Hallo zusammen,
ich bin derzeit wegen multiplen Problemen beim Psychiater. Ursprünglich eigentlich um untersuchen zu lassen ob ich ADS habe.
Im Moment habe ich zwei Diagnosen:
vom Hausarzt: „Somatisierungssyndrom“
und vom Psychiater: „Dysthymie“
Eine Psychotherapie ist geplant aber es fällt mir sehr schwer einen Therapeuten zu finden.
Der Psychiater gibt mir immer wieder das Gefühl, dass er nicht so recht an eine ADS glaubt, weil ich die Kernsymptome Aufmerksamkeitsdefizit und Impulsivität nicht so richtig ausfülle. Das würde ich mit euch gerne erörtern.
Impulsivität: Eigentlich glaube ich nicht, dass ich besonders impulsiv bin. Als früher eher ängstlicher und introvertierter Charakter war ich bei anderen, besonders höher gestellten, immer sehr vorsichtig, was ich sage und dass ich mich streite kommt auch höchst selten vor. Normalerweise denke ich auch schon nochmal kurz nach bevor ich was sage. Nur bei meiner Tochter raste ich manchmal aus und sie empfindet mich als sehr impulsiv. Viele Menschen empfanden mich auch als arrogant und besserwisserisch obwohl ich so eigentlich gar nicht bin/sein will. Irgendwie muss ich Menschen mit meiner Kommunikation manchmal wohl „überfahren“. Aber woran merke ich denn nun, ob ich impulsiv bin oder nicht. Ich kann da einfach auf wenig Erinnerungen zurückgreifen weil ich sowieso solche Dinge schlecht abrufen kann. Im Moment soll ich Fragebögen dazu ausfüllen, aber ich komme meistens gar nicht in Situationen, wo ich impulsiv sein könnte, da ich meistens allein bin und ich mich fast nur in entspannten Situationen aufhalte.
Meine Impulskontrolle ist eher schlecht würde ich sagen, ich habe mich mit vielen ungesunden Lebensweisen nicht gut im Griff. Das fragt er aber gar nicht ab in den Fragebögen. Im Gegenteil, er will noch einen Drogentest machen um auszuschließen, dass ich kiffe bevor er mir was verschreiben würde. Alkohol trinke ich überhaupt nicht mehr aber das scheint nicht von Belang zu sein obwohl kiffen ab April erlaubt ist.
Aufmerksamkeitsdefizit: Eigentlich war Konzentration nie ein großes Thema bei mir. Ich kann mich oft nicht aufs Lesen konzentrieren wenn Geräusche oder Störungen um mich rum sind und in meiner Arbeit prokrastiniere ich sehr viel aber ich habe überhaupt keinen Stress, zum Beispiel ein Buch über ADHS in ein paar Tagen durchzulesen und dann auch zu wissen, was da drin stand. Generell recherchiere ich ständig alles mögliche im Internet und war im Technischen Abi Jahrgangsbester.
Ich war auch sonst in der Schule immer gut, nur in der ersten und zweiten Klasse war ich verhaltensauffällig.
Ordnung halten fällt mir nicht sehr schwer.
Ich lerne mit einer App eine Fremdsprache und kann mich dabei meistens gut konzentrieren.
Das spricht ja eigentlich nicht so für eine ADS.
Aber auf der anderen Seite bin ich meistens unter Dampf und muss immer irgendwas tun, ich bin extrem unorganisiert und vergesse oft, Dinge zu erledigen, die mir keinen Spaß machen. Wenn ich mich dann doch mal dran setze ist der Tag ganz schnell rum und ich habe das Gefühl, kaum was erledigt zu haben und bin erschöpft. Den ganzen Schulkram meiner Tochter regelt im Prinzip meine Frau. Ich habe multiple Listen aber oft vergesse ich, die überhaupt anzuschauen.
Und dann das ständige Bedürfnis, von meinem Baseline-Geisteszustand zu entkommen. Das war schon als Kind so. Da habe ich dann regelmäßig riesige Massen an Süßkram gefressen und dabei Comics gelesen. Ich war massiv Zuckersüchtig. Später kamen dann noch andere Süchte dazu und gesoffen habe ich auch viel als Jugendlicher. Geraucht natürlich auch. Später dann eine Drogenzeit.
Der einzige Zeitraum, in dem es mir rundum gut ging war, als ich in meine Frau verliebt war (was zum Glück ziemlich lange angehalten hat).
In dieser Zeit habe ich auch mein Abitur nachgeholt, einen Hochschulplatz ergattert, habe viel Sport getrieben und war viel mit Leuten unterwegs.
Jetzt sieht es leider ganz anders aus. Kaum noch soziale Kontakte, keine Verliebtheit, Misserfolg im Job (ich bin Künstler) und ständige Niedergeschlagenheit. Dazu kommt körperliche Erschöpfung und ein paar nervige Krankheitssymptome, die scheinbar keine organische Ursache haben.
In der nächsten Sitzung beim Psychiater geht es um die Verschreibung eines Antidepressivums denn ich habe das Gefühl, dass ich es ohne eine Substanz nicht mehr schaffe.
Allerdings kommt für mich nach ausgiebiger Recherche nur ein Medikament in Frage, denn nur mit Bupropion könnte ich weiter ab und zu trippen und es ist auch soweit ich weiß das einzige Antidepressivum, dass nicht sexuelle Funktionsstörungen als Nebenwirkung hat. Damit bin ich eh schon geplagt und will keine Verschlimmerung.
Der Psychiater meinte aber er will mir ein SSRI verschreiben.
Mal sehen, ob er einlenkt. Wenn nicht dann muss ich wohl einen anderen Psychiater finden denn ein SSRI will ich nicht nehmen.
Ich hab jetzt nicht den Zwang, eine ADS Diagnose zu bekommen. Ich habe schon Amphetamine ausprobiert und bin nicht sicher ob mir das überhaupt helfen würde. Meine Probleme waren zwar erst mal alle weg aber dann kam die Schlaflosigkeit und die hat alles zunichte gemacht.
Weiß nicht, ob das mit einem ADHS Medikinet besser wäre. Klar man hat da eine bessere Kontrolle über die Dosis aber das Prinzip ist das Gleiche.
Sorry für den vielen Text. Ich bin dankbar für jeden, der sich hier durchwälzt und mir eine Perspektive geben mag.