ADHS Medikation bei MCAS - Erfahrungen gesucht!

Hallo!

Verzeiht wenn ich ohne Vorstellung einfach loslege.

Ich (Mitte 30, derzeit noch Student) habe letztes Jahr die ADHS Diagnose erhalten und im Zuge dessen, ganz klassisch, auch mit Medikamenten (Medikinet, nach der Eindosierung 2 x 20 mg pro Tag) begonnen. Schon davor hatte ich Probleme mit der Verträglichkeit von Histamin im Essen, mit den Medikamenten haben sich die Symptome leider verschlimmert. Ein Psychiater meinte, das sei leider eine bekannte Nebenwirkung bei allen Stimulanzien.

Nun hatte ich also pro Woche mindestens einmal starke Bauchkrämpfe als Hauptsymptom und weitere Symptome, die sich nur mit massiv Schmerzmitteln behandeln ließen und nach etwa sechs Monaten täglich Medikinet in oben genannter Dosis auch schlechte Leberwerte im Blut. Sport war zeitweise unmöglich, weil es die Symptome noch verschlimmert hat.

Der Psychiater hat mir dann ein Rezept für Elvanse 30 mg ausgestellt, weil wir testen wollten, ob das besser verträglich ist. Schon deshalb weil man es nur einmal am Tag nehmen muss und die Belastung dadurch geringer sein könnte für den Körper. Das hat leider nicht funktioniert, die Symptome sind gleich geblieben.

Daraufhin habe ich die ADHS-Medikation nach Rücksprache mit dem Arzt im Februar abgesetzt. Wir wollten schauen, ob sich die Symptome bessern und die Leberwerte besser werden.

Im Frühjahr wurde mir nun ein Mastzellen-Aktivierungs-Syndrom diagnostiziert (ich hatte noch weitere Symptome, die dafür typisch waren). Ein Versuch medikamentöser Behandlung steht noch aus, dazu habe ich noch einen Termin. Grundsätzlich ist MCAS aber nicht heilbar, man kann nur damit leben lernen.

Die Symptome der MCAS haben sich jedenfalls gebessert ohne Medikamente, das merke ich deutlich. Zumindest die körperlichen, die psychischen (Müdigkeit, depressive Episoden, Ängste…) waren unter ADHS Medikation besser.
Leberwert-Kontrolle steht noch aus.

Jetzt lebe ich seit drei Monaten ohne ADHS-Medikation. Aber ganz langsam geht mir die Belastung an die Grenze. Natürlich habe ich vorher auch über dreißig Jahre ohne Medikamente gelebt, und natürlich geht das auch jetzt, keine Frage. Ich möchte da gar nicht jammern. Trotzdem interessieren mich andere Erfahrungen von MCAS-Betroffenen mit ADHS: wie geht ihr damit um? Nehmt ihr Medikamente?

Ich bin ehrlich: am liebsten würde ich es ohne ADHS Medikation schaffen. Ich habe noch Reste von der Packung Zuhause, weil ich sowohl Medikinet als auch Elvanse mitten während dem Aufbrauchen der Packung abgesetzt habe. Deshalb lauert die Versuchung immerim Hintergrund… ich möchte aber weder die MCAS verschlimmern noch mich selbst zu sehr von Medikamenten abhängig machen.

Ich würde mich wirklich über Austausch freuen, weil ich aktuell ziemlich ratlos bin wie das nun weitergehen könnte. Gerade stehen Bewerbungen für eine Arbeitsstelle an und ich habe keine Ahnung wie ich die Belastung einer Stelle schaffen soll.

LG

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Ich kann nicht aus Erfahrung berichten, ich habe nur gelesen, dass Guanfacin wohl u. U. einen positiven Effekt auf MCAS haben kann. Und ein ADHS-Medikament ist es auch, wenn natürlich offiziell eher 3. statt 1. Wahl. Und in D muss man es glaub ich selber zahlen :neutral_face: aber vielleicht willst du dich da mal einlesen, auch hier findet man englischsprachig mehr dazu als auf deutsch.

Danke für die Anregung!
Ich habe bisher nur die Infos zu Guanfacin auf der ADxS Webseite gelesen und das klang ganz vielversprechend. Ich werde es beim Psychiater mal ansprechen.

Im Laufe meiner Recherche zum Thema MCAS habe ich sogar schon gehofft, die ADHS wäre ein Fehldiagnose, die aus den Symptomen der Mastzellen-Erkrankung resulierte. Da die ADHS Symptome allerdings bereits seit meiner Kindheit nachweislich vorliegen, schließe ich das leider aus. Die Diagnostik lief natürlich nach den gängigen Standards ab, was Fehler nicht ausschließt, aber eine MCAS seit meiner Kindheit halte dann doch für unwahrscheinlich.

Es gibt allerdings wirklich viele Symptome, die sehr ähnlich sind und sich teils sogar überschneiden.

Jedenfalls möchte ich gerne ohne Medikamente auskommen und muss im Zuge dessen für eine künftige Arbeitsstellte Strategien zur Kompensation der ADHS (und auch der MCAS) lernen, insbesondere Maskieren. Ich hoffe, das klappt. Therapie wird da hoffentlich unterstützen.

LG

Es gibt bestimmt Symptome, die sich überschneiden, ja. Aber wie du richtig sagst, wenn du adhs schon in der Kindheit hattest, war das vmtl. zuerst da. Es gibt ja auch ein deutlich höheres Risiko für gewisse Komorbiditaeten, wenn adhs vorliegt, also auch für die Entwicklung derselben später im Leben.

Darf ich fragen, warum du ohne Medikamente auskommen willst?

Ich glaube manchmal - das ist aber nur mein Verdacht und keine wissenschaftlich gesicherte Theorie - dass der Stress durch dauerhaft unbehandeltes ADHS den Körper auf physiologischer Ebene u. U. sogar anfälliger für Folgeerkrankungen macht. Das würde zumindest viel erklären :see_no_evil:

Therapie- und Copingstrategien können sehr hilfreich sein, je nach Einzelfall ist Das Gehirn ohne medikamentöse Unterstützung aber gar nicht wirklich in der Lage, diese überhaupt umzusetzen.

Egal wie du dich entscheidest wünsche ich dir jedenfalls alles Gute :four_leaf_clover:

Danke!

Ich hatte nur die Symptome der ADHS seit meiner Kindheit, diagnostiziert wurde es damals nicht. Das wollte ich eben nochmal klarer ausdrücken, weil es die Möglichkeit einer Fehldiagnose unterstreicht. Ich habe bisher allerdings nichts zum Auftreten einer MCAS in der Kindheit gefunden. Die Beschreibung der Krankheit an sich ist ohnehin noch sehr neu und unbekannt.

Deine Theorie, dass ein unbehandeltes ADHS Folgekrankheiten begünstigt, kann durchaus korrekt sein, stimmt.

Ich möchte ohne Medikamente auskommen, weil ich sie 1. sehr schlecht vertrage (wie gesagt, Alternativen muss ich besprechen, aber Stimulanzien lösen starke Nebenwirkungen aus), 2. ohnehin mein Leben lang ohne ausgekommen bin, und 3. innerhalb der Arbeit keine Medikamente nehmen möchte. Mein Arbeitsplatz wird ein Büro sein und das wird eine Herausforderung dort ordentlich und still zu sitzen, keine Kopfhörer zu benutzen, soziale Interaktionen zu fälschen (Smalltalk halt) und so weiter und meine Arbeit zu schaffen. Aber ich hoffe, mit den entsprechenden Strategien geht das.

LG

Ich habe unter „ohne Medikamente“ was anderes verstanden, „ohne Stimulanzien“ ist ja doch nochmal eine eigene Kategorie, da gibt es dann ja noch Alternativen (die man dann auch nicht tagsüber während der Arbeitszeit nehmen muss), so wie eben Guanfacin. Manche Betroffene kommen z. B. auch mit „nur Stimulanzien“ nicht gut zurecht, mit einer Kombination dann aber schon.

Schau gut auf dich, das möcht ich dir nur mitgeben. Und falls du Guanfacin mal ausprobiert, fände ich es toll, wenn du mal berichtest, auch bzgl. MCAS :slightly_smiling_face:

Moin moin KiwiSam! Du hast mein ganzes Mitgefühl, weil ich in einer ähnlichen Situation bin. Der einzige Vorteil bei mir ist, daß ich schon 62 bin und nicht mehr arbeiten muß, weil ich seit 7 Jahren eine Erwerbsminderungsrente beziehe. Habe zwar auch schon seit 7 Jahren die Diagnose ADHS (die leider von niemandem ernst genommen wurde, auch von mir selber nicht ;-)),konnte aber nicht mehr arbeiten aufgrund diverser Komorbiditäten wie Depressionen, chronische Schmerzen, etc.) In der Coronazeit haben sich die ADHS-Symptome bei mir derartig verstärkt, daß ich auch selbst endlich anerkennen mußte, daß ich ADHS habe. Ich bin zu 100% davon überzeugt, dass die Symptomverstärkung irgendwie mit Covid/oder Impfung (davon hatte ich 4) zu tun hat. (Und ich bin KEIN Impfgegner und betreibe KEIN Impfbaching und bin auch keine Anhängerin von diffusen Verschwörungstheorien!) Gleichzeitig mit den ADHS-Symptomen (totale Verpeiltheit, nichts in Angriff nehmen können, sich auf fast nichts konzentrieren können, Chaos um mich herum (obwohl ich seit ca 3-4 Jahrenkeine Depressionen mehr habe), nichts wegschaffen können im Alltag, …) begannen vor ca 2 Jahren auch starke Allergiesymptome auf Nahrungsmittel bei mir. Daraufhin bekam ich eine Überweisung in’s UKSH Lübeck zur Mastzytose-Sprechstunde. Und nun komm ich zum eigentlichen Punkt :wink: : Dort wurde vor einem halben Jahr bei mir eine HAT (Hereditäre alpha-Tryptasämie) diagnostiziert (liegt im ähnlichen Bereich wie MCAS). Ich bekam hochgradig auf Langzeitbehandlung desloratadin verschrieben, was auch über die Monate Wirkung gezeigt hat, und soll mich histaminarm ernähren. Meine ganzen Beschwerden seit meiner Kindheit (Reizdarm, Fibromyalgie, Kopfschmerzen, Migräne,Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, sogar ADHS), sollen aufgrund dieser angeborenen genetischen Disposition entstanden und gewachsen sein.
Jetzt hab ich endlich mal eine klare Diagnose. Alles schön und gut, wenn da nicht diese Unverträglichkeit von MPH/AMP wäre. Ich habe diese ca 4 Wochen ausprobiert und war so unglaublich glücklich, endlich mal Dinge in Angriff nehmen zu können, wieder Antrieb zu haben, meinen Haushalt mal wieder auf die Reihe zu bekommen und auch deutlich weniger chronische Schmerzen zu haben, Menschen nicht mehr zu meiden, weil ich mich auf einmal ganz entspannt mit ihnen unterhalten konnte. Ich dachte, jetzt wird endlich alles gut. Aber dann setzten zunehmend Herzrhythmusstörungen und starke Bauchschmerzen ein. Mittlerweile ist mir klar geworden, dass MPH/AMP die Histaminproduktion ordentlich ankurbeln, was natürlich bei MCAS/HAT/Mastozytose etc. kontraproduktiv ist. Also mußte ich die Tabletten auch wieder weglassen und mich damit abfinden, dass ich mit den wiederkehrenden Symptomen irgendwie wohl leben muss, was noch schwerer ist, wenn man mal die andere Seite kennengelernt hat. Nach anfänglichem Frust und großer Traurigkeit hab ich jetzt beschlossen, Guanfacin nochmal auszuprobieren. Ansonsten bin ich seit kurzem in einer ADHS Selbsthilfegruppe für Erwachsene, was auch einige Erkenntnisse bringt, weil auch dort Menschen sind, die aus verschiedenen Gründen kein MPH/AMP nehmen können. Einen Tipp dort werde ich auf jeden Fall in Angriff nehmen. Und zwar Ergotherapie in einer Praxis, die auf Erwachsenen ADHS spezialisiert ist. Dort kann man vielleicht lernen, wie man ADHS im Alltag, auch im Berufsalltag besser integrieren kann. Und noch eins habe ich in der Selbsthilfegruppe gelernt: das mir Menschen mit einer grundlegenden Negativhaltung total gegen den Strich gehen. Egal was für Tipps man hat, „das bringt bei mir nichts, hab ich alles schon probiert, etc. …“ Wenn man derartig blockiert, ist man in einer Selbsthilfegruppe echt verkehrt. Wenn irgendwas nicht funktioniert, kann man das sagen, aber dann weiter nach anderen Möglichkeiten suchen. Bei mir kommt Chaos,Antriebslosigkeit, Desorganisation, Verpeiltheit und leider auch die Schmerzen wieder volle Pulle zurück. Aber ich bin grad dabei, meinen wenig hilfreichen Frust darüber wegzuschieben, in die Akzeptanz zu gehen und nach anderen Möglichkeiten zu suchen. z.B. Ergotherapie, wie gesagt „Akzeptan“ und dann mal sehen, was ich in der Selbsthilfegruppe noch erfahren kann, was mich weiter bringt. Das ist jetz ein verdammt langer Text geworden, und ich hoffe, dass du es durchgehalten hast, ihn bis zuende zu lesen. Künftig werde ich mich kürzer halten, möchte aber gerne im Austausch bleiben bzgl MCAS + ADHS und Therapiemöglichkeiten. z.B. Erfahrung mit Guanfacin. Wenn ich das nehme, werde ich auch berichten. Erstmal ganz liebe Grüße, nicht aufgeben weiter zu suchen und viel Erfolg dabei !!!

