Bald diagnostiziert, extreme Prokrastination (20) Angst, was nun?

Hallo liebe Community,

Ich suche hier nach Rat weil ich echt verzweifelt bin bzw suche ich etwas das Gefühl von nicht alleine sein. Auch wenn es scheint das viele Ad(h)s haben, haben in meinem Freundeskreis keiner diagnostiziertes ADHS. Auch redet darüber keiner außer das ich ab und zu aus Spaß an den Kopf geworfen bekomme „ob ich wohl adhs habe“. Was mich zurzeit ziemlich umhaut weil ich mir ziemlich sicher bin das ich es habe, ist trotzdem ein ungutes Gefühl.

Seit dem Corona Lockdown und den „BOOM“ von psychischen Krankheiten hat es auch mich 2020 getroffen nur wurden mir nur SSRI verschrieben und ein paar Stunden Psychotherapie ohne je wirklich auf den Grund zu gehen.

Jetzt bin ich 20, sollte eigentlich mitten im Leben stehen nur besteht mein Leben aus 1000 Umwegen und Niederschlägen. Meine 100 angefangenen Hobbys liegen verstreut in meinem Zimmer rum und ich frage mich warum ich nicht mein Potenzial ausschöpfen kann. Mir wurde immer gesagt: Du kannst das doch, wieso machst du es nicht einfach?

Durch die Fähigkeit sich extrem auf ein Thema zu konzentrieren, gerade wenn es 3 Uhr nachts ist, und es mich interessiert, bin ich mehr und mehr auf den Grund gekommen. Die Komorbiditäten passten nicht besser überein. Das dauerhafte Gefühl von, ich bin anders, machte auf einmal Sinn. Auch genetisch liegt es in unserer Familie, nur das mein kleiner Bruder gefördert wurde, ich aber nicht.

Nach jetzt 3 Jahren Recherche und Verweigerung habe ich entschlossen einen 1 jährigen Wartezeit für eine Diagnostik aufzunehmen.
Meine 3 j. Beziehung ist aufgrund der Prokrastination und den Emotionalen Ausbrüchen erst frisch gescheitert. Ich weiß nicht was ich mit meinem Fachabi anstellen soll. Bin absolut mit der Auswahl überfordert. Auch zu wissen das ich zurzeit nichts auf die Reihe bekomme macht mir extrem Angst überhaupt etwas anzufangen und wegen Burnout, Panikattacke,…. Erfahrungen durch ein 1 jähriges Büro Praktikum (Hölle). Auch ist die familiäre Situation sehr schwierig, beide Elternteile sind psychisch krank, haben mir tolle Kindheitstraumata beschert, drängen mich aber etwas anzufangen.

Keiner außer mein Ex weiß über die Vermutung Bescheid. Sollte ich meinem Umfeld das preisgeben? Und wie kann ich diese Phase von in der Luft stehen aufgreifen weil ich das Gefühl habe ich kann mich nicht konzentrieren, kann aber auch nicht so aufräumen das ich mich wohlfühlen da ich ja in der Erwartung bin ich ziehe bald aus. Ein Dilemma.

Wie kann ich mich am besten „Outen“ weil noch 1 Jahr will ich eigentlich nicht warten. Habe letztens an einem ADHS erwachsenen Seminar teilgenommen und ich musste immerwieder weinen weil es einfach mein Leben wiederspiegelt. Passe eher in die Kategorie ADS ,auch weil ich weiblich bin.

Ich dachte immer, ja mit 18 verschwinden diese Probleme, das sicherlich nur die Pubertät,…. Jetzt habe ich so Angst vor der Zukunft weil wer möchte schon anders sein, ein anders das man immer hat. Und immer strugglen muss. Gleichzeitig habe ich noch PMDS und vertrage keinerlei Pillen. Auf der einen Seite hofft man das man recht hat auf der anderen hatte man immer gehofft es wäre nur eine „Phase“.

Wie seid ihr mit dieser Realisation klargekommen? Wo kann man gleichgesinnte finden Umfeld Rheinland- Pfalz. Gerade wenn man niemand im Umfeld hat mit dem man offen darüber reden kann. Ohne das es komisch rüberkommt weil man ja immer die lustige verrückte kleine ist.

Danke für die Antworten, und bitte keine ja wie kannst du so einen langen Text schreiben. Es gibt 2 verschiedene Moduse. Wenn du weißt, dann weißt du’s.

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Ok, ich versuche es mal:
Zunächst mal ist Panik völlig fehl am Platz. Du stehst mit 20 noch nicht „mitten im Leben“, sondern - was das Erwachsensein angeht - erst am Anfang. Dafür hast du mit deinem Fachabi (welche Richtung eigentlich?) doch schon etwas erreicht. Auch andere 20jährige ohne AD(H)S bekommen mal „nichts auf die Reihe“ und eine frisch gescheiterte Beziehung ist nun auch nicht gerade hilfreich. Da musst du nun emotional erstmal durch. Dazu noch eine traumatische Kindheit und psychisch kranke Eltern… nicht die besten Voraussetzungen für einen guten Start ins Erwachsensein.

Was natürlich nicht heißen soll, das du kein ADS hast.

Wie ich vorgehen würde an deiner Stelle:
Nimm dir mal 2-3 ruhige Stunden, wo dein Kopf nicht mit anderen Dingen beschäftigt ist (ist schwer, ich weiß). Nimm dir ´n großen Schreibblock und versuche mal deine Gedanken zu ordnen:
Was kann ich?
Was kann ich nicht?
Wo will ich hin?
Was will ich erreichen?
Wie schaffe ich das?

Dann zum Outing:
Was genau erhoffst du dir davon? Du kannst dein Umfeld am besten einschätzen, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, das du die gewünschten Reaktionen (Verständnis, Hilfe etc.) bekommst?
Wenn jetzt schon auch nur spaßeshalber Nachfragen kommen, ob du vielleicht ADHS hast, sehe ich das eigentlich erstmal als gutes Zeichen. Dein Umfeld kennst zumindest die Krankheit und wenn sie dich eh schon zumindest ansatzweise dort einordnen, dann mögen sie dich trotz deiner teilweisen „Zerstreutheit“ und dein Outing dürfte zumindest nicht dazu führen, dass sie dich dann ablehnen.
Also nur Mut! Am besten bei der nächsten Spaßnachfrage einfach ehrlich antworten: „Ja, habe ich“. Bereite dich aber darauf vor, dass natürlich Nachfragen kommen. Da solltest du dir vorher Gedanken machen, was und wieviel du preisgeben willst.
Ich zumindest kann für mein Umfeld sagen, dass es mir sehr geholfen hat. Vieles, was vorher für Unmut gesorgt hat, wenn ich mal wieder Verabredungen verpasst habe etc. , wurde dann mit mehr Nachsicht eingeordnet. Auch sonst wurde versucht, mir z. B. bei wichtiger Kommunikation zu helfen, indem man mich direkt angesprochen und dann etwas gewartet hat, bis ich „ganz da“ war. Außerdem wurde ich kurz vor wichtigen Terminen auch noch mal daran erinnert.

Natürlich muss man dann auch mal einen „Seitenhieb“ einstecken: „Ich sehe ihn, aber trotzdem ist sein Kopf mal wieder ganz woanders unterwegs“… Aber da hilft dann auch etwas Eigenhumor. Ohne den wird es bei ADS eh schwierig.

Also: Kopf hoch! Es wird nicht einfach. Aber es ist noch kein lange Grund zur Verzweiflung. Du schreibst sehr klar und verständlich, da macht dann auch ein langer Text nichts aus.

Bzgl. Hilfe in deiner Umgebung musst du mal googlen, ob es da Selbsthilfegruppen gibt. In RP kenn ich mich nicht aus.

P.S. Ansonsten findest du hier immer ein offenes Auge und es nimmt dir auch keiner übel, wenn du dich einfach mal nur auskot… möchtest. :smiley:

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Hallo und :heart: Willkommen @Sabsi , ja das mit dem Boom von psychischen Erkrankungen seit dem Covid 19 Lockdown, darüber habe ich damals auch schon oft gelesen, und anscheinend hat dieser Boom nach wie vor immer noch nicht abgerissen, unter anderem war es ja in diesen Zeiten auch ein Phänomen das sich jene Leute plötzlich ein Haustier anschaffen wollten, damit sie sich nicht so alleine fühlten, ja das waren schon aussergewöhnliche Zeiten die wir da alle miterlebt haben.
Und Deine beschriebene Situation das klingt schon so das Du Dich ziemlich gestresst und überfordert fühlst, und kein Wunder denn Du hast ja in Deinem jungen Leben auch schon ganz schön viel geleistet.
Das fällt mir ja auch an meinen eigenen Kindern auf, wieviel junge Menschen heute leisten müssen, dass ist ja eigentlich schon nicht mehr normal, ich meine was heute von jungen Menschen alles erwartet wird, dass ist viel extremer als in meiner Jugendzeit.
Nur schon das Du über Dich denkst das Du mit 20 schon mitten im Leben stehen müsstest zeigt eigentlich sehr gut auf wie überlastet Du Dich fühlen musst, und ich kann das wirklich gut verstehen, denn wie gesagt, die Anforderungen an junge Menschen heute sind sehr hoch.
Wenn Du Dich bereits entschlossen hast eine Adhs Diagnose anzustreben und das Ergebnis tatsächlich Adhs bei Dir bestätigt, dann bist Du ja immerhin schon mal gut informiert, weil Du Dich bereits damit beschäftigt hast. :heart:

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Wollte mich auch kurz mal äußern, ich prokrastiniere hier im Forum auch gerade, aber will dir sagen mit Anfang 20, darf jeder noch seine Fehler machen und auch mal falsche Entscheidungen treffen.

Ich selber hab studiert, nach 4 Semester wurde ich exmatrikuliert und nach einem Jahr in Depression und Selbstmitleid habe ich ein anderes Studium angefangen, wofür ich beim Bachelor 10 Semester statt 6 gebraucht habe und im Master bin ich jetzt am Ende im 6. Semester statt 4 und 90 % davon habe ich nicht mal gewusst, dass ich ADHS habe. Bin also schon 30 mit Kind und habe noch nicht mal richtig gearbeitet. Meine Partnerin hat auch 3 Studienplätze angefangen und schlussendlich eine Ausbildung gemacht und das ohne ADHS. Es ist einfach ein Alter in dem man noch manchmal noch nicht weiß wo es hingehen soll. Ich hab bis vor einem halben Jahr nicht mal gewusst in welche Richtung ich mich spezialisieren soll, wobei manche im Studium das schon seit Jahren planen.

Soll jetzt nicht heißen mach das unbedingt so, aber grundsätzlich soll das heißen man findet schon seinen Weg. Fehler sind absolut okay. Dass momentan viel an Sorgen da sind ist absolut verständlich, es ist auch okay Angst zu haben, es ist sicher nicht einfach… aber Kopf hoch du packst das :muscle:

Was das Outing angeht, kommt auf den Freundes und Familienkreis an, aber die Reaktionen sind nicht per se negativ bei mir gewesen. Aber ein "Ach ja, so geht es mir auch manchmal "können sich viele dann nicht verkneifen. Das mit der Tragweite der Symptome verstehen die Leute anscheinend nicht immer. Aber vielleicht muss man direkter betroffen sein :sweat_smile:
Aber mit einer Ablehnung deswegen musst du normalerweise nicht rechnen, die kennen dich doch eh schon so wie du bist :wink:

Und außerdem ADHS bringt ja nicht immer nur Nachteile, mach dir bewusst, dass er sehr wohl auch Stärken mit sich bringen kann.