Anerkennung Grad der Behinderung (Niedersachsen)

Hallo zusammen,

da vielleicht einige von euch darüber Nachdenken einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung bei ihrem zuständigen Landessozialamt zu stellen, wollte ich einmal berichten, wie es bei mir abgelaufen ist.

Ich hatte zwischen Weihnachten und Neujahr im letzten Jahr etwas Zeit mich mit dem Thema zu beschäftigen. Dabei bin ich auf das Serviceportal des niedersächsischen Landesamt für Soziales gestoßen. Da musste ich kurz mit meinen Daten einen Account erstellen, E-Mail bestätigen und schon konnte ich den Antrag online stellen. Das Ganze hat vielleicht 20 Minuten gedauert. Bei dem Antrag muss man die gestellten Diagnosen und behandelnden Ärzte angeben.

Im Januar habe ich dann eine schriftliche Bestätigung per Post erhalten, dass der Antrag bearbeitet wird und mein Hausarzt bzw. alle anderen Ärzte, die ich angegeben habe, zur Stellungnahme aufgefordert werden.

Ich musste keine Unterlagen an das Landessozialamt schicken. Es ging alles schriftlich über die Ärzte, die ich angegeben habe. Lediglich der Hausarzt war mit der Anfrage etwas überfordert und hat mich gefragt, was genau er dem Landessozialamt schreiben soll. Habe ihm gesagt, dass er einfach die Diagnose von meinem Psychiater übernehmen kann.

Ich hatte mir in der Zwischenzeit schon viele Gedanken gemacht, ob der Antrag überhaupt bewilligt wird und ob ich im Falle einer Ablehnung Klage vor dem Sozialgericht einreichen werde.

Im Endeffekt kam dann Mitte letzten Monats ein Schreiben vom Landessozialamt mit der Feststellung eines Behinderungsgrades von 20 und einer Bescheinigung für das Finanzamt.

Ich hatte zwar noch überlegt, ob ich wohl mit einer Klage einen Behinderungsgrad von 30 erreichen könnte, um die Möglichkeit zu haben, eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten zu beantragen. Habe mich aber dagegen entschieden. Die Klage hätte wohl keinen Aussicht auf Erfolg, da ich grundsätzlich keine besonderen Einschränkungen in beruflicher Hinsicht habe. Ein Klageverfahren würde sich zudem wahrscheinlich über mehrere Jahre ziehen und wäre wohl auch mit viel zeitlichem Aufwand verbunden, da ich mich selbst vor Gericht vertreten würde.

Mir ging es in erster Linie um die offizielle Anerkennung der Krankheit als Behinderung. Als kleinen Zusatz gibt es einen Steuerfreibetrag in Höhe von 384 Euro der bei der nächsten Steuererklärung geltend gemacht werden kann.

Fazit: - Das ganze Verfahren hat weniger als drei Monate gedauert
- Der Antrag war sehr einfach Online zu stellen ohne bei dem Amt anrufen zu müssen
- Seine Ärzte am Besten im Vorfeld informieren bzw. sich darauf einstellen, dass Rückfragen kommen
- Steuerfreibetrag ist erst einmal einziger Vorteil bei einem Behinderungsgrad von 20
- Ein Behinderungsgrad ab 30 wird nur bei weiteren Einschränkungen im Job/ Alltag vergeben

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Darf man Fragen, auf welche Diagnosen du einen Antrag gestellt hast?

Im allgemeinen finden psychiatrische Störungsbilder in der VersMed ziemlich schlecht Beachtung und sind meiner Meinung nach nicht mal annähernd gut gleichgestellt zu anderen körperlichen Behinderungen.
Hier werden nicht mal Störungsbilder im allgemeinen genannt, sondern lediglich Symptomgruppen, die für viele Störungen gelten und je nachdem wie stark die einzelnen Symptomgruppen ausgeprägt sind, desto höher die Bewertung. Das was am schwersten wiegt, ist am Ende der GdB. Zusammenhängende, komplexe, in sich übergreifende Symptomatiken, die das Leben maßgeblich beeinträchtigen können, werden nicht beachtet und finden keinerlei Maß dort.
Das betrifft nicht nur ADHS. Auch BPS, Bipolare Störungen, affektive Störungen, oder eben auch ASS.

Um überhaupt einen GdB von 50 zu kriegen, muss du echt schon quasi psychiatrisch so Krank sein, dass du proffesionelle Pflege benötigst.
Finde ich nicht gerechtfertigt.

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Hallo,

hatte für die Diagnose ADHS einen Antrag gestellt. Darauf beruht auch der Behinderungsgrad von 20. Ich habe jedoch auch keine gesonderte Stellungnahme abgegeben, in welcher Form ich beeinträchtigt bin. Daher war es bei mir wohl eine sehr einfache Entscheidung.

Dass psychiatrische Störungsbilder in der VersMed ziemlich wenig beachtet werden, stimmt schon. Das ist jedoch dann der Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geschuldet. Dort müsste die VersMed-Verordnung angepasst und die Krankheitsbilder differenzierter abgebildet werden.

Wollte jedoch positiv hervorheben, dass das Land Niedersachsen ein ziemlich unkompliziertes Antragsverfahren etabliert hat. Das hat es mir ziemlich erleichtert, überhaupt einen Antrag zu stellen.

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Das muss nicht sein. Vielleicht ist es auch eine „Glückssache“. Ich kenne ein Kind mit ASS mit 50% (auch Niedersachsen). Professionelle Pflege benötigt es nicht, hat nur eine Schulbegleitung.

