Computerspielesucht

Hallo zusammen,

Ich wollte hier mal ein Thema ansprechen, das hier schon in unterschiedlichen Threads angesprochen wurde, aber nicht unter der Betrachtung einer Suchterkrankung.

Im neuen ICD-11 ist ja die Computerspielsucht bzw. die Internet- / Mediensucht eine anerkannte Diagnose mit ähnlichen Diagnosekriterien wie die substanzgebundenen Suchterkrankungen also:

  • Kontrollverlust
  • Toleranzsteigerung
  • Vernachlässigung anderer Lebensbereiche
  • Verstecken des Verhaltens
  • Konsum, auch wenn die negativen Konsequenzen bewusst sind oder auch eintreten
  • Entzugssymptome bei Nicht-Konsum

Gibt es hier Menschen, die sich da sehen oder vielleicht sogar schon eine solche Diagnose haben? Ich glaube das wird häufig unterschätzt, was das für Auswirkungen auf das Leben haben kann. Ich sehe es zumindest bei mir.

Beste Grüße,
Beefcake

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In meinen Therapien habe ich bemerkt, dass häufig ein großes Augenmerk auf substanzgebundenen Süchten liegt, weil diese auch schwerwiegende körperliche Konsequenzen als auch psychische Konsequenzen haben können, aber als ich versuchte zu erklären, dass mein Suchtverhalten sich eher auf digitale Inhalte fokussiert hat man dies zwar anerkannt und auch thematisiert, allerdings eher als Vermeidungsverhalten in Form des Rückzugs festgelegt und ist deshalb auch nicht allzusehr darauf eingegangen und man hat sich mit meinem Alkoholkonsum beschäftigt. Dieser wurde zwar nicht als Sucht betrachtet, aber dennoch sehr problematisch, was ich auch einsehe.

Alkohol trinke ich nun seit über einem halben Jahr nicht mehr, was mir auch nicht schwer fällt.

Allerdings merke ich immer wieder und auch jetzt in meiner ersten Beziehung, wie problematisch mein Medien-, Internet- und auch Spielekonsum ist.

Ich verbringe den Großteil meiner Tage vor Bildschirmen (auch wenn ich nicht arbeiten muss), Spiele lieber und vernachlässige deshalb auch mal andere Dinge, die sicherlich schöner sein könnten und vernachlässige teilweise dadurch mein Studium.
Auch bei wichtigen Telefonaten oder Gesprächen mit Menschen, die mir wichtig sind, merke ich immer wieder wie ich währenddessen spiele und dadurch kaum bei den Gesprächsinhalten bin. Ich verstehe Sachen grundlegend falsch und vermittle anderen Menschen dadurch ein Gefühl der Unwichtigkeit, wofür ich auch Verständnis habe und wonach ich mich dann sehr schlecht fühle. Auch bei gemeinsamen Abenden bin ich teilweise so in mein Handy oder in meinenen Laptop oder Spiele vertieft, dass andere Personen das Gefühl bekommen, ich würde nichts mit ihnen zu tun haben wollen. Und dass ich dann auch manchmal sehr genervt reagiere, wenn im Spiel etwas nicht gut läuft und die Person, mit der ich gerade interagiere, meine genervte Art auf sie selbst bezieht.

Alles in Allem ein ziemlicher Mist.

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Und es ist ja auch wie bei anderen Süchten:
Man erkennt es, will davon weg, löscht alle Spiele (bzw. entsorgt das Suchtmittel) und dann verlagert sich das irgendwann nur irgendwo anders hin und man denkt sich dann irgendwann: Ok, wenn das so ist, dass ich dann meine Zeit wieder anderweitig vor Bildschirmen verbringe, dann kann ich auch wieder spielen und dann geht das Theater von vorne los.

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Ich bin auch betroffen, habe neben anderen Süchten auch eine Medien-/Spielesucht. Nimmst du Medikamente, und haben die irgendwas daran verbessern können?

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Ich hab dazu bisher nur sehr wenig gefunden:

Dass Sucht - in welcher Form auch immer - bei ADHS erhöht komorbid ist, ist aber klar.

Ein möglicher Weg wäre, die Sucht auf andere Themen zu verlagern. Der Versuch mit anderen Bildschirminhalten war ja so.
Der Königsweg wäre, etwas produktives zu finden. Oder auch zwei Sachen, zwischen denen sich abwechseln ließe.
Programmieren vielleicht.

