ADHS-Behandlung ohne Therapie: Anleitung zum Unglücklichsein?

Ich bin kein Fan von selbsterfüllenden Prophezeihungen. Mir wurde im Alter von 21 Jahren ADHS diagnostiziert, nachdem ich bereits vorher auffällig wurde mit einer gesamten Bandbreite von (z.T. vermuteteten) psychischen Störungen, wie Autismus, Borderline, Bipolar, Angststörung, Panikstörung, Zwangsstörung, soziale Phobie, nicht stoffgebundene Sucht.

Mir wurde eingeredet, ich leide allen Ernstes unter allen (!) oben genannten Dingen. Ich hielt das für den größten Humbug, den ich in meinem gesamten Leben gehört habe, und suchte eine ADHS-Diagnose auf. Denn merkwürdigerweise ließen sich all meine Verhaltensweisen (alle!) durch ADHS erklären. Ich erfüllte alle Symptome von ADHS. Alle. Selbstverständlich wurde mir ADHS-C diagnostiziert, und alle (!!!) obrigen Diagnosen als Humbug ausgeschlossen. Mir wurde medikamentöse und Verhaltenstherapie geraten.

Meine Eltern (Vater Arzt, Mutter Krankenschwester) haben im Kindesalter bereits ADHS vermutet, es gab auch Auffälligkeiten im Kindergarten. Allerdings haben sie durch Gaslighting die Erzieherinnen dazu gebracht, Ruhe zu geben, und eine ADHS-Symptomatik wurde nicht mehr weiterverfolgt. Vielen Dank an meine Eltern an dieser Stelle.

Und jetzt? Zu meiner alten Psychiaterin, die mich mit Zwangsstörung diagnostiziert hat, werde ich nicht zurückgehen. Da kommt nämlich wieder das Stichwort selbsterfüllende Prophezeihung. Sie hat mir Sertralin verschrieben, mir aber weismachen wollen, die „wirkliche“ Lösung ist Verhaltenstherapie. Warum selbsterfüllende Prophezeihung? Bevor überhaupt geschaut wird, ob Sertralin hilft, wurde mir bereits die Wirksamkeit ausgeredet und stattdessen auf Therapie verwiesen. Ironischerweise wurde mir von der Therapeutin dann gesagt, Therapie ist keine selbsterfüllende Prophezeihung, insbesondere, wenn Medikamente bereits helfen. Therapie ist auch keine Beschäftigungstherapie.

Es gruselt mich massiv, mir jetzt mit einer ADHS-Diagnose Hilfe zu suchen. Ich glaube nicht an selbsterfüllende Prophezeihungen, deswegen werde ich keine Therapie suchen, denn ich weiß, eine Therapie funktioniert nur, wenn man sie will. Ich will keine Therapie, da meine Probleme meiner Ansicht nach nur medikamentös zu lösen sind und quasi ausschließlich biologischer Ursache sind.

Das oben genannte Sertralin hatte tatsächlich eine Wirkung. Es hat meine rasenden Gedanken verhindert, ich mein, 200mg Sertralin haut schon ordentlich rein. Allerdings hat es keinerlei Effekt auf typisches ADHS-Verhalten wie Impulsivität, Unterstimulation gezeigt. Ich habe es wieder abgesetzt, da die Psychiaterin mir quasi eingeredet hat, dass „Medikamente nicht die Lösung sind“. Okay. Was soll denn dann die Lösung sein? Selbsterfüllende Prophezeihungen?

Wenn ich schon bei so etwas Trivialen wie SSRI auf massiven Wiederstand gestoßen bin, was hat mich dann bitte bei Stimulanzien zu erwarten? Eine Verhörung? Schufa-Überprüfung? Einsicht in Bankkonten? Erst recht, wenn ich dann noch sage, ich bin an einer Therapie nicht interessiert. Dabei weiß ich, dass mein Hauptproblem massive Dopamin-Dysregulation ist, und ich unter ständiger Dopamin-Mangel sowie massiven Dopamin-Crashes leide, sobald ich mal Dopamin kriege.

Ich befürchte jetzt schon, dass ich nie die Hilfe kriege, die ich brauche. Online über ADHS-Behandlung etc. zu lesen ist immer schön, da es so systematisch ist, so plausibel, die Wirkungsweise der Medikamente, die biologischen Ursachen. In der Praxis (doppeldeutig gemeint) sieht die Realität ganz anders aus. Plötzlich wird die ADHS-Diagnose nicht ernstgenommen, plötzlich wird medikamentöse Behandlung verweigert, plötzlich wird man quasi genötigt, Therapie zu machen. Alles, außer vernünftig zu behandeln.