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Bei Kindern wird da oft nen bißchen anders gewichtet und ASS hat in der letzten Zeit ohnehin mehr Resonanz erhalten.
Kann im Erwachsenenalter jedoch wieder anders sein. Die Ausweise sind zumeist befristet.

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Hallo,

ich wollte einmal meinen Senf dazugeben, weil ich gerade dabei bin.

Ich habe bereits einen GdB von 40 & eine Gleichstellung vom Arbeitsamt.
Erst jetzt habe ich realisiert, dass sie mir „nur“ eine Seelische Störung, Angstleiden (30 GdB) angerechnet haben und Probleme mit meiner Wirbelsäure (10 GdB)

Seit ich offizell die Diagnose ADHS habe (seit März) habe ich auf eine Rückmeldung gewartet, weil ich eine Erhöhung bewirken wollte. Zumal meine Symptome mit der Zeit immer mehr wurden und mein Alltag faktisch einfach stark eingeschränkt ist.
Jetzt habe ich heute tatsächlich eine Ablehnung mit der Begründung bekommen, dass Aufmerksamkeitsstörungen nur 10 GdB ausmachen würden und deswegen würden sie den nicht erhöhen.
Was zum einen gar keinen Sinn macht. Wenn das 10 GdB sind, sollte das auch dazu gezählt werden.
Mal abgesehen davon gibt es Tabellen, in denen ADHS von Anfang an mit 30-70 Gdb eingeschätzt wird.
Einfach nur frech und ich bin aktuell so sauer und traurig.

Vermutlich kennen die das Krankheitsbild auch gar nicht und verstehen nicht, wie sehr einen das einschränken kann im Leben.
Ich werde jetzt einen Widerspruch einlegen und bin gespannt, wie es dann weiter geht…

LG

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Tatsächlich geht es eher um die Beeinträchtigungen die aus ADHS folgen. Die müssen ersichtlich sein. Die ganzen GdB-Formulare sind für körperliche Leiden zugeschnitten. Bei neurologischen/psychologischen Angelegenheiten nur die Diagnose „ADHS” einträgt, zeigt damit keine Beeinträchtigungen auf. Ja, die Formulare ziehen einen in die Irre!

Daher trägt man da dann „ADHS mit daraus folgenden Beeinträchtigungen, siehe Beiblatt mit Titel Beeinträchtigungen”. Auf diesem Beiblatt kann man formlos (können mehrere Seiten sein) seine Beeinträchtigungen ausführen. Also konkret benennen und mit alltäglichen Beispielen erklären. Idealerweise bespricht man dies mit seinem Facharzt, damit sich das einigermaßen deckt. Die Beeinträchtigungen folgen durch die Symptome und Komorbiditäten. Auf die gibt es dem GdB. Jammern ist erlaubt!

Oft ist es auch so, dass sich unterschiedliche Ursachen dieser Beeinträchtigungen gegenseitig negativ beeinflussen. Also auch diesen Zusammenhang ausführen.

Und ja, so ein Beiblatt muss das Amt berücksichtigen. Deswegen sind die Möglichkeiten den Antrag online zu stellen limitierend, da hat man je nach Bundesland keine Möglichkeit etwas zusätzlich hochzuladen. Also gilt es den Antrag analog (Post, Fax) zu stellen. Die Erfahrung zeigt, dass diese Anträge insgesamt erfolgreicher sind und Widersprüche seltener gestellt werden (Aussage des Reha-Sozialdienstes, die ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann).

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Nachtrag zum Addieren: Einzelne Beeinträchtigungen werden nicht addiert, sondern in ihrer Gesamtheit als Gesamt-GdB bewertet. Zum Beispiel führt A zu einem GdB von 50, B zu einem GdB von 30. Insgesamt wird aber kein GdB von 80, sondern beispielsweise ein GdB von 60 festgestellt. Das ist individuell.

Bei einem GdB von 10 ist es durchaus drin, dass dies kein Einfluss auf den bisherigen Gesamt-GdB hat. Da verweise ich auf meinen vorigen Beitrag. Um mehr als 10 zu bekommen, muss da etwas substanzielles vorliegen.

Dann bekommt man schon eher den Einzel-GdB von 30. Mehr gibts bei Erwachsenen im Regelfall nur, wenn damit weitere (bisher) unberücksichtigte Beeinträchtigungen folgen.

Es gibt Menschen die trotz ADHS wunderbar klar kommen und in der aktuellen Lebenssituation keine Beeinträchtigungen haben. Die würden dann auch 0 zugewiesen bekommen. Wenn die beim GdB bisher berücksichtigten Beeinträchtigungen nicht unterscheiden, wird da aber auch nicht mehr als der Einzel-GdB 10 bei ADHS kommen.

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Hallo,

danke für die Rückmeldung. Ich habe mich nun mit dem Sozialverband in Verbindung gesetzt, damit die mir bei der Begründung helfen. Kommt wohl immer gut an, wenn deren Name mit auf dem Briefkopf steht.
Ich habe selber auch schon zwei Seiten geschrieben, inwiefern das mein Leben eben Beeinträchtigt.

Man hat vielleicht gemerkt, dass ich zum Schreiben des Posts sehr geladen war. Ich hab mich mittlerweile beruhigt und kann etwas neutraler an die Sache gehen und verstehen, dass jemand Außenstehendes halt auch einfach nicht verstehen kann, wie es sich anfühlt. Dass es nicht „nur etwas rumzappeln und Sachen vergessen“ ist.

Danke dir!
LG

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