AD(H)S und Prokrastination

Schon letztes Jahr habe ich diese Studie gefunden und habe sie nach oberflächlichem Querlesen als sehr interessant empfunden.
Hier wird sehr fein zwischen den verschiedenen Ursachen von Prokrastination unterschieden.
Also ich finde diese Studie genial und ich habe so manche Erkenntnis gewonnen.

<LINK_TEXT text=„https://publikationen.uni-tuebingen.de/ … sAllowed=y“>https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/85382/Thesis_Digital.pdf?sequence=1&isAllowed=y</LINK_TEXT>

Es wird z.B. zwischen aktiver und passiver Prokrastination unterschieden.
Wenn ich es richtig verstanden habe, gilt als aktive Prokrastination das Aufschieben bis zur buchstäblichen letzten Minute, weil der Prokrastinierer aus Erfahrung weiß, dass er den Druck braucht, um die Aufgabe noch zu erledigen.

Ich finde mich da zum Teil wieder, weil es mir komischerweise immer wieder gelingt, Aufgaben auf den letzten Drücker zu erledigen. Ich hasse das zwar, aber ich kriege es immer wieder hin. Selbst wenn ich zu spät losfahre, weil ich noch irgendwo irgendwas abholen muss, fahre ich dann gegen die Uhr und komme 1 Minute vor Ladenschluss an oder aber der Fahrer des Postwagens wurde aufgehalten und lädt gerade noch ein und ich kann ihm meine Sachen noch in die Hand drücken. :wink:

Aber es nervt mich wahnsinnig!

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Liest sich ganz interessant.

Besonders spannend finde ich die These bzgl. Ego-Depletion. Diese würde im Zusammenhang von ADHS, wo man sich ständig irgendwie motivieren muss und kaum etwas leicht von der Hand geht, einiges erklären.

Auch gut die Definition: Prokrastination als Störung nur dann, wenn einfach keine Aktivierung stattfindet, obwohl sonst alle Bedingungen gegeben sind. Fehlende Motivation wäre demnach keine Basis für Prokrastination.

Wow, Addy!
Sag bloß, du hast die Studie schon ganz durchgelesen!? :o :lol:

Nee, nee… noch nicht. Aber ich bleibe dran. :smiley:

Mal ganz abgesehen von der Studie habe ich Prokrastination bei ADHS immer als Teil des Belohnungsdefizits verstanden, der Unfähigkeit, sich für ungeliebte Tätigkeiten zu aktivieren und mit der Vorliebe für kurzfristige statt langfristige Belohnungen:

Zum einen wird eine aversive Tätigkeit vermieden, das heißt, das Vermeiden an sich bringt eine kurzfristige „Belohnung“.

Zum anderen werden stattdessen oft alternative Tätigkeiten gewählt, die schnellen Erfolg und somit eine schnelle, kurzfristige Belohnung bieten, z.B. etwas in der Wohnung putzen.

Also doppelte Verstärkung.

Andererseits unterstützen Zukunftsblindheit bzw. das Leben im hier und jetzt in keiner Weise die Einsicht, dass eine Nicht-Erledigung der ungeliebten Aufgabe in der Zukunft negative Konsequenzen haben wird. Ist ja alles noch soooooo weit weg… :wink:

Kann man also als ADHSler bei ungeliebten Tätigkeiten überhaupt Nicht-Prokrastinieren?

Ich habe diese Zukunftsblindheit nicht, sondern bin mir ständig bewußt, dass mein Prokastinieren sehr negative Folgen haben kann. Ich kann dieses Gefühl noch nicht einmal verdrängen, was mich noch zusätzlich stresst.
Ich versuche mir jedesmal das positive Gefühl und den Stolz in die Erinnerung zu rufen, den ich jedesmal fühle, wenn ich eine unangenehme Aufgabe erfüllt habe, aber ich schaffe es trotzdem nicht. Ich bin dann ständig angespannt und kriege es trotzdem nicht hin.
Ich weiß, mir würde es besser gehen, wenn ich die Aufgabe erledigen würde, tue es aber trotzdem nicht.
Das ist etwas, was ich überhaupt nicht verstehe.
Ich habe bis heute nicht erkunden können, was mich da so blockiert.

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Hab nochmal weiter recherchiert: Gibts eigentlich irgendetwas ADHS-typisches, das Prokrastination nicht begünstigt? :o

Das kann ich über mich auch sagen… echt blöd… aber hat bei mir auch mit Überlastung zu tun… ich weiß schon gar nicht mehr, womit ich anfangen soll bei so einem Rattenschwanz an liegen gebliebenen Sachen… das Schlimmste ist, dass Versuche, es zu priorisieren, so lange dauern, dass ich schon längst zwei drei Sachen hätte erledigen können in der Zeit…

Priorisieren = Prokrastinieren, ist das nicht erst recht crazy!?? :?

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Das kenne ich auch gut, und ich vermute, dass fehlende Motivation bzw. Antrieb der Grund dafür sind. Und dass nicht Betroffene dieses Problem offenbar nicht haben und sich viel weniger dazu zwingen, sich zusammenreißen müssen.

Daher auch mein Anspringen auf das Thema Ego-Depletion.

Ich habe schon länger den Verdacht, dass das ständige sich-Zusammenreißen, das Erledigen unliebsamer Aufgaben unter höchster Anstrengung das ist, was mich am meisten auslaugt.

Oh ja, das kenne ich auch. :?

Grundsätzlich eine nachvollziehbare Vermutung, aber ich habe komischerweise ja Energie für andere Dinge. Daher scheidet das bei mir aus.
Bist du denn dann so blockiert, dass du gar nichts mehr schaffst?

Für Motivierendes habe ich immer Energie, für Demotivierendes nicht. Vieles schaffe ich tatsächlich gar nicht, anderes nur unter größter Anstrengung.

Ich versuche, mich mit genügend Energie aufzuladen, indem ich erstmal was mache zu dem ich Lust habe, das funktioniert aber oft nicht si wirklich… aber wenigstens habe ich dann schon mal überhaupt irgendwas geschafft… naja… ich glaube, es liegt aber auch an meiner Erschöpfung und daher… hoffe ich, bald eine Reha machen zu können… aber davor muss ich erstmal aufhören, den Antrag zu prokrastinieren… ich habe aber letzte Woche tatsächlich ein paar Schritte geschafft…

Vielleicht funktioniert es nur so: auf lange Sicht einigermaßen was hinbekommen, indem man eben das macht, was gerade geht… auch wenn es nicht das ist, was gerade am Wichtigsten ist.

Ich belebe diesen Thread mal wieder mit einem interessanten Medienbeitrag: