Diagnosetermin nächste Woche - von "Medikinet-Missbrauch" erzählen?

Ich habe nächste Woche meinen 1. Diagnosetermin. Neben dem Verdacht meines Neurologen überlege ich, ob ich ansprechen soll, dass ich manchmal Medikinet einnehme, um weniger chaotisch zu sein.

Ich nehme Medikinet nicht, um für Prüfungen zu lernen, sondern um meinen Alltag manchmal besser bewältigen zu können. Andererseits weiß ich, dass es faktisch der Missbrauch eines Betäubungsmittels ist und die Psychologin den Eindruck bekommen könnte, ich möchte die ADHS-Diagnose unbedingt haben, um legal an Medikinet zu kommen. Andererseits würde ich dadurch gerne ausdrücken, dass ich sonst oft große Probleme habe etwas auf die Reihe zu kriegen und Medikinet das lindert.

Mir ist das hier im Forum auch echt unangenehm und ich hoffe, ihr verurteilt mich nicht, da ja gerade durch den Missbrauch Medikinet in Verruf gerät.

Ich habe während der Diagnose erzählt dass ich vor ein paar Jahren häufig Amphetamine konsumiert habe, allerdings als Droge von der Straße. Habe aber dann als es von der Schule überging zum FSJ und ich absolut nichts mehr nach der Arbeit auf die Kette bekommen habe außer zu schlafen, zu essen und dann wieder zu schlafen, einige Zeit jeden Tag wenn ich Feierabend hatte eine kleine Menge konsumiert die mir geholfen hat. Also schon eine andere Situation als bei dir, ich kann aber sagen dass sie das als weiteren Hinweis gesehen hat, dass ADHS vorhanden ist. Ich denke mal dass es aber auch sehr personenabhängig ist wie jemand auf solche Aussagen reagiert.

Warum sollte man Dich dafür verurteilen? Weil Du ein Betäubungsmittel einnimmst? Selbstmedikation ist nichts seltenes. Natürlich mAn überwiegend mit Gras. Hier sind alle Anwesenden „Suchende“. Ich bin bei dem Thema allerdings doch zwiegespalten. Professionell gesehen bin ich sehr gegen BtM-Missbrauch. Persönlich betrachtet ist es mir aber weitestgehend egal. Jeder kann mit seinem Körper machen was er will, solange das keine Auswirkungen auf andere Menschen hat.

Damit will ich Betäubungsmittemissbauch nicht relativieren. Das ist grundsätzlich nicht gut. Das weisst Du aber selbst, sonst würdest Du Dir nicht solche Gedanken machen. Und immerhin nimmst Du nichts das irgendjemand in Ost-Europa in seinem Keller zusammengerührt hat, sondern ein sauberes Medikament.

Dass der „Verruf“ nun wirklich am Missbrauch liegt glaube ich nicht. Das ist eben der Aufhänger der Medien. Der „Student mit Leistungsdrogen“. Das ist eher problematisch, dass ADxS sehr überwiegend als etwas gesehen wird das es nicht gibt und nur eine Ausrede ist faul zu sein. Dazu noch die massenhafte „Zombifizierung“ von Kindern durch ADHS-Medikamente, damit sie gefügig und artig werden.

Ich kann nur für mich sprechen und sage: „Mach Dir deshalb mal keinen Kopf“.

Das ist echt schwer zu sagen. Kommt, denke ich, immer darauf an wem man gegenüber sitzt. Ich habe abgesehen von der Musterung und dem Wahlfach in der Schule keine Erfahrungen mit Psychologen. Ich war für meine Diagnostik beim Psychiater. Da wirst Du dann sowieso auch noch hin müssen, weil Psychologen in der Regel keine Medikamente verschreiben dürfen.

Ich wurde bei meiner Diagnose direkt danach gefragt, ob ich schon einmal Betäubungsmittel konsumiert habe. (Wie gesagt, Selbstmedikation ist keine Seltenheit, das wissen die auch). Meine Antwort war dann überwiegend Gras, einmal Speed. Danach kam die Frage wie es denn gewirkt hat. Also schildert man das nach bestem Wissen und Gewissen. (Wirklich ehrlich antworten!). Es stellte sich heraus, dass diese Substanzen anders wirken als sie „sollen“. Was rückblickend natürlich nicht verwunderlich ist, wenn man sich anschaut was bei einem ADxS-Hirn anders funktioniert. Sowas kann also dem Diagnoseprozess durchaus zuträglich sein, weil es ein weiteres Indiz zum Gesamtbild hinzufügt.

