Diagnosetermin - was ist zu beachten? Schulzeugnisse mitbringen?

Liebes Forum,

in 5 Wochen habe ich einen Diagnostik-Termin. Laut Sprechstundenhilfe muss ich nichts vorbereiten. Laut Website kann ich Zeugnisse mitbringen.

Nun sind 5 Wochen ja doch noch eine lange Zeit und daher die Frage: Gab es Dinge, welche Ihr vor dem Termin gemacht habt? Z.B. nochmal mit bestimmten Personen gesprochen, alte Zeugnisse durchgegangen, Schule Revue passieren lassen.

Ich habe meine alten Grundschul-Schulzeugnisse alle nochmal durchgelesen und m.Mn. spricht nichts wirklich für eine AD(H)S. Ich war fast schon überangepasst, übereifrig und hatte immer einen 1er-Schnitt im oberen Bereich. Einzeln diese Sätze sind mir negativ aufgefallen:

  • „Nachdem sie anfangs nur zu wenigen Mitschülerinnen Kontakt suchte, gelang es ihr schließlich ihre Beziehungen in der Klasse auszudehnen.“
  • „Das Risiko Fehler zu machen, brachte sie bei Tests stark unter Druck. Durch wiederholtes Nachfragen beim Lehrer versuchte sie dies zu umgehen.“
  • „Ihre Aufgaben erledigte sie gerne alleine, war aber auch zu Partner- oder Gruppenarbeit bereit.“

Ansonsten finden sich oft Phrasen wie „war stets konzentriert, pflichtbewusst, konnte sich sehr gut organisieren.“ Ich frage mich daher, ob ich die Schulzeugnisse zur Diagnostik mitnehmen soll - ich komme mir hier schon wie ein Clown vor, der sich irgendeine Diagnose herbeizaubern möchte und dafür dann noch Geld ausgibt. M. Mn. sahen die Lehrer halt nicht, wie ich privat war und ich vor jedem Elterngespräch meine Mutter angebettelt habe, sie soll bitte nicht von meinen Wutanfällen/ Zickereien/ Unselbstständigkeit für Schulprojekte erzählen (und die vielen Stunden an Zeit, die sie hier reingesteckt hat). Unsere damaligen Nachbarn wollten deswegen auch mal das Jugendamt rufen, weil es bei uns zuhause oft laut wurde.

Ich frage mich auch, ob ich die Diagnostik absagen soll, da die Zeugnisse eine ganz andere Sprache sprechen und ob es bei mir einfach nur meine Angststörung und Faulheit sind, die mich blockieren.

Viele Grüße

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Moin @Sopherl

Das wichtigste war bei mir vermutlich meine Notizen mit allem was ich bei mir mit ADHS in Verbindung bringe.

Also sowohl Probleme als auch Fallbeispiele.

Diese bitte nicht auf einmal unter Druck schreiben sondern, da du noch genug Zeit hast, nach und nach auf einem medium deiner Wahl (bei mir ist das da irgendwie immer Papier und Stift).

Zusätzlich hatte ich meine gesamten Zeugnisse (bis einschließlich Abi in korrekter Reihenfolge (bin was sowas angeht fast zwanghaft)) dabei.

Es geht halt nicht nur nach den Zeugnissen sondern u.a. auch nach dem Eindruck.

Daher auch die Notizen.

Und mach dir bitte keine Sorgen wegen deinen zweifeln.
Die hat eigentlich jeder von uns. Sowohl davor, als auch phasenweise noch lange Zeit danach :wink:

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Hallo @Sopherl !

Kann = nicht muss. Ich würde sie an deiner Stelle mitnehmen aber nur zeigen, wenn danach gefragt wird!
Ich habe auch total unauffällige Grundschulzeugnisse (Gymnasium war dann aber extrem auffällig) und das aufgrund dessen, dass ich einfach eine tolle Lehrerin hatte, die nur die Stärken der Kinder betont hat.

Bei meiner 1. Diagnostik wurden mir die Zeugnisse zum Verhängnis. Ich habe zwar von meiner Lehrerin erzählt, aber das war trotzdem der Grund dafür, dass ich „die Kriterien nicht erfülle“.

Deswegen kann ich dir nur raten, dass WENN du die Zeugnisse zeigen musst, du den Kontext dazu erzählst:

Das bedeutet ja, dass du definitiv Probleme hattest, aber diese in der Schule gut verstecken konntest!!
Grundschulzeugnisse werden nicht geschrieben um Jahre später als Vorlage für eine Diagnostik zu dienen.

