Beginn Medikinet und absolut verzweifelt

Hallo zusammen. Wir haben nun am 29.06.24 (also noch recht frisch) mit 5mg retardiertes Medikinet begonnen. Lt. Ärztin wäre diese Dosis so gering, dass wir keinerlei Verbesserung merken würden. Es sei lediglich für die Prüfung der Nebenwirkung. Eine Woche später sollten wir dann auf 10mg erhöhen und dann nach den Ferien schauen, wie alles aussieht.
Nun zu unserem Problem:
Relativ zügig (2. Tag) merkten wir (und auch die Lehrerin in der letzten Schulwoche), das sich die Symptome (Impulsivität, Wutanfälle, Unruhe) sich nicht verbesserten, sondern eher etwas schlechter wie vorher wurden. Probleme, die vorher keine Probleme mehr waren, traten wieder auf und es kam zu vermehrten Konflikten. Das irritierte uns etwas, da wir eine andere Aussage ursprünglich erhielten seitens der Ärztin. Nun gut…wir dachten, wir müssten der ganzen Sache erst einmal vertrauen und vielleicht braucht das Medikament seine Zeit, bis es richtig wirkt bzw. vielleicht wirkt es erst mit 10 mg richtig.
Jetzt an Tag 3 mit 10mg…alles ist immer noch, wie zuvor, wenn nicht sogar noch schlechter bzw. intensiver bzgl. Wutanfall, Impulsivität, Frustration.
Zudem kommt, dass er sich richtig abends quält mit dem Rebound. Es wird sich hin und her gewälzt, auf Kissen geschlagen, „die Gedanken fliegen durch Raum“, es herrscht für ca. 30 Minuten absolute Kirmes im Kopf.
Unser Sohn haben wir mehrfach gefragt, wie er sich fühlt und er will die Tabletten nicht absetzen, da er mit den Tabletten tagsüber ein besseres Gefühl habe, es ist ruhiger im Kopf.
Nur irgendwie kommt dies bei uns gar nicht an. Vielleicht haben wir uns auch zu große Hoffnung gemacht, aber ich ging immer davon aus, dass das Medikament eine Erleichterung ist und nicht die Probleme verschlimmert. Und abends finde ich es auch besonders schlimm, wenn er sich so quält.
Kann es sein, dass er einfach noch zu niedrig dosiert ist? Wenn er aber höher dosiert wird, wird dann der Rebound am Abend nicht noch schlimmer?
Wir fahren in 2 Wochen in den Urlaub und am liebsten würde ich gerade alles hinschmeißen mit den Medis…

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Hey Alice!

Die Eindosierung ist echt nervenaufreibend, ich hätte wirklich mehrmals den Bettel hingeschmissen, wenn ich nicht (u.a. durch dieses Forum) davon überzeugt gewesen wäre, dass es irgendwann gut kommt :crazy_face:

Also: Bei unserem Sohn (9) war es tatsächlich so, dass die Probleme sich mit einer zu tiefen Dosis verschlimmert haben. Der Rebound war auch unangenehm, mit unretardsiertem Medikinet schlimmer als mit retardiertem, jetzt mit Concerta ist kein merkbarer Rebound mehr vorhanden.

Ich würde bei der Ärztin nachfragen, ob du vielleicht jetzt schon auf 15 erhöhen kannst. Wenn er eine Wirkung spürt, bin ich mir ziemlich sicher dass die Wirkung bei einer höheren Dosis dann auch bald nach aussen hin sichtbar wird.

Wenn es nicht besser wird bis zum Urlaub, kannst du natürlich auch absetzen und nach dem Urlaub weiter machen. Allerdings ist Urlaub auch eine sehr gute Zeit, um die Wirkung zu beobachten und sich Notizen zu machen. Da man die ganze Zeit zusammen ist.

Ich habe jeweils im Handy eine Notiz gemacht, und dann alles Interessante notiert, z.B. so:


01.07.2024
07:30 Einnahme Concerta 27 mg
07:45 Frühstück, 1 kleine Schüssel Corn Flakes mit Milch
08:00 Streit mit Schwester wegen …
09:00 hat eine Stunde in einem Buch gelesen!!
12:00 Mittagessen, hat kein Appetit, nichts gegessen
13:15 Spielt draussen friedlich(!) mit Freunden
15:00 will keinen Snack, hat keinen Appetit
15:30 Wutausbruch wegen…
15:45 Hat jetzt doch Hunger, zwei grosse Sandwiches gegessen!!