Wenn sie Dich danach fragt wäre es vielleicht schon vernünftig das zu erzählen. Vielleicht ein wenig harmloser verpacken, dass sie nicht von einer Regelmäßigkeit ausgeht. Das Gespräch selbst auf diesen Punkt richten würde ich vielleicht eher nicht.

Achtung jetzt wird es richtig hilfreich: Mach es von der Situation abhängig. Hast Du den Eindruck sie weiss was sie tut und würde Dich deshalb nicht verurteilen, dann erzähl es. Andernfalls wäre es vielleicht sowieso besser einen anderen Ansprechpartner zu suchen, da man sich schon wohlfühlen soll.

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Hey Sopherl,

Ich hatte vor 3 Wochen den ersten Diagnose Termin und hab ganz offen von meinem Substanzmiss- oder - gebrauch) erzählt.
Das ist eine bekannte Co-Morbidität.
Ich habe von meinen früheren Drogenerfahrungen und von meinem täglichen Cannabiskonsum erzählt. Speed habe ich vor Jahren auch schon zum „funktionieren“ eingesetzt.
Außerdem hatte auch 3 Wochen vorher mit Medikinet angefangen und war nur so halb zufrieden damit und dachte, die Info ist vielleicht auch ganz verwertbar für den Psychiater.

(Meine Hausärztin, die mir schon Bedarfs Medikation für Ängste verschrieben hatte, hat mir nach Ausschluss von Schilddrüsenerkrankungen mit Bauchschmerzen ein Privatrezept für Medikinet verschrieben. Und dann zum Glück mit dem Diagnosetermin geholfen.)

Der Psychiater fand das zwar ein bisschen ungewöhnlich, dass man mit der Therapie vor der Diagnose anfängt, aber Geduld ist nicht meine Stärke.

Ich habe auch offen erzählt, wie ich das mit dem Cannabis in Kombi damit halte und wo ich so Probleme mit der Wirkung habe.

Ich kann dir natürlich nicht sagen, was jetzt beim nächsten Termin passiert bei mir und ob das noch Konsequenzen hat, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ihn meine Erfahrungen irgendwie sonderlich verwundern und ich fühlte mich auch nicht dafür verurteilt.

Und, wie gesagt, es ist eben auch sehr nachvollziehbar, dass Menschen mit fehlender Diagnose sich häufig selber auf die Suche nach Lösungen machen.

Dir viel Glück für das Gespräch. Ich hoffe, du fühlst dich genauso verstanden wie ich.
Für mich war es ehrlich gesagt ziemlich schockierend, dass ich so ernst genommen wurde. Ich hatte genau so Angst wie du.
Es hat mich ziemlich umgehauen, dass sie überhaupt nicht notwendig war.
Für mich war wohl es eine gute Entscheidung so offen zu sein.

Danke für deine Antwort! Schön, dass du eine so positive Erfahrung gemacht hast.

Ich habe einfach, wie schon gesagt, bisschen Angst, dass mir das alles falsch ausgelegt wird. Ich konsumiere auch hin und wieder Koks und es wirkt bei mir tatsächlich nur beruhigend, wenn ich es ohne Alkohol nehme. Mit Alkohol komme ich eher in Partylaune. Aber mit Koks habe ich das Gefühl, alles fest im Griff zu haben, das geht denke ich aber den meisten so. Ich hoffe einfach, dass der Diagnosetermin mir Klarheit verschafft, möchte ja auch nicht ein falsch positives Ergebnis:)

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Also der Arzt hat auch danach bei mir gefragt.
Ich habe auch Erfahrungen mit Kokain und habe auch das ganz ehrlich beantwortet.

Gerade Kokain, Speed und jede andere Art von Stimulanz sind häufig in der Fachliteratur genannt als überaus gängig unter ADHS Patienten.

