Wesensänderung - Trauerfall oder Medikinet schuld?

Hi!
Erst einmal Danke für euch. Dieses Forum hat mir als stiller Mitleser sehr viel gebracht. Nun komme ich aber einfach nicht weiter:

Ich bin 30, männlich und seit 2 Jahren in ADHS Therapie. Alleine die Diagnose half mir unheimlich im Leben klarzukommen. Dank Medikinet 20mg ist meine Verpeiltheit endlich Geschichte, auch meine Psychologin hilft mir enorm.

7 Jahre lang hatte ich mit meiner Partnerin, Borderlinerin, den tollsten Hund der Welt. „Leider“ war es so viel mehr als ein Hund. Ohne Kinderwunsch war es für uns viel mehr unser Baby. Wir unternahmen alles gemeinsam, es war das erste mal wirklich Familie für mich.

Im Dezember wurde unser Hund sehr krank. Eine Anämie, ausgelöst durch Anaplasmen (Zeckenbiss) war bereits beinahe tödlich. Wir taten alles für unseren Vierbeiner - dank Blutspende schafften wir es über den Berg.
Bis die Medikamente im Anschluss die Niere versagen ließ. Es waren schreckliche Monate des Überlebenskampfes. Im März verloren wir ihn.

Meine Partnerin war von Sui*idgedanken geplagt, ich selbst litt jeden Tag. Nie in meinem Leben habe ich so getrauert. Nie war mein Herz so zerissen. Selbst nun, angekommen im Juli, nach Adoption einer neuen Nase aus dem Tierschutz, vergeht keine Woche ohne ein Überrollen der Trauer.
Mein Venlaxafin ließ mein Psychiater auf 225mg erhöhen.

Mit dem Tod meines geliebten Hundes habe ich alles verloren.

Nun bin ich hier. Leer. Meine Leidenschaft, mein US-Car, hatte ich nicht mehr ertragen. Jeder glotzt einen an, egal wie schlecht es einem geht. Der Lärm, der Speed - alles was mich stimulierte - es gab mir nichts mehr. Ich verkaufte meinen Traum. Und verlor damit meine Identität als Autobekloppter. Nein, ehrlich: dieses Auto war mein Lebenstraum. Mein Antrieb. Das Tür zu machen nach dem Einsteigen: Urlaub. Die Blicke und Gespräche Bestätigung dafür, es wirklich geschafft zu haben.

Nun… es ist weg. Und hinterlässt ein Loch.
Mein Antrieb ist weg.
Mein Feuer brennt nicht mehr.
Mein einziges Hobby… verloren.

Auch mein Job als Autoverkäufer ist nurnoch ein Job.

Und nun meine Sorge: ist es die anhaltende Trauer? Oder einfach meine ADHS Therapie, die dafür sorgt, dass ich es endlich nicht mehr brauche Lärm zu machen, schnell zu fahren und aufzufallen?
Wie soll ich so weiter arbeiten, wenn ich nicht mehr dafür brenne?
Wofür weiter motiviert bleiben?

Ich komme aus der Gedankenspirale nicht mehr heraus, frage mich jeden Tag, wie ich mit dem Loch klarkommen soll. Overthinking aus der Hölle.

Dafür ist immerhin auch gleichzeitig meine Sucht nach Stimulanz und Bestätigung verschwunden, wofür ich irrsinnig dankbar bin. Doch das Ende meines Feuers, es macht mich mürbe…

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Hallo @TheDogfather und herzlich willkommen im Forum!

Ob deine Melancholie von Medikinet verstärkt wird oder nicht, kannst du relativ einfach heraus finden, indem du es ein paar Tage weglässt.

Und by the way, du nimmst einmal täglich eine Kapsel? Dann hast du nur für den knappen halben Tag eine Wirkung. Auch das könnte zu einer schlechten Stimmung beitragen, jedenfalls in der zweiten Tageshälfte. Dass Medikinet Adult immer mit einer ordentlichen Mahlzeit eingenommen werden muss, ist für dich sicher nichts Neues, oder?

Viele Grüße und alles Gute

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Danke dir!
Ich habe mir mittlerweile angewöhnt für Medikinet zu Frühstücken, nehme es also gegen 8 Uhr und komme gefühlt bis 16 Uhr auf Arbeit klar. Da ich meinen neuen Job noch nicht zu lange habe und mein ADHS mich leider wirklich schusselig und „desperate for stimulation“ macht, will ich es tatsächlich ungerne ohne probieren. Aber Mittags nachdosieren, das ist einen Versuch wert.
Ich habe ohne Medikinet wirklich hart gelitten, am Drang nach Dopamin, nach Bestätigung - sogar eine S*xsucht hatte ich lange befürchtet.
All das habe ich Gott sei Dank hinter mir gelassen. Bleibt die Frage, ob ich mein Feuer, mein brennen für Autos und den Verkauf damit auch hinter mir gelassen habe.
Dass es nur diese 2 Extreme zu geben scheint macht mich fertig!

Wenn du eine gute Psychologin hast, schau doch mal mit ihr an, ob sich vielleicht inzwischen eine Depression daraus entwickelt hat?

Und das Medi musst du ja nicht ganz weglassen, aber vielleicht mal die Dosis ein wenig reduzieren und schauen, ob das einen Unterschied macht?

Und ja, vielleicht nach dem Mittagessen mit einer halben Dosis nachdosieren.

Du sollst es ja auch nicht an einem Arbeitstag probieren.

Aber wenn du schreibst, du nimmst eine Kapsel und kommst gefühlt bis 16 Uhr auf Arbeit klar, kann ich noch besser verstehen, dass du danach von deiner Trauer und Überforderung übermannt wirst. Methylphenidat ist eben nicht nur für die Arbeit da!

Hast du schon mal jenseits aller Medikamente über eine Unterstützung bei der Trauerarbeit nachgedacht?

Ich habe im vorigen Sommer ganz überraschend meine Mutter verloren und bin in ein ziemliches Loch gerutscht. Mein Hausarzt empfahl mir, eine Form von therapeutischer Begleitung in Anspruch zu nehmen. Ein Dreivierteljahr habe ich einen Trauertherapeuten gehabt und habe es als sehr hilfreich empfunden.

Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit!

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