ADS Diagnose im fortgeschrittenen Alter

Hallo alle,
ich bin neu hier und habe heute nach mehreren Terminen endlich die ADS Diagnose von einem Spezialisten erhalten. Leider hat die späte Diagnose und bisher ausgeblieben Therapie zu einer mittelschweren Depression und anderen Problemen bei mir geführt. Im vergangenen Herbst musste ich mich für mehrere Monate krank melden und habe eine wahre Odyssee mit den Nebenwirkungen von Antidepressiva erlebt. Die Antidepressiva (SSRI) hatten für mich keinerlei positive Wirkung und haben alles nur verschlimmert.
Ich bin nun aber sehr zuversichtlich meine Probleme in den Griff zu bekommen und die Depression bald hinter mir lassen zu können. Heute habe ich das ADS Medikament Medikinet verschrieben bekommen und natürlich gleich ausprobiert. Meine ersten Eindrücke sind sehr positiv. Ich bin motivierter, konzentrierter und fühle mich sehr viel wohler als vorher. Desweiteren stelle ich ein erhöhtes Kommunikationsbedürfnis fest und ich bin immer noch nicht müde obwohl es schon 01:30 Uhr ist. Das letzte mal habe ich das Medi um 17:00 Uhr genommen, die Wirkung sollte also lange abgeklungen sein.

Wie sind eure Erfahrungen mit einer ADS Diagnose und den Medis im fortgeschrittenen Alter?
Ist das heute nur ein Strohfeuer oder werden die positiven Wirkungen anhalten?
Wird die Depression verschwinden oder zumindest sehr gelindert?
Wird sich mein Tag/Nacht Rhythmus wieder einregeln, s.o?

Über eure Erfahrungen und Tipps werde ich mich sehr freuen.

LG Bulli

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Herzlich willkommen hier :smiling_face_with_three_hearts:, schön das du da bist.
Ich bin ja auch eine ADHS -Oma und kann nur von mir sagen, dass ich die ersten Tage euphorisch abgehoben bin vor Freude, weil es plötzlich so toll anders war.
Jede Körper reagiert anders, aber bei mir war nach 3 Tagen erst einmal ein neues Einstufen meines Körper.
Ich denke es dauert einige Zeit bis wir erst einmal zulassen können was da passiert, einordnen was sich verändert, analysieren und akzeptieren.
Dann müssen wir lernen damit umzugehen.
Wir lernen uns halt von einer anderen Warte aus kennen

Viele Dank für deine Antwort Jutta. Ich fühle mich seit gestern auch euphorisch, glaube aber, dass dies nicht allein an dem ADS Medikament liegt. Vielmehr vermute ich die Erleichterung dahinter, jetzt die Erkenntnis zu haben worauf meine Probleme und Depression beruhen und die Hoffnung dies zu ändern.

Heute, am Zeiten Tag fällt mir folgendes besonders auf:
Eine Wirkung des Medikamentes ist, dass es mir jetzt wesentlich leichter fällt über längere Zeit konzentriert und zügig, d.h. ohne Ablenkung zu arbeiten. Es fällt mir zwar immer noch nicht leicht neue oder unangenehme Arbeiten zu beginnen, aber wenn ich einmal angefangen habe arbeite ich konzentriert und zügig über einen längeren Zeitraum. Ich habe auch eine viele klarere Sichtweise auf die Dinge bekommen, so als ob sich aus meinem Gedankenwust das Wesentliche herausschälen würde. Ich habe weniger Angst und es fällt mir leichter Entscheidungen zu treffen.

In den nächsten Tagen und Wochen werde ich mich und die Reaktionen meiner Mitmenschen genau beobachten und habe mir vorgenommen Tagebuch zu führen.

Wie Du geschrieben hast muss ich jetzt erstmal abwarten und lernen mit meinem neuen „ich“ umzugehen. Ich bin jedenfalls weiterhin sehr zuversichtlich.

Bis bald, Bulli

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Liebe(r) Bulli,

herzlich willkommen!

Erstmal, wie hoch ist nun dein fortgeschrittenes Alter, genau das verrätst du gar nicht? Natürlich musst du es nicht schreiben, ich meine nur, die Definition ist sehr unterschiedlich.

Wir hatten vor kurzem eine Teilnehmerin, die mit Ende 60 eine medikamentöse ADHS-Therapie begann. Ich selbst bekam meine Diagnose mit 37 und nehme seitdem Medikamente und bin jetzt 58.

Du hast heute zum ersten Mal Medikinet bekommen und bist schon so begeistert, das freut mich. Welche Dosis nimmst du denn, und hast du einen Eindosierungsplan von deiner Ärztin bekommen, worin steht nach wieviel Tagen und in wie hohen Schritten du steigern sollst?

Und die letzte Dosis (von wievielen?) um 17:00, das ist jedenfalls bei den „Adult“-Kapseln schon ein wenig spät. Aber wenn du keine Einschlafprobleme feststellst, ist auch nichts dagegen zu sagen.

Ich selbst nehme spätestens um 15:00, wenn es eine Kapsel ist, und spätestens um 18:00, wenn es eine Tablette ist, mein Methylphenidat. Ganz selten auch mal noch später, aber dann nur eine Vierteltablette (d. h. 2,5 mg).

Es gibt aber auch Leute (häufig Kinder), die ganz bewusst kurz vor dem Schlafen (unretardiertes) MPH nehmen und damit besser zur Ruhe kommen.

Hallo Falschparker,

ich wollte gerne noch etwas zu meiner Person schreiben, bin aber bis jetzt noch nicht dazu gekommen. Ist jetzt dafür etwas ausführlicher geworden:

Ich werde im März diesen Jahres 60, fühle mich aber noch wie ein Mittdreissiger. Da ich bereits mit 6 Jahren unter AD(H)S litt was unerkannt blieb und somit nicht behandelt wurde ist das mit der Diagnose jetzt natürlich der Hammer. Ich bin aber trotzdem froh über die Diagnose und freue mich auf noch viele glückliche Jahre😊.
Ich bin seit gut 20 Jahren verheiratet und habe zwei erwachsene Kinder. Bei meinem Sohn befürchte ich leider auch ADS da das ja vererbbar ist.

Der folgende Abschnitt beschreibt die Depression etwas näher unter der ich seit einigen Jahren leide und bisher mein eigentliches Problem darstellte:
Im Herbst 2017 bekam ich ein Erschöpfungssyndrom, was bekanntlich die Vorstufe eines Burnout ist. Danach begannen die ausgeprägten depressiven Symptome was im vergangenen Herbst in einer für mich sehr schweren depressiven Phase gipfelte. Die Antidepressiva die ich verordnet bekam hatten nicht geholfen aber die Nebenwirkungen wurden immer unerträglicher und hatten mich total fertig gemacht, kennt das vielleicht jemand? Ich habe die Antidepressiva, ein SSRI, dann wieder abgesetzt und seitdem geht es wieder besser. Ist das evtl. ein Indiz dafür, dass ADS die eigentliche Ursache für die Depression ist? Leider bekam ich aber weiterhin depressive Phasen mit starken körperlichen Symptomen, litt unter Antriebslosigkeit und einer Art Erschöpfung, was für mich die Arbeit zur Last bis unmöglich machte. Ich quälte mich eigentlich nur noch von einem Tag zum anderen und spürte in den letzten 2 - 3 Jahren keine wirkliche Lebensfreude mehr.

Im November hatre ich die Sendung von Hirschhausen über ADHS gesehen und wurde sofort aufmerksam. Mir sind viele ADS typische Verhaltensweisen aufgefallen, die mir aus meiner Kindheit bekannt sind und die ich jetzt noch an den Tag lege wenn ich nicht genau darauf achte.

Der Spezialist, ein Facharzt für Psychiatrie, hatte mir am Donnerstag die Diagnose erstellt, die sehr eindeutig ausgefallen ist. Er hat mir 20mg Medikinet adult aufgeschrieben. Ich soll zunächst 2x täglich morgens und mittags nach den Mahlzeiten eine Kapsel nehmen. Bei Bedarf darf ich auch Nachmittags nochmal eine 3. Kapsel nehmen wenn ich Abends noch etwas schaffen möchte, so sagte er. Von einer schrittweisen Erhöhung hat der Arzt aber nicht gesprochen und ich habe den Eindruck, dass die Dosis zur Zeit vollkommen ausreichend für mich ist. In der vergangenen Nacht war ich noch sehr lange aktiv und euphorisch aber nicht müde, ich vermute das lag an der späten Einnahme der 2. Kapsel. Ich konnte daher kaum schlafen und hoffe das legt sich wieder.
Die Wirkung ist heute so wie gestern, ich kann länger konzentriert arbeiten und empfinde wieder Spaß daran. Ferner habe ich mehr Ideen und kann leichter Entscheidungen treffen. Allerdings habe ich auch das Gefühl immer etwas machen zu müssen und kann schlecht abschalten. Kurz nach der Einnahme einer Kapsel fühle ich mich ein wenig so als wäre ich beschwippst, kennt das vielleicht jemand in diesem Forum?

In vier Wochen ist der nächste Termin, darin geht es um meine Erfahrungen mit dem Medikament und eine mögliche Anpassung der Medikation sowie Verhaltenstherapie.

Ich hoffe ich habe nichts wichtiges vergessen, falls doch einfach nochmal fragen.

LG Bulli

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Hallo Bulli

Herzlich willkommen im Forum.

Ich bin 55 Jahre alt und habe meine Diagnose auch erst im November bekommen und gleich mit Methylphenidat begonnen.

Ich leide auch an Depressionen und die AD’S alleine haben mir nie aus der Depression geholfen. Erst in Verbindung mit Methylphenidat sind die Symptome verschwunden. Mir ging es vom ersten Moment an viel besser. Ruhe im Kopf, Konzentration und viel ausgeglichener als früher.

Ich würde das Medikament aber bis spätestens 15.00 Uhr nehmen so hat mein Arzt das empfohlen. Sonst kann der Schlaf gestört werden.

Mir geht’s richtig gut und ich hatte keine Nebenwirkungen.

Liebe Grüße Tilla

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Ich bin ja schon Rentner. Deswegen frage ich mich, ob mir eine Diagnose überhaupt noch was bringt.
O.k. ich habe die übliche Symptomatik, und wie auch im Hirschhausenfilm deutlich gezeigt, „struggeln“ wir ja mit Alltagsproblemen. Das kann dann auch zu Konflikten führen, wenn jemand einem immer alles anders aufräumt u.ä.
Meine Mutter wurde leider in meinem Erwachsenenalter depressiv - meine Schwester zog dann in die von Basel entferntesten Städte in der Schweiz, und ich fühlte mich dann so gebunden in der Situation. Deswegen kam niemand auf die Idee, was mein Grundproblem war, erst vor ein paar Jahren, wo ich merkte, dass ich es einfach nicht schaffte, meine Altlasten abzuarbeiten, wurde ich in einer Selbsthilfegruppe hellhörig, ein Gruppenmitglied war zu Beginn gleich auf AD(H)S diagnostiziert worden.
Mit der Zeit konnte ich dann alle meine Issue in den youtube-Channels mir erklären lassen, nun auch die „depressive“ Seite.
Wo es mir wir wirklich schlecht ging, hatte ich mir vom Hausarzt Escitalopram verscheiben lassen (welches super bei meinem Schwager wirkte).

Escitalopram vertrug ich (das erste Mal) ausgezeichet, keine Nebenwirkungen - die einzige Wirkung war, dass ich nachher fast immer gut aufstand, und vorher fast immer schlecht. Es hat bei mir das Blatt gewendet.
Allerdings nicht bezüglich der ADS-Symptomatik, logisch.

Erst später las ich, dass man ADS -Verstimmungen ja ia. andes behandelt, als „Depression“.
Nun ist halt die Frage.
DAnke mir manchmal, den Keller können dann meine Erben räumen, und mit der Zeit werden die Ordner dermassen obsolet, dass ich sie auch nicht mehr sortieren muss… :slight_smile:
Der Rest der Probleme sind machbar.

Hallo an euch …
Ich finde mich in euren Berichten sehr gut wieder…
Inzwischen bin ich stolze 70 und nehme außer Fluoxetin, nach Bedarf Medikinet 20mg.
Depressionen habe ich so lange ich denken kann, mal mehr oder weniger ausgeprägt. Ich habe immer gespürt, dass da noch was anderes sein muss, denn so "richtig depressiv ", wie z. B. meine Mutter habe ich mich "eigentlich " nicht gefühlt. Dann wurde bei meinem Sohn ADHS diagnostiziert, und mir wurde klar: ich war/bin auch ein ADHS Kind. Habe das Buch „die Chaosprinzessin“ gelesen und gedacht, da hat MICH jemand beschrieben. Mit dem Medikinet komme ich gut klar, ich bin energiegeladener, motivierter, ausgeglichener, fokussierter, aber ich nehme es nicht durchgängig, da ich zu hohem Blutdruck neige. Es erleichtert mein Leben enorm, auch im Umgang mit meinem an Alzheimer erkrannten Mann. Ich bin dankbar, dass ich das Medikament bekomme.
Wünsche euch das allerbeste
Maggy

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10 Beiträge wurden in ein existierendes Thema verschoben: ADS! Muss/sollte/darf ich mich neu definieren?

Nur der Vollständigkeit halber, ich männlich, 71

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Toll Maggy, ich bewundere dich. Und denk dran: Pflegende Angehörige haben ein hohes Risiko selber zu verkümmern.
Das heißt, auch um deines kranken Mann Willen sorge für eigene Freude, Freiraum Urlaub ao gut du kannst. Nur so kannst du dir die eigene Lebenskraft erhalten. Möglichst jeden Tag was schönes vornehmen!

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