Ich würde gerne nochmal auf das Impostor-Syndrom zurückkommen…
Das scheint mir doch ganz wichtig zu sein:
Das, was @Hypoborea da schildert, gibt vor, ein Impostor zu sein.
Meist um zu kokettieren, wie gesagt- die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Oder sich auch (scheinbar) zu unterwerfen, damit sich das Gegenüber besser fühlt.
Das ist auch so ein Mädchenmädchen-Schema, kenne ich aus meiner Jugend: ein Mädchen hat bescheiden zu sein, daher versucht mans indirekt.
Fishing for compliments. Selbstverzwergung - erzwungen durch sexistische Normen.
Ich beschreibe das mal so als Extrem (also das „wir“ ist hier eher so als „lyrisches Wir“ :mrgreen: zu sehen und soll jetzt nicht unzulässig pauschal verallgemeinern. Auch „wir“ sind alle unterschiedlich)
Wir ADHSler haben ja oft das Problem, dass wir Lob brauchen - und selbst sachliche Kritik als absolute Ab- und Entwertung begreifen, die uns dann in tiefe Selbstzweifel stürzt (rejection sensitivity).
Lob oder Zustimmung gibt uns das Gefühl, die Dinge doch irgendwie richtig zu machen. Ist damit eine Leitlinie für unser soziales Handeln.
Grund ist die Unsicherheit in Bezug auf das eigene Verhalten, weil wir die anderen und ihre Reaktionen nicht immer lesen /verstehen können. Das hat ja durchaus was Autistisches.
Abgesehen davon, dass wir natürlich auch viele Dinge „falsch“ machen, weil uns unser Naturell da andere Verhaltensweisen schlüssig und logisch erscheinen läßt oder unsere tolle Impulskontrolle es gerne mal erzwingt.
Die gesellschaftlichen Normen gelten halt nicht für die Randbereiche der Gauss’schen Glocke…
Nicht umsonst ist es in der Erziehung extrem schwierig, da das richtige Maß zu finden… denn wenn man das Kind schont und nur lobt, dann zieht man einen kleinen Narzissten (-> narzisstisch als Auslenkung, nicht als Pathologie) heran.
Kinder haben da ein ganz klares Gefühl für Wahrhaftigkeit - und gerade neurodiverse Kinder sind da sehr sensibel.
Lob muss also ehrlich sein. Nicht zu viel - aber genug, um zu leiten. Mit Sicherheit mehr, als das einem neurotypischem Kind gut täte, aber eben: auch bewusster.
Hach, alles schwierig.
Impostor ist das andere Extrem - eben eher phobisch - aber genauso wenig Gespür für die eigene Leistung.
Selbstunterschätzung statt Selbstüberschätzung. Selbstverzwergung ist ein guter Begriff.
Die Ursachen dürften ähnlich liegen.
Lustig / tückisch / tragisch finde ich, dass bei „uns“ das Kommunikationsbedürfnis und die entsprechenden Fähigkeiten gerne mal als starkes Selbstbewusstsein daherkommt - das in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist.
Dann heißt es: „Ja Duuu kannst das!!“ - und man denkt: „ja Sche*ße, du Pflaume! dafür habe ich auch genug geackert!“
Und man rackert und rackert, um dieses „Versprechen“ einzulösen.