Autismus, ADHS und Medikinet

Hallo zusammen,

Ich bin vor einigen Monaten mit einem Verdacht auf Autismus bei einer Psychotherapie gestartet. Diese Diagnose wurde mittlerweile bestätigt, aber meine Therapeutin hat im Rahmen der Diagnostik die Verdachtsdiagnose ADHS in den Raum geworfen und mir dazu geraten mit einem Psychiater zu sprechen.

Da die diversen standardisierten Tests und auch das Gespräch mit meinem Psychiater kein klares Ergebnis geliefert haben, hat er vorgeschlagen mithilfe von Methylphenidat zu „überprüfen“ ob eine ADHS vorliegt.

Meine Therapeutin hatte mir eingeschärft daran zu erinnern, dass ich durch den Autismus auch sensibler auf eine Medikation reagieren können und deshalb ein langsameres Einschleichen sinnvoll wäre.

Mein Psychiater hat mir als Eindosierung jetzt 2 x täglich 5 mg Medikinet adult verschrieben und ich soll nach 7 Tagen jeweils die tagesdosis um 10 mg erhöhen. Laut Internet und Packungsbeilage scheint das das Standard Verfahren zu sein, was mich schon in dem Kontext der möglichen Sensibilität etwas verunsichert.

Ich habe gestern dann aber wie geplant gestartet und hatte keinen guten Tag dadurch. Ich kann das ganze gar nicht wirklich beschreiben, aber es war definitiv sehr anstrengend. Ich habe richtig gemerkt wie ca. 90 Minuten nach der Einnahme (und dann später in noch einem zweiten Schub) mein Körper reagiert hat. Heute war das ganze allerdings schon deutlich besser. Und ich habe diesen Zeitpunkt 90 Minuten nach der Einnahme nicht bemerkt.

Dafür hatte ich an beiden Tagen jetzt enormen Durst und heute auch Kopfschmerzen (was aber ja ganz normale Nebenwirkungen sind).
Ich merke allerdings den Rebound Effekt auch deutlich. Meine Hände fangen an zu kribbeln, ich habe Hitzewallungen und werde sehr müde (da ich die letzten Nächte aber auch sehr wenig geschlafen habe, könnte es auch einfach sein, dass ich während das Medikinet wirkt die Müdigkeit einfach nicht merke).

Gestern bin ich morgens (vor der ersten Einnahme) auch wie gewohnt mit dem Auto zur Arbeit gefahren, nur um auf dem Heimweg (mit rebound) zu merken, dass ich mit rebound definitiv nicht dazu in der Lage bin Auto zu fahren!

Durch meinen Autismus stellen öffis eine ziemliche Herausforderung für mich dar (Reizüberflutung pur), weshalb sich mir auch die Frage stellt: besteht Hoffnung, dass sich das bessert?

Kann mir irgendwer mit der Doppeldiagnose ADHS und Autismus von seinen Erfahrungen mit einer Medikation berichten?

Ich habe vor, bevor ich nach 7 Tagen die Dosis erhöhen soll, noch einmal mit meinem Psychiater Rücksprache zu halten ob es nicht doch sinnvoll wäre die Medikation langsamer zu steigern. Ich habe Sorge, dass ich mich sonst bei einer Erhöhung fühle, wie ich mich jetzt Gestern gefühlt habe.

Oder sollte ich dem ganzen einfach noch mehr Zeit geben? Es sind schließlich gerade einmal zwei Tage vergangen, das ist ja echt nicht viel.

Wird der Rebound Effekt mit der Zeit besser?

Ich habe jetzt auch hier im Forum gelesen, dass es andere Medikamente gibt, die da besser geeignet sind. Ist es vielleicht jetzt nur für die Diagnose sinnvoll mit Methylphenidat zu arbeiten, weil sich hier so klar an der Reaktion zeigt ob ADHS vorliegt und dann langfristig auf ein anderes Medikament zu wechseln?

Ich bilde mir auch ein, dass ich mich heute leichter konzentrieren konnte als sonst. Aber mein Psychiater meinte, dass ich am Anfang erstmal gar nichts davon merken würde und Konzentration ist ja auch von sehr vielen Aspekten abhängig. Kann es trotzdem sein, dass das vielleicht schon die Wirkung von dem Medikinet ist?

Liebe Grüße

Hallo @Niclet ,

Ich bin auch noch in meiner Eindosierungsphase und obwohl bei mir bis jetzt kein ASS diagnostiziert wurde (allerdings bei meinem Kind AuDHS) und ich selber auch noch keine Erfahrung mit Medikinet habe (aber mein Kind 10mg am Tag) antworte ich dir mal.

Tatsächlich ist der trockene Mund und das Durstgefühl eine Nebenwirkung, die mit der Zeit nach lässt. Ebenso die Kopfschmerzen, wenn mir das zu viel wurde habe ich einfach eine Ibu genommen, das hat mir geholfen.

Der Rebound hat mir zu beginn auch sehr zu schaffen gemacht, inzwischen kann ich damit besser umgehen. Da ich allerdings noch in meiner Findungsphase (Dosis, Medikament) bin, weiß ich nicht, ob der Rebound nach Verfassung unterschiedlich stark wahrgenommen wird.

Letztendlich bin ich auch für ein langsames aufdosieren. Als ich von 10mg auf 20mg gestiegen bin, habe ich eine deutliche Veränderrung bemerkt. Das half mir allerdings auch zu verstehen, wie das Medikament wirkt, da ich zuvor kaum was wahrgenommen habe. Inzwischen bin ich auf 15mg. - ob es dabei bleibt weiß ich noch nicht.
Meinem Kind reichen 10mg um innerlich ruhiger zu werden. Eine geringere Reizempfindlichkeit konnte ich noch nicht feststellen. Ich habe mal gelesen, dass Autisten oftmals geringere Dosen besser vertragen, aber ich denke das ist doch sehr vom Einzelnen abhängig, schließlich ist es ein Spektrum.

Ich denke du wirst Geduld und eine gute Selbstbeobachtung brauchen. Vielleicht wäre es auch gut, die Dosis am Wochenende zu erhöhen, damit du mehr Ruhe hast.

Ganz liebe Grüße

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Bei mir ist das mit dem Autismus noch in Klärung. Aber tatsächlich ist Medikinet nicht meins gewesen. Es beeinträchtigt meinen gesamten Alltag und mir ging es damit nicht gut. Alles was ich im Griff hatte an…ich sag mal Umständen… geriet aus der Bahn. 5mg sind für mehrere Wochen genug und für mich war das strecken der Wirkung eher wichtig als hoch zu dosieren. Ich habe bei 15mg (danach 10 oder 5 als 2. Dosis) nur noch Rebound Probleme gehabt die nicht von dieser Welt waren.
Ich habe auf Elvanse gewechselt. Das ist sanfter. Das wissen die Psychiater auch. Und doch scheint es gängig zu sein, den Patienten es immer erst mit Medikinet ausprobieren zu lassen. Ich glaube es ist gut, die Mischung zu finden aus geduldig zu sein beim Eindosieren und nicht lange rumzufackeln.
Ich persönlich habe eher nicht lang rumgefackelt und ohne Probleme ein anderes eben sanfteres Präparat bekommen. Und auch hier dosiere ich im Kinderbereich! Und zwar so lange bis ich bereit bin für den nächsten Schritt. Das könnte aber zwischen in ein paar Wochen/Monaten oder sogar gar nicht liegen. Mir wurde bei der Verschreibung des 2. Präparats gesagt, ich soll 4 Wochen (!!!) kein Auto fahren. Da war ich echt perplex. Hat sicher was mit der Wirkung selbst zu tun, aber wohl auch ein rechtlicher Aspekt.
Bei Lisdexamphetamin (Elvanse) ist die Wirkungskurve anders als bei Medikinet.
Es rauscht langsamer an bis zum peak flaut ab und kommt noch mal wieder bis es dann raus geht (sehr unmedizinisch formuliert). Ich persönlich finde das gut. Also soweit nur Bericht von mir.

Wie hat denn dein Körper reagiert?

Ich habe keine Doppeldiagnose. Nur die Vermutung. Ich kann dir keinen Standart Ratschlag geben außer mit deinem Arzt darüber zu sprechen. Es wird dann sicher einen Lösung / Alternative geben. Und du fühlst dich dann auch besser, das Thema dort auch noch mal platziert zu haben.

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Ich habe beide Diagnosen. Mein Psychiater fing mit Medikinet retard an. Ich hatte zuvor Antidepressiva gegen meine Erschöpfungsdepression probiert und reagierte schon bei der kleinsten Menge mit starken Nebenwirkungen.
Mit Medikinet retard kam ich nicht klar. Ich habe es 2 Monate versucht, weil ich unbedingt eine Besserung wollte. In der ersten Woche mit 10mg sank mein Blutdruck auf 87/53, welcher Schwindel und Kopfschmerzen verursachte. Durch den Schwindel hatte ich vor Allem ab 14 Uhr Schwierigkeiten Auto zu fahren.
Ich erhöhte erst nach 2 Wochen morgens und mittags 10 mg. Dann hatte ich nicht mehr solche Kopfschmerzen. Aber ich hatte wirklich das Gefühl, alle Reize sind viel schlimmer. Alles ist lauter, heller, Gespräche anstrengender. Außerdem war ich dauermüde. Habe aber auch noch nie so gut geschlafen und ich habe unruhige Finger bekommen. Musste sie immer bewegen.
Ich habe eigenmächtig mal 20/10 ausprobiert. Da hatte ich morgens mehr Antrieb, wurde aber noch unruhiger und hatte Gedankenrasen.
Ich habe es abgesetzt nach 8 Wochen.
Ich wollte Elvanse ausprobieren. Mein Psychiater meinte, dass es genauso wirken wird und schlug mir Atomoxetin vor. Ich lehnte ab, weil es oft Kopfschmerzen verursacht und ich niemanden kenne, der es nimmt.
Irgendwann durfte ich dann doch mal Elvanse testen und bin jetzt dabei geblieben.
Es ist wirklich sanfter und subtiler. Man spürt die Wirkung nicht so direkt und hat nicht so einen extremen Rebound. Ich habe mit der Kinderdosis 20 mg angefangen.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen.

Ich habe auch gemerkt, dass ich alle Reize deutlich intensiver wahrnehme. Ich war sonst nie sonderlich Licht empfindlich, jetzt schon. Licht und Geräusche nehme ich auch mehr wahr. Kälte ist auch schmerzhafter als vorher.

Gleichzeitig bin ich von der Geräuschkulisse auf der Arbeit nicht so überfordert und überreizt wie sonst.

Ich habe jetzt auch schon eine deutliche Verbesserung der Nebenwirkungen gemerkt. Ich versuche die Einnahme der zweiten Kapsel so abzupassen, dass ich erst in den rebound komme nachdem ich sicher zuhause ankomme.

Ich habe auch die Hoffnung, dass Schlaf nachholen helfen wird

Hallo Niclet,

wenn (!) du ordentlich frühstückst und auch zu der zweiten Kapsel eine Mahlzeit einnimmst, kannst du erstmal bei Medikinet Adult bleiben; falls nicht dann solltest du etwas Anderes nehmen.

Mit Erhöhung um 10 mg meinst du vermutlich von 5 - 5 auf 10 - 10? Also Erhöhung der Einzeldosis um 5 mg?

Wenn du zu Einzeldosen über 20 mg kommst, versuch bei der zweiten Dosis 5 (oder 10?) mg niedriger zu bleiben als bei der ersten. Meist braucht man das Meiste morgens.

Die zweite Einnahme hinauszögern, damit du beim Auto fahren keinen Rebound hast, das geht - aber nur wenn die Lücke nicht so groß wird, dass du zwei Rebounds am Tag bekommst, das wäre wieder kontraproduktiv!

Genau, ich soll nach 7 Tagen die Tagesdosis von 10 auf 20 mg erhöhen. Also statt 2×5 mg soll ich dann 2×10 mg nehmen.

Ich frühstücke eigentlich nie, habe jetzt aber wegen Medikinet damit angefangen. Muss das Frühstück zwingend eine „richtige“ Mahlzeit sein oder geht auch ein Protein Shake o.ä.?

Im Laufe der Woche habe ich schon ein bisschen experimentiert wie ich die Einnahmen am besten zeitlich unterbringen kann. Das größte Problem ist, dass ich die Einnahme vergesse wenn ich es nicht DIREKT nach einer Mahlzeit mache.

Die Nebenwirkungen sind auch schon deutlich erträglicher geworden und ich finde es sehr interessant wie viel sich schon geändert hat.
Ich hatte immer die Sorge, dass ich mir Wirkung von Medikamenten eingebildet habe, weil ich immer das Gefühl hatte, dass sie schneller als angekündigt wirken und ich sehr viele Nebenwirkungen hatte. Mit der Autismus Diagnose schaffe ich besser zu akzeptieren, dass ich mir das nicht nur eingebildet/eingeredet habe. Aber trotzdem habe ich auch bei dem Medikinet jetzt wieder Zweifel, ob ich nicht doch übertreibe oder mir alles einrede.

Ich bin einfach mal gespannt ob das langfristig das bewirkt was ich mir erhoffe (bessere Konzentration und bessere Fähigkeit Aufgaben zu koordinieren) und die Nebenwirkungen soweit zurück gehen, dass das eine langfristige Lösung sein kann.

Huhu,

Der Nahrungsbrei im Magen bestimmt bei Medikinet Adult/Retard, wie schnell die zweite Schubrakete im Dünndarm ankommt, ab wo sich die zweite Hälfte der Pellets in der Kapsel erst auflösen soll.

Medikinet Adult vs. Ritalin Adult

Zusammensetzung:

Hartkapsel, 50:50 gefüllt mit unterschiedlichen Pellets.

Freisetzung (Wirkstoff Anteile):

  • 50% schnell (Magen)

  • 50% verzögert (Dünndarm)

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Unterschiede der Retardierung

Medikinet Adult:

Der Retardierungseffekt wird durch eine magensaftresistente Beschichtung der Pellets erreicht, die sich erst ab einem pH-Wert von > 5,5 auflöst und somit die zweiten 50% Wirkstoff zeitlich verzögert erst im Dünndarm freisetzt.

Um die verzögerte Freisetzung zu gewährleisten muss man vor jeder Einnahme feste Nahrung zu sich nehmen. Sonst würden die retardierten Pellets zu früh im Dünndarm ankommen und beginnen aufzulösen.

Das führt dann evt. zu Nebenwirkungen (Dose Dumping) / Überdosierung und (aufgrund der Eliminationsrate und sehr kurzen Halbwertszeit von MPH) auch zu einer verkürzten Gesamt-Wirkdauer und einem früher eintretenden Rebound Effekt.

Der Nahrungsbrei im Magen soll als Bremse dienen und das verhindern

Daher würde ich feste Nahrung zu jeder Einnahme empfehlen.

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Ritalin Adult basiert auf der SODAS (Spheroidal oral drug absorption system)-Technologie.

Die verzögert freisetzenden Pellets besitzen eine Polymer-Beschichtung, die eine kontrollierte Diffusion des Wirkstoffs aus den Pellets ermöglicht (pH-unabhängig).

Daher in diesem Fall keine Nahrungsaufnahme erforderlich.

Hier noch etwas zur Verdauung aus einem anderen aktuellen Thema. Da gehts auch um die Magenentleerung bzw. wann der Nahrungsbrei im Dünndarm ankommt (1-3h je nach Zusammensetzung der Nahrung).

Man würde wahrscheinlich lieber die ~3h anpeilen wollen, nehme ich an.

Es gibt im Netz (Spektrum der Wissenschaft oder andere Seiten) auch Übersichten, welche Lebensmittel wie lange ca. im Magen bleiben bis es weiterrutscht.

Raketenwissenschaft sollte es aber nicht werden.
Würde einfach möglichst was gesundes und festes zu mir nehmen und wer Lust hat und bereits Erfahrung mit dem Medikinet Adult hat, der spielt vielleicht mal etwas herum und versucht es mit nur einem Joghurt, um mögliche Unterschiede für sich am eigenen Leib zu erfahren.