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Ja, Elvanse hat es tatsächlich verbessert allerdings liegt es ja nach wie vor an einem selbst, wie man mit seinem Leben umgehen will. Elvanse hilft da, aber kann einem nicht alles abnehmen…

Mit Medikamenten ist es einfacher sich davon loszulösen finde ich, aber es ist immer noch ein Risiko da.

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Ja, das stimmt. Wenn man sieht, dass Süchte hauptsächlich übers Dopamin entstehen und wenn man weiß, was ADHSlern an Botenstoffen abgeht ist das nur noch wie Eins und Eins zusammenzählen…

Ich hab bisher vor Allem herausgefunden, dass zu den häufigsten Komorbiditäten bei der Computerspielsucht wohl Persönlichkeitsstörungen, Depressionen und dann ADHS zählen, allerdings muss man sich auch fragen wie viele aus der ersten Kategorie undiagnostizierte ADHSler sind, ist ja ein großes Thema nach wie vor.


Quelle: Computerspiel-Sucht | Update 2024: Symptome, Therapie...

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Bei mir spielen mehrere Faktoren eine Rolle, habe neben ADHS auch noch andere Diagnosen. Meine ehemalige Therapeutin meinte, ich kann Langeweile nur ganz schwer ertragen. Und das wäre auch der Grund, warum ich mich, wenn ich das Computerspiel aus lasse, stattdessen mit dem Handy aufs Sofa lege und ewig rumsurfe. Klar könnte ich die Zeit auch produktiv nutzen, indem ich z.B. was im Haushalt mache. Aber das ist im Gegensatz dazu halt anstrengend, und macht keinen Spaß. Mein Gehirn ist auf kurzfristige Belohnungen aus, die mir Spielen, Surfen, Alkohol oder auch Essen bieten :see_no_evil:

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Fand diese neue Reportage ganz gut: https://www.swr.de/swr2/doku-und-feature/nachts-gehoert-mein-leben-mir-swr2-essay-2024-02-25-100.html

Da weist der aufgesuchte Therapeut auch auf ADHS hin.

(Hatte ich beim Gaming gepostet:

Da war es wohl nicht so gut platziert, war auch nicht als Spielverderberei gemeint. Ich selbst habe schon dereinst bei der Summer Games Datasette meines Bruders gemerkt, dass ich mich für sehr gefährdet halte und daher immer einen Bogen darum gemacht. Instinktiv ähnlich wie bei Alkohol. Kenne mich daher nicht gut aus, aber habe meine anderen Gewohnheitsneigungen sehr in der Reportage gefunden.)

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Nimmt man ein paar von den Diagnosen da weg und ersetzt sie durch ASS dann pass ich da auch rein, ADHS ist ja angegeben. Seit ich Elvanse nehme zocke ich aber fast gar nicht mehr, davor halt repetitiv ein und die selben Spiele, Jahre/ Jahrzehnt lang, ich komme da bei manchen Titeln bzw. meine liebsten 4, zusammen auf gute 7k + Stunden. Müsste ich nachrechnen.

Mehr kann ich zu dem Thema nicht Beitragen, war halt für mich, stets eine gute Flucht aus der Realität. Habe mal gehört das manche ASSler sich auch Fantasiewelten im Kopf erschaffen, stammt vermutlich noch Hauptsächlich aus einer Zeit wo es kaum Computer/ Konsolenspiele gab.

Kenshi fand ich auch toll, hab’s aber nur ein paar hundert Stunden gespielt
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Edit: Gaming Disorder and Computer-Mediated Communication in Children and Adolescents with Autism Spectrum Disorder - PubMed

„Children and adolescents with ASD seem to be an especially vulnerable subpopulation for GD.“

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@Beefcake Du schreibst das bei süchten oft nur an „Substanz gebundene“ Süchte gedacht wird, wie Alkoholsucht, Drogensucht ect.

Ich glaube aber das es nicht ganz stimmt.

Was ist mit einer „Erwachsenen Filmchen“-Sucht? Findet alles am PC statt.

Auch eine Spielsucht (Kasino, Sportwetten) kann nur am PC stattfinden. Es gibt genug Online Kasinos.

Gerade die Kasio Spielsucht ist immer wieder großes Thema auf Youtube.
Mittlerweile sprechen sich mehr Youtuber dagegen aus Glücksspiel zu streamen um kein Suchtverhalten bei Minderjährigen zu fördern.

Die Debatte fing damals mit Montana Black an. Dann wurde wenige Jahre später Knossi kritisiert.

Vor 1-2 einhalb ungefähr knallte es dann komplett als die Plattform Kick eröffnete und massive Summen dafür Ausgab das Creator auf die Plattform kommen und Glücksspiel streamten.

