Ich wollte eigentlich nicht schon wieder ein neues Thema eröffnen, aber weiß nicht, wo es sonst thematisch rein passen würde.
Da ich mich so gut wie gar nicht an meine Kindheit und auch sonst an sehr viele Lebensabschnitte kaum erinnern kann, habe ich nun begonnen, neben meinem Vater auch Personen zu fragen, mit denen ich als Kind und in meiner Jugend Kontakt hatte. Mit meinem Bruder kann ich erst im Laufe der kommenden Tage in Ruhe zu dem Thema Kindheit telefonieren (und ich warte noch auf die Einschätzung einer früheren Freundin, die mir aber morgen schreiben möchte), aber er hat manches schon kurz schriftlich bestätigt, was ich nun von anderen erfahren habe.
Das Ding ist nur: Mein Vater und auch eine meiner früheren Freundinnen sagen, dass vieles ja normal ist, also dass man eben als Kind eine ausgeprägtere Fantasie hat, eben mal wild spielt und es ja nicht gleich auffällig sein muss, nur weil mal im Zeugnis steht, dass man eben bessere Leistungen hätte erzielen können, wenn man dem Unterricht aufmerksamer gefolgt wäre usw. Und das stimmt ja auch. Das macht es für mich nun sehr schwer, einzuschätzen, ob ich Auffälligkeiten gezeigt habe oder eben nicht. Ich bin total verwirrt und denke nun, dass ich ja evtl gar kein ADHS habe, weil es in der Kindheit zwar eventuell ein paar kleinere Hinweise gab, aber das ja auch normal für Kinder sein kann. Ab wann sind es denn Auffälligkeiten?
Was ich bisher in Erfahrung bringen konnte:
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Als Kind recht dominant beim Spielen, also in der Grundschule war ich beim Spielen wohl die „Anführerin“ und habe bestimmt, wer wen spielt usw.
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Ging es um Berufswünsche, hatte ich laut einer Person Ideen, die sie als etwas speziell empfunden hat, darunter Wal-Züchterin, Schauspielerin, Bäckerin (daran kann ich mich null erinnern)
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Teils Faszinationen (immer nur phasenweise), die teils wohl etwas spezieller waren, zB für Schnecken (die habe ich als Haustiere zu halten versucht und im Garten gründlich untersucht und mit ihnen gespielt), oder eben meine immense Faszination für Orcas (das Beispiel führen ausnahmslos alle auf und fanden das sehr „extrem“ mit viel Reinsteigern). Es war auch so, dass ich Pferde ganz toll fand und lange geritten bin - was daran evtl etwas „auffällig“(?) gewesen sein könnte: Ich kann mich vage daran erinnern, dass ich sehr fasziniert vom Hufe auskratzen war. Das ging so weit, dass ich beim Spielen durch den Schlamm und danach bewusst über Mini-Steinchen gelaufen bin (und das auch von einem anderen Mädchen verlangt habe), damit ich danach die Profile von den Schuhen auskratzen konnte.
Bis heute habe ich diverse Skin-Picking-Tics, also ich kann mir oder anderen stundenlang am Rücken rumpulen oder rumdrücken, bin von Haut und Wunden und Unreinheiten an der Haut fasziniert und beschäftige mich manchmal stundenlang damit, während ich über Dinge nachdenke. Ich weiß nicht, ob das damals auch irgendwie in diese Richtung gedeutet werden könnte, bevor ich eben mit dem teils exzessiven Skin Picking (auch extremes Kauen an den Fingern, teils bis es schmerzt/blutet) begonnen habe.
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Ich habe als Kind wohl viel Quatsch gemacht (aber eben auch mit anderen zusammen), und ein Beispiel war, dass ich wohl mit 12 das Rauchen ausprobiert und auch eine damalige Freundin dazu verleitet habe.
Ich kam dann auf Ideen wie, dass man ja auch mal Kräuter und Chili rauchen könnte, wobei wir wohl laut ihr fast „erstickt“ wären
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Eine Person, die mich meine ganze Kindheit über kannte und knapp 2 Jahre älter ist als ich, sagte, dass ich sehr mutig und fantasievoll war, sie mich aber sehr lieb fand. Laut ihr wurde ich eher autoritär erzogen und musste zB immer 17:55 Uhr zu Hause sein, danach baden etc. Das würde ja erklären, weshalb ich mit Autoritäten null klarkomme.