Manchmal habe ich den Eindruck, rund um die Uhr mit Inkompetenten zu interagieren, und es nervt mich, so zu tun, als würde ich nicht mit Inkompetenten interagieren.

Ich finde es entmenschlichend, Leute, die wissen, was ihr Problem ist, und nach ernsthaften (wirksamen) Lösungen interessiert sind, um ihr Leben unter Kontrolle zu kriegen, auf massiven Wiederstand stoßen. Denn wenn man versucht, seine Probleme eigenständig zu lösen, und es nicht schafft, regen sich die Leute auch wieder auf. Man kann es keinem recht machen.

Ich sehe schwarz. Die Lösung meiner Probleme ist greifbar nahe, Medikamente zur Behandlung von ADHS, und je näher ich mein Ziel erreiche, mein Leben unter Kontrolle zu kriegen, desto weiter weg entferne ich mich.

Ich bezweifle, dass mir jemals Stimulanzien verschrieben werden. Vielleicht sollte ich die Hoffnung komplett aufgeben und mit Atomoxetin anfangen. Wohl wissend, dass es Medikamente wie Concerta gäbe (die ohne ADHS-Behandlung im Kindesalter gar nicht verschrieben werden), die meine Kondition besser behandeln könnten. Im besten Falle wird mir Ritalin verschrieben und ich kann mich an den Dopamin-Crashes ergötzen, die mit Concerta/Vyanese weniger aufträten. Concerta und Vyanese werden wohl nur verschrieben, wenn im Kindesalter Behandlung erfolgte.

Ich sehe schwarz. Sehr schwarz. Egal, was ich tue, es ist falsch, egal, was ich nicht tue, es ist falsch. Ich suche keine Hilfe, mein Leben entgleitet mir, ich suche Hilfe, stoße auf Widerstand, Anschuldigungen, Vorwürfe. Man muss sich das mal vorstellen. Da sitzt jemand beim Arzt/Psychiater/Therapeuten, weiß haarscharf, was das Problem ist (ADHS), und wird dann wie der letzte Junkie behandelt. Was stimmt mit den Leuten nicht? Was stimmt mit den Leuten nicht, wenn Leuten, die verzweifelt darum kämpfen, ihr Leben unter Kontrolle zu kriegen, keinerlei Unterstützung kriegen?

„Wie konnte das nur passieren?“ steht des Öfteren in Zeitungen über das abrupte Ende von Leuten, die mit mentalen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. „Warum hat sich diese Person keine Hilfe gesucht?“. Heutzutage bin ich schlauer, da ich das gesamte Gesundheitssystem, inklusive mentales, durch hatte, von oben bis unten. Ich kenne das Gesundheitssystem so gut wie kein anderer, was offensichtlich ist, wenn meine Eltern dort arbeiten. Vielleicht hat eine solche Person nach Hilfe gesucht, bevor es zu spät war, wurde aber nicht ernst genommen, lächerlich gemacht etc. Vielleicht wurde dieser Person gesagt, ADHS ist nicht real. Vielleicht wurde dieser Person gesagt, sie ist selbst schuld, es ist alles eine Frage der Willensstärke, vielleicht wurde dieser Person gesagt, es gibt keine biologischen Ursachen, das ist lediglich Ausredensuche.

Es scheint mir so, Therapeuten, und insbesondere Psychiater, haben kein Interesse daran, jemanden zu helfen, der weiß, dass er sich stetig dem Abgrund nähert, und sehr gerne verhindern möchte, diesen Abgrund zu erreichen. Es scheint mir so, es wird nur Leuten geholfen, die 1mm vor dem Abgrund sind, inklusive Vorwürfe („Warum hast du nicht eher Hilfe gesucht?“).

Ich habe bereits allerlei Aktivitäten in meinem Leben aufgegeben, die lediglich Zeitverschwendung sind. Mein Alltagsablauf dreht sich nur noch um Arbeiten, die einzige Aktivität, die mit Hyperfokus gut ist. Allerlei andere Dinge wie Hobbies, Spaß mit anderen Leuten haben etc. habe ich aufgegeben, da bereits eine kleine Unregelmäßigkeit in meinem Leben mich aus der Bahn wirft.

Warum? Da ich die Hoffnung auf ein besseres Leben noch nicht aufgegeben habe. Wenn ich diese Hoffnung nicht hätte, wäre ich bereits vollends dem Hedonismus verfallen. Meine Hoffnung ist immer noch da, dass jemand mein Potential sieht, mich versteht.

Verzweiflung existiert nur, wenn Hoffnung existiert. Ich bin zutiefst verzweifelt, da ich sehr starke Hoffnung sehe, welche sich unerreichbar anfühlt.

