ADHS und Störung von Sozialverhalten

Hallo,

ich mache mal ein neues Thema auf. Letzendlich ist es wahrscheinlich egal, wie das alles heißt, ich möchte es aber verstehen.

Also was ist ADHS und was ist Störung von Sozialverhalten? Ich habe schon einiges gelesen über ADHS und Aggressionen gehören sozusagen u.a. dazu.

Mir wurde gesagt, ADHS ist angeboren und Störung von Sozialverhalten ist angelernt. Und wenn es bei einem Kind schon mit gut einem Jahr angefangen hat? Ist es auch angelernt?

Also verstehe ich das richtig, wenn z.B. jemand impulsiv ist, schnell wütend ist, dann ist es ADHS und wenn er dabei andere angreift ist es Störung von Sozialverhalten?

Na ich glaube so einfach ist das nicht :slight_smile: .

Bei mir wurde ADHS als Kind diagnostiziert, weil ich eher in der Schule auffällig wurde. Ich war zappelig, nervös und nicht bei der Sache, weil mich die Themen gelangweilt haben. Aggressiv war ich da nicht. Eher suchte ich die Ruhe und zog mich in mich selber zurück. Ich schaukelte um mich beruhigen, was auch nicht angebracht war.

Das Impulsive/ Aggressive kam erst im Laufe meines Lebens, wenn ich mich unverstanden fühlte.

Auch meine Töchter haben ADHS, waren aber nie aggressiv, eher das Gegenteil. Auf Harmonie und Gerechtigkeit legen und legten sie auch als Kleinkinder großen Wert.

Es ist mir schon klar, dass nicht alle aggressiv sind. So wie du es beschreibst, ist Aggressivität eine Folge. Und wenn sie schon immer da war?
Oder ist es eine extrasache?
@shutterfly

Hey @grübeln
Gute Frage. Ich weiss nur, ich bin sehr impulsiv bedingt durch die Adhs Impulskontrollstörung…ein großes „H“ im Adhs :wink:

Als Kind hab ich mich regelmäßig ab Kindergarten geprügelt, in der Schule sowieso und meine arme Mutter musste andauernd antreten und sich erklären. Die hat sich furchtbar geschämt :face_with_peeking_eye:

Als Erwachsene äußert sich das durch schimpfen, fluchen, ins Wort fallen usw… ich habe mich mittlerweile gut im Griff (mit den Medikamenten sowieso) und versuche solche Situationen zu vermeiden und zu verlassen.

Dennoch ist der innere impuls ja da und dadurch bedingt ergibt sich je nach Schweregrad sicherlich ein gestörtes Sozialverhalten. Keiner lässt sich ja angreifen und beschimpfen.

Das wiederum verursacht ein negatives Selbstbild, was weiteres" Porzellan zerschlagen" forciert…ein Teufelskreis!

Schau mal, hier ist es gut erklärt, dass eine Störung des Sozialverhaltens als eine Komorbidität von adhs betrachtet werden kann

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Das kann ich Dir nicht genau beantworten. Tatsächlich war die Aggression bei mir ein Ventil, welches im Laufe der Zeit Luft rauslassen musste.

Sie war vorher bei mir nicht vorhanden und auch heute ist es keine Aggression im Sinne von körperlicher Gewalt, sondern mehr im Sinne von Impulsivität, die sich verbal äußert.

Ich schätze, da können Dir andere mit mehr Hintergrund Wissen besser helfen :slight_smile:

Oh, sehe gerade den Beitrag dazu, ist ja toll :slight_smile:

Ich versuche ja zu verstehen, welches Verhalten was ist und wie man die Probleme lösen könnte.

Danke Lea, lese ich mal

Dann kann ich noch hoffen, dass es irgendwann besser wird.

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Ich lese hier Mal interessiert mit. Ein Hauptproblem bei mir ist die Impulsivität/Wut/Aggressivität. Ein Resultat aus Überforderung und selber gemachten Stress sozusagen. Hierunter hat die Familie bisher am meisten gelitten :frowning: Jetzt mit MPH geht’s soweit - solange Wirkung da ist :sweat_smile: Bisher lese ich aber nur immer was in Zusammenhang mit Kindern. Aber das wird sich ja nicht verwachsen :wink:

Das nimmt mir wieder die Hoffnung.
Verwachsen nicht, ich hoffe nur, dass das Kind lernen wird, sich nicht mehr zu prügeln.
Deswegen versuche ich das ganze zu verstehen und such nach Wegen, was man noch alles machen könnte.

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@grübeln Die Hoffnung wollte ich dir nicht nehmen.

