Aufgaben im Alltag erledigen

Hallo,

ich habe keine ADHS-Diagnose, aber möchte mich ein bisschen schlau machen, ob meine Schwierigkeiten ähnlich wie bei ADHS sind.

Eins meiner größten Probleme ist, dass ich nur sehr schwer im Alltag Aufgaben erledigen kann, angefangen von Körperhygiene über Haushalt, Kochen bis zu Bewegung/Sport.

Ich schaffe an einem Tag nur sehr wenig (lebe allein und arbeite nur drei Tage in der Woche, habe trotzdem Mühe, alles zu erledigen, was getan werden müsste).

Außerdem schaffe ich es nicht, mich an Routinen zu gewöhnen. Jede Routine wird täglich in Frage gestellt und hält meistens nicht lange.

Und ich hasse Verpflichtungen, d.h. sobald ich etwas als „Muss“ empfinde, fällt es mir noch viel schwerer, und ich empfinde fast alles als „Muss“. Jedes kognitive Dagegen-An-Denken hilft nicht.

Deshalb komme ich auch nicht aus meinem Chaos heraus, sondern mache immer nur gerade so viel, wie unbedingt nötig. Dabei fallen mir Tätigkeiten, die man sitzend machen kann (z.B. die Steuererklärung) leichter als Tätigkeiten, für die man sich bewegen muss (Haushalt, Rausgehen). Ich schaffe es nicht, mich zu ändern, obwohl ich mit dem Zustand unzufrieden bin.

Kennt ihr das auch? Lässt sich das mit ADHS erklären, oder ist es eher untypisch/braucht eine andere Erklärung?

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Hallo,

Antriebsstörungen kommen schon auch bei ADHS vor, es gehört aber noch vile mehr dazu.
Antriebsstörungen treten auch bei anderen Störungen auf. Z.B. Depression, Burnout, usw., was ja auch gut behandelbar wäre.
Das ich keine Energie habe, eine körperliche Tätigkeit anzugehen, kenne ich auch nur zu gut. Aber ehe ich mich an die Steuererklärung setzen würde, (zu kompliziert und langweilig :wink: ) würde ich persönlich noch lieber sowas machen… Aber das ist sicher auch bei jedem anders …
Hast du mal versucht Onlinetests zum Thema ADHS zu machen? Z.B. bei ADxS.org gibt es einen ausführlichen.
Diese Tests können einen ersten Eindruck geben, ob das bei dir zutreffen könnte, ersetzen aber keine qualifizierte Diagnostik. Sie helfen aber bei der Entscheidung, ob es sich lohnt, das in Angriff zu nehmen.
Da du ja sehr unter deinen Symptomen zu leiden scheinst, würde ich dir raten, das grundsätzlich erstmal bei einem Psychiater zu besprechen. Und die Online-Tests geben dir bis dahin schonmal einen Eindruck, in welche Richtung es bei dir gehen könnte.

Lg und viel Erfolg :slightly_smiling_face:

Bei mir läuft schon einiges, ich habe zwei Therapien gemacht, bin auch beim Psychiater, nehme schon Medikamente, aber diese Schwierigkeiten überdauern alles, im Grunde schon, seit ich Mitte 20 von zu Hause ausgezogen bin. Davor war durch meine Eltern alles gut strukturiert, aber jetzt lebe ich schon fast 30 Jahre allein.

Den hiesigen Onlinetest habe ich schon gemacht, dabei kam raus, dass ich einige Symptome im Bereich Unaufmerksamkeit habe, aber weniger bei Hyperaktivität.

Mich würde nur interessieren, ob es bei ADHS vorkommt, so in der Art wie beschrieben. Wenn es etwas sehr typisches wäre, würden sich ja normalerweise viele melden und schreiben „ist bei mir genauso, ist genau mein Problem“, aber das scheint nicht so zu sein.

Das sich keiner meldet kann unterschiedliche Gründe haben. Manchmal rutscht auch ne Frage einfach nach unten durch und wird „übersehen“

Ich kenne viele der Symptome, aber dass sind auch Symptome die andere Diagnosen auslösen können wie schon gesagt z.B Trauma/PTBS oder Depression.

Man kann auch Beides haben und dann wird es etwas schwieriger das zu unterscheiden.

Letztendlich kann da nur eine gute Diagnostik helfen .

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Liebe Akana, es tut mir sehr leid, dass du die Alltagsbewältigung so herausfordernd empfindest. Deine Frage ist nicht einfach zu beantworten. Möglicherweise hat es etwas mit der Diagnose AD(H)S zu tun. Aber es kann auch sein, dass andere, vielleicht zusätzliche Problemstellungen bestehen. „Muss“ Gefühle, gegen die man sich wehrt und die dazu führen, dass eine Lebensbewältigung lediglich lustgesteuert ist, also nicht rational gesteuert werden können gemäß äußerer „Verpflichtungen“ kann auch andere Ursachen haben. Da gibt es viele Möglichkeiten. Ich kenne deine Empfindungen hinsichtlich Einrichtung von Routinen außerhalb innerer Motivation nur zu gut. Zumindest mir kommt es so vor, als ob diese als hilfreich angesehenen Routinen den letzten Rest von gedanklicher Flexibilität, Entscheidungsfreiheit, bzw. Anpassung an persönliche Bedürfnisse, Gedanken regelrecht abtötet. Mir persönlich geht es dann so, als sei ich lediglich funktionierend. Ein Kontakt zu mir selbst fehlt, weshalb ich mich (ich denke aus ganz menschlichen Gründen, die uns eigentlich ausmachen) so sehr wehre. Vielleicht geht es dir ähnlich. Du bewertest möglicherweise Routine nicht als Werkzeug, sondern als Einschränkung. Vielleicht ist das in deinem persönlichen Fall sogar so. Du darfst bitte niemals vergessen, dass A(D)HS nur einen Teil von dir ausmacht. Dein Sein ist viel mehr. Wenn du dich also wehrst, könnte es dir sehr helfen, dass du dir selbst nachspürst. Was macht Routine mit dir? Was löst sie in dir aus? Du hast Gründe dafür. Intrinsische Gründe. Spüre ihnen wertfrei nach, anstatt dich zu verteufeln. Hast du professionelle Hilfe, die dir in dieser Frage zur Seite stehen könnte? Ich denke, dass die Frage danach, ob es Anderen ebenso geht, wie dir, dir zwar möglicherweise bei Bestätigung ein kurzfristiges Sicherheitsgefühl vermittelt, aber sie hilft nicht wirklich. Deine empfundene Hilflosigkeit braucht Unterstützung, die dich ganz persönlich einschließt. In einem Laienforum kann dir empathische, zugewandte, freundliche Aufmerksamkeit gegeben werden, was viel bedeutet, aber eine Antwort auf deine Nöte, mit der du etwas für dein Leben anfangen kannst, kann es dir nicht geben. Dazu brauchst du einen Profi. Sei liebevoll und warm gedrückt. Du bist nicht und niemals allein.

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Lässt sich schon erklären, aber am Ende wird dir nur eine Diagnose weiterhelfen.

Lass das doch mal abklären.

Ansonsten; ja ich würde schon sagen, dass das einige ADHSler u.a. betrifft, diese Antriebsstörung. Kenne ich von vielen, auf jeden Fall. ich selber habe das jetzt nicht so, also ich prokrastiniere auch viel, aber ich liebe Struktur und Ordnung und hangel mich durch meine Routinen soweit ganz gut durchs Leben. Ohne Routinen wäre absolutes Chaos und ich wäre verloren.

Was oft vergessen wird oder gar nicht so bekannt ist, dass die 21-Tage-Regel ein Mythos ist. Angeblich braucht man drei Wochen, um eine! neue Gewohnheit auszubilden. Das reicht höchstens für den Anfang. Inzwischen ist man bei einem Durchschnittswert von etwa zwei Monaten, um ein neues Verhalten zu automatisieren.

Jetzt kommt dazu die Idee, dass ADHSler etwa die dreifache Zeit brauchen und keine Ausnahmen zulassen dürfen, damit daraus eine Art Autopilot wird.

Die nächste typische Hürde ist die Ungeduld. Das dauert alles viel zu lange…

Ich kenne das mit den Routinen sehr genau. Und es hilft wirklich nur, dass man klein anfängt. Eine Angewohnheit so lange üben, bis man nicht mehr darüber nachdenkt. Erst dann die nächste. Und dann aber die erste nicht aus dem Takt bringen, sonst ist sie nach kurzer Zeit wieder weg.

Ich weiß aber inzwischen auch, dass es sich lohnt, wenn man ein paar gut laufende Automatismen hat. Mich entlastet das, wenn ich nicht mehr nachdenken muss, was ich in welcher Reihenfolge morgens im Bad zu tun hab. Zum Beispiel.

Danke für eure Antworten!

Kennst du konkrete Ursachen? Depression würde ich ausschließen, weil es ja immer gleich ist, egal, ob es mir stimmungsmäßig gerade gut geht oder nicht. Trauma und PTBS kann ich auch ausschließen, denke ich. Habe eine entsprechende Diagnose auch nie bekommen.

Ich habe vergessen, hier zu erwähnen, dass ich eine Asperger-Diagnose habe. In früheren Beiträgen habe ich das erwähnt, aber die hat ja vielleicht nicht jeder gelesen. Andere Autisten kennen das aber auch nicht so in der Art, und mir ist dann schon öfter gesagt worden, ich hätte ADHS (von anderen Autisten), obwohl ich selber das eher nicht denke. Nur wollte ich mich einfach mal mehr informieren darüber. Eine Diagnostik bekommt man ja auch nicht gleich morgen, und für die Medikamente brauche ich keine Diagnose.

Ja, das könnte stimmen. Es ist wohl sowas wie meine tägliche Rebellion gegen die ganzen Zwänge, denen man im Leben unterliegt. Aber vermutlich auch noch aus der Kindheit so übernommen. Zuletzt wirklich frei war ich ja wahrscheinlich vor Eintritt in den Kindergarten, ist also schon eine Weile her, und seither geht es nur um das Erfüllen von Anforderungen anderer.

Zur Zeit habe ich keine Therapie, und den Psychiater sehe ich ca. 2-3 x im Jahr.

Benutzt jemand hier die Tiimo-App oder eine andere ähnliche App, die bei der Aufgabenerledigung helfen kann? Bringt euch das was?

So weit komme ich meistens gar nicht. Ich bräuchte dann immer jemanden, der mir das in dem Moment sagt (was eigentlich bescheuert ist, weil man dann ja noch unfreier ist als wenn man selbst entscheidet, etwas zu tun). Ich habe z.B. seit mehr als drei Jahren jede Woche eine Verabredung mit jemandem zum Spazierengehen, aber wenn diese Verabredung wegfallen würde, dann würde ich auch keine Spaziergänge mehr machen, oder nur noch sporadisch, aber sicher nicht jede Woche. Obwohl man ja meinen könnte, dass drei Jahre für eine Routine reichen sollten.

Diese Reihenfolge habe ich mir auch mal überlegt und halte sie auch ein, wenn ich im Bad bin. Ich muss nur erstmal ins Bad kommen, daran scheitert es mitunter.

Alltag ist scheiße.

Ich bin dummerweise Hausfrau und Mutter und müsste mich daher den kompletten Tag mit langweiligen Aufgaben beschäftigen. Schrecklich!

ADHS und ASS laufen gerne Hand in Hand, was die Diagnose/Selbstdiagnose erschwert.

Hyperaktivität braucht man nicht haben, um ADHSler zu sein.

Hyperaktiv bin ich gar nicht. Was ich brauche zum Zurechtkommen ist was auf die Ohren, ein Podcast z.B. dann schaffe ich auch Wäsche aufhängen.

Kenne ich in soweit, dass ich gerne in den Tag hineinlebe, ich mag keine Verpflichtungen und was ich nicht als wirklich unbedingt nötig finde, mache ich nicht. Ich muss für mich erstmal in Ruhe was schönes machen, um eine unangenehme Aufgabe, wie z.B. meinen Haushalt in Ordnung bringen zu können. Ich mache mir für jeden einzelnen Tag einen Plan was ich in Angriff nehmen will, da ist immer 1 unangenehme Tätigkeit dabei, manchmal schaffe ich auch mehr. Das ist aber auch die einzige STruktur die ich habe, die Reihenfolge bestimme ich spontan nach Lust und Laune, mehr verlange ich nicht von mir :face_with_peeking_eye:

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Wenn ich noch Kinder hätte, dann wäre ich wahrscheinlich viel früher auffällig geworden und hätte einen dieser Nervenzusammenbrüche gehabt. So aber konnte ich gerade noch funktionieren, sodass es nicht groß auffiel, dass ich eigentlich sozusagen auf Sparflamme lebe.

Das finde ich gut. Vielleicht muss ich auch was in der Richtung versuchen.

Liebe Akana, früher glaubte ich, dass diese Verweigerung eher daher rührt, dass ich aus einem sehr restriktiven Elternhaus komme und eine pubertäre Trotzhaltung beibehalten habe, als Identitätserhalt oder Selbstbestimmungsbemühungen, also eher ein tiefenpsychologischer Erklärungsansatz. Im Augenblick hege ich eher den AD(H)S Ansatz. Sprich fehlender Selbstkontakt, wenig gedankliche Beweglichkeit, übermäßiges Stressempfinden, zwanghafte Tätigkeitsdynamik (Dominosteine) etc., das als Folge der empfundenen Hilflosigkeit Abwehr gegen extern vorgegebene Tätigkeiten bewirkt. Aber das ist noch nicht vollständig durchdacht. In meinem Alter (fast 60) können auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen. Vielleicht helfen dir meine persönlichen Erfahrungen als Anregung. Auf jeden Fall würde ich dir professionelle Unterstützung empfehlen. Liebe Grüße

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Um auf deine Frage nach weiteren potentiellen Ursachen zu antworten. Natürlich gibt es andere Erklärungen. Ich möchte aber hier nicht so gern wild ins Blaue spekulieren. Das würde dich wahrscheinlich eher verwirren. Viel sinnvoller wäre es, tatsächlich professionelle Diagnostik.

Ja, das verstehe ich aber. Deine Routine ist eben ein gemeinsamer Spaziergang. Stattdessen alleine zu gehen, wäre nicht das Gleiche.

Ich koppele bestimmte Dinge miteinander. Das fängt damit an, dass ich mir überlege, wann der „ideale“ Zeitpunkt für irgendwas wäre. Eine Routine, die ich sehr schwierig finde, ist alles rund um Wäsche. Also habe ich überlegt, wann am Tag oder in welchem Zusammenhang ich den jeweiligen Einzelschritt machen sollte. Was inzwischen klappt, ist das Starten der Maschine und das Trocknen, aufgehängt oder Trockner, ist inzwischen auch egal. Was ich gerade übe, ist das Verfrachten in die Schränke.

Im Moment ist meine einzige Lösung für Haushalt einen Podcast zu hören. Ob Krimi, Info oder lustig ist egal. Hauptsache mein Hauptgehirn hat was interessantes zu tun. Dann schaffen die niederen Abteilungen meinen Körper dazu zu bringen die Küche aufzuräumen, die Wäsche zu machen, das Bad zu putzen, durchzufegen oder ein Kinderzimmer aufzuräumen.

Ganz schlecht läuft das am Wochenende, wenn ständig jemand was von mir will und mich dann immer aus dem Podcast haut und den Tagesablauf ändert oder ich den Krimi nicht hören kann, weil er nicht für die in der Nähe befindlichen Kinderohren geeignet ist.

Kopfhörer sind keine Lösung.