Schönes Leben, was ich im Moment führe! Nicht. Und dann wird mir allen Ernstes vorgeworfen, ich wäre faul, dabei mache ich quasi nichts mehr, was keinen Nutzen mehr hat, nichts mehr, was Zeitverschwendung ist, nur, um zu überleben. Und dann wird mir ernsthaft Hilfe verweigert. Ich bin das perfekt Arbeitstier, ich arbeite gerne, es macht mir Spaß, es stimuliert mich, gibt mir neues Wissen, neue Techniken, unter der Vorraussetzung, dass mir geholfen wird, nicht dem Wahnsinn zu verfallen.

Gleichzeitig sehe ich extrem schwarz, denn meine Zeit, sie läuft davon, meine Zeit, mein Leben zu richten, läuft davon, und ich weiß genau warum, aber ich kann es nicht verhindern. Weil ich nicht denken kann, weil ich nicht denken kann wegen extremer Dopamin-Dysregulation. Es funktioniert einfach nicht. Ich kann nur denken, wenn ich 24/7 esse, masturbiere, Pornos schaue, Computerspiele spiele, dusche, Zug fahre, Musik höre oder andere absurde Dinge tue, die mich stimulieren.

Warum sollte ich nicht schwarz sehen, wenn ich das Gefühl habe, eine Anleitung zum Unglücklichsein zu verfolgen? Nimmt mich überhaupt irgendjemand ernst? Nicht einmal auf einem emotionalen Level. Aber selbst auf einem rationalem Level werde ich nicht ernst genommen. Warum? Was soll ich bitte noch tun?

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Wow, Du hast das echt drauf: große Parallelen zu dem, was sich beim Lesen von Watzlawicks Anleitung zum Unglücklichsein einstellt. Gratuliere. Ich habe es gern gelesen.

Völlig verständlich nach so schlechten Erfahrungen. Menschlich und auf den ersten Blick ja sogar sinnvoll, sich vor Wiederholungen solcher Erlebnisse zu schützen.

Nur schreibt Paul Watzlawick in seiner Version der Anleitung ja auch: „Ein Vorteil des Festhaltens an der Vergangenheit besteht darin, dass es einem keine Zeit lässt, sich mit der Gegenwart abzugeben.“

Ganz fiese Sache, das mit der ADHS-Zeitblindheit. Dieses blöde „Jetzt ist immer“-Gefühl…

Wie gesagt: Verständlich, nach Deinen geschilderten Erfahrungen. Aber gleichzeitig bist Du doch

Also lohnt sich vielleicht, die Befürchtung nochmal zu überdenken und neuen Ärzten eine Chance zu geben? Welchen, die Dich nicht gaslighten und die Dir nicht sagen, ADHS sei nicht real.

Sondern Dir sagen: Nein, Du bist nicht selbst schuld. Es ist nicht alles nur eine Frage der Willensstärke. Es gibt biologische Ursachen.

Die Hilfe, die Du suchst, gibt es. Und Du hast heute genug Wissen, sie zu erkennen, wenn Du sie triffst. Und Dich zu schützen, wenn es anders verläuft.

Am tiefsten Punkt des Tals hat man nicht die beste Aussicht. Und wir möchten alle gern, dass Dein Weg Dich weit weg vom Abgrund führt. Meine Prophezeiung…

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Ich wollte mich nochmal bedanken, @Rexon112. Ich habe heute gemerkt, dass ich durch Deinen Text gestern verstanden habe, dass es mir genauso geht…

Vielleicht war meine Antwort daher eher an mich selbst gerichtet als an Dich. Manchmal ist das hier so, und wir schreiben eigentlich an uns selbst.

Also vielen Dank. Mir hast Du bei einem wichtigen Schritt nach vorn geholfen! Mein Kopf wollte in die Richtung, aber mein Rest war noch nicht mitgekommen. Und vielleicht brauchte ich genau diese paradoxe „Anleitung zum…“-Intervention.

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Und vorsichtiges PPS: Auch wenn es nicht 1:1 umsetzbar ist für ADHSler, hat mir dieses Video wichtige Basics vermittelt, warum diese 24/7 Selbstmedikation alles noch schwerer machen kann: In the age of indulgence.

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Hi @Rexon112 und herzlich willkommen! :adxs_wink:

Verständlich, nachdem Du bisher eher Pech mit „Fachpersonen“ hattest.

