ADHS und Citalopram (SSRI/Antidepressiva)

Hallo,

gibt es hier ADxSler die Erfahrung mit Citalopram haben und sagen können ob es sich auf ihre ADHS Symptomatik auswirkt?

Bin noch nicht diagnostiziert (Termin im Juni). Vermute stark, dass ich ADS habe.

Seit drei Wochen werde ich mit Citalopram gegen Depressionen behandelt.

Ich habe das Gefühl, dass sich das Cita auf die Symptome meiner mutmaßlichen ADS auswirken:

  • Geräuschempfindlichkeit
    Normal bin ich extrem Geräuschempfindlich. Gespräche, Verkehrs- und Baustellengeräusche etc. lenken mich total ab und stressen mich. Seit dem ich Citalopram nehme hat das stark nachgelassen (sehr angenehm)

  • Innere Unruhe
    Mein ständiger Begleiter. Spielt sich sonst aber wirklich im Innern ab. Andere Menschen beschreiben mich als sehr ruhig. Seit dem Cita bin ich oft total hibbelig. Wippe hin und her bei Besprechungen, klopfe mit den Händen auf meinen Beinen rum etc. Früher saß ich beim rauchen oder stand am Balkon, starrte in die Gegend und träumte vor mich hin. Jetzt ertappe ich mich dabei wie ich nervös auf dem Balkon hin und herlaufe. Auch beim Telefonieren ‚renne‘ ich durch die Wohnung.

  • Allgemeine Verplantheit
    Beispiel: Ich finde mich selbst plötzlich im Wohnzimmer wieder, wie ich seit geraumer Zeit auf den Boden starre. Frage mich: „Was mache ich hier, wie komme ich hier hin?“. Gehe zurück ins Arbeitszimmer und mir fällt ein, dass ich dieses oder jenes aus dem Wohnzimmer holen wollte. Also wieder zurück :slight_smile:

    Kennt wohl jeder ADHSler. Hatte ich auch schon immer. Ist aber gefühlt viel häufiger und extremer.

  • Antriebslosigkeit
    Auch viel schlimmer als sonst. Also schlimmer noch als vor der Einnahme wo ich schon durch die Depression ‚gesteigerte‘ Antriebslosigkeit erlebte.

Fragen

  • Kann das durch das Citalopram kommen? Kennt das jemand?

  • Mein Arzt will das Cita von 20mg auf 30mg erhöhen.
    Treten die Probleme evt. auf weil es zu niedrig dosiert ist? Oder sollte ich besser bei 20mg bleiben?

PS:

  • Ungeduld
    Ich sitz’ hier rum, lese zum zehnten mal meinen eigenen Beitrag und frage mich „Warum antwortet denn niemaaaaand???“ :rofl: :rofl: :rofl:
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SSRI/Citalopram kann die ADHS Symptome verstärken siehe: Citalopram / Escitalopram bei ADHS - ADxS.org

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Thanks!

Du meinst wahrscheinlich diesen Satz:

" Citalopram / Escitalopram scheint die Aktivität der DAT zu verstärken,34 was bei ADHS möglicherweise nachteilig sein könnte."

Danke für den Hinweis.

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Hi, wenn du jetzt schon so verstärkte Symptome hast, würde ich dir vom Escitalopram abraten und ein anderes Antidepressiva ausprobieren. Mich hat Escitalopram z.B. super Müde gemacht, Vendlafaxin habe ich wieder erbrochen und hatte furchtbare Schwangerschaftssymptome und Bupropion liebe ich. Das ist Anfangs leider immer etwas wehleidig weil man die verschiedenen Medikamente erst etwas testen muss.

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Hi Alma,

danke für die Antwort. Müdigkeit habe ich auch extrem. Gegen die Depressionen hilft das Citalopram aber, also insgesamt geht es mir definitiv besser. Habe Dienstag einen Termin beim Doc und werde das Bupropion ansprechen.

Gruß

Hab gerade mal gegoogelt:

„Im Gegensatz zu vielen anderen antidepressiv wirkenden Medikamenten hat Bupropion keinen Einfluss auf den Neurotransmitter Serotonin, sondern hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin…“

Dann müsste das nach meinem Verständnis sogar potentiell gegen die ADS Symptome helfen. Weiß aber nicht ob ich das vor der Diagnose machen möchte, sonst fall ich nachher durch :smiley:

Ja sprich dan unbedingt an und ich dachte anfangs auch dass es mir hilft.
Lies dich doch bis Dienstag auch mal etwas in die verschiedenen Neurotransmitter ein (Noradrenalin, Serotonin und Dopamine) dann kannst du gezieltere Fragen stellen und besser verstehen was diese Medikamente eigentlich bewirken sollen bzw. Warum es unterschiedliche gibt.

