Ich habe in meiner ebenfalls noch sehr kurzen Reflektionsphase seit der Diagnose vor 2 Monaten sowohl Phasen als auch Umstände festgestellt, die meine Symptome beeinflussen.
Unter Phasen fallen für mich vor allem Zyklusphasen (für diesen Thread eher OT), aber auch die „neu und spannend“ Phasen, in denen das, was neu ist, super viel Spaß macht, ich Sachen durchziehen kann und das neue regelmäßig mache. Die können ein paar Tage, Wochen, sogar Monate dauern, aber irgendwann ist das neue Routine, generiert keinen Spaß mehr, wird langweilig oder anstrengend. Klassiker sind die drölfzigtausend Hobbys, die ich angefangen habe (vor allem aus dem kreativbereich, aber auch Balkonprojekte, Renovierungsarbeiten, Ernährungsumstellungen, Sportarten,…man, die Liste ist echt lang
), aber selten ein einziges Projekt auch überhaupt beendet habe, geschweige denn das Hobby als solches noch ausführe.
Kann ich aber gut mit leben, indem ich es wertfrei annehme, aktiv gegen Impulse arbeite, Geld dafür auszugeben und nichts anfange, dass mich in unvollendetem Zustand belasten würde (ich sag nur Renovierungsarbeiten…).
Die Umstände sind da ne größere Herausforderung, weil ja selten nur einer wirkt. Um da die Übersicht zu wahren und überhaupt reflektieren zu können, kategorisiere ich die Umstände in etwa so:
Rahmenbedingungen
- gut geschlafen, genug gegessen und getrunken, physisches Wohlbefinden allgemein
- gesundheitliche Einschränkungen wie Erkältung, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden, etc.
- psychische Beschwerden wie depressive Episode, Angstzustände, etc.
- gesamtsituation, z.b. Stress/Langeweile/konflikte auf Arbeit, im sozialen Umfeld, etc.
sensorische Reize
- optisch wie blendende Sonne, flackender Lampe, grelle Lichter, unangenehme Farben,…
- akkustisch wie plötzliche/unangenehme Geräusche, konstanter Lärm, Stimmengewirr, beruhigende Musik,…
- olfaktorisch wie plötzliche Parfümwolke, unangenehmer Körpergeruch, irritierende Gerüche die ich nicht zuordnen kann,…
- sonstige wie schwitzen nach Bewegung, kratzige Klamotten, komischer Geschmack im Mund, Essen hat komische Konsistenz,…
akkutes
- auf wichtigen Termin/Verabredung warten
- Druck-/Leistungssituation (Spektrum reicht von jemanden anrufen müssen bis Abschlussprüfung/Vorstellungsgespräch)
- verfügbare Ressourcen, z.b. Kopfhörer/Sonnenbrille/etc. um sensorisches zu mildern, Rückzugsmöglichkeiten, Bezugspersonen in Reichweite (physisch/digital),…
Hatte vor ein paar Tagen ein intensives Beispiel, an dem ich viel für mich lernen konnte. War mit einem tollen Mann zu nem Date unterwegs (Kino/Essen), konnte im Kino kaum ruhig sitzen, Restaurant haben wir so schnell wie möglich verlassen (fix jeder zwei Tappasgerichte gegessen und tschüss), zwischendurch draußen auf net Bank gesessen zwecks Körperkontakt und reden. Ich konnte nur letzteres ansatzweise genießen und mich halbwegs entspannen, wollte das Date aber so auch nicht beenden und nahm ihn zum Netflixen und kuscheln auf meiner couch mit heim. Da war ich plötzlich absolut tiefenentspannt, woran ich erst gemerkt habe, wie krass angespannt ich vorher war.
Aus allen der obigen Bereiche trafen mehrere Sachen zu, die mich belastet haben: hatte Nachts doof gelegen und Schmerzen im Bein, sofern ich das nicht hochgelegt habe, im Kino hat es komisch gerochen und das flimmern des Films war unangenehm. Draußen war es grau aber unangenehm grell, dazu unangenehm kalter Wind und Stadtlärm, dafür waren Menschen auf Abstand, er nah, ich konnte rauchen und wir konnten reden. Im Restaurant war es unangenehm voll, massives Stimmgewirr, nach 10 Minuten fing ne Mariachiband direkt neben uns an, live zu spielen, Kommunikation nur noch via anbrüllen,…

Zuhause auf der Couch konnte ich das Bein hochlegen, alles roch angenehm nach zuhause, perfekte Lichtstimmung, angenehme Temperatur, alles nach Bedarf anpassbar, Decke zum einkuscheln, viel bequemeres ankuscheln an ihn.
Kein Wunder, dass sich mein Anspannungslevel da so massiv verändert hat 
Du bist damit also definitiv nicht allein.
Und mit dem Ordnung halten auch nicht, bei mir ist idR auch alles sehr ordentlich und an seinem Platz. Nicht, weil mir aufräumen per se Spaß macht, sondern weil mich Unordnung so massiv unter Dauerstress setzt, dass ich über die letzten 17 Jahre Strategien entwickelt und verfeinert habe, wie ich trotz innerem Chaos mein Umfeld dauerhaft ordentlich halten kann.