21:30 immer noch nicht müde, hat jetzt wieder Hunger, 1 Port Haferflocken mit Milch gegessen
22:45 endlich eingeschlafen

Hoffe das hilft weiter. Wenn ichs mir dann so notiert habe, fand ich die Wutausbrüche auch ein bisschen weniger schlimm, da ich wie eine Forscherin von aussen beobachtet habe und den Wutausbruch als Symptom der Medikation gesehen habe und nicht persönlich genommen habe. :sweat_smile:

Und dann nach einigen Tagen kann man es viel besser analysieren, zB Wirkung beginnt nach … Minuten/Stunden // Nach x Stunden kommt der Rebound // Wutausbrüche kommen auch vom Hunger // etc etc. Und man kann auch nach einigen Wochen zurückblicken und schauen wies mit welcher Dosis war. War für mich sehr hilfreich!

Wünsche dir viel Kraft und Durchhaltevermögen, es lohnt sich!!! Mein Sohn kann inzwischen mit Gleichaltrigen spielen am Nachmittag ohne alle 10 Minuten auszuflippen, in der Schule läufts auch ok und er ist aktuell gerade zum ersten Mal eine Woche alleine weg von zu Hause, im Pfadfinder-Lager :flushed: Wäre vor einem Jahr noch undenkbar gewesen!

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Wirkt bei ihm Medikinet wirklich bis zum Abend? Es wirkt normalerweise nur 6-8 Stunden.

Bei uns war es so, dass wir am Anfang schon eine positive Wirkung gemerkt haben und es dann nach einigen (7-10) Tagen schlimmer wurde.

Ich würde es mit dem Arzt besprechen.

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Bei uns war der Rebound mit Medikinet MR auch nach ca. 7h, also mitten im Nachmittag wenn ers um 07:30 genommen hat. War sehr schade fürs spielen mit Kollegen am Nachmittag. Haben deshalb auf Concerta gewechselt, das hält länger und ich bemerke keinen Rebound.

Hallo Moya :slight_smile: Vielen Dank für deine aufbauende und umfassende Nachricht. Ich hatte nun mit der Ärztin telefoniert und sie ist fest der Meinung, wir sollen das Prozedre bis nach den Ferien durchziehen. Er würde sich schon an den abendlichen Rebound gewöhnen. Wenn er Tic habe, sich quält, hin und her wälzt, aggressiv sei, wäre das nur, weil die Reize ihn fluten. Er bräuchte dann einfach Zeit für sich und dann wird das schon.
Keine Ahnung…ich empfand diese Antwort sehr verfrustrierend, da wir aktuell alle leiden. Ich sehe auch immer noch nicht wirklich den Mehrwert, warum wir alle dies am Abend in Kauf nehmen sollten. Natürlich kann er sich schon ein wenig besser kontrollieren tagsüber, aber der abendliche Stress überwiegt hier einfach.
Ich hatte im Gespräch vorgeschlagen die Dosis zu erhöhen, probehalber. Aber davon wollte die Ärztin nichts hören. Keine Ahnung warum.
Wir sind gerade drauf und dran alles hinzuschmeißen, da wir nun in den Urlaub fahren und sehen einfach Stress pur.
Ich muss dazu sagen, dass wir zuvor schon lange als Familie gelitten haben, da wir 1,5 jährigen Mobbingkampf hinter uns haben inkl. Schulwechsel. Nun war er endlich in der neuen Schule angekommen und es läuft. Er war auch gerade endlich wieder soweit in seinem eigenen Bett zu schlafen und nun haben wir alle das Gefühl, wir sind 10 Schritte zurück gegangen durch die Medis.
Also entweder brechen wir jetzt alles ab und starten evtl. nach dem Urlaub in Ruhe noch einmal evtl. auch mit einem anderen Medikament oder ich weiß auch nicht. Sonst kann man mich wirklich bald einweisen. Zumal mein Mann auch gerade in der EIndosierung mit Medikinet ist und aktuell sowieso alles drunter und drüber geht :frowning:

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Erstmal gut das dein Sohn was spürt und die Medikation trotzdem als hilfreich empfindet. Wenn er die Nebenwirkungen trotzdem aushalten will muss das für ihn schon signifikant sein, sonst hätte erst ich bestimmt schon geweigert.

Leider dauert es manchmal bis passende die Dosis und das Medikament gefunden ist und naja leider ist deine Ärztin da auch nicht so Verständnissvoll und hilfreich.

Die Rebounds waren damals für mich selbst auch schlimm. So angriffslustig, nervbar, empfindlich und Agro war ich sonst nie. Das hat sich dann alles mit der Zeit und der richtigen Dosierung eingependelt und jetzt tritt es nur noch selten auf.

Ich habe im Rebound wenn möglich jeden Menschenkontakt vermieden und wenn möglich auch alles andere was mich überreizen könnte. Meist ging es nach 30 min langsam wieder.