Ich habe eine Symptomliste inkl. Beispiele geschrieben. Unterlagen wie Zeugnisse rausgesucht.

Ich habe auch mit meiner Mutter, Schwester, Freund darüber gesprochen. Wollte auch wissen, was die über meine Kindheit sagen. (Habe meine Schwester gefragt, ob sie meint, dass ich als Kind Wutanfälle hatte und sie hat total gelacht und mich dann ungläubig angeschaut: Meinst du das ernst? Du bist andauernd ausgerastet!)

Diese Sachen habe ich auch mit in die Symptomliste einfließen lassen!

Ich habs gerade nicht im Kopf, hast du den Symptomtest hier auf der Seite auch gemacht? Was war dein Ergebnis?

Liebe Grüße :heart:

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Bei mir war es so, dass nach Zeugnissen gefragt wurde und in denen auch Hinweise waren. In dem „Diagnostikschreiben“ wurde davon aber nichts erwähnt. Hatte das Gefühl, dass die Zeugnisse bei mir eher das Gesamt abgerundet haben. Aber nicht notwendig waren.

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Danke! Dann nehme ich sie mal mit und werde sie aber nicht proaktiv vorzeigen.

Ergebnis vom Test: „Insgesamt wurden 104 von 169 Fragen so beantwortet, wie es für ADHS typisch ist. Damit hast du 61,5 % der Fragen ADHS-typisch beantwortet. (…) Für deine Antworten hat der Test Hinweise auf 74,4 % der Symptome ermittelt (32 von 43 ).“

Ich möchte gerne mit meinen Eltern darüber sprechen, aber sie sind oft der Ansicht, dass Menschen eine psychische Erkrankung als Begründung für irgendein Verhalten nehmen (das gleiche mit meiner Angststörung). Ist einfach schwierig, ein konstruktives Gespräch mit beiden zu führen. Meine Mutter schwankt immer „du warst so ein schreckliches Kind, dein Leben ist eine einzige Baustelle“ und „man kann sich viel einbilden“. Daher wäre es mir auch wichtig, zu verstehen, ob vielleicht auch was auf Borderline hindeutet.

Danke!

Ich hatte mir vorgenommen alles nochmal zu reflektieren und zusammenzufassen vor dem Termin. Habe das dann rausgeschoben, vergessen und tatsächlich den Termin fast verpeilt. Kam fast eine halbe Stunde zu spät.

Musste dann, wie immer bisher im Leben, improvisieren :smiley:.

Gott sei Dank war der Vormittag für die Diagnostik komplett reserviert, so dass es noch möglich war weiter zu machen.

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Das mit deinen Eltern kann ich gut verstehen. Ich habe das selbst oft erlebt, eben genau dass Menschen sehen wieviel einfach schief läuft aber trotzdem scheinbar glauben, es wäre eine Sache des Willens.

Das kann sehr verletzend sein, denn solche Gedanken hat man selbst ja schon genug! Vielleicht würde es helfen, das Gespräch damit zu beginnen, dass es dir wichtig ist, ernstgenommen zu werden auch wenn deine Eltern andere „Ansichten“ darüber vertreten?

Es kann natürlich trotzdem sein, dass du enttäuscht wirst.

So seltsam, dass Menschen anerkennen, dass jedes Organ, jede Zelle des Körpers krank werden kann aber das Gehirn? Nein! Vielleicht bei Krebs.

Bei vielen psychischen Erkrankungen sind sogar bildlich feststellbare Veränderungen im Gehirn, so zB auch bei Traumata. Aber dir brauch ich das ja nicht zu erklären, sorry :see_no_evil:

Ich gebe die Kämpfe mit uninformierten Menschen auch irgendwie nie auf, deshalb werde ich zB auch so oft verletzt. Es fällt schwer, hinzunehmen, nicht verstanden zu werden!

Ich drück dir die Daumen :slight_smile:

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Danke für deine ausführliche Antwort.

Ich hoffe einfach, dass mir der Termin Klarheit verschafft und ich dann entsprechend handeln kann. Weil ich möchte ja was in meinem Leben ändern, aber weiß überhaupt nicht wie.

Danke!

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Hast du den nur diesen einen Termin oder ist das einfach der erste?