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ach und eins noch. Ich habe zwar auch noch nichts vom Auftreten einer MCAS in der Kindheit gehört, aber HAT z.B. ist erblich bedingt und das könnte ich mir bei MCAS ähnlich vorstellen. Die deftigen Symptome sind bei mir ja auch erst in der Coronazeit aufgetreten. Sowohl die von der HAT, als auch die von der ADHS. Also hattest du es evtl. auch schon immer im „Untergrund“, ohne es zu wissen.

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Danke für deine ausführlichen Erfahrungen @Urmel :slight_smile:
Sie waren sehr interessant für mich zu lesen, auch wenn du eine andere Krankheit hast als ich.

Ich würde mich sehr freuen, wenn du über deine Erfahrungen mit Guanfacin berichten würdest. Ich habe im September einen Termin, um eventuelle neue Medikation abzusprechen.

Unterschwellig hatte ich die MCAS auf jeden Fall seit der Pubertät, damit bin ich mir sicher, weil sich die Symptome bis dahin zurückverfolgen lassen. Ob sie bereits in der Kindheit subtil vorlag, weiß ich nicht. Ich führe den Ausbruch in den letzten Jahren jedenfalls auf die immer größere Stressbelastung im Erwachsenenalter zurück, weil meine Symptome extrem von äußerem Stress abhängen.

Mittlerweile habe ich ein sehr gut wirksames Antihistaminikum gegen die MCAS Symptome, welches gute Besserung gebracht hat. Zusammen mit Milchsäurebakterien in Kapselform und Quercetin als Nahrungsergänzungsmittel.

Die ADHS Symptome haben sich mit der Einnahme nicht weiter verändert, weshalb es für mich Sinn macht, dass diese nicht durch die MCAS ausgelöst wurden. Aber wer weiß.

Einen Zusammenhang mit der Covi-Impfung habe ich bislang nicht feststellen können, und eine Infektion hatte ich wissentlich bisher nicht zum Glück. Und ich bin ein Befürworter der Impfungen im Allgemeinen. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass diese eine Auswirkung auf Erkrankungen des Immunsystems haben könnten (!). Laienhafte Einschätzung wohlgemerkt.

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Hej KiwiSam!
Habe erstmal beschlossen, keine weiteren Medikamente auszuprobieren, weil alle Medis letztlich auch negative Auswirkungen auf irgendwelche Organe haben. Vor allem, wenn man, wie ich, schon über 60 ist. Also, so lange es irgendwie auch so geht, werde ich es mit eigener „Verhaltenstherapie“ ausprobieren. Ich muß zum großen Glück, auch nicht mehr beruflich funktionieren, so wie du. Falls ich doch noch Guanfacin testen werde, werde ich dich auf jedenfall auf dem Laufenden halten! Würde mich umgekehrt auch sehr darüber freuen, wenn du ggf. auch von deinen Erfahrungen berichtest.
Herzliche Grüße und hoffentlich Erfolg!

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