Hallo,
Ich habe eine Frage. Ich war heute bei einem Psychiater und der meinte, dass meine Symptome alle für ADHS sprechen und ich in einer Klinik, die er mir empfohlen hat, eine Testung machen soll. Er meinte ich soll dazu meine Grundschulzeugnisse mitnehmen, die ich daraufhin gesucht habe. Darin steht allerdings „sehr konzentriert, ausdauernd, selbstständig, pflichtbewusst, bereit sich anzustrengen, auf ihr Gedächtnis kann sie sich verlassen, sie löst komplexe mathematische Aufgaben, ist durch ihr ausgeglichene Art beliebt“ … also eigentlich alles was nicht dafür spricht… ich habe gedacht, dass es endlich Sinn ergibt, warum ich so bin, aber dadurch ist es ja jetzt komplett ausgeschlossen, dass sie es diagnostizieren, wenn da das komplette Gegenteil steht ?
Meine Probleme haben erst am Gymnasium angefangen, so in der 7. Klasse und es wurde immer schlimmer… aber vielleicht war es auch eine Depression, da mein Papa Alkoholiker ist, vielleicht war der Leistungsabfall auch deshalb. Ich war auf jeden Fall früher super motiviert in der Schule, konnte alles auswendig und habe alles super hinbekommen und dann kam der Cut, ab da war ich das Gegenteil und die Symptome zogen sich durch die Schule, Uni, Arbeit etc. was ich alles nur irgendwie mit viel Chaos hinbekommen hab. Der Psychiater meinte das sind aber seiner Meinung nach viele ADHS Symptome, vielleicht haben sie sich aber auch durch eine Depression entwickelt, ich weiß es nicht. Für mich würde ADHS mehr Sinn ergeben, aber das wird ja wie gesagt jetzt sicher ausgeschlossen werden…
Hi @Manu_1234 und herzlich willkommen!
Wie sah es denn mit Hausaufgaben in Deiner Grundschulzeit aus? Regelmäßig gemacht oder öfter vergessen?
Hast Du oft Sachen verbummelt (Schlüssel, Brotbox, Füller…),
oft was liegen lassen/vergessen (Jacke, Regenschirm, Sportbeutel…)?
Es ist auch nicht auszuschließen, dass Du Dich in der Schule wohler gefühlt hast als mit Deinem Vater zu Hause und deswegen in der Schule „aufgeblüht“ bist und Dich außerdem besonders angestrengt hast, um nicht negativ aufzufallen.
Ein alkoholkranker Elternteil ist für ein Kind auch ein Stigma. Als Kind schämt man sich dafür und möchte nicht, dass es jemand weiß. Wenn Du Dich in der Schule anstrengst und Dein Bestes gibt, kommt niemand auf den Gedanken, dass bei Dir zu Hause was „nicht stimmt“.
Lies mal ein bisschen hier im Forum. Vielleicht fallen Dir noch andere Dinge -abseits von Schule- in Deiner Kindheit auf, die auf ADHS hin deuten.
Hallo,
Danke für deine ausführliche Antwort!
Also jetzt gehören so Sachen zum Alltag dazu, früher kann ich mich leider nicht mehr erinnern, wie das in der Grundschulzeit war… Also das mit den Sachen verlegen.
Hausaufgaben habe ich aber immer sehr sauber gemacht und war da extrem perfektionistisch.
Das ist ein sehr guter Gedanke von dir !
Ich dachte nur, dass ich das Alkoholproblem erst später wahrgenommen habe, bin mir aber auch da nicht mehr 100 prozentig sicher.
Vielen lieben Dank! Ich schaue mich mal weiter um. Aber die wirklich konkrete Formulierung von gegenteiligen Eigenschaften verunsichert mich jz sehr…
Hoi
Da erging es dir wie mir. Die „unauffällige“ Kindheit macht mich auch ziemlich unsicher, was die Diagnose angeht. Eigentlich habe ich jetzt ein Gesamtpaket an Symptomen, die dafür sprechen. Aber die Grundschulzeugnisse sagen was anderes. Ich muss aber auch sagen, in meinen Zeugnissen stehen keine Bewertungen vom Verhalten. Das war bei uns nicht üblich. Aber die ersten 4 Klassen habe ich immer mit Auszeichnung abgeschlossen. Mir ist irgendwie alles quasi zugeflogen.