Kein Wunder. Hinter der Streaming Plattform Kick stand das Online Kasino Steak.

Im Mittelpunkt dieser Orkans standen übrigens OrangeMorange und Scurros die Glücksspiel massiv bewarben.

Auch hier gab es einen großen Backclash.

Wenig später geriet Tanzverbot immer wieder mit Montana Black aneinander wegen der Glücksspiel Thematik.

Auch OrangeMorange und Tanzverbot schenkten sich nichts. Als Tanzverbot, OrangeMorange immer wieder für das Glücksspiel kritisierte doxxte (Doxxen = Private Informationen wie Adresse ins Internet stellen) OrangeMorange ihn und veröffentlichte seine Adresse.

Irgendwo dazwischen gab es noch den Fall eines Youtubers (Name gerade vergessen) der sich aktiv gegen Glücksspiel aussprach weil er Süchtig geworden war und Schulden hatte.

Er bekam einen Deal von Kick, nahm diesen an und streamte als ex süchtiger Glücksspiel und verlor kein Wort mehr darüber wie gefährlich eine Spielsucht ist.

Auch da sprachen sich verschiedene Youtuber dagegen aus und nannten den Youtuber „Doppelmorralisch“

Wo wir schon dabei sind:

Erst vor kurzen veröffentlichte Tanzverbot ein Statement das er kaufsüchtig geworden war und Steuerschulden hatte.

Was ich damit sagen will ist: Das es dir wahrscheinlich so vorkommt als würde sowas weniger besprochen als andere Süchte. Es kommt immer ganz stark drauf an in welcher Bubble du unterwegs bist.
Ist ja klar, man kann ja auch nicht überall gleichzeitig sein.

Ich bin seit Jahren aktiv in der Youtube Scene unterwegs und ich hab noch niemanden über eine Zucker oder Koffeinsucht sprechen hören.

Also für mich subjektiv werden diese Themen weniger beprochen als andere Süchte.

Ich hoffe ich konnte was sinnvolles beitragen.

Schönen Tag noch.

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Früher nahezu täglich GTA Online gespielt.

Das war früher allgemein der Feierabend-Verlauf mit 2-4 Freunden.

Die kenne ich zwar auch im echten Leben, haben aber auch alle ähnliche oder gleiche Probleme und neigen ebenfalls zur Selbst-Isolation, weil vom Alltag überfordert.

Die Pandemie hat das natürlich nicht verbessert. Im Gegenteil (auch wenn ich es irgendwie genossen habe - dachte ich jedenfalls).

GTA wurde dann irgendwann langweilig.
Seit ein paar Jahren spielen wir stattdessen Rocket League. Je schneller das Match, desto besser für mich.

Es braucht halt schnelle Reaktionen und guten Fokus. Das geht mit Medikament deutlich besser.

Hatte ich aber auch schon während der Cannabis Therapie bemerkt (antreibende, fokussierende Sorte, kein Couch-Gelümmel-Kraut), dass der Fokus usw. deutlich besser wurde und sich dadurch auch mein Spiel verbesserte.

Dieses schnelle Spiel und die Dauerkonzentration nudelt aber auch ordentlich mein Gehirn durch. Das habe ich früher nicht bemerkt. Hab meinen Körper eh nicht gut wahrgenommen.

Nach 4-5 Matches gleich nacheinander war mein Nacken verspannt und die Birne matschig.

Das Spiel macht zwar nach wie vor Spaß, aber seit Elvanse hat es sich auch da schon verändert.

Muss nicht mehr täglich zocken und nehme auch bewusster wahr, wie der Kopf durchgenudelt wird und lege nach 2-3 Matches eine Pause ein.

Oder wir quatschen einfach über den Party-Chat bzw. ich rede gefühlt ununterbrochen :adxs_grins:

Die Abende, wo ich den Spielkasten ausgeschaltet lasse, sind deutlich mehr geworden.

Ich lese viel und mich interessiert auch mittlerweile alles mögliche.

Aber die hohe Bildschirmzeit ist natürlich auch nicht gesund für das neurodiverse Gehirn und ich versuche es zu reduzieren. Ist aber in der heutigen digitalen Welt auch nicht so einfach.

Tagsüber 8-10h arbeiten am Bildschirm + Handy + zocken kann ja nicht gesund sein.
Daher zwischendurch mal 5-10 Minuten eine Atemübung und die Augen schliessen.

Mit anderen Süchten habe ich seit Elvanse zum Glück nichts mehr am Hut.

(Online) Casino oder Sportwetten waren noch nie etwas für mich. Zum Glück.

So einen Fall habe ich in der Familie, aber der sieht das natürlich nicht so und prahlte immer, wenn er am Automaten oder bei Sportwetten mal eine höhere Summe gewonnen hatte.

Am Ende hat er sogar seine Firma in den Sand gesetzt und ging extrem hochverschuldet in die Insolvenz. Das waren natürlich auch andere schuld.

Daraus lernen wird er nichts und ADHS hat er angeblich nicht mehr. Sobald er kann, wird er sich wieder eine Kreditkarte besorgen und auf die Kacke hauen. Wie sein Leben lang schon :man_shrugging:

Süchte sind schon was „Feines“, egal in welcher Form :adxs_rolleyes:

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Hi @anon76057408 ,

schön wieder von dir zu hören! :smiling_face:

Ja, da hast du sicherlich Recht. Meine Aussage habe ich ja auch auf meine eigenen Therapie bezogen. In anderen Communities ist das Problem sicherlich präsenter.

Ja, bei Wetten und anderen Automaten-Spielen bin ich auch raus.

Aber das Zocken von „normalen“ Spielen raubt einem leider ja auch schon genug vom Leben :confused: wenn auch nicht gleich das ganze Geld.

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Beefcake. Wenn dich deine Computersucht (zum Glück) so stört, hast du nicht mal drüber nachgedacht eine Therapie speziell dahingehen zu machen? Oder hast du das schon und es hat nicht geklappt?

Die Einsicht zu haben das mein ein Suchtproblem hat, ist schon ein großer Schritt :+1:

Darauf kannst du super aufbauen. Klar wird das nicht leicht aber ich glaube daran das du es schaffen kannst.

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Ja, habe ich mir schon überlegt, aber es ist sowieso schon in meine derzeitige Therapie eingebettet und ich werde es da auch nochmal ansprechen.

Es hängt auch eben sehr stark davon ab, wie mein restliches Leben läuft. Wenn ich grad Spaß und Freude an vielen anderen Sachen habe, dann spiele ich natürlich auch nicht so viel. Aber depressive oder auch stressige Phasen fördern das Spielen.

Deshalb wollten mir meine Therapeuten wohl auch nicht eine Sucht diagnostizieren sondern das als Vermeidungsverhalten und Realitätsflucht festlegen.

Weil das Spielen mich nicht durchgehend kontrolliert, sondern eher dann, wenn ich ein Ventil brauche, wenn ich vor irgendetwas fliehen will. Und da gibts halt immer wieder Phasen.

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Ah okay verstehe. Es ist aber schon richtig stark das du es erkannt hast und in einer Therapie dran arbeitest :muscle:

Nur so kann es besser werden. Es wird nie ein leichter Weg sein. Du musst am Ball bleiben, dich immer wieder reflektieren und weiter dran arbeiten.

Und wenn du erst in 5 Jahren an dein Ziel kommst. Dann bist du immer noch in 5 Jahren an dein Ziel gekommen.

Besser als nix zu tun und noch in 10 Jahren unglücklich vor dem PC zu hocken!

Du machst das schon toll! Ich wünsche dir ganz viel Erfolg. Halte durch. Du hast ein klares Ziel vor Augen was sich zu erreichen lohnt.

Es wird immer mal Rückschläge geben aber steck deshalb den Kopf nicht direkt in den Sand. Misserfolge und Rückschläge gehören leider zum Leben. Du bist da nicht der einzige der Rückschläge hat.

Wichtig ist, wieder aufzustehen und den nächsten Versuch zu wagen und nicht so hard zu sich selber zu sein. Erlaub dir Fehler zu machen. Daraus lernt man.

Aber lass nicht zu das ein Misserfolg dich so beeinflusst das du alles hinwirfst und dann wirklich wieder bei 0 stehst.

Du musst niemanden etwas beweisen. Du machst das für dich. :raised_hands:

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Für mich galt das eine lange Zeit. Da war es wirklich exzessiv.
Ich habe das Gefühl, dass ich ggü. Substanzen eine unheimlich hohe Toleranzschwelle zur Abhängigkeit habe (Erfahrung mit Alkohol und Schmerzmitteln/Tillidin), dafür aber ziemlich tief in dem Medienloch hing. Die Umstände haben die Abhängigkeit begünstigt, aber heute kann ich einschätzen, dass ich damit definitiv meinen Kopf betäuben wollte.
Zocken, dazu Filme und Serien schauen und am besten noch ein weiterer Reiz, damit ich so viel es geht von meiner Umwelt ausblenden kann und irgendwann vor Erschöpfung umfalle.

War ne beschissene Zeit. War eine lehrreiche Erfahrung.

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