Autistische Probleme/Eigenschaften/Verhaltensweisen bei AD(H)S?

Eigentlich bist du immer noch die gleiche Person; du merkst nur erst jetzt, was deine wirklichen zusätzlichen Bedürfnisse sind, damit du dich in dieser doch so chaotischen Welt nicht auch noch selbst stresst. Ich würde es als ein Gefühl der inneren Zerrissenheit bei mir selbst beschreiben. Eigentlich brauche ich viel Ruhe und Ordnung, bin jedoch sehr chaotisch und impulsiv. Beides muss man irgendwie in Einklang bringen und beide Seiten bedienen, um ein gesundes Mittelmaß zu finden. ADHS mit ASS ist eine richtig groteske und anstrengende Mischung, davon Berichten viele Menschen mit Doppeldiagnose.

Mit ihr kann ich mich ganz gut identifizieren, weiß aber nicht, ob sie medikamentös eingestellt ist.

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Das widerspricht sich. Einerseits sagst du, dass dich andere Menschen eigentlich wenig interessieren, aber du bemühst dich, Interesse zu zeigen bei denen, die dich interessieren.

Für mich widerspricht sich das nicht - vor allem nicht so, wie du es wiedergegeben hast. Es gibt eine Handvoll Menschen, die mir so wichtig sind, dass ich mir gerne Mühe gebe, ihnen zu zeigen, dass ich mich für sie interessiere. Eigentlich ist das nicht der Fall (bei den meisten anderen Menschen). Macht es das klarer?

… empfinde mich manchmal sogar als manipulativ…

Das kenne ich auch sehr gut. Ich weiß halt nur nicht, wie ich es sonst anstellen soll. Außerdem heißt es doch im Allgemeinen „Wenn du etwas wissen willst, dann frag.“ „Wenn etwas unklar ist, dann frag.“ (Das scheint Grenzen zu haben, wenn es um den zwischenmenschlichen Bereich geht - und da beginnt menschliches Verhalten dann, mich zu verwirren).

Ich bin mir sogar sicher, dass ich nicht kaltherzig oder gleichgültig bin. Es gab aber schon Situationen, in denen ich mich gefragt habe, ob ich vielleicht ein Sozio- oder Psychopath bin.

Das richtige Erkennen und Einordnen von Gefühlen, die trotz anderer Wahrnehmung vorhanden sind, ist dann ein Problem sowohl für einen selbst als auch für das Gegenüber. In solchen Situationen neigt man dazu, lieber über Dinge zu reden, die man klar benennen kann.

Meinst du damit zB Situationen, wo das Gesagte nicht mit dem übereinstimmt, was man an der Person wahrzunehmen meint?

Ansonsten sollte man sich mit Betroffenen beschäftigen.

Das würde ich gerne. Wenn mir Betroffene im „richtigen Leben“ begegnen, fällt mir allerdings gar nicht auf, dass sie sich möglicherweise anders verhalten als das, was auch immer normal ist - es sei denn, es entspricht sämtlichen Klischees. Ich glaube aber auch, dass ich in einem Umfeld arbeite, das nicht gerade neurodiverse Menschen anzieht bzw. von denen, die es sind, ein hohes Maß an Maskierung verlangt. Was bleibt, wird also vermutlich der virtuelle Austausch sein.

Ich will mir aber auch nichts einreden. Ich stelle mir immer wieder die Frage „bin ich so, weil ich so bin oder bin ich so, weil andere erwarten, dass ich so bin oder bin ich so, weil ich mal irgendwo gelesen habe, dass dieses Verhalten gewissen Kriterien entspricht?“.

Eigentlich brauche ich viel Ruhe und Ordnung, bin jedoch sehr chaotisch und impulsiv.

Das kommt mir sehr bekannt vor. Ich brauche Rückzug, Ruhe und eigentlich auch pedantische Ordnung, aber mich reißt es immer wieder raus. Ist auf jeden Fall ein spannendes Thema.

Ich habe den Eindruck, dass ich jetzt erst anfange, mich wirklich kennenzulernen - zu sehen, wer die Person hinter der Maske ist. Ich weiß gar nicht, was da zum Vorschein kommt, ich habe mich immer sehr als Spiegel empfunden - als Spiegel von Erwartungen anderer an mich, als Spiegel der Verhaltensweisen anderer, als Spiegel sozialer Konventionen… Mal sehen, wer sich dahinter versteckt :slight_smile:

Ich habe mir das Video angesehen :joy: Ich glaube, genau so bin ich bei Schulungen. Es spricht mir genau aus der Seele.

Hey danke für deine Erläuterungen und das Teilen des Videos @schlingelprinz!

Das macht es soviel klarer, diese konträre Interaktion von Adhs/Autismus, völlige Zerreissprobe, aber auch effektive Ergänzung. Das erklärt das Mädel echt gut. Danke dir :blush:

Die Aussage „wacky facial features“ von ihr, falls sie damit Tics meinen sollte, finde ich passend. Diese treten bei mir unter Stress verstärkt auf, seit ich Elvanse nehme. :rofl:

Für mich widerspricht sich das nicht - vor allem nicht so, wie du es wiedergegeben hast. Es gibt eine Handvoll Menschen, die mir so wichtig sind, dass ich mir gerne Mühe gebe, ihnen zu zeigen, dass ich mich für sie interessiere. Eigentlich ist das nicht der Fall (bei den meisten anderen Menschen). Macht es das klarer?

Ich glaube, ich habe dich zu wörtlich genommen. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass du dich sehr wohl für andere Menschen interessierst, und man muss sich ja auch nicht für jeden interessieren. Ich glaube, das tut niemand. Ich selbst habe für mich festgestellt, dass wenn man nett zu seinem erweiterten Umfeld ist und ein bisschen Interesse zeigt, man sich selbst auch wohler fühlt. Da springe ich dann doch gerne über meinen Schatten und tue so, als ob ich interessiert bin.

Meinst du damit zB Situationen, wo das Gesagte nicht mit dem übereinstimmt, was man an der Person wahrzunehmen meint?

Es kann auch vorkommen, dass man selbst nicht richtig ‚mitschwingt‘ und das Gegenüber einen falsch einschätzt, weil das Gesagte nicht mit der Körpersprache übereinstimmt. Ein fatales Beispiel wäre, wenn der Arzt einen nicht ernst nimmt, obwohl man von seinem emotionalen Leidensdruck berichtet. Der Arzt kann jedoch deine Körpersprache nicht richtig interpretieren, da sie nicht zu der Emotion passt oder ganz fehlt.
Auch muss man seine Emotionen (Affekte ) erst einmal richtig erkennen und benennen können, Stichwort Gefühlsblindheit (Alexithymie, was nicht heißt, dass man keine Gefühle hat; man kann diese nur schlechter einordnen bzw. erkennen).

Gleiches gilt auch andersherum: Man ist einfühlsam mit einer Person, aber die eigene Körpersprache passt nicht dazu. Auch muss man erst einmal erkennen, wie es der anderen Person geht, um einfühlsam zu sein. Wenn man jedoch feine Nuancen der Körpersprache nicht erkennt oder diese überhaupt nicht deuten kann, kommt es schnell zu Missverständnissen.

Soziale Interaktion besteht nur zu einem Teil aus Gesagtem; ein großer Teil findet unbewusst und intuitiv über Körpersprache statt.

Autismus ist vorwiegend eine Kommunikationsstörung. Je nach Ausprägung des Spektrums treffen zwei Menschen aufeinander, die metaphorisch ausgedrückt eine Fremdsprache sprechen, die der andere nicht versteht.

Und jetzt wo ich das lese wird mir glaube ich gerade etwas bewusst. :sweat_smile:

Es ist auch nichtmal so, dass sozialer Kontakt unangenehmer geworden ist, im Gegenteil. Mit Elvanse fällt mir sozialer Kontakt deutlich einfacher.

Aber das Bedürfnis ist einfach nicht mehr so groß.

Also nur so als Kurzantwort:
Ich hab bei meinem Therapeuten auch schon angesprochen, dass ich den Verdacht auf Asperger-Autismus habe und er meinte, dass das schon möglich ist, aber mir eine Diagnose kaum etwas bringen würde, weil die Medis bekomme ich ja durch die ADHS-Diagnose eh schon und eine Autismus-Diagnose zu bekommen sei auch nicht so einfach.
Und er meinte richtigerweise auch, dass wir so oder so an meinen Problemen arbeiten (z.B. Hin und Her Zwischen überemotionalität und Affektverflachung / Emotionen nicht angemessen kommunizieren können, vor allem nonverbale Probleme) und dass er auch nicht zwingend eine weitere Diagnose für mich bräuchte, da er mir an meinen Problemen und nicht an meinen Diagnosen arbeiten will.
Finde ich schon irgendwie auch fair, andererseits denke ich mir auch, dass es schon einen unterschied macht, ob es ein Kompensationsmechanismus aufgrund des ADHS ist oder obs halt wirklich in meiner Persönlichkeit verankert ist :sweat_smile:

Woher weiß denn dein Therapeut wie ausgeprägt die ASS bei dir ist und wieviel du so im Alltag Kompensieren musst ohne es selbst wirklich zu Wissen. Das können dir meines Wissens nur Spezialisten sagen was du kannst bzw. nicht kannst. Und eine Diagnose bei Leidensdruck ist wichtig, sofern vorhanden, damit man Zugang zu Spezialisierten Therapien bekommt wie z.B. in Autismus Therapie Zentren usw… Auch ist die Diagnose für manche Betroffene, das ist Individuell, Identitätsstiftend. Aber wie gesagt das hängt natürlich vom Individuellen Leidensdruck ab, das ist natürlich wichtig zu verstehen und selbst zu erkennen.

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Also ich schätz den Leidensdruck für mich von den Autismus-typischeren Verhaltensweisen für mich selbst größer ein als von den ADHS-typischen Verhaltensweisen.
Hatte halt noch nie eine Beziehung und mein fehlendes Verständnis für nonverbale Kommunikation und auch meine eigene anscheinend defizitiäre nonverbale Kommunikation erzeugt schon probleme, weil Leute oft denken, dass mir sachen gleichgültig sind oder dass ich überdramatisiere, aber ich glaub ich weiß einfach nicht wann welche Reaktionen angebracht sind und deshalb reagiere ich erst mal kaum. Wenn ich dann reagiere, dann anscheinend auch zu viel und bin wieder komplett irritiert davon, weil die Reaktionen der Interaktionspartner eben eine neue Unsicherheit in mir auslösen.

Andere Psychiater meinten zu mir auch einfach: Nein, sie haben keinen Autismus. Ohne eine weitere Frage zu stellen oder sonst was.
Aber ich weiß halt auch was ich erlebe… Naja, schauen wir mal, wie es weiter geht.

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Bei mir sind einige Beziehungen daran gescheitert, dass meine Partner entweder den Eindruck hatten, ich wäre emotional nicht ganz involviert, aber gleichzeitig auch „too much“… Beides tut irgendwie weh. Im Moment möchte ich daher lieber keine Beziehung. Das sind zu viele Ansprüche, denen ich gerecht werden muss :frowning:

Ich hatte schon einige Termine zur Autismus-Diagnose. Einen habe ich nicht weiterverfolgt, weil… kA. Der Arzt war super nett, aber ich habe halt nicht weiter gemacht. Ein anderer hat - wie gesagt - autistische Züge ergeben. Andere habe ich immer wieder abgesagt, weil ich mir dachte, dass ich mir das bestimmt einfach nur einbilde.

Mir würde eine Diagnose bestätigen, dass ich mir „das“ eben nicht einfach nur einbilde. Wenn ich weiß, was los ist, kann ich gezielt an den Dingen, die mich stören, arbeiten.

@Beefcake: Ich drücke dir die Daumen! Ich kann das, was du schreibst, gut nachvollziehen.

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Das Haben einer Beziehung bzw. das Fehlen einer solchen ist im Übrigen kein aussagekräftiges Kriterium. Der primäre Autismus hat eine recht hohe Prävalenz, und irgendwoher müssen ja die Kinder kommen; der Storch hat sie auf jeden Fall nicht gebracht. Ich möchte mich jedoch nicht darüber lustig machen. Es ist sehr schade, dass du noch nie eine hattest, und ich hoffe, falls du das Bedürfnis dazu hast, dass du jemanden finden wirst.

Es ist übrigens auch bekannt, dass leider noch viel Unwissen bei Ärzten und Therapeuten bezüglich der allgemeinen ADHS sowie ASS-Thematik besteht. Natürlich kann man nicht alle über einen Kamm scheren, aber es bedarf noch einer Menge Aufklärung und Eigeninitiative bei so manchen Behandlern, sich fortzubilden.

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Habe ich hier im Forum tatsächlich schon öfter gelesen.

Weiß natürlich jetzt nicht wo :sweat_smile:

Aber es wäre ein gutes Thema für einen neuen Thread falls es den noch nicht gibt.

Ach, alles gut.

Ja mei, das wird schon an mir liegen. Was ich schon an Sachen gesagt habe oder wie ich mich bei Dates verhalten habe, da kann ich ja auch nicht verlangen, dass das die andere Person alles mitmacht^^ Es ist so, als ob ich kein Verständnis für nonverbale Kommunikation habe, auch außerhalb des romantischen Kontexts. Ich kann Leuten nicht ansehen, ob sie wütend, glücklich, gestresst oder sonst was sind. Aber irgendwie interessiert es mich auch nicht. Vielleicht versuche ich es auch garnicht, und das wäre ja wieder was anderes.

Ein gutes Beispiel:
Als wir in der siebten Klasse in Deutsch eine Porträtanalyse schreiben mussten, habe ich zwar Falte für Falte, Haar für Haar und alle Gesichtsproportionen präzise beschrieben ohne dabei auf mehreren DinA4 darauf einzugehen, wie der Gesichtsausdruck des Mannes ist oder wie er sich fühlt. Das hat auch meine Lehrerin irritiert und die Note war nicht gut.
Aber das meine ich mit den autistischen Zügen.
Wenn mein Gegenüber mir nicht präzise mit Worten beschreibt, wie er oder sie sich gerade fühlt, dann habe ich oft Schwierigkeiten die Gefühlslage von anderen Personen einzuordnen.
Und nicht weil ich keine Empathie habe, das haben wir bei mir auch schon geklärt. Wenn mir ab einem bestimmten Maß an Zeichen wie z.B. Weinen, Schreien oder sehr ausdrücklichen Gesichtsausdrücken klar wird was Sache ist, dann ist mir das auch nicht mehr „egal“ und ich reagiere sehr sensibel. Bis aber überhaupt genug Input kommt, an dem ich endlich erkennen kann, was los ist, reagiere ich kaum bis garnicht.

Ich hoffe ich konnte etwas präzisieren worauf ich mit dem Thema „hatte noch keine Beziehung hinaus wollte“. Es ist mir schon klar, dass das Vorhandensein oder nicht-Vorhandensein einer Beziehung kein aussagekräftiges alleinstehendes Argument ist. Aber so ist es vielleicht etwas nachvollziehbarer, warum es mir auch schwer fällt, eine Beziehung einzugehen.
Weil nonverbale Kommunikation bei mir kaum existiert. Ich zeige wenige Gefühle, obwohl sie in mir drin sind und ich diese auch Wahrnehmen kann, wenn auch nicht besonders differenziert bisher. Und ich kann auch nonverbale Signale von anderen Menschen nur schwer verstehen, erst wenn es sehr offensichtlich wird.
Aber die offensichtlicheren nonverbalen Signale sind leider oft auch nicht die der angenehmsten Art…

Hm, ja. Ist schon schade, aber ich hab da ja auch meinen Anteil dran.
Und auf armes Würstchen tun bringt mir ja auch nichts.
Aber danke :+1:

Ja, aber da kann man denen auch keinen Vorwurf machen.
Ich mein die müssen eh schon so viel wissen. Für manche Bereiche braucht es einfach Spezialisten um gute Diagnosen treffen zu können. Und Autismus scheint ein solcher Bereich zu sein.

Ja, wobei du dir das ja auch ohne Diagnose nicht einbilden musst. Es kann auch ein Cluster an anderen Problemen „autismus-typische Verhaltenweisen“ erzeugen, so wie ich es auch bei mir inzwischen vermute.

Und dann ist das auch nicht eingebildet und sieht Autismus sehr ähnlich, kommt aber von was anderem. Ist ja genauso ok eigentlich. :blush:

Ich bedanke mich für die vielfältigen Antworten. Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich nicht mehr auf einzelne Beiträge eingehe, es ist einfach zu viel.
Jedenfalls waren viele interessante Antworten dabei.

wie gerade in einem anderen Thread beschrieben, kann man die Krankheitsbilder, Diagnosen, Persönlichkeitsmerkmale nicht voneinander trennen. Es gibt vielfältige Überschneidungen in jeglicher Form.
Manchmal stelle ich mir das in Arztpraxen folgendermaßen vor:

Drei mögliche Diagnosen für einen Patienten
und dann wird die Diagnose festgelegt, indem man die nimmt, die die meisten Übereinstimmungen hat, egal ob die andere Diagnose nur eine Übereinstimmung weniger hat
Ich glaube, die Ärzte wissen weniger Bescheid als wir.

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