ADHS und soziale Ängste/Sozialphobie/ASS bei weiblicher Person

Huhu,

ich hab schon ein bisschen die Suchfunktion bedient und nicht so wirklich gefunden, was ich gesucht habe oder gefunden gewollt habe :wink: Ich stelle mich einmal vor:

Ich bin w35 Jahre alt und Anfang des Jahres wurde bei mir ADHS - Mischtyp diagnostiziert, was ich vor fünf Jahren nie gedacht hätte. Bisschen Berührungspunkte habe ich damit, mein Bruder hat ADHS, wenn auch nie offiziell diagnostiziert. Würde man dies mit dem Wissen von heute machen, dann hätte er eine 100% Zustimmung bekommen. Klassisches ADHS Kind.

Bei mir lief es leider alles gar nicht so klassisch. Mein Leidensweg begann mit Anfang 20, div. Klinikaufenthalte, div. Diagnosen (Depressionen, Ängste, Borderline). Klassische Probleme immer wieder Zusammenbrüche, Erschöpfung, emotionale Ausraster, nicht klarkommen, Probleme mit Menschen, (soziale Ängste…), Impulsivität, Depressionen. An ADHS habe ich erst gedacht, als ich vor ca 1 Jahr einen Bericht gelesen habe und aufgrund langer Therapieerfahrungen sich keine Besserung eingestellt hat und ich „nur“ mit Alkohol in der Lage war mein Kopf auszuschalten. Ich wusste, dass das mein letzter Strohhalm ist nach dem ich greife. Und so kam es dann. Ich nehme auch Elvanse seit ca 6 Monaten und es sorgt für die Ruhe, die mir sonst der Alkohol gab. Jetzt kommt das große ABER:

Manchmal grüble ich, ob die Diagnose wirklich so optimal auf mich zutrifft, DENN ich habe große Probleme in sozialen Interaktionen. Ich hasse Smalltalk, weiß nie was ich sagen soll und sag dann gar nichts. Ich habe auch nicht wirklich Freunde, weil wenn ich Menschen in mein Leben lasse, dann bin ich wieder „zuviel“.
Ich weiß, dass ich als kleineres Mädchen zumindest in meiner Wahrnehmung, sozialer war. Hatte Freunde usw. Das ganze ist so ca ab der 7.Klasse gekippt, ich hab aufgehört zu reden. Hab mich isoliert usw. Hab mich versteckt, wenn mich in der Stadt jemand hätte treffen können und so würde ich das auch beschreiben, ich habe nicht Generell Angst vor Menschen, ich habe Angst bzw keine Lust zu reden und fühle mich ständig bedroht, dass mich jemand ansprechen könnte.
Funfact, ich hab das Gefühl durchs Elvanse wird es besser, da ich nicht mehr so stark grüble und einfach drauf los plappere. Ich muss dazu sagen, dass ich als Kind/Jugendliche sehr viel Ablehnung, auch von Eltern usw zu hören bekommen habe, es war eigentlich nie richtig, was ich gemacht habe. Vielleicht ist hier auch die Ursache zu finden.

Ich wäre total an einigen Ansichten interessiert, mir ist klar, dass das kein ärztliches/psychologisches Gespräch ersetzt, vielleicht ist es für mich aber auch wichtig, dass einfach einmal von der Seele zu schreiben.

Liebe Grüße :slight_smile:

EDIT: Ich fühle mich regelrecht gehemmt und mit Gesprächen überfordert. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, wie. Ich hab manchmal den Eindruck, ich hab verlernt, wie man ein Gespräch führt. Wie eine Sache, die man nicht oft macht. Das ist übrigens egal, ob es jmd fremdes oder mir nahestehenden ist, ich weiß oft nicht, was ich sagen soll oder bin kopfmäßig ganz woanders und somit unerreichbar.

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hi, bin kein weib, aber hier hab ich ein paar audiodateien über dieses thema gemacht:

https://adhs-forum.adxs.org/t/audio-tagebuch-mischtyp-ass-adhs/6353

Kannst Du das „DENN“ noch einmal etwas erläutern, bitte?

Das, was Du danach schreibst, ist doch alles kein Widerspruch zu ADHS? Insbesondere unter dem Stichwort „Rejection Sensitivity“ gelesen?

Ich finde Deine Fortschritte mit Elvanse sehr beeindruckend. Allein schon, dass es die frühere Funktion von Alkohol entbehrlich macht.

Dass sich 35 Jahre nicht in sechs Monaten komplett überschreiben lassen, sondern dass das alles ein Prozess ist, mal vor, mal wieder zurück… Das gehört und passt doch alles dazu?

Ja, genau so ist das (bzw. kann das doch sein). Und was man verlernt hat, kann man auch wieder lernen und aktivieren? Nach und nach und in der eigenen Geschwindigkeit?

Edit: Wenn sich das DENN darauf bezieht, dass Du an ADHS zweifelst, weil Du jetzt mehr an ASS denkst (wie vielleicht die Überschrift andeutet), dann ist @schlingelprinz hier Dein engagierter Ansprechpartner. (Und das meine ich ganz ironiefrei, @schlingelprinz).

Ich versuche es mal… Also ich weiß halt einfach nicht, was ich reden soll und vor allem wie. Ich hab nichts zu erzählen, hab aber immer das Gefühl was erzählen zu müssen. Ich kann zB Stille in zweier Konstellationen schwer aushalten und denke dann immer, dass ich reden muss. In größeren Gruppe fühle ich mich aber auch unwohl, weil ich dann so schweigsam bin und mich selber auch oft isoliert fühle. Das Gefühl finde ich unangenehm und vermeide es dann. Große Menschenmengen finde ich per se nicht schlimm, hab immer das Gefühl mich darin verstecken zu können. Hab kein problem mich in eine volle Shopping mall zu setzen, die Reize aufzusaugen, aber mit der Gewissheit, dass mich niemand ansprechen wird. Ich habe auch kein Problem in fremden Städten usw unterwegs zu sein, weil mich dort keiner kennt. Ich mag es nicht angesprochen zu werden zB auf offener Straße usw, weil ich kein smalltalk halten kann und dann nicht weiß, was ich sagen soll und mich solche Situationen stressen. Da ist es auch nochmal schlimmer, wenn ich die Person kenne, als wenn das jemand fremdes ist.

Ich weiß früher, dass ich mich als Kind oft versteckt habe, wenn meine Eltern Besuch hatten oder in meinem Zimmer geblieben bin, bis der Besuch weg war. Auch hab ich mich zB, wenn ich jemand Bekannten im Supermarkt oä getroffen hab, hinter einem Regal versteckt.
Ich hab oft das Gefühl gezwungen zu werden, reden zu müssen und das stresst mich.
Auf der anderen Seite sehne ich mich auch danach. Also Freundschaften, eingeladen werden usw. Ich bin viel alleine, genieße das, fühle mich aber auch einsam.

Ich frage mich oft, ob ich auch autistische Züge habe, auf der anderen Seite sehe ich mich da - ausser die sozialen Probleme kaum. Habe keine spezialinteressen, Routinen stressen mich eher usw. Auch das ich mich einsam fühle spricht meiner Meinung nach auch dagegen.

Ich war zB in der Grundschule super offen. Da standen Dinge im Zeugnis, wie „XX plappert zuviel“, „XX äußert sich zu spontan und muss sich mehr bremsen“. „XX hält regen Kontakt zu Klassenkameraden“. Woran ich mich aber auch erinnere, dass ich schon als kleines Mädchen Probleme damit hatte, Dinge von mir abzugeben bzw zu leihen. Ich hatte immer das Gefühl ich gebe ein Teil von mir weg und bekomme es dann nicht wieder. Auch mochte ich lieber woanders sein, als bei mir zuhause.
So richtig fing dann ab der 7. Klasse an. Ich wurde ruhiger und bin in meine eigene Welt abgetaucht. Ich hab meist den ganzen Tag aufm Boden gesessen & Musik gehört, im Internet gesurft und gechattet (das ging :wink:) und wehe mich hat jmd angesprochen. Wie so ein Hyperfokus der gecrasht wird. Ich hab auch - durch das Internet - zwangsläufig in meiner eignen Welt gelebt. Hatte teilweise mehr virtuelle Freunde als reale. Das ist im Alter von 13-20 schon nicht das Beste. :roll_eyes:

Ich weiß, dass alles Zeit braucht. Aber ich bin sehr ungeduldig und versteh mich selber nicht.

Vielen Dank. Ich glaube, Du bist damit schon unter ADHSlern in guter Gesellschaft. Ich kann mich jedenfalls an wenig Threads erinnern, die von Liebe zu Smalltalk handeln, und an eine Gazillion von Leuten, die Smalltalk passioniert hassen.

Mein Lieblingstrick ist, dass die meisten Gesprächspartner ohnehin am liebsten von sich reden und man mit drei, vier Fragen schon sehr weit kommt. ohne selbst etwas antworten zu müssen.

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hallo morgengrinch

schön das du zu uns ins Forum Gefunden hast, du hast ja auch viel zu erzählen und mir scheint, dass du viel nicht so schöne Dinge Erlebt hast. Manche von uns erkennen sich vielleicht in manchen, deiner Erzählungen wieder und in manchen Teilen auch wiederum nicht. Das Liegt daran, dass wir alle, in erster Linie Menschen sind, mit verschiedenen Erfahrungen, Persönlichkeiten und Persönlichkeitsstrukturierungen sowie Akzentuierungen.

Es ist auf jeden fall schön zu hören, dass deine Medikation, Elvanse, hilft, mehr aus dir heraus zu kommen. Wichtig ist, dass du den Prozess den du jetzt durch machst, langsam angehst. Dich nicht zu viel mit anderen vergleichst, denn wie ich oben bereits erwähnt habe sind wir alle ein wenig verschieden und ähneln uns in wiederum in manchen Dingen sehr.

Das kann passieren, wenn man lange aus der Übung ist und da würde sich dann anbieten, es zu Versuchen, sich wieder darin zu Üben und alte Fähigkeiten wieder zu Schulen.
Vielleicht könntest du ja, wenn du den Mut dazu hast, eine alte, bewerte Taktik ausprobieren, deinem Gegenüber Fragen zu stellen und darauf aufbauend das Gespräch weiter zu führen. Einfache Themen die jeder kennt, wie z.B. das Wetter, Hobbys und Interessen bieten sich da natürlich an, einfach Themen bei denen jeder mit reden kann.

Hast du denn einen „Sicheren Raum“ wo du dies etwas üben könntest z.B. Familie, ADHS Gruppentherapie, Ergotherapie oder ähnliches?

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@morgengrinch hier könntest du mal rein schnuppern wenn dich diese Thematik interessiert.