Ich war als Kind unauffällig in der Hinsicht. Zu Hause kann ich nicht mehr beurteilen. Habe keine Guten Erinnerungen. Da man nicht von heute auf Morgen ADxS bekommt denke ich Mal, dass meine Eltern mit mir überfordert waren und das bekam ich deutlich zu spüren :frowning: So mein Verdacht nachdem ich die Diagnose hatte.

Im Laufe des älterwerdens denke ich schon, dass sich das Verhalten immer wieder ändern wird. Vielleicht kann jemand etwas dazu sagen, der bereits Erfahrungen sammeln konnte.

Also…

Zunächst muss man erstmal verstehen, wie das ADHS-Hirn funktioniert, ehe man auseinander pflücken kann, was was ist.

Durch die Dopaminstoffwechselstörung bedingt haben Menschen mit ADHS eine schon von sich aus gestörte Kontrolle über ihre Emotionen. Sie neigen zu extremen. Daher kommt oft dieses „von Tode betrübt bis Himmel hoch jauchzend“.
Und das ist ein sehr wichtiges Symptom, was sehr sehr weitreichende folgen haben kann.

Neurotypische, die wütend werden, würden nicht dazu neigen den Tisch zu flippen, weil bei ihnen der Mechanismus der Emotionskontrolle funktioniert.
ADHS betroffene die wütend werden, würden plötzlich, ohne dass die es eigentlich beabsichtigen, den Tisch flippen. Und dann ist es schon passiert und der Tisch ist geflippt. Wenn ADHS Betroffene eine Emotion spüren, dann ist es oft so, dass sie das komplett ausfüllt.
Bei Wut sehen sie rot und alles ist Wut im Kopf. Bei Fröhlichkeit ist alles fröhlich in Kopf. Da gibt es dann für den einen Moment nix anderes.
Entweder es ist gerade ruhig, oder man explodiert in die ein oder andere Richtung.

Diese emotionale Dysregulation, kann so sehr ins extreme ausufern, dass es als zusätzliche Diagnose gesehen wird, da dadurch eben, das Sozialverhalten gestört ist.
Daher wird es oftmals auch differenziert betrachtet, da es bei extremen Fällen eben ein sehr groses Problem darstellt, was gesondert behandelt wird/werden sollte.

Die emotionale Dysregulation kann sehr stark von außen getriggert werden, wenn Bedürfnisse nicht befriedigt werden, etwas, was man gerade unbedingt jetzt sofort haben will, Reizüberflutung, schlechter Schlaf, nicht gut genug gegessen und getrunken, Überforderung mit den alltäglichen Dingen wie still sitzen, konzentrieren, zuhören, sich an Abmachungen halten, nix übersehen, an alles Denken, bei der Sache bleiben… du merkst, es ist viel.
Da ADHS Betroffene dann mit ihren Möglichkeiten, die Emotionen in Schach zu halten, maßlos überfordert sind und nicht wissen wohin damit, muss es raus und zack, plötzlich hat es die Flasche an die Wand geschaft… Sie können es schlichtweg schlecht bis hin zu gar nicht.
Und dann passieren ebenso auch Dinge wie, das Kind spuckt die Mutter an oder prügelt sich. In ihrem Kopf passiert dann sowas, wie: „Mama hat mir Fernsehen verboten, ich bin wütend auf Mama. Ich will Mama wehtun, weil sie mir das nicht gibt, was ich will.“
→ Das passiert in Bruchteilen von Sekunden und plötzlich wird man angespuckt. Statt, dass es einfach nur eine Vorstellung bleibt, wird es 1:1 von Innen nach Außen getragen. Und sie meinen das nicht böse. Sie können nicht anders.

Wann das eine aufhört und wo das andere Anfängt kann man daher sehr schlecht differenzieren, da es im Grunde ein extrem stark ausgeprägtes Symptom des ADHS ist.

Ich hoffe das klärt es ein wenig?

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ADHS kann man nicht erlernen oder verlernen. Sozialverhalten schon. Ja, es ist angeboren und ich kann mir durchaus vorstellen, dass selbst schon bei einem Kleinkind die ersten Symptome zumindest theoretisch erkennbar sind. Echtes Sozialverhalten lernen Kinder aber erst später. Es ist die Interaktion mit anderen. Bei einem Baby oder Kleinkind ist das schon deshalb nicht wirklich möglich. Sie interagieren nicht bewusst mit Personen.

@nephilim

Danke, ja, verständlich

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Spannende Frage, ich lese auch mal aus Gründen mit.

Ich kann dazu nur beitragen, dass es sich bei meinem Sohn vom übergriffigen kuscheln anderer Kinder in der Krippe hin zu Aggressionen im Kindergarten entwickelt hat, so um den 3. Geburtstag rum. 4 bis 5 war richtig schlimm von der Häufigkeit her. Jetzt ist es schlimm von der Kraft her.

Sehr interessantes Thema… ich glaube bei Störungen des Sozialverhaltens oder oppositioneller Störung (bin grad nicht sicher) ist aber zB auch Tiere quälen ein Diagnosekriterium… mein Sohn kann nicht gut mit unseren Katzen umgehen. Aber da hab ich eher das Gefühl, es ist so „cute aggression“…

Da ist meiner ganz lieb und rücksichtsvoll

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Manchmal habe ich das Gefühl, dass dieser plötztlich sehr aggressive Impuls, also z.B. Wut + motorische Abfuhr oder Rumbrüllen wie aus dem nichts kommt, einen hinterrücks überwältigt - aber wenn man genauer hinschaut hat es doch immer eine längere konkrete Vorgeschichte, schon zu lange habe ich sehr zurückgehalten, ausgehalten…oder auch adhs- like nicht klar gesehen wo die eigenen Grenzen sind oder was notwendig wäre…oder es werden Ängste oder frühere schlechte Erfahrungen getriggert- will sagen, gut für sich zu sorgen ist das beste was man für seine Impulskontrolle tun kann - nur das Adhs macht genau das schwer…

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Wenn mir jemand auf der Arbeit,unlogische und für mich nicht nachvollziehbare Sprüche entgegenschleudert,merke ich wie meine Wut von unten nach oben steigt und ich sie dann meist mit nach Hause nehme.
Entgegengesrtzt der Meinung,finde ich es mittlerweile sehr gut ,sie zu fühlen und ab und zu sie auch verbal zu äussern nur an der Ausdrucksweise,habe ich noch bedarf.
Besser als daran zu ersticken.
Und ehrlich gesagt,frage ich mich manchmal,welche Art von Sozialverhaltensstörungrn cholerische Menschen haben müssen,dagegen empfinde ich mein Adhs noch mehr als normal.Man muss sich nicht dämlich anmachen lassen und dann noch Danke dafür sagen.Auch nicht auf der Arbeit.

Ich bin diesem Austausch gefolgt und habe folgende Fragen?
Was kann man denn konkret tun? Könnt ihr einen Arzt / Spezialisten empfehlen, der gut einstellen kann?
Therapeuten / Kliniken, die sich mit diesen Kinder wirklich auskennen und Erfahrung haben?
Ich weiß, dass viele von uns hier sich ähnlich überfordert fühlen. Bei meinem, inzwischen fast 12 jährigen Sohn sehe ich kontinuierlich wie sein Sozialverhalten immer schwieriger. Für mich - alleinerziehend - ist es kaum noch zu bewältigen. So langsam wird es auch in der Schule heftiger.
-Rejection Sensitivity, rennt aus dem Unterricht, schließt sich lange in der Toilette ein, weil er beleidigt ist.
-Betrügt und stiehlt: Wenn es um Digitales und Zucker geht kennt er kein halten mehr.
-Grenzen / Regeln: es ist ein ständiger Kampf
-Er ist fast 12 und hat keine eigenständigen sozialen Kontakte. Alles was er in seiner Freizeit macht wird von mir organisiert und begleitet. Ist das bei Euch auch so?
-Seine Entwicklungsverzögerung nimmt im Vergleich zu Gleichaltrigen oder welchen die ein / zwei Jahre jünger sind extrem zu.
Manchmal weiß ich auch gar nicht mehr was ADHS und was reine Vermeidungsstrategie ist. Und inzwischen weiß ich auch nicht mehr was ich falsch und richtig mache.

Bis auf aus dem Unterricht weglaufen, sieht es hier ähnlich aus (Sohn fast 11) @Sam44

Ich merke, wenn es medikamentös einigermaßen passt, dann läuft es deutlich besser, Sohn ist belastbarer und macht besser mit, besseres Miteinander.
Das Problem bei uns ist, dass es medikamentös meist nur kurze Zeit passt.
(Na ja, so richtig passt es nie, aber manchmal halt besser) Der Arzt will nicht ständig anpassen, wir würden zu oft kommen und was ändern wollen. :frowning:

Wenn es medikamentös nicht passt, dann ist Sohn am Limit, nicht belastbar, verweigert, schreit, flüchtet in die Medien, etc.

Bekommt denn dein Sohn Medikamente?

Ja, ist auch so.
Wir haben online eine Selbsthilfegruppe. Wenn du Interesse hast, schreib mir, ich schicke dir eine Einladung