Hallo zusammen,
ich hatte im Forum schon über meine Schwierigkeiten mit meiner ADHS-Ärztin berichtet. Im Oktober war mein letzter Kontrolltermin bei ihr (vierter in 11 Monaten Behandlung), und es ist noch schlimmer gelaufen als befürchtet.
Kurze Vorgeschichte: Seit Juli habe ich der Ärztin gemeldet, dass Elvanse 30 mg bei mir unregelmäßig und max. 4 Stunden wirkt, ab Mittag bin ich wieder komplett unkonzentriert. Keine Dosiserhöhung, keine Umstellung, nur Hinweise auf ein Antidepressivum (trotz fehlender depressiver Beschwerden oder Anzeichen, in Vergangenheit 2 AD ausprobierte und vor meiner ADHS-Diagnose jahrelange Psychotherapien hatte). Stattdessen kam im August plötzlich die Diagnose F32.1 (mittelgradige Depression) in meine Akte, während die Ärztin im Urlaub war. Ich hatte nur ein kurzes Telefonat mit der Vertretung. Kein Screening, kein diagnostisches Gespräch, nichts.
Ich beantragte eine Berichtigung meiner Patientenakte (nur 2 Seiten!), weil dort massiv Sachen fehlten oder falsch dokumentiert waren: fehlende E-Mail-Korrespondenz mit Ärztin, ihre fragwürdigen Aussagen bzgl. meiner Jobsuche und Medikamentenwirkung, falsche Angaben zu schriftlich berichteter Nebenwirkungen, fehlende und falsch datierte Berichte, Depression-Diagnose von Vertretungsärztin, und fehlende Dokumentation dass das Generikum bei mir schlechter wirkte als das Original.
Zusätzlich: Die Ärztin hatte mir über 6 Monate lang Rezepte 5-10 Tage vor Ende der vorherigen Packung verschrieben. Nach meiner Berichtigung der Akte bekam ich plötzlich eine “30-Tage-Abholregel", mitgeteilt von einer MFA, die selbst keine Ahnung hatte, woher und warum diese Regel kam. Angeblich galt die Regel schon immer und für alle Patienten, nur die Mitarbeiterinnen haben vorher nicht darauf geachtet.
Was im letzten Termin passiert ist:
Ich kam vorsichtshalber mit meiner Tochter zum Gespräch, habe sie als Begleitung angekündigt. Die Ärztin erklärte mir, dass mein “Beharren auf Berichtigungen” ein Zeichen von Affektlabilität sei und angeblich eine Nebenwirkung von Elvanse. Wörtlich: “Sie haben das nicht gesagt, aber gezeigt”. Sprich: Meine legitimen Patientenrechte wurden als Krankheitssymptom umgedeutet. Ich widersprach und erklärte, dass Elvanse bei mir gerade hilft, ruhiger zu werden. Sie: “Das ist nur vorübergehend”.
Sie bestand darauf, dass eine Erhöhung von Elvanse mir nur vorübergehend helfen würde, ich würde schnell eine weitere Dosis wollen. Dann hatte sie Medikinet vorgeschlagen, mit Anfangsdosis 10 mg vormittags, später mit zusätzlichen 10 mg mittags, und (!) wenn das nicht ausreichen sollte mit einer Erhöhung der Vormittags-Dosis auf 2o mg. Sie hatte ein Medikinet-Rezept vorbereitet. Als wir wieder auf das Thema meiner Berichtigung der Akte kamen, dass ich um Beantwortung meiner Fragen bitte, nahm sie das Rezept in die Hand und sagte, wenn ich weiter auf der Berichtigung bestehe, wird sie das Rezept zerschneiden, die Behandlung beenden und mir nur noch Elvanse bis Jahresende verschreiben. Sie hielt mir das Rezept vors Gesicht und sagte laut, das sei ein Betäubungsmittel, und die Praxis glaubt, ich könne es auf dem Schwarzmarkt verkaufen, wenn ich so sehr auf eine Dosiserhöhung bestehe.
