Boreout statt Burnout

Hallo
Erst mal ein interessanter Text dazu, dann meine Meinung:
Viele Menschen erhalten häufiger die Fehldiagnose „Burnout".

Denn oft wird eine Überforderung durch zu viel Stress mit einer geistigen Unterforderung & Mangel an Sinn (Boreout) verwechselt, da beide Formen ähnliche Symptome aufweisen.

!! Die Wege heraus & Ursachen unterscheiden sich jedoch, weshalb es wichtig ist zu unterscheiden.

Da ADHSler ein Vielfaches an Informationen aufnehmen, eine höhere Gehirnaktivität & komplexere Verdrahtung aufweisen, reagieren sie auf Uberstimulation gleichermaßen empfindlich wie auf UNTERstimulation.

Zudem spielt durch die tiefere Verarbeitungssenitivität ihres Gehirn auch die Sinn-Frage hinter allem eine entscheidendere Rolle.

Sprich, spüren sie keinen tieferen Sinn hinter dem, was sie tun, ist die Wahrscheinlichkeit in ein Boreout zu rutschen auch höher.

Eine Fehldiagnose ist zum Teil auch dem geschuldet, dass Boreout deutlich unbekannter ist.

Denn die „Sinn-Frage", steht in der Gesellschaft hinter den Leistungsanforderungen.

Also, ich sehe das echt als Problem, manchmal hat man echt so viel auf dem Kasten, aber kann das nicht auf die Straße bringen, weil man eben, wenn man z.B.nicht in einem monoton Job ist, dann wieder zu viel neue Dinge kommen und die Bewältigung zu stark ist, um eigentlich das Wichtige angreifen zu können.Auch zu viel Druck.

Dann auf der anderen Seite, ist der Job so öde, oder man ist einfach unterfordert, weil man echt viel mehr kann und weiß, und macht dann Fehler, weil man einfach gar nicht mehr dabei ist, und in Gedanken viel weiter.
Oder man kommt in diese langweilige Spur, immer das gleiche zu machen und wird irgendwie im Kopf auch träge.
Ich bin zum Beispiel in einem langweiligen Job, aber ich Trau mich auch nicht in andere Jobs, weil ich da immer wieder auch die Ruhe brauche, also es ist irgendwie ein Teufelskreis . Aber dieses Boreout kenne ich auch bei menschen, wenn sie etwas sagen, was mich total langweilt, weil ich es einfach etwas tiefer sehe.

2 „Gefällt mir“

Oh ich hab ganz viele Gedanken dazu.

Am Ende meiner Schulzeit hat mich der Begriff Boreout mal sehr beschäftigt.
Damals hatte ich aber auch noch keine ADHS Diagnose und ein ganz anderes Selbstbild. Ich war ganz schön arrogant, würde ich jetzt sagen :face_with_peeking_eye:
Daher muss ich den Begriff gerade nochmal ein bisschen aus der jetzigen Perspektive überdenken.

Erstmal finde ich es irgendwie auffällig oder kurios, dass sich Burn- und Boreout so stark über berufliche Leistung definieren oder eine Art Identifikation mit dem Beruf mitschwingt. Weil ich denke, dass man beides auch ohne konkreten Karrierebezug erleben kann.
Für mich persönlich ist die schlimmste Boreout-Alptraum-Vision zum Beispiel die Rolle der Mutter und Hausfrau - und das meine ich nicht despektierlich, sondern möchte damit sagen, dass Reproduktionsarbeit wahnsinnig kräftezehrend ist. Und Wertschätzung und Anerkennung sind da oft eher rar gesäht.
Es kann anregend sein sich mit dem eigenen Wohnraum produktiv auseinanderzusetzen, aber gleichzeitig kann es auch einfach viel Zeit und Kraft kosten und dann bleibt weniger übrig für ausgleichende Stimuli und neuen Input.
So wie ich mich kenne, wäre zum Beispiel die Betreuung eines kleinen Kindes plus Kochen und Putzen sehr herausfordernd, aber gar nicht schön. Ich wäre die ganze Zeit überfordert, mit Dingen, die mich gleichzeitig Unterfordern.

Ansonsten kommt mir Boreout wie die Manifestation von Dysphorie bei Inaktivität vor. Nur dass das Gefühl dann irgendwie auch bei Aktivität bleibt, weil diese genauso unbefriedigend ist. Oder weil man zwar etwas tut, aber nicht für sich selbst.

Mich würde interessieren, was du außerhalb der Arbeit machst.
Es kann glaube ich etwas Befreiendes haben einen Job auszuüben, der irgendwie gleichförmig ist und einen nach Feierabend im besten Fall nicht mehr verfolgt und finanzielle Sicherheit gibt.
Das Gefühl von Selbstwirksamkeit muss ja nicht nur im Job angesiedelt sein. Und wenn man in einem Bereich merkt, dass man was drauf hat und sich auf sich selbst verlassen kann, lässt sich das oft gut übertragen.
Was ist außerhalb der Arbeit für dich herausfordernd aber sinnstiftend? Was aktiviert dich?