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Hahahaha, du kannst nicht durchfallen. Bei dem Gespräch geht es auch viel um wie es früher war etc. Mach dir da keine sorgen. Das wird schon werden.

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Hallo!

Ich bin aktuell auf Escitalopram eingestellt, was quasi dem wirksamen Anteil des Citaloprams entspricht. Ein paar Deiner Beschreibungen kommen mir bekannt vor, allerdings sei dazu gesagt, dass ich keine formale ADHS–Diagnose habe und jeder anders auf Psychopharmaka reagiert, deswegen kann hier sicher nichts verallgemeinert werden.

Ich bin in letzter Zeit auch ziemlich hibbelig. Ob das vom Escitalopram kommt, weiß ich nicht, allerdings meine ich, dass es mit der Einstellung zugenommen hat. Beim Geschirr abtrocknen laufe ich immer in der Küche herum, am Schreibtisch mache ich „Bürogymnastik“ und manchmal bin ich kurz irgendwie ganz aufgeregt, obwohl es keinen Auslöser dafür gibt.

Ist bei mir leider unverändert.

Tagsüber habe ich mehr Energie und entsprechend auch mehr Antrieb. Nur morgens fällt es mir jetzt sehr, sehr schwer, aufzustehen, selbst wenn ich schon sehr lange im Bett bin und einigermaßen gut geschlafen habe.

Ich denke da geht Probieren über Studieren. Bei mir haben die Effekte mit steigender Dosis zugenommen. Das Wirkprofil hat sich dabei nicht groß verändert, nur die Stimmung wurde erst bei höheren Dosen von 15 bis 20mg (dürfte in etwa 30 bis 40mg Citalopram entsprechen) spürbar besser.

Liebe Grüße!

Hallo @sims,

ich habe dieses Zeug vor 13 Jahren in der Zeit meines ersten Burnouts bekommen und es rasch wieder abgesetzt.

Auswirkungen auf meine ADHS-Symptomatik hatte es weder positiv noch negativ, aber es hatte bei mir beide der im ADxS.org-Link beschriebenen Wirkungen.
Einerseits hat es mich abgestumpft und ich fand meine Probleme nicht mehr so schlimm, andererseits hat mir genau das wieder Angst gemacht.
Ich fühle mich die ganze Zeit wie auf einer Meta-Ebene und die Angst führte dazu, dass ich merkte, dass es mir, für die Probleme, die ich damals hatte, viel zu gut ging.
Und dieser Zustand hemmte mich, meine Probleme zu lösen.

Genau aus diesem Grund habe ich dieses Zeug dann abgesetzt. Danach ging es mir emotional zwar wieder schlechter, aber ich hatte wieder die Motivation, meine Probleme aktiv anzugehen.

hmm, interessant, das kann ich sehr gut nachvollziehen. Allerdings empfinde ich das als recht angenehm: Ich nehme negative Gefühle noch war, aber eben gedämpft. Das hilft mir mich mit meinen Problemen auseinanderzusetzen. Wenn ich jetzt ‚gar nichts‘ mehr fühlen würde wäre das aber nicht gut. Also werde ich besser nicht die Dosis erhöhen. Mich reizt eigentlich wirklich das von @Alma24 empfohlene Bupropion.

Was die Depressionen angeht hilft das Citalopram aber definitiv. Ich bin nicht mehr von morgens bis Abends in dieser negativen Gedankenspirale sondern kann mich ablenken. Ich denke, ohne das Mittel hätte ich gar nicht die Kraft gehabt um mich um den ganzen Ärzte- und Psychologenkram zu kümmern.

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Danke für die ausführliche Antwort. Gut zu wissen, dass es nicht nur mir so geht.

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Gerne :wink:!

Ich denke, in manchen Fällen haben Menschen noch genug Kraft und Motivation, sich Ihren lösbaren Problemen zu stellen. Dann sind unangenehme Gefühle wie Ängste und depressive Zustände vielleicht hilfreich, weil sie denjenigen dazu antreiben, etwas zu ändern.