Und ein falsch positives Ergebnis will ich auch nicht. Der Arzt wird noch eine Differentialdiagnose machen. Er sagte nur, er wusste gerade nicht womit. Mir scheint, ich bin wohl so ein klassischer Fall ausm Lehrbuch.

Und dein Substanzkonsum hört sich von hier aus ja auch irgendwie nach Lehrbuch an.

Vielleicht kommen deine Ängste von der Gewissheit, dass das illegalisierte Drogen sind?
Das ist ja auch ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor für uns Konsumenten…

Danke! Nicht unbedingt Angst, weil sie illegal sind. Sondern dass ich einfach den Eindruck erwecke, dass mein eigentliches Problem die Drogen sind. Aber ich konsumiere nicht regelmäßig.

Ich mag ja etwas optimistisch sein, aber wenn du der Fachkraft da erzählst, wozu und wie du das einsetzt und wie die Wirkung bei dir ist, denke ich schon, dass der Mensch dann die richtigen Schlüsse ziehen kann.
Du hast ja wahrscheinlich noch andere Probleme und danach wird bestimmt auch gefragt werden.
Und wahrscheinlich hast du auch nicht als Kind damit angefangen, sondern frühestens als Heranwachsende und auch das ist ja ein relevanter Teil der Diagnostik.

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man bei so einer komplexen Sache wie ADHS sich nur auf so einen Teilaspekt konzentrieren könnte.
Ähm, wobei, da muss ich mir leider auch an die eigene Nase fassen… Ich hab auch Jahre lang alles aufs Kiffen geschoben und hab selber nie darüber nachgedacht, dass ich als Kind ja wohl auch nicht solche Probleme damit hatte… :sweat_smile:
Nun gut. Welcome to the club…

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Wieviel hast du denn genommen. Ich mein die Dosierung.
Und hast du was dazu gegessen?

Hi @Sopherl,
mal eine philosophische Frage:

Wie definierst du in deiner Situation Wahrheit für dich?
Ist es dir wichtig, immer die Wahrheit zu sagen, musst du von deinem Konsum berichten.
Ist die Wahrheit, dass du mehr Lebensqualität haben möchtest, ohne dafür illegal konsumieren
zu müssen, musst es nicht öffentlich machen. Was andere über dich denken könnten, spielt keine Rolle, du weißt es ja eh nicht. Blöd wäre nur, wenn du es für dich behältst und die Blutuntersuchung zeigt ein anderes Ergebnis. :upside_down_face:

Entweder Medikinet adult 20mg oder 10mg (retardiert). Obwohl ich das Gefühl habe, dass 10mg bei mir nicht wirklich was verändert außer einen trockenen Mund.
Ich wusste tatsächlich nicht, dass man dazu essen soll und habe das am Anfang nicht gemacht. Nun esse ich aber davor immer gut, da ich einen Reizdarm habe und das Gefühl habe, dass sich Medikinet schon etwas negativ darauf auswirkt (kann aber auch nur Einbildung sein).

Die Wahrheit zu sagen hat für mich keine oberste Priorität. Aber ich möchte einfach unbedingt verhindern, dass es eine falsch positive oder negative Diagnose gibt. Und deswegen wäre es mir schon sehr wichtig, der Psychologin nichts Relevantes zu verheimlichen:)

Ich habe Medikinet tatsächlich auch zu Beginn nie mit dem Verdacht genommen, ADHS haben zu können. Sondern einfach gedacht, dass ich allgemein ein hibbeliger und unruhiger Mensch bin. Und mir Medikinet eben dann beim Lernen helfen würde - ich habe dann aber gemerkt, dass ich nicht wie Bekannte auf einmal im Turbo-Modus lernen konnte. Sondern einfach ein bisschen „geordneter“ bin oder bei Gesprächen zuhören konnte ohne einen Fluchtinstinkt zu haben. Ich habe einfach das Gefühl, durch Medikinet mehr Balance in meinem Leben zu haben.

Eigentlich ist es ja kein Missbrauch, wenn du bereits davon ausgehst, ADHS zu haben und eine für dich brauchbare Dosis gefunden zu haben, die nicht aufputscht, sondern eben die ADHS-Symptome ausgleicht.