2 „Gefällt mir“

Vorn Boreout hab ich bisher noch nie gehört aber muss ich mal mehr zu recherchieren.

Trotzdem schonmal einen Gedanken oder eine Überlegung von mir dazu:

Mein Hirn liebt Wissen, Lernen, kognitive Herausforderungen, arbeite in Lehre und Forschung und daher hauptsächlich mit dem Kopf

Frag mich gerade inwiefern ich in den 3 Jahren Elternzeit vom '21- -'23 in Richtung Boreout ging…
Der Alltag mit Kleinkind kann echt herausfordernd sein aber eben nicht auf kognitiver Ebene

Hallo, danke für Eure interessanten Antworten. Also, als ich mit meinem Sohn zu Hause war am Anfang, da war ich auch ziemlich oft stinkig und gelangweilt. Aber eher wegen dem Umfeld, ich hatte nicht mehr so viel Zeit und Kapazitäten, mich mit den berufstätigen Freundinnen zu treffen und ich war langweilig für diese, weil ich auch allein erziehend war und auch nicht mehr so viel weggehen konnte.Die haben sich darauf zurückgezogen.
Dann bin ich viel in Gruppen gegangen, mit Müttern und Kindern, aber es war echt sowas von gruselig langweilig, es ging echt immer nur was man kocht, wie das Kind sich benimmt, ich habe immer das Gefühl gehabt, es gibt nur diesen Horizont, und es war einfach richtig schrecklich.
Ich hab sehr viel kreativ mit meinem Sohn gemacht, aber das Umfeld hat mir echt gefehlt. Also der Austausch.

So geht es mir bei der Arbeit auch, es ist sehr ähnlich von den Gesprächen her, das ist manchmal sehr leicht, und man kann wirklich abschalten, aber dann denke ich wieder -oh Gott, ich würde jetzt gerne eine andere Antwort geben, aber das versteht ihr überhaupt nicht, also bin ich einfach still.
Ich hab da auch ganz viele Ideen, aber ich kann überhaupt nichts einbringen, es ist überhaupt null Interesse an irgendwas Neuem da.etc.
In meiner freien Zeit, da mache ich ziemlich viel, um meinen Kopf zu beschäftigen, ich lerne Sprachen, lese, gehe viel in Museen, und mach ein bisschen körperlich was, wie wandern, radeln, und reisen . Trotzdem bin ich einfach nicht zufrieden mit dieser Monotonie, die mich sonst halt umgibt, weil ich immer denke -oh Mann, ich würde doch irgendwie auch rund um was cooles machen wollen.

1 „Gefällt mir“

Wenn ich retrospektiv mein Leben betrachte, kann ich sagen dass ich näher am Burnout als am Boreout entlang geschliddert bin, einfach weil ich ständig auf allen Hochzeiten gleichzeitig getanzt habe und der Stress an mir dran blieb wie Sch…am Schuh.

Ich kann verstehen, wenn Aufgaben zu einfach oder repetitiv sind, die Umgebung wenig Abwechslung bietet, dass dann eine Person das Gefühl hat, unterfordert zu sein. Mit Adhs hat man ja oft ein Bedürfnis nach neuen Reizen und Herausforderungen, daher kann ein Mangel an Stimulation ganz klar zu einem Gefühl der Langeweile und Unzufriedenheit führen, was sich in einem boreout äußern kann

Ein Gleichgewicht zwischen Unter- und Überforderung zu finden bei gleichzeitig fordernder und unterstützender Umgebung ist garnicht so einfach :sweat_smile:

Ich kenne das Thema Boreout aus früheren und in dem Sinne einfacheren Tätigkeiten. Ich fühlte mich oft unterfordert, gelangweilt, habe dann versucht in dem ich die Geschwindigkeit gesteigert habe, oder einfach viele Sachen parallel gemacht hatte quasi aufzuwerten, denn auf einer Bestellhotline bei einem damals großem Versandhauses zu sitzen hat nach 8 Wochen ein sehr eintöniges Fließbandgearbeite gehabt, bei dem man nicht denken mußte und bei 12 Std Arbeit war das ermüdent. Erst später erfuhr ich, daß sich sowas Boreout nennt und auch wirklich krankmachen kann. In einem anderem Callcenter war es abwechslungsreicher aber erfüllt mich auch nicht ständig. Also neue Lehre neues Glück, was dann passte, doch später als Buchhalterin erlebte ich auch schnell wieder den Boreout, denn die Tätigkeit war eintönig, die Zahlen und Daten änderten sich, doch geistig war das nichts förderndes, es kam kein neuer Input in den Kopf, womit ich einfach nicht umgehen kann und dann zu Tode lanweile und geistig verhungere.
So ist es mir immer wieder gegangen bis ich mich aufgerafft habe ein Studium zu starten. Ich bin gespannt ob das nich später auch einholt, doch eigentlich habe ich mir eine Branche ausgesucht die dynamisch ist und es verland mindestens quartalsweise Schulungen zu besuchen und auf den neuesten Stand zu kommen und das garantiert lebenslänglich.

