Hallo ihr Lieben,
ich lese schon einige Zeit hier still mit und wollte mich nun auch mal vorstellen…
Ich heiße Kati, bin im Februar 40 Jahre alt geworden und wohne in der Nähe von Aschaffenburg. Am 01.08. habe ich nach einem langen Leidensweg die Diagnose ADHS bekommen.
„Kurz“ zu mir und meiner Vergangenheit:
Ich habe mich als Kind schon „anders“ gefühlt, habe nie richtig Anschluss gefunden, wurde wegen meines Übergewichtes von meinen Mitschülern körperlich gequält und gemobbt.
Ich bin mit einem narzisstischen Vater aufgewachsen… Allein darüber könnte ich ein Buch schreiben. Aber kurz: er hat mir jegliches Selbstwertgefühl genommen. Er war selbstständig und immer verärgert darüber, dass ich ja kein Junge geworden bin! Dennoch sollte ich mal die Firma übernehmen. So wurde ich gezwungen eine kaufmännische Ausbildung bei ihm zu machen (das von ihm geplante Fachabitur mit anschließendem BWL-Studium habe ich nicht geschafft - wen wunderts?). Weil ich für ihn zu nichts nutze war, hat er mich weiter fertig gemacht, bis ich es 2016 endlich geschafft habe, den Kontakt komplett abzubrechen.
Ich war ab 2009 für über 13 Jahre in Psychotherapie - warum hat diese Therapeutin es nie bemerkt, dass ich ADHS habe? Das frage ich mich heute. Sie hat unprofessioneller Weise über die Jahre eine sehr enge/persönliche Beziehung zu mir aufgebaut. Ich habe es zugelassen, weil ich es irgendwie schön fand und auch gebraucht habe. Dass es nicht gut war, habe ich später erst bemerkt. Eigentlich war es so, als wäre ich 13 Jahre lang zu einer Freundin zum Kaffeeklatsch und auskotzen gegangen. Ich versuche es nicht allzu schlecht zu reden, denn sie hat mir immerhin geholfen, den Kontakt zu meinem Vater abzubrechen.
Ich habe gefühlt sämtliche Antidepressiva durch, die mir aber nie so geholfen haben. Mein Weg ist gepflastert von Niederlagen, großer Anstrengung und jeder Menge Enttäuschungen. Ich habe es bis heute nicht geschafft, aus meinem verhassten Bürojob auszusteigen, denn ich weiß nicht, wer ich bin und was ich gut kann. In meiner Kindheit und Jugend wurde jegliche Kreativität und all meine Interessen durch den Tyrann namens Vater unterbunden. Ich habe nie gelernt ich selbst sein zu dürfen.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich zuletzt gesund gefühlt habe - hab ich das überhaupt jemals? Keine Ahnung. Ich leide seit meiner Jugend unter chronischer Migräne, habe eine Binge-Eating-Störung und bin sehr übergewichtig. Bei PCOS und schlimmen Verspannungen + Bruxismus habe ich auch „hier!“ geschrien.
Jedenfalls wurde all die Jahre immer nur an den Symptomen herum gedoctort.
Als 2020 der erste Lockdown war und ich ins Homeoffice verbannt wurde, habe ich angefangen, mich selbst zu „behandeln“ - mit Cannabis. Kiffen wurde meine Zuflucht, mein Halt, mein Anker und allabendliches Ritual. Endlich war da mal Ruhe im Oberstübchen. Dachte ich zumindest.
Vor 2 Jahren hat meine Schwester mich gefragt, ob ich mich jemals mit ADHS beschäftigt habe (ihre Mitbewohnerin hat es und sie sah Parallelen zu sich selbst und zu mir). Damals hatte ich angefangen, mich einzulesen. Und ich habe mich einfach mit allem identifizieren können. Auf einmal waren da Antworten auf Fragen, die ich mir nie gestellt hatte.
Natürlich wollte ich es dann genau wissen und begann die Suche nach einer Diagnose-Möglichkeit. Wie schwer das ist muss ich euch ja nicht berichten…
Zwischenzeitlich hatte ich mir einen Termin bei meinem frühere Neurologen/Psychiater gemacht. Ich hatte Hoffnung, dass er mir irgendwie helfen kann oder mir Tipps geben kann, wo ich noch wegen einer Diagnose anfragen kann. Das war diesen Januar.
Ich war 10 Minuten in seinem Sprechzimmer und habe von meinem Verdacht berichtet.
Er: „ja, das klingt ganz nach ADHS. Komisch, dass wir das früher nie bemerkt haben. Ich kann Ihnen was aufschreiben.“
Ich: „Ich möchte aber kein Antidepressiva mehr nehmen. Das hat mir nicht geholfen.“
Er: „Nee, nee, was gegen ADHS. Ich verschreib Ihnen Elvanse (30mg).“
Und schwupps stand ich mit dem Rezept vor der Praxis. Ohne Aufklärung, komplett verunsichert.
Aber ich war neugierig und hab am Wochenende drauf samstags eine Tabelette genommen. Das war natürlich viel zu viel! Ich hatte ein paar schöne Stunden. Als die Wirkung eintrat hatte ich zum ersten Mal in meinem ganzen Leben Ruhe in meinem Kopf. Es war so unfassbar schön, dass ich vor Rührung geweint habe.
Als die Wirkung nachließ, bekam ich die Migräneattacke des Todes. Atomkrieg in meinem Kopf… Um Gottes Willen, das nehm ich nicht mehr ein…
Zum Glück habe ich in der Zwischenzeit einen Diagnose-Platz (Selbstzahler) gefunden und habe am 01.08. die Diagnose ADHS bekommen.
Eine Welle der Erleichterung kann ich euch sagen!!!
Aber auch jede Menge Verunsicherung. Wie geht es jetzt weiter?
Inzwischen war ich zum Erstgespräch bei einem Institut für Psychotherapie. Stehe dort nun auf der Warteliste für eine Verhaltenstherapie.
Zum Gespräch kam dort natürlich auch mein Cannabiskonsum und dass man als Konsument keinen Therapieplatz bekommt - wusste ich nicht… Meine Gefühle darüber waren gemischt und es ging mir ein paar Tage wirklich beschissen. Aber ich möchte so sehr nochmal in Therapie gehen, dass ich nun seit 6 Tagen abstinent bin, worauf ich auch hammermäßig stolz bin nach 4 Jahren Dauerkonsum. Ich hab fest vor, das durchzuziehen und hoffe, bald dort einen Platz zu bekommen. Es hieß, die Wartezeit ist ca. 8 - 10 Wochen.
Heute war ich nun nochmal bei meinem ADHS-ahnungslosen Neurologen.
Er: „Schön, dass Sie nun eine Diagnose haben, aber was machen Sie denn nun hier? Es war doch vorher schon klar.“
Ich sagte ihm, dass ich Hilfe und Infos zur Eindosierung brauche und dass ich glaube, 30mg sind etwas viel für den Anfang.
Zum Thema Tabletten teilen sagte er: „Um Gottes Willen, machen Sie das nicht! Sie bekommen ja einen Flash!!!“ Was auch immer er damit meinte…
Er verschrieb mir 20mg Elvanse und schickte mich mit den Worten aus dem Zimmer: „Nehmen Sie die Tabletten, wir sehen uns im Oktober wieder.“
Nun stehe ich hier… Ahnungslos. Verunsichert… Würde das Medikament super gerne nehmen, werde ich auch. Aber ich fühle mich so schlecht beraten.
Hier habe ich jedenfalls schon sehr viel mehr gelernt als bei diesem Arzt und werde mir definitiv einen anderen suchen.
Oh man, sorry für diesen ewig langen Text. Ich frage mich grad, ob das jemand lesen will… Aber zum Löschen ist es mir zu schade… Ich kann einfach nicht kurz bin ein Plappermaul
Jedenfalls bin ich froh, hier zu sein und freue mich auf den Austausch mit euch.
Ganz liebe Grüße,
Kati