Diagnostik negativ, fühlt sich aber nicht so an

Hallo,
ich bin m, 38 Jahre alt. Ich habe mich kürzlich auf ADHS Testen lassen und nun ein negatives Ergebnis bekommen. Es fühlt sich aber irgendwie nicht richtig an. Ich wurde nach ICD-10 mit WURS-K und WRI beurteilt, sowie anhand meiner Grundschulzeugnisse. Dabei wurde beobachtet, dass ich nur das Haupkriterium Aufmerksamkeitsstörung, sowie das Nebenkriterium Desorganisation erfülle. Ich mit dem Gesamtscore von 28 aber nicht den Cutoff Wert von 40 erfülle.
Meine Grundschulzeugnisse sind auch komplett unauffällig. Desweiteren wurde mir eine überdurchsnittliche verbale (118) und nonverbale (135) Intelligenz bescheinigt.

Bei den Testbatterien haben sich Hinweise auf eine Beinträchtigung der Aufmerksamkeitsaktivierung, Beinträchtigung der geteilten Aufmerksamkeit und Störung der Vigilanz ergeben.

Was ich mich nun Frage ist, ob ich irgendwie durch das Raster falle, bzw. wie sich ADHS im Grundschulalter beim hauptsächlich unaufmerksamen Subtyp geäußert haben könnte?

Bei mir fing es erst am Gymnasium an so richtig abwärts zu gehen.
Ich habe auch wenig Erinnerungen an diese Zeit, weil es so weit weg ist und meine Eltern sind mir bei der Aufklärung dieser Zeit leider auch keine große Hilfe. Mein Bruder wurde im Jugendalter diagnostiziert, bei meiner Muttter vermute ich es zumindest. Ich wurde zwar nie als Computerspielsüchtig diagnostiziert (vor 25 Jahren hat das glaub ich auch noch niemand gemacht), hatte aber mehrere Episoden in meinem Leben, wo es meine berufliche/schulische Laufbahn runiert hat. Mein ganzer Lebenslauf ist eine einzige Katastrophe voller Scheitern (außer in familiärer Hinsicht).
Wenn ich nun keine ADHS habe, dann würde das ja irgendwie bedeuten, dass ich einfach immer nur faul und undiszipliniert war/bin und ich hatte gehofft durch eine Diagnose etwas Erleichterung zu verspüren. Ich habe schon 3 CBTs gemacht, wegen Depressionen die mit Anfang 20 diagnostiziert wurden. Ich will auch keine mehr machen, weil sie mir nicht wirklich weitergeholfen haben. Desweiteren hatte ich 3 Gehirnerschütterungen, davon eine mit klinischem Aufenthalt in meiner Kindheit (allerdings nur eine selbstverschuldet) und habe/hatte Asthma/Neurodermitis. Niedriger soizioökonomischer Status, trotz guter Intelligenz.

Ist es möglich, dass ich durch das Raster falle?

Danke für eure Antworten.

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Liegt der Cutoff beim Wurs-K nicht bei 30? Vielleicht möchte jemand anderer das bestätigen?

Bei 28 wärst du nah dran und es schließt eine Diagnose nicht aus. Da gibts eigentlich noch mehr Bögen zur Diagnostik. Teilweise müsste der Diagnostiker tiefer nachbohren und sich mehr Zeit nehmen als im 0815-Verfahren.

Manche machen sich das Leben aber auch gern einfach. Der Psychiater der mich diagnostizierte passt die Diagnostik entsprechend immer an. Alle die ich kenne durchliefen unterschiedliche Wege. Leider sind nicht alle Diagnostiker kompetent.

Falls du den Wurs-K selbst ausgefüllt hast, kann es sein dass du dich evtl. selbst zu gut beurteilt hast. Das kommt leider oft vor. Bspw. schätzen Patienten eine mittelstarke Depression gerne als Leicht an. Oder sie schätzen einen Burnout als leicht an, obwohl sie schon seit Monaten diesen Status übertrumpft haben und die leichte Form nicht wahrgenommen haben.

Schulzeugnisse sind unzuverlässig. Da kommt es sehr darauf an wie der Lehrer seine Schüler im Blick hatte. Wäre der Lehrer bspw. selbst betroffen, wären Verhaltenszüge nicht nennenswert für ihn.

Auch eigene Erinnerungen sind schwierig. Deine Eltern hast du nicht erwähnt. Aber auch die sind oft unzuverlässig, wegen der starken genetischen Komponente kommen auch diesen gewisse Verhaltensweisen als normal vor weil sie ggf. Betroffene sind.

Während des Unterrichts aus dem Fenster schauen, Unterricht nur bei interessanten Inhalten verfolgen, Turnbeutel/Material für die Schule zuhause vergessen, Hausaufgaben vergessen aufzuschreiben, aufgerufen werden und es nicht mitbekommen, evtl. im Vergleich zu anderen Schülern starke häusliche Unterstützung, langsames Tempo (insbesondere im Vergleich stagnierende Lernkurve), Rückseite bei Tests übersehen, den Eltern vergessen etwas mitzuteilen, bspw. Elternbriefe der Schule den Eltern nicht geben … :upside_down_face:

Später zeigt es sich auch durch stark schwankende Noten in den Zeugnissen.

    1. Klasse, Mathematik-Lehrer hat mir getaugt: Note 2
  • 8.-9 Klasse, der eine Mathe-Lehrer hat mir nicht getaugt: Note 4
    1. Klasse, gleicher Mathe-Lehrer wie in der 7. Klasse: Note 2

Danke für deine Antwort.
WURS-K waren 19. Wender-Reimherr-Interview 28
WURS habe ich selbst ausgefüllt.

Kann mich schon erinnern öfter mal aus dem Fenster gesschaut zu haben. Turnbeutel auch gerne mal vergessen, manchmal auch gelogen ihn vergessen zu haben um Magic the Gathering spielen zu können :smiley:
Hausaufgaben waren immer ein Kampf. Meine Eltern haben bei der Testung nichts beigetragen, würde ich auch nicht wollen, da mein Vater wenig zu Hause war und meine Mutter es als persönliche Kränkung ansehen würde wenn ich auch ADHS hätte.

Was ich mich manchmal frage ist, warum ich immer nur eine 2 in Mathe hatte in der Grundschule. In den Raven Matrizen schneide ich immer Top (99te Perzentile) ab. Also analytisch/ logisch eigtl. sehr gut. Ich kann mich noch an Leichtsinnsfehler erinnern. Vor allem am Gymnasium dann.

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Gerade gefunden:

Das Wender-Reimherr-Interview wird dafür kritisiert, die Symptome der überwiegend unaufmerksame Präsentationsform (ADHS-I) unterzubewerten

Ähnlich für WURS-K.

Schade, dass der DIVA-5 nicht gemacht wurde.

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Ja, das hatte ich auch schon so ein wenig rausgelesen. Es wird auch eigtl. empfohlen nach ICD-11 zu gehen.