Chaos-Eindosierung und Schlafprobleme

Hallo ihr!

Ich bin aktuell noch ganz am Anfang meiner medikamentösen Reise und jetzt doch etwas verunsichert, obwohl ich seit Monaten Wissen zum Thema inhaliere. Aber über die Theorie lesen und dann selbst in der Situation zu sein, sind eben doch nochmal zwei Paar Schuhe.

Leider bin ich nach meiner Diagnose an eine Psychiaterin geraten, mit der ich sowohl menschlich als auch fachlich meine Probleme habe. Aber gleichzeitig bin ich froh, überhaupt in einer Praxis untergekommen zu sein, weil in der Umgebung alles voll ist und meine Hausärztin mir die Medikamente nur in Ausnahmesituationen und nicht in der Eindosierungsphase verschreiben würde. Natürlich könnte man das alles auch privat machen, aber leider fehlt mir langfristig der Goldesel dafür.
Ich begnüge mich also erstmal mit der aktuellen Situation: Eine Ärztin, die für mein Gefühl keine Vorstellung davon hat, welchen Leidensdruck ADHS auslöst und fachlich einfach sehr inkompetent wirkt (was grundsätzlich kein Problem ist, wenn sie damit anders umgehen würde), die mir absolut nicht zuhört (ich rede gefühlt mit einer Wand und sie zeigt keine wirkliche Reaktion auf mich und das Gesagte, sondern übergeht mich und redet unabhängig von mir weiter) und bei der ich mich einfach insgesamt unwohl und alleingelassen fühle.

Zur Ausgangssituation: Kurz vor dem Beginn und parallel zu meiner ADHS-Diagnostik hat meine Depression sich akut verschlechtert und ich habe Schlafstörungen entwickelt (die kommen und gehen bei mir phasenweise, je nach aktuellem Schweregrad der Depression oder dem Stresslevel, meist schlafe ich aber gut und habe keine Schlafstörungen). Auch habe ich in verschiedenen Ausprägungen mit Suizidgedanken zu kämpfen. Einerseits meine ‘normalen’ Suizidgedanken, die für mich einfach eine Art Notfalltür sind. Ich möchte leben. Aber ich möchte gut leben. Und ich habe große Angst davor, kein lebenswertes Leben zu haben. Dann aber auch ganz irrationale Suizidgedanken, die bei mir während PMS auftreten. So plötzlich wie sie da sind, sind sie nach ein paar Tagen pünktlich mit einer Periode auch wieder weg. Zum Glück weiß ich das mittlerweile und versuche, meinen eigenen Gedanken in dieser Zeit einfach nicht zuzuhören.

Jetzt aber zu Elvanse. Im ersten Monat wurden mir 20mg verschrieben. Die ersten Tage hatte ich einen angespannten Kiefer und Wüste im Mund. Das ist aber von Tag zu Tag weniger geworden, bis es nicht mehr wirklich aufgefallen ist. Dazu kamen nach einigen Tagen Magenprobleme. Ich bin da leider etwas anfällig und hatte lange Zeit mit Magenschleimhautentzündungen zu kämpfen. Da ich auf keinen Fall etwas in diese Richtung provozieren wollte und ich ansonsten keinerlei Wirkung von Elvanse hatte, entschied ich mich, bis zum nächsten Rezept eine Pause einzulegen. Mein Magen hat sich recht schnell wieder beruhigt und ich habe keinerlei Unterschied gemerkt (manchmal wird ja beschrieben, dass die Wirkung so subtil ist, dass man sie erst merkt, wenn man nichts mehr nimmt und dann doch ganz gut erkennen kann, dass es ohne Medis schwerer ist im Alltag).
Was man allerdings sagen muss: Meine Schlafstörungen haben sich mit dem Beginn von Elvanse neutralisiert. Ob es jetzt doch eine Wirkung gab oder einfach daran lag, dass ich viel früher wach war, um Elvanse möglichst zeitig zu nehmen und ich dann brav gegen 22 Uhr müde war und auch direkt eingeschlafen bin.. schwer nachzuprüfen).

Als kleinen Einschub an dieser Stelle: Nach jahrelanger erfolgloser Therapie liegt gerade sehr viel Hoffnung für mich auf diesen Medikamenten. Für mich ist ADHS aktuell das fehlende Puzzleteil und die Erklärung für so viele Schwierigkeiten in meinem Leben. Und eventuell ist es nicht gerade klug, so zu handeln, aber ich habe einfach keine Geduld mehr. Ich dachte, ich hätte sie. Aber es ist schwerer als gedacht, wenn alles um einen herum gefühlt brennt und die Lösung oder zumindest ein Teil davon vor einem liegt.