Ich war ein typisches braves Mädchen. Und als Mädchen dürfte man in der ehem. Sowjetunion eh nicht aus der Reihe tanzen. Und in der Schule schon gar nicht. Wenn man etwas vergessen hat oder zu spät kam, wurde man vor der ganzen Klasse blossgestellt. Woran ich mich aber erinnern kann…Meine Stifte waren bis zur Unkenntlichkeit zerkaut, die Radiergummis mit Stiften durchlöchert, meine Hände waren immer angemalt, weil mir wahrscheinlich langweilig war. Einmal hatten wir eine Aufgabe bekommen, die über mehrere Wochen ging. Und zwar sollten wir jeden Morgen Aussentemperatur und die Windrichtung notieren. Rate mal, wer nach zwei Tagen das nicht mehr gemacht hat? Ich habe mir dann direkt im Unterricht irgendwelche Werte ausgedacht oder von anderen abgeschrieben. Also irgendwie durchgemogelt. Oder Hausaufgaben in der Pause gemacht. Ich glaub, einmal hat man mich dabei erwischt und richtig blossgestellt, weil man sowas von mir absolut nicht gewohnt war.
Zu Hause war Aufräumen und Geschirrabspülen immer ein Horror, seit ich denken kann. Manchmal überkam mich die Motivation, endlich alles richtig und rechtzeitig zu machen, nach wenigen Tagen war der Spuk vorbei. Einnässen und Zähneknirschen in der Nacht, zum Teil in einer Fantasiewelt gelebt, wo ich beliebt, schlau, schön etc. war. Spricht vielleicht auch irgendwie dafür, dass man sich schon als Kind nicht als gut genug wahrgenommen hat.
Was ich damit sagen will, auch wenn die Zeugnisse vielleicht das komplette Gegenteil zeigen, versuch mal, dich an solche Sachen zu erinnern. Vielleicht ergibt das dann ein klares Bild. Obwohl, wenn ich gerade meine Symptome so sehe, denke ich, vielleicht ist es doch nicht ADHS, sondern meine scheiss Kindheit. Mutter verstorben, als ich noch nicht mal zwei war, Vater zum teil heftig getrunken, aggressiv gewesen, Stiefmutter/Stiefschwester, die man nicht mal seinen Feinden wünschen würde, etc. Und meine Probleme haben wie bei dir, auch erst später angefangen. Aber vielleicht ist es so, dass man sich einfach nicht mehr daran erinnern kann.
Lieben Gruss
Unauffällige Zeugnisse heißen nicht, dass man kein ADHS hat. Wenn man, gerade als Mädchen/Frau, sehr gut maskierte, kam man gut durch.
Die Frage ist eher, was hat es gekostet zu maskieren? Wie sehr erschöpfte einen der Schultag?
Fragt Euch, ob ihr nach der Schule extrem erschöpft wart, erst einmal viel Ruhe brauchtet, im Unterricht gekitzelt habt, oder häufiger aus dem Fenster geschaut, …
Andere Zeichen für Hyperaktivität sind z.B. herumrutschen auf dem Stuhl, knibbeln an der Lippe, zupfen am Ohr, Haarsträhnen eindrehen, spielen an Ketten, oder rasende Gedanken, Wippen mit dem Fuß, Spielen mit den Fingern, irgendwas immer in Bewegung und wenn diese Bewegung auch nur sehr subtil ist, u.v.m.
Wie war die Schlafqualität? Ein Schlafprobleme, Durchschlafprobleme?
Ich habe immer schon schlecht geschlafen, auch als Kind, meine Gedanken sind nicht zu bremsen, waren es nie.
