Zeit für mich mich vorzustellen

Schönen guten Abend,

ich bin vor einigen Monaten auf dieses Forum gestoßen und hab jetzt mal den Wunsch meine Situation zu schildern und dadurch durch euer Feedback vielleicht Anregungen zu finden wie ich mit meinen Problemen umgehen kann.

Ich bin 33 männlich und meine ADxS ist nicht offiziell bestätigt.
Wie viele hier habe ich diese Diagnose auch nie so richtig mit mir verbunden weil ich halt nicht das klassische Bild des hippelig aufgedrehten unaufmerksamen Kindes/ Erwachsenen darstelle sondern sich das anders zeigt.

Ich war als Kind sehr verträumt und konnte dadurch dem Unterricht nicht folgen.
Später hat sich dies noch dadurch verstärkt dadurch das ich bei vollem „Wach sein“ in eigentlich interessanten Unterrichtsfächern müde werde. Solange es nicht aktives mitarbeiten erfordert( also mitreden oder tatsächlich aufstehen und etwas tun)

Ich musste mich in die erste Reihe setzen um überhaupt irgendetwas vom Unterricht über die vielen Stimmen der Klassenkameraden zu verstehen.
Auch ist es mir beinahe unmöglich bei einem Gespräch zu bleiben wenn ich an einem Tisch sitze an dem verschiedene Gespräche geführt werden.

Ich habe und hatte im sozialen Kontext Probleme weil ich mich schnell von anderen abgelehnt und als nicht gut genug fühle.
Außerdem mische ich mich in Gesprächen zu oft in Themen die mich nichts angehen oder wo ich zu wenig zu zu sagen habe als wäre mein Gehirn vom reinen Zuhören gelangweilt.
Dazu passt auch das ich bei längeren Sätzen denen ich zuhöre manchmal abschalte und einige Sekunden nicht mehr aufmerksam bin.

Ich habe eine miserable Handschrift und habe /hatte die Angewohnheit Buchstaben und i /Ü/Ä/Ö Punkte zu vergessen. Diese Dinge wurden in meiner Kindheit einer Lese Rechtschreibschwäche zugeordnet.
Generell fallen mir Klein und Feinarbeiten unsagbar schwer.

Trotz eigentlichem besseren Wissen habe ich die Angewohnheit manchmal Dinge zu überstürzen und dabei mir oder Gegenständen zu schaden.

Und am allerschlimmsten ich bin zu leicht abzulenken. Von anderen Aufgaben, Gesprächen, oder auch nur meinen eigenen Gedanken.

Es gibt noch ettliche andere Facetten die mir gerade nicht einfallen, aber als ich nach meiner Anmeldung hier den hier angebotenen Test gemacht habe war ich schockiert wieviele von diesen von mir als unzusammenhängend wahrgenommenen Fehlern in das Spektrum des ADxS fallen.
Es passt wie die Faust aufs Auge.

Jetzt stehe ich vor dieser Recht wahrscheinlichen Annahme und weiß nicht so richtig was ich damit anfangen soll. Wenn ich einen Therapeuten finden könnte im Raum Frankfurt, was würde mir das bringen. Medikamente scheinen den meisten nur bedingt zu helfen und in manchen Fällen die Probleme nur durch andere oft sogar schlimmere zu ersetzen.

Wie sehr kann man das alles durch Verhaltenstherapie in den Griff kriegen?
Wie gehe ich damit am Besten um.
Ich habe sowohl Privat als Vater als auch Beruflich als Teamleiter tierische Probleme nach meinem eigenen Gefühl diese Rollen auszufüllen. Muss ich damit klarkommen oder was kann helfen???

Viele Grüße in die Runde und ich freue mich von euch zu hören.
mfg
Corby

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:adxs_winy: Willkommen @corby

Es ist häufig eine Frage des Leidensdruck, ob jemand sich auf die Reise zur Diagnose begibt.

Und die steht ja dann wohl doch zu Beginn auf dem Zettel, wenn du Hilfsangebote für Adxs in Anspruch nehmen möchtest.

…und dann gibt es noch ganz viele da draußen, die überhaupt keine Probleme mit ihren Medis haben, egal ob mit oder ohne Therapie :adxs_zwinker:

Womit wir wieder beim Anfang wären, Leidensdruck :adxs_grins: und den kannst nur du selbst für dich definieren.

In einem Selbsthilfeforum tummeln sich doch eher die komplizierten Fälle, wie überall, vergiss das nicht.

Alles Gute für dich :four_leaf_clover:

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Hi @corby :adxs_wink:

Die anderen Probleme waren meist vor den Medis auch da - „nur“ waren die ADHS-Symptome offensichtlicher.

Die Medis helfen nur bedingt. Die können ADHS nicht wegzaubern. Es bleibt trotzdem ein hartes Stück Arbeit übrig - ob nun „nur“ wegen ADHS oder wegen allem, was evl. noch zum Vorschein kommt.

Mit der Aufmerksamkeitsspanne eines Eichhörnchens bekommt man das eher nicht hin. Gerade hier können die Medis helfen und Dich überhaupt erst in die Lage versetzen, die Inhalte der Therapie zu verstehen und umzusetzen.