Ich habe meinen ersten hinter mir, da wurden erste Tests gemacht sowie ein kleines Interview geführt.
Nachher bekam ich einen Stapel Fragebögen (auch Fremdbeurteilung) und beim zweiten Termin wird die Auswertung angeschaut und ein grosses Interview geführt (da hat der Psychiater auch gemeint, ich können die Zeugnisse mitnehmen, klang bei ihm aber nicht so, als wäre ihm das jetzt wahnsinnig wichtig)

Sag die Diagnostik nicht ab.
Die Zeugnisse zeigen ja nur einen Teil deines Lebens.

Bezgl. Eltern:
Ich konnte die Fragen zu meiner Kindheit zu einem grossen Teil nicht selbst beantworten und hab meine Mutter angerufen und ihr nur gesagt, dass ich ein paar Fragen zu meiner Kindheit hätte und ihr erst danach erzählen würde, worum es geht.
Das hat gut geklappt und war z.t. überraschend.
Evtl. ein gangbarer Weg für dich?

Ich hab mich insofern vorbereitet, dass ich mich schon längers mit dem Thema befasse und auch meine Symptome niederschrieb (und diese dann zuhause liegen lies :smiley: )

Das ist mein erster Termin zur Anamnese (3-stündig). Dann nochmal ein 2. Termin für ein Abschlussgespräch für ca. 30min. Habe auch gedacht, dass sich sowas über Wochen oder Monate erstreckt. Mir wurde auch nicht mitgeteilt, was die 3 Gespräche für die Anamnese beinhalten, werde da nochmal nachfragen.

Ich habe meinen Eltern davon jetzt doch erzählt, weil es sich so ergeben hat. Mein Vater konnte nichts wirklich dazu beisteuern. Meine Mutter meinte, dass ich wohl sehr schwierig war und ziemlich nervtötend, aber eher im Privaten und weniger in der Schule.

Danke, ich habe meine Symptome auch mal begonnen zu notieren. Finde es halt echt kompliziert nach so vielen Jahren meine Kindheit zu beurteilen, auch für meine Eltern.

Wichtig ist dass du deine Probleme welche dich ja zu diesen Termin veranlasst haben im Vordergrund stehen. Probleme oder Symptome ändern sich mit den Jahren.
Mein Psychologe ist ein Spezialist und hat viel Erfahrung mit ADHS. Er meinte zu mir dass Zeugnisse von ihm nicht so hoch gewertet werden. In meinem Zeugnis steht einmal alles super und im nächsten er hat die ganze Klasse abgelenkt.

Du wirst ein Test machen wo die Gegenwart auch abgefragt wird, finde dies viel wichtiger wie die Vergangenheit.

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Danke! Ich denke auch, dass die Gegenwart wichtiger ist. Aber möchte halt gerne beim Diagnose-Termin die Psychologin nicht in die ADHS reinreden und am Schluss ist es dann meine Angststörung.

Noch zum Thema Psychologe eine Frage: Erstellen Psychologen anerkannte Diagnosen oder dürfen das nur Neurologen/ Psychotherapeuten? Weil falls ich eine Diagnose für ADHS erhalten würde, würde ich ja auch gerne mir entsprechend Hilfe suchen wollen.

Laut der Psychologin wird nach Wunsch entweder ein Attest oder ein psychologisches Gutachten erstellt. Was kann ich dann mit dem machen? Mich an einen Neurologen wenden?

Hey @Sopherl

Psychologen sind in der Lage aufgrund ihres umfangreichen Studiums Diagnosen zu stellen (Psychotherapeuten natürch auch, oft sind auch das Psychologen mit Zusatzausbildung), aber sie dürfen keine Medikamente verschreiben. Dafür brauchst du einen Arzt (Psychiater).

Eine eventuell parallel erforderliche Psychotherapie kann ein Psychologe natürlich durchführen :wink:

Viel Glück für dich :white_heart:

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Ich war in der Schule teils unaufmerksam, aber genau wie du ein 1-er Kandidat. Ich war immer sehr sehr angepasst… von Anfang an…
Der Psychologe hat mich während der Diagnostik angesehen und bei einigen körperlichen Übungen zb. zum Gleichgewicht nur festgestellt dass er noch nie jemand gesehen hat der soooo unter Stress steht also Körperlich… ich habe seit 37 Jahren versucht mit aller Gewalt jedes Symptom zu unterdrücken…
und das ist das Problem… grade diejenigen die sich so stark anpassen haben dann später Probleme. Falls du Instagram hast folge mal dem Account kirmesimkopf…

LG

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