Aber hey - immerhin hast du schon eine Person gefunden, die endlich ADHS diagnostiziert hat. :adxs_daumen:

Jetzt musst Du „nur“ noch einen Arzt finden, der sich mit ADHS auskennt. Denn das besondere an ADHS ist, dass (im Gegensatz zu den anderen psychiatrischen Diagnosen) die Medis nachweisbar die wirksamste Behandlung sind - und wirksamer als Psycho-Therapie allein.

Warum?

  1. Ritalin ist kein schlechtes Medikament. Es gibt genug Menschen, die damit super klar kommen.
  2. Concerta und Elvanse (so heißt das in Deutschland) werden auch für Erwachsene verschrieben, die in der Kindheit keine Diagnose und keine Behandlung hatten.

Du bist 21. und hast ne Menge Mist erlebt. Aber Dein Leben ist noch lange nicht vorbei. Damit es dir nicht weiter entgleitet, musst Du aber aktiv werden. Ist anstrengend. Ist nervig. Aber es lohnt sich. Denn es gibt sie wirklich: Psychiater, die sich (halbwegs) mit ADHS auskennen und Stimulanzien verschreiben - ohne darauf zu bestehen, dass man eine Therapie macht.

Hast du dir schon die Adress-Liste angefordert?
Adressen - ADxS.org

Vielleicht ist ja ein Arzt für Dich dabei.

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Hallo!

Das habe ich mir auch gedacht beim Lesen.

Ich verstehe gerade gar nicht, ob es die ADHS Diagnose schon gibt und ob du bei einem anderen Psychiater als deinem alten überhaupt schon warst? @Rexon112

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Hallo Rexxon und herzlich willkommen,

du zitierst selbst den Buchtitel von Paul Watzlawick im Threadtitel. Wenn du das Buch kennst, weißt du, dass die von dir beschriebenen Gedanken sehr geeignet sind, dich selbst zu sabotieren.

Ja klar, alle deine Befürchtungen können eintreten. Es ist gut, darauf vorbereitet zu sein, dann fällst du nicht aus allen Wolken.

Gar nicht anfangen mit dem Marsch durch die Gesundheitsinstitutionen, weil es sein könnte, dass du das Ziel nicht erreichst, ist aber keine Option, oder?

Um Zeit und Energie zu sparen, ist es gut vor Besuch einer neuen Facharztpraxis möglichst viel darüber heraus zu bekommen, ob du dort voraussichtlich Hilfe bekommen wirst oder nicht. Und auch dann kann es schief gehen, dann geht man eben woanders hin.

Immerhin hast du eine Diagnose, du bist also schon viel weiter als manche Andere hier.

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Wenn du nicht zur Psychiaterin gehst und die Diagnose nicht besprichst, dann kann sie dir auch keine Medikamente verschreiben. Vorher müsste man wissen, ob sie überhaupt ADHS Medikamente verschreibt. Das machen nicht alle. Einige arbeiten mit einem anderen Psychiater zusammen, zu dem die ADHS Leute hingeschickt werden.

Vielleicht hilft dir die zusätzliche kognitive Verhaltenstherapie dabei besser mit deiner Vergangenheit umzugehen oder solche Dinge, wie Ärztesuche anzugehen ohne dich selbst zu sabotieren und runter zu ziehen?

Ich nehme Ritalin und komme gut klar, wenn ich nicht zu viel nehme und gegen Abend die Dosen reduziere. Du weißt doch überhaupt nicht, ob und wie gut, also Nebenwirkungen, etwas bei dir wirken wird?

Ich weiß nicht, wie alt du jetzt bist. Aber wenn dir die Zeit davon läuft, was sollen dann andere sagen, die ein Leben lang gelitten haben und die Diagnose erst mit 40, 50 oder 60 Jahren bekommen haben? Es ist natürlich zu trauern, um die verlorene Zeit, aber man muss ja trotzdem weiter probieren das zu erreichen, was man haben will. Du machst doch gerade deine eigene selbsterfüllende Prophezeiung: du sagst, du wirst nie Stimulanzien bekommen und gehst dann nicht los, weil du sagst, dich wird keiner ernst nehmen.

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Sorry Dein Text ist mir zu lang. Ich bin nur da gerade hängen geblieben.
Geht mir an sich auch so, ich wollte aber einwerfen, dass die Therapie ja niemals ADHS heilen kann. Meistens geht es dabei eher darum, Strategieen zu lernen mit denen man mit den Symptomen besser umgehen kann oder all die Schäden aufzuarbeiten, die man erlitten hat, als man noch nichts vom ADHS wusste.
Da scheint bei Dir ja einiges los zu sein.
Aber ja, eine Therapie muss man wirklich wollen. Sonst geht´s nicht.