Ich schlug ihr vor die bisherigen Mengen zusammenzuzählen und wies sie darauf hin, dass sie mit dem Medikinet-Rezept Druck auf mich ausübt. Daraufhin wurde sie noch lauter und warf MIR vor, ich würde Druck auf sie und die Praxis ausüben, ich würde sie alle seit dem Sommer erpressen. Ich fragte, wobei ich sie erpresse. Sie: Bei meinem Beharren auf Berichtigungen, meiner “Ungeduld” in den E-Mails und meinem mangelnden Vertrauen.
Auch das Thema Einschlafen hatte wir. Vor Elvanse brauchte ich ca. 2-3 Stunden bis zum Einschlafen. Unter Elvanse (ohne Quetiapin) ca. 4 Stunden. Mit Quetiapin anfangs besser, aber die Nebenwirkungen wurden unerträglich (Kopfschmerzen, Heißhunger, Alpträume). Seit ich Quetiapin abgesetzt habe: wieder ca. 3-4 Stunden. Die Ärztin machte diese 1 Stunde Verlängerung zu einem ihrer Hauptargumente gegen Elvanse. Sie sagte, unter Elvanse hätte meine Einschlafstörung “sofort viiiel besser” werden sollen, nicht schlechter. Und das sei ein klares Zeichen, dass Elvanse nicht zu mir passt. Ihr Lösungsvorschlag: Medikinet sollte meine Einschlafstörung “hoffentlich” beseitigen, aber ich solle mich darauf einstellen, dass das Medikament bis zu 8 Wochen braucht bis es voll wirkt. Gleichzeitig würde Medikinet das Quetiapin ersetzen. Also Medikinet als Lösung für alle meine Probleme. Auf meine Frage, ob Medikinet nicht auch Einschlafstörungen verursachen kann, meinte sie: “Ja, aber weniger als Elvanse”.
Dann versuchte ich ihr wie in meinen E-Mails zuvor zu erklären, warum ich dringend eine bessere Medikation brauche: Ich bin seit längerem arbeitslos und habe bereits einen Haufen Arbeitsstellen in meinem Berufsleben gewechselt. Mit meinen Qualifikationen finde ich schon eine neue Stelle, aber ohne einer ausreichenden Medikation werde ich sie erfahrungsgemäß nicht lange halten. Ihre Antwort: “Das Problem des Jobs ist Job. Die Medikamente zaubern Ihnen keinen Job. Sie müssen sich selbst engagieren und bewerben”. Als ich erklärte, dass ich genau deshalb eine stabile Tagesabdeckung brauche, um überhaupt arbeitsfähig zu sein, kam nur: Wenn sie mir Medikinet verschreibe, würde ich ja trotzdem weiter auf meiner Berichtigung bestehen, und das mache sie “wahnsinnig”.
Auch erklärte sie, die Mitarbeiterinnen hätten bei meiner letzten Rezeptabholung Verdacht auf BtM-Missbrauch geschöpft, weil ich “zu früh” kam. Ich wies sie darauf, dass sie selbst mir in einem Monat zwei Rezepte mit 4 Tage Abstand ausgestellt hatte (“Dann kriegen Sie noch eins, weil Sie schon hier sind”), die Regel tauchte erst NACH meinem Berichtigungsantrag auf, und ich habe nie Verlust oder Diebstahl eines Rezepts gemeldet.
Nach über einer halben Stunde Gespräch eskalierte es, sie redete nur noch laut, schlug mit der Hand auf den Tisch und sagte immer wieder, ich erpresse sie und unsere therapeutische Beziehung ist gestört aufgrund meines Berichtigungsantrags. Also könne ich mich sogar bei der Kassenärztlichen Vereinigung beschweren, sie würde den Therapieabbruch genauso begründen. Dann kam plötzlich ein Mann in das Behandlungszimmer, ohne Ankündigung oder meine Zustimmung. Er setzte sich auf eine Liege hinter mir. Sie stellte ihn als ihren Kollegen vor. Er sagte kaum etwas, und ein paar Minuten später forderte mich auf, die Praxis zu verlassen.