Es ist nur natürlich nicht legal, logisch.

Und den Eindruck erwecken, eine Diagnose haben zu wollen, um legal an Medikinet zu kommen? Der „Eindruck“ wäre ja nun genau richtig, oder? :adxs_wink_2:

Und eben nicht unberechtigt. Du glaubst ADHS zu haben, du weißt dass Methylphenidat hilft, also möchtest du eine Diagnose haben und Methylphenidat bekommen, wie inzwischen einige tausend andere ADHS-ler auch.

Dass du das mehr oder weniger regelmäßig machst, solltest du vielleicht nicht gleich erzählen. Aber dass du es schon mal ausprobiert hast, warum nicht?

Wichtig ist mir hier aber Folgendes dazu zu schreiben: Empfehlen tun wir das hier im Forum nicht! Weil es nicht erlaubt ist, logisch, aber nicht nur.

Sondern weil es auch zu falschen Schlüssen führen kann: MPH/Amfetamin hilft mir nicht, also ist es wohl keine ADHS. Es ist aber meistens nicht möglich, von einer/m Bekannten so viel von einem Medikament zu bekommen, um für sich die richtige Dosis des richtigen Mittels zu finden und dann sagen zu können, das ist es. Du hast offenbar schnell Glück gehabt.

10 oder 20 mg retardiert sind kein Drogenmissbrauch.
Hier allenfalls Medikamentenmissbrauch.
Schön, dass es dir hilft.

Wie auch schon Falschparker sagte:
Ohne Diagnose und ohne ärztliche Begleitung ist das gefährlich und wir warnen davor. Es gibt viele Faktoren, die ein Arzt zuerst anschaut, bevor er etwas verschreibt, die hier deshalb nicht in der entsprechenden Häufigkeit oder Genauigkeit thematisiert werden.

Habe damals der Psychlogin erzählt das ich die Diagnose brauche um meine Abschlussarbeit zu schreiben und dann für den Berufseinstieg. Mit den Ziel die Koffeintabletten mit etwas sinnvollerem zu ersetzen. Die Diagnose war da aber schon in vielen anderen Einzelheiten deutlich erkennbar.

Ich denke es kommt immer auf das Gesamtbild an.

Danke! Habe tatsächlich gerade keinen wirklichen äußeren Druck, eine Diagnose zu bekommen. Möchte einfach, dass sich meine persönliche Situation verbessert und ich ein glücklicheres, ausgeglicheneres Leben führen kann. Angenommen es wäre ADHS, fände ich es dann schon bitter, weil Schul- und Unizeit teilweise absoluter Horror waren und ich hier auch mein Umfeld mehr als enttäuscht habe.

Dadurch dass ich durch Medikinet oftmals Magenprobleme habe, wäre das tatsächlich für mich auch keine Lösung, sondern eher eine passende Verhaltenstherapie oder so.

Okay, gehen wir gedanklich mal einen Schritt weiter und du hast deine Diagnose vorliegen.

Dann gibt es eben nicht nur Medikinet, sondern auch noch verschiedene andere Medikamente.
Einige auf Basis von MPH wie Medikinet, andere auf Basis von LDX.

Aber das ist etwas, was du dann mit einem Arzt zur Eindosierung besprechen solltest.

Ich wollte dir nur damit sagen, dass es eben nicht nur das eine, sondern auch noch mehrere andere Sachen gibt.

Drücke dir die Daumen und hoffe für dich, dass du die Möglichkeit zu einer Diagnose bekommst.

Ach ja, nur aus Interesse…
Hast du den Test auf adxs.org mal gemacht?

Den Test habe ich mal gemacht: „Insgesamt wurden 104 von 169 Fragen so beantwortet, wie es für ADHS typisch ist. Damit hast du 61,5 % der Fragen ADHS-typisch beantwortet. (…) Für deine Antworten hat der Test Hinweise auf 74,4 % der Symptome ermittelt (32 von 43 ).“

Ich habe bei dem Termin diese Woche über Medikinet gesprochen, weil es sich so ergeben hat und ich auch gerne erzählen wollte, wie ich darauf reagiere.

Das Ergebnis klingt doch recht eindeutig.

Wie war denn die Reaktion?