Ich habe auch festgestellt, dass ich durch das jahrelange unterdrücken, mit mir selbst ausmachen, masking gefühlt den Kontakt zu mir verloren hab. Ich kenne das Gefühl sehr gut, jetzt eine Pause zu brauchen und weiß dann gar nicht, was mir gut tut. Es gibt einige Strategien, die gesellschaftlich verbreitet sind. Nur für mich (und vermutlich viele ADHS‘ler?) funktionieren sie nicht. Auf dem Sofa liegen, ein Buch lesen, in die Badewanne gehen… da platze ich innerlich fast vor Anspannung, Langeweile, Gedankenrasen. Vielleicht reicht es da für den Anfang, Pause von dieser einen Tätigkeit zu machen und etwas Neues zu beginnen, das andere Fähigkeiten/Fertigkeiten fordert, andere Reize sendet

Ich glaube, dass wir da teilweise ganz andere Mittel benötigen. Ich habe da im Reddit Forum tolle Ideen für Strategien zum Ausprobieren gefunden, teilweise echt witzig.

Auf dem Sofa liegen ist auch schlimm für mich. Da hilft es tatsächlich schon auf dem Boden zu liegen statt auf dem Sofa.

Manchmal hilft auch nur noch einfach traurige Musik zu hören und meinen ganzen Frust einfach mal zu spüren. Dann heule ich. Danach geht es mir besser.

Habe auch mal das in einem Artikel gelesen:

Lernen Sie, Stimmungswechsel zu verstehen und verstehen Sie Wege, diese in den Griff zu bekommen. Sie müssen wissen, dass Ihre Laune von einem Moment zum nächsten wechseln kann, unabhängig von dem, was um Sie herum passiert.

Verschwenden Sie nicht Ihre Zeit damit, über die Gründe nachzugrübeln oder einen Schuldigen zu suchen. Konzentrieren Sie sich lieber darauf, schlechte Laune tolerieren zu lernen, wissend, dass sie wieder vorübergeht, und lernen Sie Strategien, um diese schneller passieren zu lassen. Situationswechsel, z. B. neue Aktivitäten (vorzugsweise interaktiv) wie ein Gespräch mit einem Freund, ein Tennisspiel oder ein gutes Buch lesen, können helfen.

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