Ich bin überzeugt, dass man jegliche geistige Krankheite oder Entwicklungsstörung oder als was man ADHS nun bezeichnen mag durch ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Körper erklären kann.

Aber, dass Du dagegen ein Medikament bekommst, dass dich komplett „normal“ macht ist unwahrscheinlich denn jeder hat eine andere Hirnchemie und es gibt gerade mal drei Wirkstoffe, die für Erwachsene zugelassen sind.

Also hoffentlich hast Du Glück, dass die Medikamente bei Dir das Schlimmste beheben. Wenn nicht, solltest Du Dich nicht von Trotz davon abhalten lassen, Dir therapeutisch helfen zu lassen wenn Du das möchtest.

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„Ich kann nur denken, wenn ich 24/7 esse, masturbiere, Pornos schaue, Computerspiele spiele, dusche, Zug fahre, Musik höre oder andere absurde Dinge tue, die mich stimulieren.“…

Wow… das bin ich. Aber + Cannabis.
Ist es nicht eher so das wir das machen um nicht mehr soviel denken zu müssen?^^

Den Frust mit den Ärzten und der Inkompetenz dieser kann ich nachvollziehen. Es ist ein nicht endender Alptraum. Ich kann dir nur aus meiner Erfahrung einen Rat geben:
Setz nicht alle Hoffnung in Stimulanzien. Das hab ich auch gemacht und wurde tief enttäuscht. Medikinet wirkt 4-6 Stunden, Elvanse etwas länger und somit hilft das vielleicht einen Arbeitstag, wenn überhaupt, zu überstehen und das wars. Ich bin normalerweise auch sehr uninteressiert an Nebenwirkungen und ignoriere diese aber bei Elvanse hast du typische Amphe Nebenwirkungen was schon heftig ist. Dazu sowieso Toleranzentwicklung ( wenn ich so im inet lese) sodass alle nach 2-3 Jahren aufhören.

Habe noch niemanden gefunden der das wirklich 5-10Jahre+ nimmt und zufrieden ist…

Kein Plan… bin auch gerade hoffnungs und planlos -_-

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Noch eher: Dopaminmangel und Versuche, ihn auszugleichen.

Willkommen, @KagawaShinji. Danke für den ersten Beitrag. Vielleicht baust Du Dir kurz einen Vorstellungsthread. Dann gibt es etwas mehr Kontext zu Deinen Empfehlungen.

Wenn Foristen hier schreiben, dass sie gerade „sehr schwarz“ sehen und über abrupte Enden mit 112 im Nickname… Dann finde ich es schwierig, hier ohne Kontext zu antworten, auf was man eher nicht zuviel Hoffnung setzen soll.

Klingt für mich wie „Du siehst Dich kurz vor dem Abgrund. Ich bin schon einen Schritt weiter.“

Vielleicht schreibst Du auch noch, was denn die Alternative ist und was Hoffnung geben kann.

Mag meine Naivität sein, und vielleicht bist Du viel eher Rexons Bruder im Geiste. Auch super. Wir kennen Dich ja noch nicht.

Aber hoffnungslos kann eigentlich jeder alleine sein. Dazu brauchen wir kein Forum.

Kann bei Elvanse daran liegen, dass es noch keine 5 - 10 Jahre für Erwachsene zugelassen ist. Die Erfahrungsberichte wachsen mit der Einsatzdauer.

Was MPH angeht, gibt es durchaus erfahrene Veteranen im Forum, die lange Langzeiterfahrung haben. @Falschparker, ein Fall für Dich.

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Dein Beitrag ist völlig daneben… Anmaßend von vorne bis hinten. Schreib doch lieber wenn du was beizutragen hast ausser Provokationen.

Btw Elvanse ist in den USA seit 2007 zugelassen und es gibt mehr als nur dieses Forum.

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Anscheinend warst Du von Deinem Arzt schlecht beraten. Medikinet adult/retard kann man mehrmals am Tag nehmen (2-3 Mal) und so den ganzen Tag abdecken.

Außerdem gibt es noch andere Medikamente, die länger wirken. Concerta, Kinecteen und weitere Generika davon.

Ich nehme Elvanse und habe keine „typischen Amphe-Nebenwirkungen“. Wie äußern die sich denn? Ich habe abseits von Elvanse keine Erfahrung mit Amphetaminen.

Bei mir wirkt Elvanse ca. 10-11 Stunden. Und wenn das für meinen Tag nicht reicht, dann lege ich für den Rest des Tages eine kleine Dosis Medikinet retard nach.

Uff, mach mal langsam.
Wir sind hier nicht auf Reddit.
Hier haben langjährige Nutzer über Jahre eine gute Sensibilität für Krisensituationen entwickelt und sind aus diesem Grund zu Recht vorsichtig, wenn sich jemand derart hoffnungslos äußert. Man möchte hier aufeinander aufpassen und achtet auf die Menschen hinter dem Nickname.

Du wurdest begrüßt, dir wurde ein Raum geboten, es besteht Interesse an deiner Person und an deinen Erfahrungen (Vorstellung ist erwünscht) und es wurde auf dein Gesagtes sachlich eingegangen.
Ja, dieses Forum ist nicht das Einzige. Stimmt. Hier versammelt sich aber eine Menge Erfahrung und Fachwissen. Über Meinungen und Aussagen wird diskutiert. Wenn du Wissen aus dem amerikanischen Raum einbringen kannst ist das gern gesehen.

Es mag sein, dass deine persönlichen Erfahrungen mit Medikamenten nicht ideal waren. Das ist schade und leider nicht ungewöhnlich, da sich Ärzte noch zu wenig auskennen und es auch immer individuell zu erproben gilt, welches Medikament in welcher Dosis beim jeweiligen Individuum wirkt.
Und es stimmt auch, dass man nebst Medikamenten auch andere Therapieformen anwenden sollte. Damit hast du recht.

Elementary direkt so anzugehen erschließt sich mir nicht.
Gib dir und den Menschen hier erstmal eine Chance, sich gegenseitig kennen zu lernen.

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Oder wenn man nichts fühlen will.
(Zumindest nicht das fühlen und denken, was der Körper einem gerade versetzt)

Dass man MPH mehrmals am Tag nimmt ist ja eher Normalfall als Ausnahme. Ich lese hier ja sogar, dass bei Concerta und Elvanse später am Tag noch anderes MPH dazu genommen wird, weil das andere nicht lang genug reicht. Ich weiß nicht, wo das Problem liegt? Wenn etwas schon 6 h wirkt, ist es ja schon total prima! Ein sehr guter Schritt in die richtige Richtung.

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Nun, ich habe über ADxS eine Ärzteliste angefodert mit Ärzten in meiner Nähe. So bin ich an einen Arzt gelangt, Dr. Hessel in Düsseldorf, welcher mir einen Termin am nächsten Tag anbot, da jemand abgesprungen ist.

Prompt bin ich dorthingegangen. Nach einem Gespräch, welches einem klinischen Interview im Ultra-Kurzdurchlauf entsprach, und dem erneuten Ausfüllen eines Fragebogens zur Symptomatik im Erwachsenenalter, und im Kindesalter, meinte der Arzt zusammen mit vorherigem ADHS-Gutachten „Sie haben ADHS. Was denn sonst?“.

Er hat mich gefragt „Für wie lange am Tag brauchen Sie Medikamente?“. Was für eine Frage. Für immer? Habe ich natürlich nicht gesagt. Ich habe gesagt, von morgens bis abends. So verschrieb er mit Elvanse 30mg.

Die Tatsache, dass er mir Elvanse verschrieb, obwohl ich noch nie zuvor ADHS-Medikamente genommen habe (das habe ich ihm natürlich gesagt) zeigt: Er hat mir in meiner Symptom-Schilderung vertraut, in der Schwere, die ich beschrieb.

Elvanse löst die genau Symptome, unter denen ich am stärksten leide:

  1. ADHS
  2. Cognitive disengagement syndrome
  3. Binge Eating

Insbesondere Binge Eating betreibe ich sehr stark. Ich kann 1 Kilogramm Müsli auf einmal essen und fühle mich nicht satt. Ich esse einfach nur wegen des Dopamins wegen. Wenn ich wach bin, lebe ich quasi nur des Essens wegen und bin immer vorfreudig auf die nächste Mahlzeit. Das ist anscheinend nicht normal.

Seit gestern nahm ich Elvanse und alle obrigen Symptome sind weg. Natürlich. Ich fühle mich so, wie ich glaube, es anfühlt normal denken zu können. Ich fühle mich nicht aufgeputscht. Ich fühle mich nicht high. Ich fühle mich normal. Es fühlt sich so an, als könnte ich zum ersten Mal in meinem Leben meine Gedanken aktiv steuern, ohne externe Stimulation zu benötigen.

Ich habe jetzt die Bestätigung: Ich bin nicht charakterschwach, da meine bizarren Verhaltensweisen nicht aktiv Ich-gesteuert sind, nicht Resultat eines aktiven Denk-Prozesses.

Und genau deswegen brauche ich keine Therapie. Therapie ist da, um den Charakter, das Ich zu behandeln, das was man denkt. Nur, wenn man Probleme mit dem wie hat, braucht man Medikamente. Denn das Ich selbst, kann man nicht durch das Ich ändern.