Ich habe Boreout als geistiges Fließband immer mit den ‚gleichen 3 Handgriffen‘ erlebt

1 „Gefällt mir“

Diagnostiziert hat das bei mir nie jemand, aber ich denke, ich kenne auch beides. Wobei ich da etwas vorsichtiger sagen würde, dass es so in Richtung x-out geht. Nach allem, was ich so über komplette Burnouts gehört habe, ist es sicher weniger heftig gewesen.

Ich vermute auch mal, dass es für uns einfach schwieriger ist, den schmaleren Sweetspot aus Über- und Unterforderung zu treffen. Im Job finde ich das besonders schwierig.

Ich bin Softwareentwickler und hatte öfter Mal den Luxus, mich entweder für neue, spannende Projekte (Party) zu melden oder mich in den Wartungsteams (für mich Spannend, wie eine Steuererklärung) einzusortieren.
Wenn ich mich allerdings entschieden hatte, dann galt die Entscheidung aber eben auch für einige Monate.

Etwas Neues zu machen, war eigentlich genau mein Ding, das Problem war aber, dass neben Spiel und Spannung auch Verantwortung und Zeitdruck mit in dem Paket war. Für einen Sprint wäre das ok gewesen, über einen längeren Zeitraum hat mir das aber nicht so gut getan.

Nach so ner Runde war ich total ausgelaugt und dachte, es wäre klug, etwas vom Gas zu gehen und hab mich bei den Routineaufgaben einplanen lassen. Hatte auch zuerst ganz gut geklappt, bis es mir wieder ähnlich schlecht ging, wie vorher. Dann hatte ich zufällig etwas über Boreout gelesen und das ergab irgendwie Sinn.

Aber selbst wenn man darum weiß, kann es echt knifflig sein, eine gute Balance zu finden.

1 „Gefällt mir“

Kommt dann vielleicht noch Perfektionismus dazu? :adxs_grins:

Sitze im gleichen Boot, nur schreibe ich selber nichts und entwickle nur unterstützend weiter und bin im Austausch mit dem Hersteller und supporte die Applikationen auf unseren internen Servern und sowas.

Neue Projekte bedeuten anfangs für mich erstmal Veränderung. Die mag ich nicht besonders, aber wenn es dann einmal losgeht, bin ich Feuer und Flamme und gebe alles.

Leider auch mal zu viel.
Vor allem muss ich dann alles von A-Z bis ins kleinste Detail verstehen. Das wird zwar geschätzt, kostet mich aber eben auch viel Energie.

Zum Abschluss hin wirds meist etwas schwieriger, aber Deadlines helfen mir da, es immer pünktlich fertigzustellen.

Zur Not eben dann Dank Hyperfokus - dann gehts plötzlich doch ganz schnell und war gar nicht so schwer, wie der Kopf es vorher noch dachte.

Danach fühle ich mich dann aber auch erstmal ausgelaugt und nehme ein paar Tage frei, wenn ich kann (und es nicht vergesse).

Nebenbei die Support Tasks mag ich eigentlich auch, aber da nerven immer wiederkehrende, lästige, teils echt dumme Fragen auf Dauer dann doch. Sowas frustriert mich dann doch wieder.

Vor allem wenn beim Anwender keine Lernkurve zu sehen ist und immer wieder mal die gleichen Fragen gestellt werden, obwohl ich mir vorher die Mühe gemacht und es ausführlich erklärt hatte :adxs_rolleyes:

Aber insgesamt ist dieses Wechselspiel aus neuen Projekten und gleichbleibenden Tasks, wie Server Maintenance, Support und sowas, doch auch wieder gut, wenn ich da jetzt nochmal drüber nachdenke.

Nur die richtige Dosis finden, achtsam sein und regelmäßig sinnvolle Pausen machen, oder auch mal etwas nicht so 100%ig erledigen (wie andere es gefühlt ständig machen…). Das ist noch eine etwas komplizierte Kiste für mich und rutsche da gerne mal wieder in alte, ungünstige Verhaltensmuster zurück.

Aber… immerhin bemerke ich es mittlerweile und der Kopf warnt dann schon viel früher. Da passt jemand auf. Das gabs früher jedenfalls nicht🤞🏻

Ich denke aber, in der Branche gut aufgehoben zu sein. Kann mich da auch mal ein bisschen zurückziehen, verstecken und arbeite lieber im Hintergrund. Auf die Bühne komme ich dann meist erst so richtig, wenn es ein Kundenprojekt ist und ich direkten Kontakt mit dem Kunden habe.

Vor unbekanntem Terrain und etwas komplett neues zu lernen und wieder bei Null anzufangen, hätte ich Angst. Auch wenn es danach vielleicht sogar noch besser werden könnte.

Es ist „etwas“ kompliziert, aber es tut sich etwas und das verbuche ich schon mal als Erfolge :adxs_kp: