Boxsack und Mülleimer: Familie

Hi

Ich habe demnächst Diagnosetermine und es geht um ADHS und Autismus. Ich bin 30 Jahre und eigentlich ein sprachlich, sowie charakterlicher Aal. Ich würde mich als absolut „perfekt“ maskierten Menschen bezeichnen, jedenfalls bis zum Zeitpunkt t-4 Wochen.
Ich habe in letzter Zeit einige wegweisende Menschen kennengelernt. Noch nie hatten Menschen so eine Wirkung, so einen Einfluss auf mich. Kann und möchte ich nicht weiter drüber reden…
Jedenfalls lege ich nach und nach ALLES ab. Ich versuche ein Stück weit gesellschaftliche Normen zu ignorieren, wenn diese mich unter Druck setzen oder ich mich unwohl fühle. Und von diesen Menschen bekomme ich Anerkennung, Lob und Wertschätzung TROTZ meiner Krankheiten… Naja, ich hätte mir solch ein Verhalten von meinen Eltern gewünscht.

Nun ist es so, dass ich immer öfter zu Hause (ja ich wohne wieder dort) Sätze höre wie:
„Du bist doch nicht normal“
„Das ist doch krank“
„Siehst du auch Dinge“
„Du hast uns sooo viel zu verdanken…“ (Narzistische Familie)
„Endlich lässt du dich mal behandeln, das ist wirklich dringend“
„Du bildest dir schon immer alles nur ein“
„Lass mal dein Gehirn auswechseln“
Ironie Du weißt sicherlich was mit dir los ist“
Ironie Wir sind so stolz jemanden wie dich zu haben“
" Spricht der Kopf mit dir?"
" Du drehst jetzt völlig durch"
" Du bist vorbestraft und willst dich nur rechtfertigen"

Das war jetzt nur von Gestern!

Es ist einfach so respektlos, naiv und dumm. Als wäre ich absichtlich so. Schließlich haben diese Menschen gefickt und mich NICHT gefragt, ob ICH auf dieser Erde leben möchte. Kleingeist, dörflich, provinzial… Ich meine was bleibt mir übrig das mit Humor zu nehmen und ihnen ihre eigene Dummheit vor Augen zu führen?
Solche Sätze wie oben höre ich eigtl. schon mein ganzes Leben von denen.
Und auch wenn ich darüber lachen kann, verletzt es mich. Ich würde einfach nur akzeptiert werden. Ohne Rechtfertigung, ohne (ungerechtfertigte) Kritik!
Denke ich an die Vergangenheit zurück, hatte ich mir eigentlich nur gewünscht, dass meine Eltern mehr Zeit mit mir verbringen. Stattdessen gab es teure Geschenke und ich wurde ständig „abgeschoben“. Muss ich jetzt mit leben, dass es solche Arschlöcher sind. Und es ist auch interessant zu sehen, was „normale“ Menschen von mir denken wenn sie ehrlich sind - oder/und bewusst verletzen wollen.

Aber… „Wenn du mal Schwul wirst, ist das für uns nicht schlimm“… verfickte Gesellschaft mit unehrlichen Aussagen und Doppelmoral.

Habt euch Lieb

Autsch :adxs_trost:

Wie lange musst du da noch wohnen?

Das kann nicht gesund sein für die Psyche.

Selbst wenn man es mal wegsteckt und denkt, man könnte drüber lachen. Kann mir nicht vorstellen, dass das unterbewusst nicht doch ordentlich Schaden anrichtet

Man wird ja permanent getriggert :confused:

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Hi

Ja das ist eine Zwickmühle in der ich mich befinde. Ich habe vorher 700km entfernt gewohnt und es war auch schlimm für mich. Beruf (damals noch Leitung) und das Leben organisieren ging nicht gleichzeitig. Habe irgendwie gemerkt, dass ich vieles auch wirklich einfach nicht (so gut?) kann… Ich meine nicht auf der kognitiven Ebene… sondern eher in der Anwendung, Planung etc. Fühle mich da wirklich hilflos und Lebensfremd - obwohl ich einen ziemlich hohen IQ habe (Tschuldigung, war nicht arogannt gemeint).
Im Studium haben mir da meine - wenigen, aber guten!!! - Freunde weitergeholfen.

Von daher ist es irgendwie eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Ich habe momentan noch einige Baustellen und leider mahlen die deutschen Mühlen langsam… Mir ist klar, dass ich schnellstmöglich ausziehen muss. Aber so einfach ist das nicht.

Aber sind meine Eltern die einzigen die so reagieren? Wie war es denn bei anderen? Ich meine mittlerweile, dass ich mich erst jetzt diagnostizieren lasse liegt zu 100% daran, weil diese Vollidioten mir ständig eingeredet haben, dass es lediglich meine Wahrnehmung ist und mich auch manipuliert haben

Nee. In meiner direkten Familie vielleicht nicht sooo krass wie in deinem Fall, aber wenn ich in die andere schaue… da kannste besser mit einem Pulli reden.

Haben nix übrig für mentale Probleme (alle fein die Schutzmauern oben), aber durch und durch kaputt.

Alle zeigen mit dem Finger auf andere. Ist halt einfacher, als sich einzugestehen, selber ein Problem zu haben.

Meine direkte Familie ist aber ein Abbild davon.
Kannste echt 1:1 je nach Persönlichkeitstyp wiederfinden von Eltern bis Kinder.

Als es bei mir um die Diagnostik ging, wollte ein Onkel mehr wissen und rief an.
Habs versucht ruhig zu erklären. Keine Chance.