Ich fühle mich normal, die Art und Weise, wie ich denke, ist jetzt normal. Mehr wollte ich doch gar nicht. Es erschien mir eigentlich schon immer trivial, dass, wenn man nur durch externe Stimulation normal denken kann, man medikamentöse Stimulation braucht.

Ich habe deswegen nie verstanden, warum ich immer dazu gedrängt wurde, mein Ich, meinen Charakter zu therapieren. Es schien so absurd. Es ist so, zu sagen: „Wenn Sie die Matheaufgaben nicht lösen können, versuchen Sie es doch einfach mal nach Gefühl?“

Was ich auch noch weiß: Mit logischem Denken kann man alle Probleme lösen. Ich habe nicht an Unlogik geglaubt, an Charakterschwäche als Problem, wenn ich noch nie charakterschwach war. Mein Abitur habe ich mit 1,0 bestanden. Bin ich ernsthaft faul, ohne Selbstdisziplin, Organisationsfähigkeit nach so einer Leistung? Nein.

So wusste ich, ich habe ein Problem im Denken außerhalb meines Einflusses, eine Stufe tiefer, im wie. Und, ich habe logisch geschlussfolgert, wenn man die Ursache löst, verschwinden die Symptome. So war es.

Also jetzt kann ich normal denken. Natürlich kann ich das, da das Medikament genau das Problem addressiert, von dem ich wusste, es das Problem ist. Dopamin-Dysregulation biblischen Ausmaßes. Wenn mir irgendjemand auch nur früher zugehört hätte. Aber nein, ich bin ja charakterschwach. Natürlich. Der 1,0er Abiturient ist ist faul, ohne Selbstdiziplin, charakterschwach. Klar /s!

Das Problem ist, was ich jetzt im Nachhinein weiß: Man kann sich nicht vorstellen, anders zu denken. Deswegen hat mich niemand verstanden. Wenn alle deine Handlungen Resultat eines aktiven Denkprozesses sind, kannst du dir nicht vorstellen, wie es ist, wenn du Dinge tust, die nicht Resultat eines aktiven Denkprozesses sind. Es ist so, sich vorzustellen, blind zu sein. Es funktioniert nicht.

Und, da normale Menschen Dinge nur tun als Resultat eines aktiven Denkprozesses, gehen sie davon aus, das trifft auch auf mich zu: Sie denken also: Jede meiner Handlungen ist Resultat des Ichs, eines aktiven Denkens. Ein Trugschluss, und so wird mir Charakterschwäche attribuiert, die ich nicht habe.

Ich weiß, Charakterschwäche lässt sich in der Tat durch Therapie lösen. Ich bin zum Beispiel sozial inkompetent. Da weiß ich, das bin Ich, das ist nicht mein Gehirn, das bin Ich, als virtuelle Entität, die sich so verhält. Und das was man denkt, was man tut, kann man ändern. Man muss es nur trainieren.

Nur, bei ADHS weiß ich halt, es ist keine Charakterschwäche. Es tut mir ja wirklich Leid. Aber ich werde keine Behandlung für Dinge tun, von denen ich weiß, sie sind nicht die Ursache. Ich will die Ursache selbst lösen, immer, da es das einzig rational richtige ist. Ja, klar, kann ich Therapie tun, um zu lernen, wie man mit ADHS umgeht. Nur, das weiß ich bereits, wie man mit ADHS umgeht, sonst hätte ich nicht mein Abitur mit 1,0 geschafft. Was ich möchte, ist es, die Ursache zu beheben, unabhängig von meinen Coping-Strategien, sodass diese effektiver und nicht mehr ständig angewendet werden müssen, und das habe ich jetzt geschafft.

Mein Gehirn fühlt sich jetzt so an, als arbeitet es für mich. Nicht gegen mich. ADHS fühlt sich so an, wie ein schreiendes Baby, welches rund um die Uhr so laut schreit, dass mein Logik-Modul in meinem Gehirn kaputt geht. Wie soll man das denn durch Therapie lösen, bitte? Ergibt keinen Sinn. Mittels ADHS-Medikamente wird das schreiende Baby zum Schweigen gebracht, und mein Logik-Modul funktioniert wieder.