Mein Vater streitet das alles ab, aber ich kann mich schon an den Pantoffel auf meinem Hintern erinnern und er sagt ja auch selbst, dass er sich nicht gut erinnert und auch viel verpasst hat. Sie erzählte auch, dass ich wohl eine Art Trennungsangst hatte und daher nie bei ihr übernachten konnte. Ich erinnere mich nun tatsächlich an ein Szenario, wo wir bei ihr im Garten zelten wollten und ich irgendwie geweint habe und heim wollte (wir haben Haus an Haus gewohnt). Andererseits weiß ich aber, dass ich mindestens zwei Mal im Ferienlager war und da hatte ich glaube ich kein Heimweh.
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Auf die autoritäre Erziehung habe ich wohl teils sehr laut und energisch reagiert/mich teils „gewehrt“(?). Ich weiß aber nicht, ob die Erziehung wirklich so streng war oder falls ja, ob die strenge Erziehung evtl eine Reaktion auf mein Verhalten war. Mein Bruder meint wohl, dass das stimmt und er auch immer am Tisch sitzen und essen musste, wenn er nicht wollte, etwas nicht mochte oder keinen Hunger hatte. Ich musste wohl zB auch zig mal Hausaufgaben abschreiben, wenn ich mich verschrieben hatte. Mein Vater hat auf diese Aussagen von ihr und meinem Bruder sehr abwehrend reagiert und sagte, dass ich schon Vorgaben hatte, aber dass er es nicht als autoritär bezeichnen würde. All diese neuen Infos schocken mich etwas und ich weiß nicht, wie ich das einordnen soll.
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Mein Vater sagt, ich hatte eine sehr gute Auffassungsgabe, aber eben nur, wenn mich was interessiert hat. So ist es ja auch bis heute, also ich kann mir sehr schnell selbstständig Dinge aneignen, wenn ich für was brenne (auch wenns oft nur phasenweise/Hyperfokus ist, aber zB eigenständig eine Sprache binnen 6 Monaten auf B2-Niveau gelernt). Interessiert haben mich in der Schule laut meinem Vater Schreiben und Sprachen. Ich konnte schon vor der Einschulung ein bisschen lesen, aber er weiß nicht, ob das nicht im Kindergarten gelernt wurde, das kann ja durchaus sein.
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eine Person beschreibt mich als „manchmal etwas vergesslich“, aber wenn ich wirklich strenge Vorgaben hatte und da aufgepasst wurde, kann es ja durchaus sein, dass ich deshalb zB keine Schulbücher/Hausaufgaben vergessen habe oder so. Andersherum denke ich nun: Was, wenn meine „Auffälligkeiten“ eher eine Reaktion auf die Erziehung waren? Dann wäre es ja kein Hinweis auf ADHS, selbst wenn ich dann später deutliche Symptome hatte und bis heute habe.
Ansonsten weiß ich nur, dass „hyperaktiv“ in der KiTa angesprochen wurde (laut meinem Vater), und mein Vater würde auch sagen, dass ich als Kind schon eher hyperaktiv war. Bzgl Erziehung sagt er „Im Vergleich zu dem, was man heutzutage als Erziehung bezeichnet, war deine evtl etwas strenger, eben ordentlich. In der Kindheit gab es Struktur und Regeln - und ab 13 hast du eh gemacht, was du wolltest und deine Mutter hat es zugelassen und ja dann auch selbst am Rad gedreht“
Ich warte zwar noch auf die Rückmeldung einer Person und mir fehlen noch die konkreteren Infos von meinem Bruder, aber ich bin total verwirrt. Mein Gefühl sagt mir, dass ich recht viel geweint und auch mal geschrien habe, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in der Grundschule mal ein Kind mit einem Stock und ein anderes mit meinem Gipsarm gehauen habe Aber ich weiß nicht, ob das tatsächlich so war … Ich weiß, dass ich sehr lebhaft gespielt habe, also ich hab mal Titanic nachgespielt und da dann den Feueralarm in der Schule ausgelöst, weil ich die Scheibe von dem Ding kaputt gemacht und dann auf den Knopf gedrückt habe.
Aber der Rest … ich fühle beides, also sowohl, dass ich lieb und brav war, aber auch oft das genaue Gegenteil und teils von Lehrern ermahnt - warum ist das nur in meinem Gefühl gespeichert, aber nichts, was andere erwähnen? Auch weiß ich natürlich nicht, was evtl nur eine Reaktion auf das Verhalten meines Umfelds war und was davon tatsächlich „einfach so“ kam.
Aber ab wann handelt es sich um Auffälligkeiten, woran kann man das festmachen ..?