Stumpf mit Smartphone mich wegbeamen war für mich oft am hilfreichsten. Mache ich heute manchmal auch noch wenn ich merke der Rebound wird nicht so easy . Nur hinterher auch wieder aufhören war dann manchmal das Problem. :sweat_smile:

Kindern , Jugendlichen digitale Medien, zocken zu empfehlen ist das eine, aber vielleicht in dem Falle auch eine Lösung.

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Puh… ist das schwierig.
Da könnt ihr wahrscheinlich nur selber schauen und entscheiden, ob ihr es euch im Urlaub antun wollt bzw. könnt.

Hallo Alice!

Oh ich kann dir so gut nachfühlen! Mein Mann wurde auch kurz nach meinem Sohn diagnostiziert und wir hatten hier auch Land unter als beide parallel in der Eindosierung waren :confounded: Mein Sohn ist zum Glück nun recht stabil, nun haben wir nur noch einen Eindosierungs-Patienten :crazy_face: Das ewige Gefühlsstürme / -wechsel aushalten, regulieren, Medi-Wirkungen beobachten und notieren und das natürlich neben dem ganz normalen Alltags-Wahnsinn mit 3 Kindern… Der Gedanke mit dem einliefern kenne ich durchaus :exploding_head:

Denkst du, die Idee von Nelumba oben könnte funktionieren? Wenn der Rebound tatsächlich auf ca. 30min beschränkt ist, und die Wirkung am Rest des Tages ok ist, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass das funktionieren könnte, wenn ihr die Bildschirmzeit auf diesen Zeitpunkt legt.

Ansonsten würde ich vielleicht wirklich pausieren, damit ihr euren Urlaub einigermassen geniessen könnt. Vielleicht ist dafür dein Mann nach dem Urlaub schon etwas besser eindosiert und kann dich bzw. euren Sohn dann auch besser unterstützen/ begleiten…?

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Guten Morgen :slight_smile:
Das schwierige dabei ist, dass unser Sohn vorher zwar seine Probleme hatte (gerade im Bereich „soziale Kontakte“), aber wir kamen ganz gut zum Schluss klar. Wir hatten unseren Weg gefunden. Daher war natürlich die Hoffnung ganz groß, dass durch die Medis lediglich die Impulsität etwas kontrollierter wird und alles ist tutti. Vielleicht war der Anspruch auch einfach zu hoch…
Mittlerweile habe ich festgestellt, dass es ab 16 Uhr der Rebound kickt (im Bett abends ist es aber trotzdem am schlimmsten). Unser Sohn ist emotional total durcheinander, unruhig und extrem gereizt und depressiv. Das macht ihm und uns sehr zu schaffen. Auch die Nächte werden immer kürzer und er bedingt durch den Schlafmangel immer launischer. An ein „Gewöhnungseffekt“ an den Rebound, so wie die Ärztin es beschrieb, kann ich mir einfach nicht vorstellen. Und so wie es momental läuft, möchten wir das nicht weiter durchziehen. Unser Sohn sagt auch schon, er schaffe das nicht mehr, trotz dem guten Gefühl welches er im Vormittagsbereich durch die Medis hat.
Tatsächlich tendieren wir daher dazu einfach abzubrechen und nach unserem Urlaub (damit da noch Ferien sind) mit Concerta zu beginnen. Ich halte das Präperat für die bessere Alternative, da es langsamer ausschleicht und unsere Sohn dann nicht mehr leidet. Er hat aber trotzdem den Vorteil des Medikaments, nur eben verlangsamt.
Ich hoffe nur, die Ärztin zieht da mit. Sonst müssen wir wohl woanders hingehen.
Kann man denn einfach Medikinet nach 3 Wochen abrechen oder müssen wir das auschleichen?

Medikinet kann jederzeit abgesetzt werden und muss nicht ausgeschlichen werden. :+1:

Hallo Alice,
ich kann nur von meinen eigenen Erfahrungen mit Medikinet sprechen. Wenn ich Mittags eine geringere 2 Dosis nehme, dann ist der Rebound deutlich abgeschwächt. Je nach Tagesform mal mehr/ mal weniger.

Bei der Eindosierung mit nur einer Dosis morgens, empfand ich den Rebound auch als sehr unangenehm. Zum Beispiel Morgens 10 mg und Mittags 5 mg. Manche nehmen auch 2,5 mg um den Rebound abzuschwächen. Mit den anderen Medis kenne ich mich nicht aus.

Wenn dein Sohn grundsätzlich für sich positive Veränderungen merkt, würde ich vielleicht noch mal die Ärztin fragen, ab wann eine 2. Dosis geplant ist oder eventuell 2,5 unretadiertes Medikinet verordnet werden kann, um das abzuschwächen.

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