Nach einem Monat dann bekam ich 30mg verschrieben. Wieder keine Wirkung, wieder die ersten 2-3 Tage Verspannungen im Kiefer und trockener Mund. Allerdings fiel es mir nun merklich schwerer, einzuschlafen. Die Zeit, in der ich einschlafen konnte, verlagerte sich nach 0 Uhr. Dadurch schlief ich natürlich weniger.
Und dann habe ich meine Dosis eigenständig erhöht (hatte ja einen Überschuss durch meine Pause). Erst auf 40mg. Kiefer/Mundtrockenheit trat erneut die ersten Tage auf, ich konnte eine erste vorsichtige Wirkung vernehmen. Und das erste Mal seit vielen Monaten hatte ich keine! Suizidgedanken vor meiner Periode. Das kann natürlich Zufall sein, aber ich schiebe es ganz hoffnungsvoll auf das Elvanse. Weiterhin kam ich erst deutlich nach 0 Uhr in den Schlaf, was zunehmend anstrengend wurde. Dann eine Elvansepause für ein paar Tage aus anderen Gründen. Aber nach zwei Tagen konnte ich den verpassten Schlaf aufholen. Das war dringend notwendig und ich habe einen Samstag fast komplett verschlafen.
Dann eine weitere Erhöhung auf 50mg. Selbes Spiel mit Kiefer/Mundtrockenheit. Und weil ich ausgeschlafen in die nächste Runde gestartet bin, hatte ich einen wunderbaren ersten Tag mit 50mg. Auch der zweite Tag war noch ganz gut, aber ab da wurde es wieder schlechter. Denn: Mit 50mg ist an Schlaf irgendwie so gar nicht zu denken und ich bin einfach nur müde. Alles in mir schreit nach Schlaf. Ich fühle mich, als würde ich sofort einschlafen, wenn ich mich hinlege. Aber nichts da. Nachts fange ich irgendwann zwischen 1-3 Uhr an, in eine Art Halbschlaf zu gleiten. Richtig weg bin ich aber nie. Es fühlt sich an, als würde Elvanse den Motor starten, aber es ist dann einfach kein Treibstoff da, um ihn am Laufen zu halten. Ich fühle mich eher wie ein Zombie.

Eigenmächtig die Dosis anzupassen war einfach auch der Angst geschuldet, dass ich auf 20mg und 30mg keine Wirkung gespürt habe und sich Verzweiflung breit gemacht hat. Ich musste für mich einfach wissen, ob da noch was kommt. Und da kommt auf jeden Fall was! Aber Schlaf ist eben essentiell, auch für eine gute Wirkung. Und der geht mir gerade flöten. Es ist doch paradox. Elvanse will Schlaf und Nahrung und verhindert gleichzeitig Schlaf und Nahrung.

Deswegen lange Rede, kurzer Sinn: Hattet ihr am Anfang Schlafprobleme, die ihr klar Elvanse zuordnen konntet, die sich dann aber im Laufe der Zeit minimiert haben? Kann der Körper sich soweit an Elvanse gewöhnen, dass sich nach einiger Zeit wieder ein normaler Schlafrhythmus etabliert?

Su nimmst ein Stimulanz.
Hattest du mal die Nebenwirkungen im Beipackzettel gelesen?

Gib doch mal in google
Nebenwirkungen Elvanse ein und was kommt unter den ersten 5?

Genau Schlaflosigkeit

Warum hast du mit Elvanse gestartet und nicht mit medikinet?

Meine Frage bezog sich eher auf Erfahrungswerte, ob sich das ‘verwächst’ mit der Zeit oder ob ich davon ausgehen kann, dass das so bleibt und Elvanse dann vielleicht nicht das richtige Medikament ist.

Weil meine Psychiaterin von der Thematik keine Ahnung hat und erstmal nachgeschlagen hat, was es da überhaupt für Medikamente gibt. Danach wollte sie mich mit Atomoxetin als Erstmedikation nach Hause schicken und entschied sich dann doch für Elvanse.

Soweit ich weiß, ist Elvanse inzwischen sehr oft Erstlinientherapie für Erwachsene, nicht MPH.

Aber zum eigentlichen Thema: leider eine sehr nervige Nebenwirkung. Vielleicht habe ich es überlesen, aber wie lange hast du ab 30mg jeweils bei einer Dosis verbracht? Bei 20mg warst du ja einen Monat, oder?

Ich persönlich habe auch mit einer höheren Dosis, die besser wirkt, leider zunehmend Schlafprobleme. Ich habe aber auch schon oft gehört, dass die bei einigen mit der Zeit besser werden. Dazu können andere vielleicht mehr Erfahrungen teilen. Durch den weiblichen Zyklus wird auch oft eine unterschiedliche Dosis in verschiedenen Phasen gebraucht, vielleicht ist das bei dir auch der Fall? Dazu gibt es bestimmt auch in den Infoseiten hier etwas zu finden

Ansonsten wie immer die Frage, ob du konsequent auf Koffein verzichtet hast? Das wäre einen Versuch wert.

