Wenn ich im Hyperfokus bin, nehme ich weder Hunger noch Schmerzen noch Harndrang noch extteme Müdigkeit o.ä. wahr, höchstens marginal, und ignoriere das dann aber komplett, obwohl ich dann schon weiß, dass das sehr unschlau ist. Der Zustand kann auch tagelang anhalten, er wird halt zwangsunterbrochen durch Struktur von außen, die ich dann aber als extrem störend empfinde, und es kostet mich dann viel Anstrengung, das andere nicht spüren zu lassen.
Zum einen sind in den Folien vor allem die Bereiche thematisiert, wo eine Abgrenzung zu ADHS von außen betrachtet schwierig sein kann. Aber es gibt ja andere Bereiche, wo es weniger symptomatische Überschneidungen gibt (kommunikative Fähigkeiten, Theory of mind…). Du solltest also eher die ICD-und DSM-Kriterien anschauen.
Wenn das für dich selbst erkenntnismäßig keine so große Rolle mehr spielt, und / oder du keine so starken ASS-bedingten Einschränkungen hast, dass du spezifische Integrationshilfen benötigst, ist eine Diagnostik sicher unnötig.
In meinem Fall habe ich mich nie mit ADHS identifizieren können, daher habe ich mich nicht damit auseinander gesetzt, bei mir standen die kommunikativen und sozialen Einschränkungen dominierend im Vordergrund. Ich brauchte dringend geeignete Hilfen, und zusätzlich hat die ASS-Diagnose mit einem Schlag alles erklärt. Das war für meine Selbstannahme quasi der Dreh- und Angelpunkt und hat überhaupt erst ermöglicht, dass die Psychotherapie Erfolge bringen konnte, da erst jetzt, unter Orientierung an meinen Voraussetzungen, die Ziele und Wege dorthin angepasst werden konnten. Die „offizielle“ ADHS-Diagnose dagegen hätte ich dann nicht mehr „gebraucht“, der Verdacht meiner PT auf komorbides Vorliegen reichte völlig (um eben Passung der Psychotherapie zu bewirken). Aber da wir im Bereich der exekutiven Funktionen an Grenzen stießen, bei denen unklar war, ob sie jeweils zu ASS oder ADHS gehörten, wollte ich ausprobieren, ob Medikation da etwas verbessern kann. Daher war dann die Diagnostik sinnvoll.
„Bringen“ tut mir die ADHS-Diagnose ansonsten nichts.
Zum einen wird man eine psychiatrische Diagnose ohnehin nur sehr schwer „los“, zum anderen würde kein Arzt einem Patienten ein Medikament „wegnehmen“, das seine Situation nachweislich verbessert.
Wie sollte die „Aberkennung“ denn praktisch funktionieren: Dass dir ein Arzt aufschreibt: „Frau Allmighty hat nachweislich doch kein ADHS“ und dich verpflichtet, den Schrieb jedem Arzt vorzulegen, die Krankenkasse auffordert, in deiner Gesundheitsakte zu vermerken, dass du KEIN ADHS hast und sie dir keine ADHS-Therapie zu zahlen brauchen…? Nein. So funktioniert das in D nicht, auch wenn es Querdenker gibt, die diese Paranoia schieben
Frag mal jemanden, der eine Schizophrenie diagnostiziert bekommen hat, wie schwer bis unmöglich es ist, die Diagnose loszuwerden, weil er eine ASS-Diagnose erhalten hat, die seine Symptome besser erklärt (und da wird die Komorbidität beider Störungen wesentlich seltener beschrieben als bei ASS, das recht häufig mit ADHS einhergeht).
Die Frage ist tatsächlich eher, ob du was von der Diagnostik hast, wenn es denn tatsächlich vorliegen sollte. Und die Wartezeiten sind ewig lang.