In den USA geht man inzwischen davon aus, dass erste Symptome auch erst ab ca. 12 auftreten können.
Und immer bedenken, Frauen werden mit ihren Symptomen nicht so ernst genommen, wie Männer, und neigen zudem noch dazu ihre eigenen Symptome herunterzuspielen.
Liebe Grüße
Igel
Herzlich willkommen @Manu_1234
Zeugnisse konnte ich nicht mehr vorweisen, aber es waren ohnehin viele Dinge, die abseits dessen passierten.
Mir fallen heute noch, fast ein Jahr nach Diagnose Dinge auf, die mir passiert sind, die ich aber gar nicht erwähnt habe, allein aus Unwissenheit.
Ich notiere mir heute noch Sachen, einfach auch, um mich besser zu verstehen, das ich Dinge gemacht habe, aufgrund von…
Fingernägel kauen, ganz lange - ganz schlimm, dann lese ich hier, das es anderen ähnlich erging, ich kannte damals niemanden, der/die so hässliche Hände hatte, wie ich…
Und solche Angelegenheiten tauchen in keinem Zeugnis auf, darüber spricht man auch nicht…
Hattest Du in der Grundschule Freunde/Freundinnen?
Warst Du öfter bei denen zum Spielen oder sie öfter bei Dir?
Du hast andere Eltern erlebt. Andere Väter erlebt. Du hast garantiert wahrgenommen, dass Dein Vater anders ist - auch wenn Du noch nicht benennen konntest, warum und es Dir vielleicht nicht mal bewusst war.
Und jetzt mal weitergedacht: ADHS ist erblich. Suchterkrankungen kommen bei ADHSlern häufig vor („Selbsttherapie“). Vielleicht war die Alkoholsucht Deines Vaters auch Folge unbehandelter ADHS?
Oh ja!
Ich habe sogar in Loch hinten in meinen Füller genagt.
Aber sowas von…
Hat bei mir angefangen als ich die ersten 4 (!) Zähne hatte. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Knirscherschienen ich im Laufe der Jahre kaputtgeknirscht habe. Die erste hat keine zwei Wochen gehalten. Irgendwann habe ich das mit den Schienen aufgegeben…
Oder beides. Auch keine Seltenheit.
Blockzitat Ich habe sogar in Loch hinten in meinen Füller genagt.
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Mikroplastik lässt grüssen Das mache ich ab und zu immer noch, wenn ich alleine bin. Aber auch ansonsten gibt es bei mir keinen einzigen Stift, bei dem nicht irgendwas abgebrochen ist. Mein Hände brauchen Beschäftigung. Stifte, Haare, im Gesicht fummeln, an der Kleidung spielen…
Wegen Abspülen und Aufräumen: Meine Studentenbude war immer nur dann sauber, wenn Besuch anstand. Mittlerweile nehme ich mir keine Wohnung ohne Geschirrspüler. Und seit kurzem habe ich einen Roboterstaubsauger. Was für Erleichterung.
Blockzitat Hat bei mir angefangen als ich die ersten 4 (!) Zähne hatte. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Knirscherschienen ich im Laufe der Jahre kaputtgeknirscht habe. Die erste hat keine zwei Wochen gehalten.
Irgendwann habe ich das mit den Schienen aufgegeben…
ich habe mir eine letztes Jahr anfertigen lassen, weil ich fest vorgehabt habe, sie auch zu tragen. Beim Vorhaben ist es auch geblieben.
Blockzitat Oder beides. Auch keine Seltenheit.
ja, ich habe auch schon dran gedacht, dass mein Vater und mein Bruder das auch haben könnten. Da gäbe es einige Anzeichen. Aber auch auf meinen Onkel und meine Cousine würde es super passen. Da sage ich nur „Happy family“. Einer durchgeknallter als der andere. Aber ich bin die einzige, die den Mut hat, zu sagen, dass etwas nicht stimmt. Aber ich war ja schon immer die ausserirdische