Das Ergebnis: Behandlung wird zum Jahresende beendet, keine Dosisanpassung trotz nachgewiesener Unterversorgung seit Monaten, kein Medikinet, keine Überleitung zu einem anderen Arzt, keine schriftliche Beantwortung meiner Berichtigungsfragen, schwierige Patientenakte bleibt.
Nach dem Gespräch habe eine aktuelle Kopie meiner Akte erhalten, in der ich Folgendes entdeckt habe: Alte Einträge wurden geändert und waren als Änderungen nicht ersichtlich. Mein Berichtigungsantrag ist NICHT in der Akte, die Stellungnahme der Ärztin zu meiner Berichtigung, sowie meine schriftliche Antwort darauf auch nicht, keine einzige E-Mail der Ärztin zu meiner Behandlung wurde dokumentiert (nur von Mitarbeiterin und Vertretung), keine Medikationspläne dokumentiert (außer dem vom für Medikinet, den ich wie das Rezept nicht bekam). In der 1. Aktenkopie stand 4x “Lisdex-Aristo” verschrieben. In der 2. Kopie steht dort jetzt “Lisdexamfetamin AL” oder “STADA”, alle mit anderen Rezeptnummern. Warum wurde das korrigiert? Ohne Vermerk? Lediglich die Diagnose F32.1 wurde von “G” (gesichert) auf “V” (Verdacht) geändert, aber erst nach meinem Berichtigungsantrag. Meine Symptome sind in der Akte verdreht oder überspitzt dargestellt.
An alle, die damals meinten, ich hätte zu der Ärztin vielleicht “etwas Falsches gesagt”: Meine Tochter war als Begleitperson dabei und kann bestätigen, dass ich im Gespräch durchgehend ruhig und sachlich war. Die Eskalation kam komplett von der Ärztin. Sie konnte nicht akzeptieren, dass ich meine Patientenrechte wahrnehme. Ich habe mir direkt nach dem Termin ausführliche Notizen gemacht, und meine Tochter hat ebenfalls mitgeschrieben.
Meine Fragen an euch: Kennt jemand ähnliche Erfahrungen? Dass Ärzte Beschwerden oder Nachfragen als Krankheitssymptom interpretieren, so sehr gegen Elvanse sein, aber die Medikinet-Dosis locker zu erhöhen? Das fühlt sich für mich wie keine Ahnung was an. Ich dachte mehr als 99%-Behauptungen käme nichts mehr, als jetzt erpresse ich angeblich die ganze Praxis und alle seien Schuld für alles, was schief gelaufen ist, nur nicht die behandelnde Ärztin: die MFAs für plötzliche Regeln und Schwarzmarkt-Verdacht, die Vertretungsärztin für falsche Diagnosen, auch der Chef, der angeblich entschieden hat, auf meinen Berichtigungsantrag nicht mehr einzugehen.
Habt ihr Erfahrung mit Beschwerden bei KV oder Ärztekammer? Ich bin gerade dabei, Beschwerde einzureichen. Ist euch die “30-Tage-Regel” für BtM bekannt? Und dass sie erst nach Monaten plötzlich durchgesetzt wird?
Ich bin gerade einfach nur fassungslos. Und ich brauche dringend einen neuen Arzt, aber die Wartezeiten sind überall 6-12 Monate, oder er werden keine Neupatienten aufgenommen und schon gar nicht mit ADHS oder mit laufender Medikation. Meine Such-Liste ist lang. Auch LVR und andere Kliniken/Ambulanzen in der Nähe haben mir abgesagt. Die KV konnte mir auch nicht helfen. Meiner KK bin ich noch hinterher. Unter 116117 finde ich keine Ärzte in meiner Nähe. Der eine Arzt in 50 km Entfernung, bei dem ich war, sagte, ich sei kein Notfall, und dass 116117 nur für Notfälle gedacht ist.
Danke fürs Lesen. Tut gut, das mal aufzuschreiben.