Wenn die Angst mich aber überwältigt oder lähmt, oder eine Depression mir die Kraft zum Handeln raubt, kann es meiner Meinung nach sehr hilfreich sein, ein Antidepressivum zu nehmen, um wieder handlungsfähig zu werden. Ein Fehler wäre es, die Hände dann in den Schoß zu legen, sich damit zufrieden zu geben, dass die Pillen helfen, und weiter nichts zu tun. Ich denke, das werden aber die wenigsten Menschen so machen, wenn sie ernsthafte Probleme haben, an denen sie arbeiten möchten.

Dass man gar nichts mehr fühlt, wenn man die Dosis eines Antidepressivums erhöht, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Man fühlt auch nicht umso weniger, je höher man dosiert. Bei mir ist es eher so, dass ich mit dem Hochdosieren immer noch die gesamte Palette an Gefühlen fühle, aber insgesamt nicht mehr so davon überwältigt werde und besser mit ihnen umgehen kann. Ich war anfangs sehr skeptisch, ob ich auf die Maximaldosis hochdosieren sollte, habe mich aber dann doch auf die Empfehlung meines Arztes eingelassen und bin froh darum. Langfristig werde ich das Escitalopram aber versuchen, wieder abzusetzen. Für mich ist es ein Hilfsmittel und keine Lösung.

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Das ist die perfekte Antwort.

Ein Antidepressivum ist nie dafür gedacht eine Lösung zu sein; Ziel ist es immer es wieder ausschleichen zu lassen.
Es soll auch nicht die Gefühle ausschalten sondern die Hochs und Tiefs nicht so extrem erscheinen lassen, damit man die Kraft hat sich um die Lösung zu kümmern bzw auf den richtigen Weg zu begeben.

Ich finde es immer gut sich mit dem Thema auseinander zu setzen. :slight_smile:

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Mein Hausarzt wollte mir das Bupropion leider nicht verschreiben :frowning: Er meinte das Citalopram müsste sich evt. noch einpegeln und hat von 20mg auf 30mg erhöht. Naja, schlechter ist es jedenfalls bis jetzt nicht geworden…

Einen Versuch könnte es wert sein, zu sehen, wie Dir die höhere Dosierung bekommt. Wenn das nichts ist, kannst Du bestimmt auf eine neue Substanz umstellen. Ich habe den Eindruck, dass Ärzte oft nicht zu schnell einen Wechsel vornehmen möchten, weil sich manchmal über die Zeit doch etwas tut. Letztenendes solltest Du aber als Patient das letzte Wort haben, was Du einnimmst, und was nicht – innerhalb der vorgegebenen Zulassungen und Erstattungsvorgaben natürlich, aber das sollte mit einem Antidepressivum eigentlich kein großes Thema sein.

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ja, kann auch gut sein, dass er Recht hat. Nehme das Citalopram erst seit knapp 5 Wochen…

Bei mir sind die ersten unangenehmen Wirkungen ganz klassisch in den ersten Wochen aufgetreten und nach ca. 2–3 Wochen wurde es besser. Dann hat sich auch eine positive Wirkung eingestellt. Beim Hochdosieren war es ähnlich.

Wenn Du stabil auf einer Dosis eingestellt bist, dürfte spätestens nach ein paar weiteren Wochen die Wirkung einschätzbar sein, allerdings kann es sein, dass Dein Gehirn noch eine Weile braucht, um sich „umzustellen“. Man sagt ja auch, dass Depressive mind. ein halbes Jahr lang die Einnahme fortführen sollen, wenn sich der Zustand gebessert hat. Scheinbar passiert also noch nach einer Weile etwas an den Synapsen, oder der Körper braucht Zeit, um den neuen Zustand als „Standard“ zu etablieren.

Naja, egal, Psychopharmaka scheinen sowieso total individuell zu wirken, also würde ich einfach mal schauen, wie es Dir mit dem Citalopram geht und wechseln, wenn Du Dich damit nicht wohl fühlst. Alternativen gibt es ja zu Genüge.

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Macht für mich Sinn. Man muss auch meist erst mal sein Leben wieder auf die Reihe kriegen wenn sich der Zustand gebessert hat, mit Struktur und Aktivitäten. Sonst fällt man sofort wieder in das Loch nach dem Absetzen.

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