Autismus und ADHS


Lasagne als Hauptmahlzeit und Doppelkekse als Dessert :wink:
Es gibt auch Dinge, die gegen ASS sprechen, die habe ich auch auf der Liste.


In der Abklärung wird man gefragt, ob das Problem schon immer da war oder erst später auftauchte. Zudem schauen sie sich die Schulzeugnisse an, was die Lehrer geschrieben haben und führen Gespräche mit den Eltern. Eigentlich ähnlich wie bei AD(H)S Abklärung, aber bei ASS sind 3 Fachpersonen gleichzeitig anwesend. Einer ist ein Arzt um auch auf Körperliche Ursachen eingehen zu können und diese Auszuschliessen. Die anderen zwei sind auf die psychologische Seite spezialisiert.

Ich kann natürlich etwas anderes essen, aber ich habe keinen Appetit darauf. Genau so kannst du auch mit AD(H)S eine Steuererklärung ausfüllen. Aber du weisst worauf ich hinaus will.
Vor einigen Wochen habe ich das erste mal in meinem Leben ein Big Mac gegessen, weil ich bisher immer nur den Big Tasty gegessen habe :lol:

Am Ende geht es nicht darum, was man isst, sondern, dass man sich in Routinen festfährt, selbst wenn man sie nicht mehr mag und nur mit einem gewissen Aufwand wieder ausbrechen kann.

Also das mit dem bestimmte Sachen essen, bis man irgendwann so viel davon hatte das man es nicht mehr sehen kann, das kenne ich auch.

Oder das ich bei gewissen Dingen immer die gleiche Reihenfolge brauche, keine Ahnung ob das so eine Art „Ritualisierung“ ist, oder ein Zwang?.

Zum Beispiel lege ich immer wieder gerne die Wege zurück die ich kenne, selbst wenn das bedeutet das es ein Umweg ist, aber ich fühle mich einfach sicherer wenn ich den Weg gehe den ich kenne.
Auch wenn der andere Weg schneller wäre.


Und ich bin gerade total geplättet, weil ich mich zu mind. 80% in der ASS-Spalte wiederfinde :shock:

Danke Dir! Weil es auch hier ein bisschen passt, einfach nochmal das für meine Synapsen wunderschöne Rilke-Zitat: „Habe Geduld … und versuche, die Fragen selbst liebzuhaben … wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forsche jetzt nicht nach den Antworten, die dir nicht gegeben werden können, weil du sie nicht leben kannst. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Lebe jetzt die Fragen. Vielleicht lebst du dann allmählich, ohne es zu merken, eines Tages in die Antwort hinein.“

Vielleicht kann es manchmal bei der Kalibrierung helfen, ob gerade unbedingt Klarheit gebraucht wird und wie die konkret weiterhelfen würde oder ob es ausreicht, erstmal in der offenen Frage zu leben und die Antwort in der Zukunft zu erwarten. Gibt sicher beide Varianten.

Also, ehrlich gesagt: angeboren oder erworben - welche Rolle spielt das in der Praxis?

Als Mensch bin ich das Ergebnis einer komplexen Entwicklung, bei der Umwelteinflüsse und Anlagen eine Rolle spielen. Früher war ich sehr optimistisch, was man alles mit Erziehung erreichen kann. Jetzt, mit eigenen Kindern und jahrzehntelanger Erfahrung im pädagogischen Bereich, sehe ich die Sache deutlich nüchterner. Inzwischen glaube ich, dass viel mehr genetisch bestimmt und z.B. der Einfluss der Eltern begrenzt ist.

Und selbst wenn ich Eigenschaften hätte, die eher erworben sind, wer sagt mir, dass ich die besser verändern kann als „angeborene“ Eigenschaften? Wie gesagt, als Erwachsener bin ich das Ergebnis einer langen Persönlichkeitsentwicklung, bei der es mMn schwer bis unmöglich ist, das Rad zurückzudrehen.

Entscheidend ist doch, was mir im Hier und Jetzt hilft, besser mit dem eigenen Leben klarzukommen. Und da ist Fakt, auch bei mir, dass bei ADHS mit Medikamenten sich vieles schnell zum Besseren wendet. Aber eben nicht alles. Man hat sich über die Jahrzehnte viele Muster angewöhnt, die schwer zu durchbrechen sind. Letztlich bleibt man doch auch mit Medikamenten irgendwie so, wie man immer war, nur etwas besser funktionierend, vielleicht auch sozial verträglicher und vor allem sich besser fühlender.

Klar, eine Diagnose kann helfen, besser zu verstehen, warum man der geworden ist, der man ist. Und das kann natürlich entlasten. Allerdings haben hier viele ADHS und ASS-Symptome, mich selbst eingeschlossen.

Bisher habe ich nicht darüber nachgedacht, ob mir eine zusätzliche ASS-Diagnose etwas bringen könnte. Werde meinen Therapeuten demnächst mal fragen, schließlich hat der mit dem ASS-Verdacht bei mir schon mal geäußert. Allerdings ohne daraus zu folgern, dass sich an unserer Vorgehensweise deshalb etwas ändern müsste.

Genauso ist es Addy bzw. ich sehe es genau so wie von dir beschrieben.
Ich tue gebildet: „ Man kann machen was man will, aber nicht wollen, was man will“
Schopenhauer

Spannend finde ich bei mir, dass ich den Eindruck habe, mich mit Medikation selbst besser wahrzunehmen. Hinzu kommt, dass Diagnose, Psychoeduaktion und die Therapie für mich äußerst entlastend waren und viele Anpassungsstrategien und angewöhnte Muster überflüssig wurden. Mit der Folge, dass dahinter Eigenschaften sichtbar oder wahrnehmbar werden, die eben z.B. stark auf irgendwas ASSiges hindeuten (neben allen anderen Dingen, die ich an mir entdecken konnte…).

MIt diesem Thema im Hintergrund stellt sich auch das Thema Rejection Sensitivity bzw. Arousal bzw. Übererregbarkeit, Überempfindlichkeit, Störung-Empfindlichkeit - auch Angst vor allem soziale Ängste - noch einmal anders dar.
Der Bücherschrank wird erweitert…

ASS-Diagnose? Für mich jetzt eher kein Thema. Werde das aber auch mit meinem Psychiater besprechen.
Ohnehin sind beide Diagnosen traditionell auf Jungs bzw. Männer ausgerichtet - die Wahrscheinlichkeit, dass da bei mir nix rumkommt was mir hilft, ist entsprechend groß.

Artikel über Diagnostik bei Frauen bzw. Gender-Bias und Unterdiagnostik (wie meistens…):

Wenn man das beschriebe gute Gedächtnis weglässt, könnte sich den Artikel 1:1 auf ADS Frauen beziehen?

Was bei mir ebenfalls deutlich gegen ASS spricht ist, dass ich als Kind extrem sozial war. Auch in meiner Jugend brauchte ich ständig soziale Kontakte und wollte nie alleine sein. Still in einer Ecke saß ich nie, im Gegenteil war die erste die sofort auffiel.

Ironie und Sarkasmus verstehe ich auch sehr gut und sofort. Weder habe ich ein gutes Gedächtnis noch irgendwelche Inselbegabung ( wobei diese nur bei 30% der ASS ler* innen vorkommen sollte).

Eigentlich ist das einzige was für ASS bei mir spricht die festen Routinen und Regeln und das ich mit Veränderungen null klar komme.

Ach, es gibt so viele Widersprüche bei dem Thema:

Einerseits heißt es, ASSler hätten einen brillanten, schwarzen Humor, anderseits hätten sie keinen Sinn für Ironie und Sarkasmus.

Auch bei ADHS heißt es ja, dass Routinen verhasst seien und Regeln ständig verletzt würden, andererseits kenne ich wirklich viele mit ADHS, denen Regeln und Routinen sehr wichtig sind und die ein Problem damit haben, wenn diese unvorhersehbar nicht eingehalten werden.

Hm.

Ich glaube, ich muss von diesem Dauerhyperfokus auf das Thema mal wieder ne Pause machen, es nimmt einfach zu viel Raum ein.

Ach was, Dauerhyperfokus kann so schön sein! :lol:


Es ist wundervoll. Und ich liebe es. :smiley:

Blöderweise gibt es noch diese Welt da draußen, mit ihren Menschen, die in Beziehung treten, und To-DOs, die erledigt werden wollen. Da kann sich so ein Dauerhyperfokus ganz schön ungünstig auswirken und es kommen Sätze wie:

„Boah, seit gestern Mittag bist du ja überhaupt nicht mehr ansprechbar. Welcher Hyperfokus ist es denn diesmal? Du solltest einfach weniger Zeit im Internet verbringen, sondern lieber in den Garten gehen, der könnte einen Hyperfokus gut gebrauchen. Da ist nach dem Regen der letzten Zeit so viel zu tun - außerdem sagst du ja selbst immer, wie gut dir das tut.“

Stimmt. :o

Zurzeit versuche ich einen Hyperfokus auf das Entfernen eines aus dem Ruder gelaufenen Brombeer-Dschungels zu legen - mit mäßigem Erfolg. :?

Also ich bestehe eigentlich nur aus Wiedersprüchen, finde gewisse Anteile an mir die sich durchaus bis zu einem gewissen Grad im ASS Spektrum bewegen, dann wieder das was als „typisch“ Adhs (Hyperaktiv), aber auch Adhs ohne Hyperaktivität bewegt, sowie Depression und Suchterkrankung, also Hallo!!!, das ist doch eine bunte Mischung, oder?.

Aber nein, im Ernst!, „einfach“ ist das nicht. :wink:

Ja, genau. Widersprüche und ein so komplexer Forschungsstand mahnen auch irgendwie zur Vorsicht, nicht in eine Schiene zu rutschen, die wir selbst im Bingo-Thread so bemängeln. Mit einer gesicherten/professionellen Autismus-Diagnose kann man vermutlich auch nicht mehr hören „Ich habe gern Rainman geguckt“ oder „Ein paar Punkte aus der Bullet-Point-Liste treffen auf mich schon auch zu.“

Die relative Nähe auf dem Spektrum ist aus meiner Sicht sogar ein Grund mehr, dass die Abgrenzung schwierig ist und man auf kompetente Hände/Behandler hoffen muss.

Definitiv.

Aber selbst die können das nicht wirklich abgrenzen.

Da gibt es wohl viele Übelappungen und viele Unterschiede. Da muss sich also eine:r mit beidem sehr gut auskennen - mit beidem. Juhu. Und das, obgleich die meisten sich nur rudimentär mit einem von beiden auskennen und selbst massenhaft Bullshitbingo spielen… waaah!

Ich habe für mich beschlossen, die ängstlichen Aspekte meiner Problematik mal in Richtung ASS zu deuten und das irgendwie zu integrieren.
Zu sehen, welche Impulse sich da finden lassen.
Vielleicht hilft es weiter und fühlt sich richtig an, ansonsten, naja, probier ichs mit was anderem. Ist ja egal, wie das Pferd heißt, das man reitet - hauptsache es bringt einen hin wohin man möchte…


Genau.

Oder in Anlehnung an den Fußballer Andy Möller:

„ADHS oder ASS - Hauptsache Neurodiversien.“

Hm, ich weiß nicht was diese Trennung bringt.

Ich selbst und meine beiden Kinder haben alle drei AD(H)S und einzelne Elemente des Autismusspektrums, aber jedes anders. Und alle drei profitieren von Methylphenidat bzw. Amfetamin (bzw. würden profitieren wenn mein großer Sohn es endlich wieder bekäme).

Ist es dafür erforderlich, aufzudröseln, was von was kommt?

Sozialrechtlich vielleicht, um eine bestimmte Förderung in der Schule zu bekommen (ADHS ist nichts wert, aber Autismus ist das Zauberwort); aber medizinisch?

Nö, muss man sicherlich nicht. Wie gesagt: so etwas wie eine Diagnose strebe ich nicht an, das bringt in der Tat nichts.

Aber man selbst geht mit sich an den Punkten vielleicht anders um, wenn man das auf dem Schirm hat.
Es gibt doch einige Überzeugungen über mich und meine Sicht auf die Dinge, auf andere, auf mich - Selbst- und Fremdwahrnehmung, die u.U. mit einem ASS-Blick anders zu hinterfragen oder erklärbar wären.
Gerade für den Umgang mit Angst und Anspannung erwarte ich mir da noch Anregungen.

Ich sehe das sehr positiv, bin ohnehin gerade in einer Phase, mich anders kennenzulernen.

Weiß jemand, ob Neurodiversien ein Auslieferungsabkommen mit der BRD geschlossen hat? Ist der EU-Beitritt zeitnah geplant? Ich frage für einen Freund.

Ich glaube es gibt ein Letter of Intent für ein Doppelbesteuerungsabkommen. Aber die rechtsstaatliche gegenseitige Anerkennung steht noch aus…