Das widerspricht sich. Einerseits sagst du, dass dich andere Menschen eigentlich wenig interessieren, aber du bemühst dich, Interesse zu zeigen bei denen, die dich interessieren.
Für mich widerspricht sich das nicht - vor allem nicht so, wie du es wiedergegeben hast. Es gibt eine Handvoll Menschen, die mir so wichtig sind, dass ich mir gerne Mühe gebe, ihnen zu zeigen, dass ich mich für sie interessiere. Eigentlich ist das nicht der Fall (bei den meisten anderen Menschen). Macht es das klarer?
… empfinde mich manchmal sogar als manipulativ…
Das kenne ich auch sehr gut. Ich weiß halt nur nicht, wie ich es sonst anstellen soll. Außerdem heißt es doch im Allgemeinen „Wenn du etwas wissen willst, dann frag.“ „Wenn etwas unklar ist, dann frag.“ (Das scheint Grenzen zu haben, wenn es um den zwischenmenschlichen Bereich geht - und da beginnt menschliches Verhalten dann, mich zu verwirren).
Ich bin mir sogar sicher, dass ich nicht kaltherzig oder gleichgültig bin. Es gab aber schon Situationen, in denen ich mich gefragt habe, ob ich vielleicht ein Sozio- oder Psychopath bin.
Das richtige Erkennen und Einordnen von Gefühlen, die trotz anderer Wahrnehmung vorhanden sind, ist dann ein Problem sowohl für einen selbst als auch für das Gegenüber. In solchen Situationen neigt man dazu, lieber über Dinge zu reden, die man klar benennen kann.
Meinst du damit zB Situationen, wo das Gesagte nicht mit dem übereinstimmt, was man an der Person wahrzunehmen meint?
Ansonsten sollte man sich mit Betroffenen beschäftigen.
Das würde ich gerne. Wenn mir Betroffene im „richtigen Leben“ begegnen, fällt mir allerdings gar nicht auf, dass sie sich möglicherweise anders verhalten als das, was auch immer normal ist - es sei denn, es entspricht sämtlichen Klischees. Ich glaube aber auch, dass ich in einem Umfeld arbeite, das nicht gerade neurodiverse Menschen anzieht bzw. von denen, die es sind, ein hohes Maß an Maskierung verlangt. Was bleibt, wird also vermutlich der virtuelle Austausch sein.
Ich will mir aber auch nichts einreden. Ich stelle mir immer wieder die Frage „bin ich so, weil ich so bin oder bin ich so, weil andere erwarten, dass ich so bin oder bin ich so, weil ich mal irgendwo gelesen habe, dass dieses Verhalten gewissen Kriterien entspricht?“.
Eigentlich brauche ich viel Ruhe und Ordnung, bin jedoch sehr chaotisch und impulsiv.
Das kommt mir sehr bekannt vor. Ich brauche Rückzug, Ruhe und eigentlich auch pedantische Ordnung, aber mich reißt es immer wieder raus. Ist auf jeden Fall ein spannendes Thema.
Ich habe den Eindruck, dass ich jetzt erst anfange, mich wirklich kennenzulernen - zu sehen, wer die Person hinter der Maske ist. Ich weiß gar nicht, was da zum Vorschein kommt, ich habe mich immer sehr als Spiegel empfunden - als Spiegel von Erwartungen anderer an mich, als Spiegel der Verhaltensweisen anderer, als Spiegel sozialer Konventionen… Mal sehen, wer sich dahinter versteckt 