Wurde gleich alles abgesprochen.
„Alles Schwachsinn. Bist genauso manisch wie deine verstorbene Mutter“ und all so‘n Käse.

Da habe ich aufgelegt.
Danach kamen Emails. Bei den anderen brauchte ich es dann auch nicht mehr versuchen bzw. wollte es gar nicht mehr.

Dann habe ich beiden Seiten die Türe zugemacht und versuche mich seitdem vor diesen Energiesaugern zu schützen.

Wollte erstmal abwarten, bevor ich vielleicht zu schnell und dann falsch entscheide.

Hat sich aber nicht verändert seitdem.
Ich vermisse die nicht mal ein bisschen.
Da ist auch gefühlstechnisch nix. So gut wie vergessen, als wären die nie dagewesen.

Bisschen spooky, aber ich wüsste, ich würde da explodieren, müsste ich mir deren Gelaber auch nur 5 Minuten anhören. Es ist nämlich immer die gleiche Platte bei denen.

Mochte ich früher alles schon nicht, aber dachte immer „Kannste doch nicht machen. Ist ja Familie!“.

Doch, kann ich. Muss ich auch, wenn ich an mir arbeiten und was verändern will.
Ich will da auch keine Tür mehr aufmachen.

Eigentlich weiß ich, dass es sie noch gibt.
Aber es ist echt wie „Aus den Augen, aus dem Sinn“ und ich fühle mich endlich nicht mehr schlecht dabei :man_shrugging:

In der ein oder anderen Familie von Freunden oder Partnerinnen habe ich sowas wie bei dir oben aber auch schon mitbekommen.
Da sah die Kindheit und auch die der Eltern dann aber auch wieder entsprechend kaputt aus.

Von Generation zu Generation wirds weitergegeben bis mal einer aus dem Kreis ausbricht.

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Also da musst du weg, weißt es ja selber. Und dann den Kontakt zu diesen Leuten (Eltern sind das für mich nur in biologischer Hinsicht) komplett abbrechen, neue Telefonnummer, alles.
Ich weiß jetzt nicht, was für „Baustellen“ bei dir noch offen sind, aber wenn du einige Sachen nicht kannst, kann man sich da Hilfe besorgen. Vielleicht reicht es ja schon, sich eine WG zu suchen, wenn es um strukturelle Probleme geht. Da wirst du dann dran erinnert, wenn du dran bist mit Küche sauber machen und was sonst noch an gemeinschaftlichen Aufgaben anfällt. Gemeinsam macht`s dann ja vielleicht sogar Spaß.

Für schwerwiegendere Probleme wende dich am besten an eine Beratungsstelle. Es gibt auch für jüngere Leute sowas wie „betreutes Wohnen“.

Also da würde ich ja lieber unter einer Brücke wohnen als zu Hause. Wobei ich das kaum als „Zuhause“ bezeichnen würde, sondern eher als Meldeadresse.

Halt den Kopf oben! Die anderen sind noch kranker im Kopf als du! Unterschied: Sie wissen es nicht!

Puh… heftig. :adxs_trost:
Freunde kann man sich aussuchen. Familie nicht.
Wirklich nicht? Zuerst nicht. Später doch.

Nach außen bin ich wohlbehütet aufgewachsen. Innen war ich allein. Sehr allein. Inmitten meiner Familie. Kein Wunschkind. Anstrengend, autonom, eigensinnig, ungehorsam, wild. Kein „richtiges“ Mädchen, wie es meine Mutter gern gehabt hätte - kein Junge, den mein Vater gern gehabt hätte. Ungewollt. Unverstanden. Schlimmer als die Schläge war das Ignorieren meiner emotionalen Bedürfnisse.

Habe mich deswegen schon sehr früh emotional zurückgezogen und Mauern errichtet. Nichts kommt rein, nichts geht raus. Nach der Schule ausgezogen und mir geschworen, NIE WIEDER einzuziehen. Hätte lieber auf der Straße gelebt, als zurückzukehren. Mit im Gepäck: Der Vorsatz, NIEMALS SO zu werden.

Mein Leben leben. Mit Menschen, die mich so akzeptieren, wie ich bin.

Kontakt zu meinen Erzeugern nur noch in homöopathischen Dosen, ohne Hoffnungen oder Erwartungen. Sie feierten meinen Lebensweg als Folge ihrer erzieherischen Glanzleistungen. Zum Glück habe ich zwei Ohren von ihnen bekommen: Links rein, rechts raus…

Erkenntnis mehr als 30 Jahre später:
ADHS fällt nicht vom Himmel. Als Produkt zweier Menschen aus Familien von Kettenrauchern, Alkoholikern und gescheiterten Existenzen bin ich froh, meinen Weg gefunden zu haben.

Vater schaut inzwischen die Radieschen von unten an, Mutter hockt allein in ihrer Bude weit weg und redet sich ein, sie hätte keine Probleme. Ich mache ihr keine Vorwürfe (mehr), erwarte keine Einsicht oder Verständnis (mehr). Ist zwecklos. Sie ist zufällig die Frau, die mich geboren hat. Mehr nicht. Eine alte Bekannte, mit der man ab und zu übers Wetter quatscht - ganz sicher nicht über ADHS.

Du wirst Deine Eltern nicht zu Toleranz und Akzeptanz erziehen können. Nutze Deine Energie, um Wege für Dich zu finden. Ohne sie.

Alles Liebe für Dich!

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