Es kann natürlich sein, dass irgendwo bei 20-40 deine eigentlich optimale Dosis vom Nebenwirkungsprofil liegt und du darüber leider durch eher langsame Metabolisierung einen Nachteil hast, obwohl die Wirkung noch besser werden würde. In dem Fall könntest du höchstens versuchen, die Metabolisierung zu verschnellern. Die Verdauung von LDX zu DX wäre auf leeren Magen schneller, manche empfinden auch einen früheren Wirkungseintritt beim Auflösen in Wasser statt der Kapsel. Das spart dir aber vermutlich nicht viel mehr als evtl. eine Stunde vorgezogen. Um den Abbau von D-AMP dann zu beschleunigen, bräuchte man vermutlich Induktoren von CYP2D6; da liest man hier eher was von Inhibitoren zum Verlängern der Wirkung. Ob es auch geeignete Induktoren gibt, weiß ich leider nicht, aber vielleicht wäre es eine Recherche wert. Ansonsten sollte ein saurer pH-Wert im Urin den Abbau ebenfalls ein wenig beschleunigen, auch da könntest du dich ausprobieren.

Wenn du die optimal wirkende Elvanse-Dosis nicht mit erträglichen Nebenwirkungen kombiniert bekommst, aber die Wirkung eigentlich wünschenswert ist, bliebe dir natürlich noch die Option, Elvanse in der höchstmöglichen Dosis ohne starke Nebenwirkungen mit einem anderen Medikament zu kombinieren, vorzugsweise einem Nicht-Stimulans. Typischerweise würde man aber erstmal ein anderes Präparat wechseln; Methylphenidat könnte durch die deutlich kürzere Halbwertszeit ja deutlich besser passen, wenn die Wirkung antenehm ist. Man könnte natürlich auch viel mit Nahrungsergänzungsmitteln rumprobieren, um die Wirkung zu verstärken (L-Tyrosin usw.), aber das kann auch zu viele Variablen mit reinbringen. Wenn persönlich möglich, kannst du natürlich auch regelmäßige Pausentage zur körperlichen Erholung einplanen, aber periodisierter Schlafentzug ist wirklich keine optimale Lösung.

Ich würde dir raten, in der folgenden Reihenfolge zu schauen:

  • Einfluss von Koffein ausschließen
  • Einnahme in Wasser auf leeren Magen, um nach Einnahme ein bisschen Zeit bis zum Metabolisierungsstart zu sparen
  • Überlegem, ob bei der gleichen Dosis in verschiedenen Zyklusphasen unterschiedlich gute Wirkung vorhanden ist
  • Wenn nötig, Dosis von 20/30/40/50 nochmal länger ausprobieren und Effekt auf Schlaf in verschiedenen Phasen gut dokumentieren
  • Ausprobieren, ob du den Abbau von Elvanse durch irgendwas beschleunigt bekommst (ggf. kann die Ärztin hier unterstützen)
  • Überlegen, ob die Wirkung von Elvanse eigentlich so gut ist, ob du Elvanse in niedriger Dosis mit etwas kombinieren möchtest oder ob du einen Präparatswechsel ausprobieren möchtest

Achte darauf, das nach und nach anzugehen, denn du willst ja auch wirklich, wirklich richtig eingestellt sein. :slight_smile:

Auf Koffein verzichte ich konsequent, ja. Ich war noch nie die Kaffeetrinkerin, das ist also kein Problem für mich. 20mg habe ich ungefähr zwei Wochen genommen, bevor ich eine Pause gemacht habe. Die darauffolgenden Dosierungen jeweils eine Woche.

Ich hatte jetzt schon davon gelesen, dass man zum Beispiel Quetiapin am Abend nehmen kann für eine schlafanstoßende Wirkung. Aber da sträubt sich etwas in mir. Ich möchte ungern in einen Strudel geraten, in dem ich immer wieder das eine Medikament durch das nächste ausgleiche. Zumindest nicht, solange andere Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft wurden. Auf leeren Magen nehme ich Elvanse ebenfalls, auch wenn ich am Anfang noch ganz motiviert war, vorher etwas zu essen. Aber das schaff ich so früh am Morgen einfach nicht auf Dauer so krampfhaft.

Einem Medikamentenwechsel stimmt meine Ärztin leider nicht zu. Dann gehe ich jetzt nochmal in der Dosierung zurück und schaue, wie ich meinen Schlaf gehändelt bekomme. Ich hatte im Forum auch schon Tipps wie Auspowern etc gelesen, das funktioniert aber auch nicht, da es ein ‘unnatürlicher’ Wach-Zustand ist. Müde und kaputt bin ich ja. Und grundsätzlich auch tagsüber viel aktiver als sonst, weil Elvanse meine ADHS-Symptome ganz gut in Schach hält.

Ach und vielleicht noch als Info: Ich habe generell das Gefühl, dass es eher lange dauert, bis Elvanse wirkt (schwer zu sagen, da es sich nicht wie ein On-/Offschalter anfühlt. Aber ich würde schätzen, dass ich erst ab zwei bis drei Stunden nach Einnahme eine Wirkung verspüre. Und wenn ich Elvanse pausiere, dann habe ich erst am zweiten Tag ohne Elvanse das Gefühl, nicht mehr in diesem künstlichen Wach-Zustand zu sein, sondern dass mein Körper wieder ohne Einflüsse auf Müdigkeit reagieren kann. Eventuell hat mein Körper also wirklich einfach lange mit Elvanse zutun?