Wenn man weiß, man denkt anders, aber man es keinem erklären kann, weil es keiner versteht, dann ist das sehr isolierend. Man weiß, man hat Recht, aber man kann es keiner anderen Person erklären. Man kann nur hoffen, dass irgendwann jemand kommt und mir einfach vertraut, wie jetzt geschehen. Ein sehr ätzender Prozess, wenn man nicht nur glaubt, alles besser zu wissen, sondern weiß, basierend auf logischer Schlussfolgerung, alles besser zu wissen. Denn Logik ist wahr, oder nicht, und kein anderer Mensch kann sagen „1+1=2“. Und Logisches Denken hat mir das Selbstvertrauen gegeben, die einzig korrekte Lösung für die Ursache zu finden, und zu lösen.

Ganz einfach, eigentlich.

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Und wenn irgendwann Elvanse nicht mehr wirkt, so what? Dann wird sich auch eine Lösung finden lassen, Medikament wechseln etc. Ich weiß schon: Ohne Medikamente werde ich niemals auskommen, dafür ist mein Gehirn zu gestört. Und wenn am Ende nichts mehr wirkt und ich bei Antidepressiva lande, die mein gesamtes Gehirn lähmen.

Aber eines werde ich nicht mehr mit mir machen lassen: Ich werde mir nicht Charakterschwächen attribuieren lassen, die ich nicht habe. Das ist entmenschlichend. Mir wird eine Realität, eine Selbstwahrnehmung durch eine andere Person abgesprochen, so, als würde es mich nicht geben. Lieber nehme ich Medikamente, bis ich nicht mehr denken kann, als mich entmenschlichen zu lassen. Das ist meine Entscheidung, und ich habe ein Recht dazu, nicht entmenschlicht zu werden.

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Es gibt wunderschöne Schwarz.

Die einzige Garantie dafür, dass es dunkel bleibt, ist, sich nicht zu bewegen.
Auch wenn das total verlockend klingt, nach all den Erfahrungen.

Während du kein Licht siehst, könntest du das unmögliche probieren.
Nur so aus Zeitvertreib, ohne Anspruch auf Erfüllung.
Vielleicht stößt du aus Versehen an eine Lichtschalter.

Ich drück dir alle Daumen.

Du kannst bei ADxS.org Adressen von Ärzten und Therapeuten mit Bezug zum Thema ADHS anfordern, sofern du zusagst, deine eigenen Erfahrungen mit den von dir kontaktierten Adressen später zurückzugeben.
ADxS führt über 34.000 Adressen in Deutschland (von rund 2.500 wissen wir, dass sie ADHS behandeln oder diagnostizieren; die weiteren 31.500 könnten dies anhand ihrer Fachrichtung tun). Daneben führen wir mehr als 800 Adressen in Österreich und knapp 300 Adressen in der Schweiz, die ADHS behandeln oder diagnostizieren.

Du musst dort eine existierende PLZ angeben, dann bekommst du die 90 nächstgelegenen Adressen zugemailt.

Hier ist der Link zur Anleitung:

Viel Erfolg :slight_smile:

Das Schwarzsehen war 9 Tage nach dem Beitrag vorbei :adxs_zwinker::

Das ist Deine Erfahrung Therapie? Kein Wunder, dass Du Dich mit Händen und Füßen dagegen wehrst.

Nichts von dem, was Du schreibst, erlebe ich in meiner Therapie. Ganz im Gegenteil. Mir wird immer bestätigt, dass meine Wahrnehmung das Entscheidende für mich ist - egal, wie andere das bewerten.

Weder ADHS noch meine anderen Probleme wurden in der Therapie jemals als Charakterschwäche ausgelegt. Das passiert(e) eher durch andere Personen im Alltag „Hab Dich nicht so“, „Stell Dich nicht so an“, „Reiß dich mal zusammen“…

Meine Therapeutin arbeitet mit mir gemeinsam. Ich muss nichts tun, was ich nicht will oder womit ich mich unwohl fühle. Sie hat noch nie negativ reagiert oder mich zu irgendwas gedrängt. Sie ist auch nicht beleidigt, wenn ich zu bestimmten Themen (momentan) keine Hilfe von ihr will. Es ist meine Therapie, mit der ich etwas erreichen möchte und nicht ihre Therapie, mit dem Ziel, mich nach ihren Vorstellungen „gesellschaftsfähig“ zu „optimieren“.

Ich möchte Dir mit meinem Beitrag keinesfalls Deine Wahrnehmung absprechen, sondern nur verdeutlichen, dass Therapie nicht zwangsläufig immer so sein muss, wie du es schilderst. Auch unter Therapeuten gibt es halt gute und schlechte.

Und natürlich hat jeder Mensch das Recht, selbst zu entscheiden, ob er eine Therapie machen möchte oder nicht.

Ich wünsche Dir viel Erfolg mit den Medis und dass Deine Erwartung an die Medikation nicht zu sehr von der Realität abweicht. :four_leaf_clover:

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