AD(H)S im Erwachsenenalter: Angst vor (Fehl?)Diagnose

Soo, Diagnose ADHS ist da. „Sehr offensichtlich“. Ich bin erleichtert und ermutigt, die nächsten Schritte zu gehen. Jetzt heißt es, einen Therapeuten zu suchen. Beraten wurde ich hauptsächlich über Verhaltenstherapie (gesagt wurde, ich müsse vermutlich mit min. 1/2 Jahr Wartezeit rechnen) und über medikamentöse Behandlung. Ich versuche, beides anzugehen.

Noch ein letztes mal: Vielen Dank für eure Ermutigungen. Wenn ich daran denke dass ich noch vor ein paar Monaten total verzweifelt war, dann einen Termin gemacht habe und ihn dann wieder canceln wollte… :slight_smile:

Liebe Grüße

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Tipp:
Fang mit Medis an.
Stimulanzien stellen bei ADHS die Lernfähigkeit wieder her (und es geht hier nicht primär um Vokabeln). In krassen Fällen geht das so weit, dass sie überhaupt erst die Therapiefähigkeit herstellen.
Bewirkt oft, dass nach einem halben oder ganzen Jahr viele Sachen, die bisher ein Problem waren, sich in Luft aufgelöst haben. Der Rest, das was bleibt, dafür braucht es dann auch Therapie.

Nun, so ein halbes bis ganzes Jahr ist wahrscheinlich (rein zufälligerweise) die Zeit, die es braucht, bis du einen Therapieplatz hast.
Insofern: geh beides jetzt an, dann passt es perfekt :slight_smile:

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Hey, freut mich sehr für dich, dass du dich überwunden hast und dann auch alles geklappt hat.
Bei mir hat sich die gleiche Angst wie du sie hattest bestätigt, der Psychiater meinte, da ADHS im Kindesalter festgestellt wird und dafür keine Beweise vorliegen schließt er es aus. Ich passe sonst eigentlich sehr gut in die Symptomatik, finde mich in vielen Dingen wieder und auch in den hier beschriebenen möglichen Kindheitsverläufen. Der Doc hat sich den Zettel angeschaut, den meine Eltern ausgefüllt haben und meine Grundschulzeugnisse, etwas gefragt oder nach Berichten von Freunden oder Familie gebeten wurde ich gar nicht mehr.
Ich tue mich gerade sehr schwer damit, weil ich der Meinung bin, dass gerade Mädchen, die dann auch nicht noch übermäßig aktiv sind untergehen. Mal sehen wie es jetzt für mich weiter geht. Für mich steht fest - in irgendeiner Form bin ich anders als die Menschen um mich herum.

@Ichlache
Hey,
hat der Psychiater denn eine Idee geäußert woher deine aktuellen Probleme (ich vermute du hast Leidensdruck, sonst hättest du dich ja nicht um eine Diagnostik bemüht) stammen könnten und wie die Behandlungsmöglichkeizen dafür aussehen?
Ist er ein ADHS-Spezialist?

Ich (w 35) habe meine Diagnose letztes Jahr in einer ADHS-Ambulanz erhalten.
Meine Grundschulzeugnisse hatten keine Bemerkungen, bis zur 7. Klasse waren auch meine Noten super, erst danach ging es im Schnitt bergab
mit Ausschlägen nach oben und unten, je nachdem wie interessant ich ein Fach fand. Oder ob die Lehrperson mich mitreißen konnte.
Ich hatte keinen Fremdbeurteilungsbogen und die fehlenden Bemerkungen bzw. das unaffällige Zeugnis waren der Psychiaterin nicht so wichtig. Wir haben darüber gesprochen wie ich die Grundschule und die weiterführende Schule erlebt habe, was problematisch für mich war und wie weit ich Symptome die ich heute habe sich zurück verfolgen lassen und wie ich das eingeordnent habe bevor ich darauf gekommen bin, dass ich ADHS haben könnte.
Das hat ihr vollkommen gereicht und sie meinte es geht vielen weiblichen Personen in meinem Alter so, in den 90ern/frühen 2000ern war eben noch viel viel weniger bekannt welche Ausprägungen es gibt und wie sich das äußern kann wenn der oder die betreffende Person früh lernt zu maskieren und eine Fassade aufbaut.
Bei dem Termin einige Wochen später, als sie mir die Diagnose mitgeteilt und die Testergebnisse erklärt hat, sagte sie noch, dass mein Antwortverhalten im Gespräch ziemlich aufschlussreich war.
Unauffällige Zeugnisse oder Beschreibungen von Eltern müssen nicht heißen, dass da nichts war.
Meine Mutter wäre im Leben nicht darauf gekommen, ich hätte ADHS.
Mittlerweile ist sie selbst und eine meiner Schwestern diagnostiziert, meine andere Schwester wartet noch auf die Diagnostik und vermutet sich außerdem auf dem ASS-Spektrum.
Was wohl auch erklärt warum ich immer dachte…naja bei mir Zuhause sind alle so, warum komme ich denn nur so schwer klar in der Welt :melting_face:

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Nein, er meinte er hat sonst keine Idee und kann mir nichts Hilfreiches anbieten. Eine Depression von der die Symptome auch hätte kommen können schließt er aus. Ich glaube nicht, dass er darauf spezialisiert war - es war einfach die nächst beste Praxis zu der ich gehen konnte. Einzig das EEG hatte eine kleine Auffälligkeit, der man nachgehen könnte - ob es beispielsweise eine Durchblutungsstörung im Gehirn gibt oder ein Tumor vorhanden ist. (Was er allerdings auch nicht glaubt). Mein Vater und meine Schwester haben auch kleinere Auffälligkeiten in manchen Bereichen - hätte ich die Diagnose bekommen, hätte ich die beiden auch mal geschickt. Naja, momentan kann ich mich nur erst mal damit abfinden, da ich keine Zeit und Kranf habe um mich da nochmal reinzuhängen. Danke dir für deine Antwort!

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Klar, gerne.
Ich kann ja nur von meiner eigenen Erfahrung berichten und ich denke von den Fragebögen abgesehen ist es super wichtig, dass die Person die das Gespräch mit einem führt sich auskennt um die richtigen Fragen stellen zu können. I
ch hatte richtig Probleme mit den Fragebögen bspw. die Frage: Sie sind unpünktlich zu Terminen…Nein, ABER ich bekomme vor einem Termin egal wie spät am Tag der ist nichts hin, kontrolliere 1000mal wie ich dahin komme, fahre zu früh los und dödel dann noch ewig da rum oder es geht was schief und ich renne Bus und Bahn hinterher.
Soll heißen: Andere würden mich nicht als unpünktlich beschreiben, bekommen aber auch nichts von meinem Stress mit und von den Strategien die sehr viel Energie kosten um genau dieses Bild aufrecht zu erhalten.
Bei jeder Frage wo ich unhappy mit der Fragestellung und den (für mich damit dann nicht passenden) Antwortmöglichkeiten war habe ich eine Notiz dran geschrieben und das hat die Psychiaterin im Gespräch gezielt aufgegriffen.
Wenn du irgendwann die Energie für einen neuen Versuch aufbringst, versuche doch jemanden zu finden der sich auskennt. Selbst wenn es dann nicht ADXS ist, kann die Person dir wahrscheinlich aufzeigen woher die aktuelle Symptomatik sonst kommen könnte, damit du einen Anhaltspunkt hast.
Ich habe 3 Jahre Verhaltenstherapie gemacht, erst wegen einer Anpassungsstörung durch eine Zeit der anhaltenden Überlastung und dann eine mittelgradige Depression.
Die VT hat immer nur zeitweise Verbesserungen gebracht die ich aber nicht nachhaltig etablieren konnte (obwohl meine Stimmung da prinzipiell wieder gut war) was mich immer hilfloser und frustrierter zurückgelassen hat. Nichtmal Therapie kriege ich hin, das hat meinem Selbstwert gar nicht gut getan.
Im Herbst 2020 bin ich über einen Podcast zu Ursachen von Prokrastination auf das Thema ADHS aufmerksam geworden und habe mich da so krass wiedergefunden. Vor allem weil alle Probleme die durch die VT nicht besser geworden sind schon immer da waren.
Ich habe das bei meiner Therapeutin angesprochen und die konnte damit nullkommanix anfangen, kannte sich nicht aus und ich hatte den Eindruck, sie denkt ich suche eine Ausrede um nicht wirklich an den Problemstellen arbeiten zu müssen.

Ähm…jetzt habe ich hier wieder ungefragt einen Roman verfasst, sorry :slight_smile: :melting_face:
Ich wollte eigentlich nur sagen: Wenn die Fachperson sich nicht auskennt, kann das zu Fehldiagnosen oder Ablehnung von Diagnosen führen. Was beides verhindert, dass man die Hilfe bekommt die man dringend braucht. Oder auch nur die Klarheit sich selbst besser annehmen zu können.

Ich bin tatsächlich auch von mehr Gespräch ausgegangen und hatte auch gelernt, dass man bei der Diagnose gerne mit Familie und Freunden redet, das kam bei mir gar nicht vor. Da sehe ich mich total drin! Ich versichere mich immer 100 mal um bloß pünktlich und verlässlich zu sein. Plane mir viel Puffer ein, manchmal um dann doch nochmal fünf Sachen erledigen zu müssen und dann zu spät los zu fahren.
Ich denke, dass ich in vielen Bereichen eben gute Strategien entwickelt habe, da ich ja gar keine andere Wahl hatte/habe. Ich gehe dem Bulimie-lernen nach, versichere mich wie gesagt oft 100 mal, plane sehr genau. Ich bin z.B. wahnsinnig ordentlich, weil mich Unordnung stresst und ich 1. weiß, dass ich meine Sachen so nachher besser finde und 2. weil ich ansonsten erst recht nicht effektiv ohne Ablenkung arbeiten kann. Danke dir für den zugesprochenen Mut und den Tipp! :slightly_smiling_face:
Das ging jetzt auch alles ziemlich schnell, vielleicht muss ich es nächstes Mal einfach bedachter angehen.