Ja, deshalb die Erwähnung hier. Es gibt in „Lass Sie Ihr Hirn …“ am Ende jeden Kapitels „So werden Sie genialer“-Bullet Points für das schnelle Querlesen. Ich bin aber auch von Populär-Wissenschaftlichem ebenso wenig abgeschreckt wie von Kinder-Einführungen, ehrlicherweise im Gegenteil. Vielleicht mache ich mir da gern niedrigschwellige Angebote.
Gerade in Kombination mit „Doppeldiagnosen“(Keyword: twice exceptional) scheint mir der effizienteste Weg, auch zu verstehen, wie das Gehirn funktioniert und warum es ggf. anders tickt, die Bahnen anders ummantelt sind und was in der Folge hakt. Dazu trägt Stenger bei. Noch profunder evtl. Eckerle/Eckerle, z.B. hier: https://www.hochbegabtenhilfe.de/wp-content/uploads/2015/04/IGL_Aufsatz_neurobiologische_forschungsergebnisse.pdf.
Die wesentliche - für mich bahnbrechende - Erkenntnis ist, dass Ordnungsarbeiten bei einem HB-Hirn oft zeitlich versetzt geleistet werden. Ich stelle mir das inzwischen vor wie einen etwas größeren Desktop oder Arbeitsspeicher. Du kannst vielleicht länger alle Icons auf den Bildschirm nebeneinander schmeißen - ohne Unterordner -, als das andere können. Deshalb kommst Du später in die Lage, Ordner und Unterordner bilden zu müssen. Irgendwann aber doch - und dann stehst Du da mit einem Bildschirm voller Dateien. Tugend wird zur Not - und es sind vielleicht schon so viele, dass man gar nicht anfangen will mit dem Sortieren.
Das kann ADHS-bedingt sein oder durch reaktives ADHS infolge von HB und unzureichenden Erfolgserlebnis-Neurobiologie ausgelöst, Huhn/Ei/einerlei. Alles sowas beschreiben Eckerle/Eckerle so selbstwertdienlich, dass man es annehmen kann.
So erklärt sich m.E. auch das Erleben von „sprunghaft steigendem Anspruch“. Das Anhäufen von Information erreicht irgendwann einen Kipp-Punkt, auch wenn es realiter gar nicht so sprunghaft steigt.
Offline habe ich das übrigens exakt so durchgezogen, bis die Papierstapel gegen die Schwerkraft verloren haben - überbordend - und darüber hinaus. Den umgekippten Stapel schichtet man neu auf - mit noch weniger Binnenstruktur - und weiter geht es. Oder nicht mehr, irgendwann.
Bei Eckerle ist es exakt so formuliert, „dass die Ordnungsarbeiten bei Hochbegabten zeitlich versetzt erst nach der überbordenden Wissensaufnahme geleistet werden“.
Gewürzt wird das gerne noch mit niedriger „Frustrationstoleranz“: In der Schule war man der Fisch im Wasser und konnte mit wenig Schwimmbewegung Sicherheits-Abstand zum Rest sichern und daraus seinen Selbstwert als schneller Fisch ziehen. Auf einmal sind aber die ganzen schnellen Fische aus allen Schulen zusammen im Aquarium. Und dann grätscht vielleicht der vergleichsweise niedrige ADHS-Selbstwert rein, weil man ja selbst zu wissen glaubt, dass man eigentlich immer eher gezockt als gelernt hat… Fördert nicht die Konzentration, solche Gedanken.
Den Fokus würde ich daher primär auf Skills zu solchen Ordnungsarbeiten legen (an der HB-Front) und auf die Emotionsregulation (an der ADHS-Front). Denn genau das passiert m.E. in der Schule gerade bei HB falsch und zu wenig. Was sind die großen Linien? Was sind die Pareto-20 %, mit denen in der Hosentasche ich in einer Klausur 80 % zusammenrühren kann. Wer ist - oft Luhmann z.B. - die Kirsche oder der Vanillezucker, der mit einer Prise jeden Halbfett-Joghurt zu einem Nachtisch macht?
Wie bringe ich mich in einen hinreichend guten Zustand, um neugierig auf mich selbst, meine Möglichkeiten, meine Zukunft zu sein?
Gleichzeitig ist das Risiko hoch, besonders elegant zu prokrastinieren, indem man Anti-Prokrastinations-Literatur liest (oder Threads schreibt) und vermeintlich erstmal „Lernen lernt“… Für Dich getestet.