Du hast noch ne Menge Leben vor Dir. Ich blicke da mal mit 20 Jahren mehr Lebenserfahrung drauf: Das wird ohne Behandlung nicht besser, wenn Du jetzt schon merkst, dass Du an Deine Grenzen kommst. Du kannst noch 5, 10 oder 20 Jahre „klarkommen“ - und so sehenden Auges Richtung Burnout, Depressionen usw. steuern.

Nimm Deine Erkenntnis an. Suche Dir jemanden, der Dich diagnostiziert und dann besprich mit ihm/ihr die beste Behandlung für Dich.

Alles Gute!

PS: Behalte bitte auch Dein(e) Kind(er) im Auge. Kinder von ADHSlern sind sehr oft ebenfalls betroffen.

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Herzlich willkommen, lieber @corby !

Es ist genau umgekehrt, Medikamente sind die erste Option, eine Verhaltenstherapie kann dazu kommen, bringt aber meist nicht viel ohne medikamentöse Unterstützung.

Klar können Medikamente neue Probleme bringen. Aber wenn du durch dieses Forum liest, siehst du die Problemfälle überrepräsentativ. Wenn alles gut läuft, schreibt man nicht unbedingt an ein Forum.

Von Vorneherein auf Medikamente zu verzichten wäre auf jeden Fall eine falsche Entscheidung. ADHS ist ja erst einmal eine Störung, bei der Gehirnbotenstoffe nicht dort ankommen, wo sie hingehören. Das medikamentös wieder in die Spur zu bringen wäre daher auch die erste Maßnahme und kann auch nicht durch Verhaltenstherapie ersetzt werden.

Ich bin auch Mann und Familienvater, erkenne mich in einigen deiner Beschreibungen wieder und habe die Diagnose meiner ADHS 2003, mit 37 Jahren, bekommen. Seitdem nehme ich Medikamente und bin damit sehr zufrieden. Gespräche mit einer Psychologin habe ich in den ersten Monaten auch gehabt, vor allem um mich mit der neuen Selbstdefinition zurecht zu finden und schief gelaufene Dinge aus meiner Vergangenheit aufzuarbeiten.

Viele Grüße und alles Gute
Falschparker

Ich kann mich nur anschließen an Falschparker, wir sind glaube ich alle drei als Väter in ähnlichen Situationen, aber liefere noch ein paar Zahlen zu den Medikamenten:

  • Bei 80% der Patienten zeigen die Medikamente eine Wirkung.
  • 50% werden durch Medikamente sogar „normalisiert“ wie Russell Barkley sagt.

Leidensdruck hast du, also mach dich auf die Suche nach einem Psychiater oder Psychologen der die Diagnose erstellt, in der Grippezeit kann man auch mal Glück haben und schnell spontanten Termin finden. Bei den Medikamenten kann dir die dann neben den Psychiatern auch ein Neurologe helfen. In Sachen Diagnose klär am besten vorm Termin ab wie’s abläuft, ob’s nur Gespräche sind oder wie bei mir Fragebögen. Ich hatte die Frage nach CAARS und HASE vor mir und einen CPT musste ich auch machen. Fragebögen an deine Partnerin und Eltern oder Geschwister wirst du auch kriegen wenn’s gründlich gemacht wird. Am Ende sollte ein stimmiges Bild rauskommen und auch Komorbiditäten wie Depression oder Ängste lassen sich mit den Fragebögen ermitteln. Hier findest du einiges an Infos: ADHS - Diagnosemethoden - ADxS.org

Willkommen!
Ich glaube, Du hast Dich intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt und was Du beschreibst klingt für mich recht eindeutig.
Wie schon gesagt wurde zählt vor allem Dein Leidensdruck. Aber egal ob mit oder ohne Medikamente, Du kriegst nur dann eine Behandlung wenn Du eine Diagnose hast. Das wäre also der erste Schritt.
Wenn in Deinem Zeugnis entsprechende Vermerke sind sollte das kein Problem sein, oder wenn Deine Eltern da entsprechend aussagen können.
Ich denke, die Diagnose hilft auch um für sich zu realisieren, was eigentlich das Problem ist. Eigendiagnosen sind zwar oft richtig aber erfüllen psychologisch leider nicht diesen Zweck da der Zweifel bleibt.
Wegen Medis wär ich an Deiner Stelle mal offen. Aber es hilft sicher bei der Diagnose da nicht zu scharf drauf zu sein.
Generell profitieren viele davon. Auch meine Tochter die wirklich sensationell auf Methylphenidat angesprochen hat.
Auch wenn Du nicht so hyperaktiv bist, check doch mal für Dich ob Du nicht doch ab und zu zappelst oder nervös bist, oder einfach nur angespannt. Dachte auch erst, dass ich „nur“ ADS habe aber es ist dann doch ADHS geworden. War in der Schule auch nicht besonders auffällig weil ich meistens gezeichnet habe und somit „beschäftigt“ war.
Aber das „H“ ist für mich tatsächlich das Nervigste an der ganzen Sache, da ich einfach ständig unentspannt bin und nicht mal einen Film richtig genießen kann wenn er nicht total spannend ist. Oder das Zusammensitzen mit Familie und Freunden nach ner Weile einfach nur nervt.