Der traurige Gewöhnungseffekt in Sachen Dopamin

Hallo liebe Community,

Ich bin ganz frisch hier und hoffe natürlich, dass mir jemand von Euch mit dem einem oder anderen Rat weiterhelfen kann. Denn eigentlich weiß ich nicht so recht weiter.
Es kann sein, dass dieser Text etwas länger wird und ich erwarte nicht, dass jeder die Zeit dafür hat :slight_smile:

Ich bin mir recht sicher, dass ich AD(H)S habe, auch wenn es nie konkret diagnostiziert wurde, weil es in einem Haufen anderer Diagnosen untergegangen ist. Meine Mutter und mein Bruder haben es auch und seit meiner Kindheit sind die Symptome diesbezüglich eigentlich bei mir wirklich ziemlich deutlich gewesen. Nur lag der Fokus seit meiner Jugend recht schnell auf anderen psychischen Leiden. Angefangen mit großen Ängsten in frühester Kindheit, einer manchmal nahezu unerträglichen Sensibilität, gepaart mit einer später erkannten Hochbegabung, in der Jugend dann eine sehr starke Zwangsstörung, Panikattacken, einer sogenannten körperdysmorphen Störung und immer schlimmer werdenden Depressionen teils so schwer, dass sie nur anhand ihres Schweregrades als psychotisch eingestuft wurden.

Hinter mir liegt eine Odyssee an Klinikaufenthalten, Therapien und Erfahrungen mit nahezu allen bekannten Medikamenten. Und genau zu dem Thema Medikamente würde ich gerne eure Meinung hören. Angefangen mit konventionellen Antidepressiva ( SSRI’s etc.), die ich nun länger als mein halbes Leben durchgängig nehme, kann ich diesbezüglich nur sagen: Sie haben mir geholfen, allerdings tatsächlich nur bei Ängsten und Zwängen, bei Depressionen konnte ich nie eine Verbesserung bemerken. Später, als die Depressionen immer schlimmer wurden und ich quasi alle Antidepressiva ausprobiert hatte, kamen die Neuroleptika und zeitweise auch Benzo’s. Tavor zb. ist im Notfall effektiver als Neuroleptika und SSRI’s aber nach circa. einem Monat sollte damit natürlich Schluss sein, ich kenne bisher nichts, was so süchtig macht.

Die Neuroleptika haben mir eine Weile ein wenig geholfen, insbesondere Olanzapin ( Zyprexa), das aufgrund von Nebenwirkungen in manchen Ländern verboten ist, konnte mir das Leben ein wenig erleichtern. Aber es hat nicht gereicht. Ich kam an dem Punkt, da ich vor circa. 3 Jahren in der Klinik war, und die Psychiater und Psychologen mir gesagt haben, dass sie bei mir, ehrlich gesagt, mit ihrem Latein am Ende sind. Ich war zugepumpt mit SSRI, zwei Neuroleptika gleichzeitig, Tavor und Lithium. Und die Depression hielt an. Normalerweise kommen Depressionen in Episoden. Meine ging einfach nicht mehr weg. Bis heute.

Und dann vor jetzt eineinhalb Jahren passierte etwas das doch eine Veränderung mit sich brachte. Ich war bei einem Freund, der AD(H)S hat und sah, wie er eine Medikinet nahm. Ich hatte es zwei Jahre vorher selbst verschrieben bekommen, allerdings gegen chronische Müdigkeit. Und ich fragte ihn, ob ich eine haben könnte. Und dann, eine halbe Stunde später wurde alles etwas leichter. Zuerst habe ich es gar nicht gemerkt, doch dann realisierte ich es und der Unterschied war so groß, dass ich erkannte, dass das vielleicht kein Zufall war. Ich wiederholte es ein paar Tage später, der gleiche Effekt. Ich sprach mit meiner Psychiaterin und fragte, ob ich wieder Medikinet bekommen könnte, in etwas höherer Dosis, als beim letzten Mal, weil es mir deutlich hilft. Sie willigte ein und so begann meine Erfahrung mit MPH als potentestes Antidepressivum, das ich je genommen habe.

Ich will es nicht unnötig in die Länge ziehen. Angefangen habe ich bei 40 mg pro Tag. Nach circa 2 Monaten fragte ich, ob ich 60 bekommen kann. Es fing, wie gesagt, vor ca. eineinhalb Jahren an. Mittlerweile liegt meine tägliche Dosis so ca. bei 120 bis 160 mg durchschnittlich, deutlich mehr als ich verschrieben bekomme. Manchmal gepaart mit 120 mg Elvanse und leider auch einer zunehmenden Menge an Kokain. Und ich merke immer weniger. Ich glaube, es geht einfach schlicht um Dopamin. Als vollkommen unterschätzter Botenstoff hinsichtlich Depressionen.

Nur verhält sich Dopamin unglücklicherweise anders als Serotonin. Der Körper reguliert anscheinend die Wiederaufnahmehemmung mit der Zeit angepasst an die Medikamente oder Drogen. Denn nach meiner Erfahrung unterscheiden sich MPH und Kokain wirklich kaum. Ich weiß, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Ich mache mir Sorgen um meinen Körper, fühle mich wie ein Junkie (was ich ja eigentlich auch bin). Und es bleibt die Frage: Hilft mir Medikinet bei meinem AD(H)S oder einfach bei meinen Depressionen, weil es für mich quasi wie Kokain ist. Hat jemand von euch Erfahrungen mit diesem starken, so deutlichen Gewöhnungseffekt und vielleicht eine Idee, wie man das angehen könnte?

Ich weiß, dass der erste Ratschlag von den meisten wäre, sofort mit allem aufzuhören, was Dopamin betrifft. Aber ich kann dazu nur leider sagen, dass wohl keiner dorthin zurück möchte, wo ich davor war. Und ich versuche auch, diese neue Lebensenergie zu nutzen und meine gesamte Lebenseinstellung zu ändern durch Therapie, Meditation und vielem mehr. Ich hoffe, mein Text wirkt nicht zu selbstmitleidig. Ich habe versucht einfach meine ganze Situation zu erklären. Ich freue mich sehr, falls jemand Lust hat, mir zu antworten. Danke :slight_smile:

Hallo Fritz und herzlich willkommen,

die Länge ist kein Problem, du schreibst auch nachvollziehbar, aber ohne Abschnitte sehe ich nur Buchstabensuppe. Ich habe mal Abschnitte eingebaut. Wenn du möchtest, kann ich den Thread in die Neuvorstellungen verschieben, Vorteil: Dann ist es nicht von außen lesbar.

Nee, das rate ich gar nicht. Aber immer weiter steigern geht nicht. Und Kombinieren mit Kokain natürlich auch nicht.

Meine MPH-Dosis ist seit vielen Jahren dieselbe, und ich stelle auch keinen Gewöhnungseffekt fest. Ich glaube, das ist bei den allermeisten anderen Teilnehmern/innen hier genau so.

Vermutlich war schon der Einstieg mit 40 mg zu hoch. Jedenfalls wenn du damit die Einzeldosis meinst.

Hallo und herzlich Willkommen!
Ich fürchte, viele Ratschläge wirst Du nicht bekommen… zumal Du ja auch eine sehr spezielle Problematik hast, auch was die Medikation betrifft.
Was mich wundert: welcher Psychiater verordnet solche Dosen an Stimulanzien?


Bei ADHS eigentlich nicht.

Die Medikation bei ADHS ist nicht dazu da, Depressionen zu bekämpfen – die Depressionen sollten zurückgehen, wenn man mithilfe der Medikation das ADHS besser im Griff hat. Dann hat man eine reelle Chance, die Depression therapeutisch anzugehen. Oder man bekommt zusätzlich Antidepressiva.

Nimmt man Stimulanzien, um aus der Depressionsstarre zu kommen (oder um z.B. den Hintern hochzubekommen weil man ADHS-bedingt prokrastiniert), dann ist das eine andere Baustelle, (ich würde sagen: ein Missbrauch) - da muss man vermutlich von Beginn an höher dosieren und später einen Entzug machen.

Das, was Du da tust, ist hochgradig gefährlich (das weißt Du ja auch).

Grüße, Anna

Nehmen wir mal an, Du hast ADHS. Klingt ja so.

Ich weiß jetzt nicht, wie lange das her ist. Aber eigentlich könnte man nur schreien, wenn man sich das vor Augen führt. Denn vermutlich hast Du einfach nicht in das schlichte Bild gepasst, das man von ADHS-Kindern hatte und noch hat. Und auch nicht in das Bild, dass da immer die Eltern dran schuld sind und die Erblichkeit eine Ausrede ist…

Dann sind vermutlich alle weiteren Störungen komorbid. Dann wurdest Du über Jahre / Jahrzehnte hin falsch behandelt.
Könnte sogar sein, dass Deine Depressionen, die vorher ADHS-komorbid waren, in der Folge durch die Fehlbehandlung verstärkt oder verfestigt wurden.

Rein logisch würde ich sagen:
Kontrollierter Entzug - und dann Neueinstieg mit einem vernünftigen, nicht suchterzeugenden ADHS-Medikament, langsam, in kleiner Dosierung.

Keine Ahnung ob sowas klappen kann. Das wäre eigentlich die Aufgabe dieser hochbezahlten Spezialisten (wie vieles von dem, mit dem wir uns hier rumschlagen) - also die Kameraden, die das Ganze irgendwie verbockt haben… .

Hallöchen und herzlich willkommen hier!

Puh da hast du aber auch eine Dopaminladung am start.

Wie extrem hat es sich denn gezeigt dass eine Dosis nicht mehr wirkt ? Ich spürte die Wirkung nach einiger Zeit nicht mehr so deutlich merkt aber im Alltagsgeschehen das ich anders klarkam.

Hallo @Fritz3 und herzlich willkommen!

Kannst du bitte genau erklären, wie sich deine Depression äußert? Geht es nur um den mangelnden Antrieb, oder gibt es auch andere Symptome?

Hat man bei dir organtechnisch alles abgecheckt was eventuell zu einer Depri führen könnte?

Klar schreit dein Hirn ständig nach Dopamin, wenn du dir regelmäßig so ein Cocktail verpasst. An Stelle von deiner Pumpe möchte ich wirklich nicht sein und deine Ärztin gehört verboten.