Diagnostik von ADHS durch MRT in Kombination mit "Künstlicher Intelligenz"

<LINK_TEXT text=„https://www.sciencedaily.com/releases/2 … 145609.htm“>Artificial intelligence boosts MRI detection of ADHD -- ScienceDaily</LINK_TEXT>

Wie bei der Hirnentwicklungsstörung Autismus spielt auch bei der Hirnentwicklungsstörung ADHS die alternative und/oder verzögert sich entwickelnde Konnektivität eine Rolle… mal schauen, was dies in den nächsten Jahren für die Diagnostik von ADHS bringen wird…

Bei meiner Diagnostik wurde auch ein Kopf-MRT gemacht, aber es wurde anscheinend nichts besonderes gefunden, da mir nichts darüber mitgeteilt wurde.
Wie würdet ihr es denn finden, wenn irgendwann eine Diagnose anhand von MRT-Bildern möglich wäre? Welche Potenziale, welche Vor- und Nachteile seht ihr darin?

Hi,

ein MRT wird bei der Diagnostik allenfalls gemacht, um sicherzustellen, dass Symptome nicht von anderen Problemen herrühren.
AD(H)S kann man via MRT bislang nicht diagnostizieren.
Es gibt zwar jede Menge Biomarker für AD(H)S, aber sie sind so diffus und inkonsistent, dass sie noch nicht zur Testung taugen.
Falls jemand das vertieft nachlesen mag:
<LINK_TEXT text=„https://www.adxs.org/diagnostik-von-adh … emethoden/“>AD(H)S - Diagnosemethoden - ADxS.org</LINK_TEXT>

Bisher sind Fragebögen am zuverlässigsten, und zwar in Kombination mit Interviews und Leistungstests.
Der große Symptomtest von ADxS.org deckt sich mit 94 % der ärztlichen Diagnosen - das schafft bislang kein Biomarker.

Viele Grüße

UlBre

In „Autismus und ADHS“ von Tebartz von Elst sind Bilder von einem „autistischen“ Gehirn im Vergleich zu einem neurotypischen. So genau ich da auch draufstarre, ich finde den Unterschied nicht. XD Jedenfalls scheint es im Bereich Autismus (mehr oder weniger) sichtbare Unterschiede zu geben.
(In meiner Diagnostik ging es um beide Themen, vielleicht wurde deshalb danach geschaut.)

edit: Hab nochmal auf die Fotos geguckt. Hab das falsch verstanden, da sind nur Sachen eingezeichnet worden, es sind auf beiden Seiten die gleichen Fotos verwendet. Da können dann natürlich keine Unterschiede sein.

Es werden auch immer wieder Unterschiede in MRTs gefunden - da gibt es viele: Grössenunterschiedene verschiedener Gehirnareale, die Dicke des Kortex, Strukturveränderungen in der weissen Masse, etc. etc.

Das Problem ist halt, dass die Unterschiede nur als statistischer Durchschnitt zwischen der Gruppe der AD(H)S-Betroffenen und der Gruppe der Nichtbetroffenen statistisch signifikant sind. Sie sind nicht bei allen Betroffenen so ausgeprägt, dass man bei einem Einzelnen sagen könnte: Du hast AD(H)S oder Du hast es nicht.

Mal ein bisschen ins Klischee runtergebrochen, um es nachfühlbarer zu machen:
Das ist so wie die Charakterunterschiede zwischen Männern und Frauen. Vergleicht man eine große Gruppe Jungs mit einer großen Gruppe Mädels, ergeben sich zwei Gauß’ sche Verteilungskurven, deren Spitzen sich deutlich voneinander unterscheiden. Mädels sind einen Tucken sozialer, Jungs einen Zacken aggressiver. Aber die Ausläufer der Verteilungskurven überlappen sich. Ja, die aggressivsten Jungs sind aggressiver als die aggressivsten Mädels und die sozialsten Mädels sind sozialer als die sozialsten Jungs. Aber ansonsten gibt es Männer, die wesentlich weiblichere Traits haben als Frauen und umgekehrt.
Das sieht dann in etwa so aus wie auf diesem Bild hier: <LINK_TEXT text=„https://www.google.com/imgres?imgurl=ht … mrc&uact=8“>https://www.google.com/imgres?imgurl=https%3A%2F%2Fblogs.faz.net%2Fdeus%2Ffiles%2F2017%2F08%2Fgoogle-gra.jpg&imgrefurl=https%3A%2F%2Fblogs.faz.net%2Fdeus%2F2017%2F08%2F11%2Fmit-feministischer-ignoranz-vom-googlememo-zum-goolag-4527%2F&docid=BGw0x-2vIjn-PM&tbnid=-NjMLdmLFmH6HM%3A&vet=10ahUKEwiS0czqyermAhUDI1AKHW3oCFgQMwhJKAMwAw..i&w=926&h=350&bih=693&biw=1337&q=männer%20frauen%20gausssche%20verteilungskurven%20aggression&ved=0ahUKEwiS0czqyermAhUDI1AKHW3oCFgQMwhJKAMwAw&iact=mrc&uact=8</LINK_TEXT>
(Womit das Bild genau zu tun hat weiss ich nicht, darum gehts nicht).

Ergo kann man Männer und Frauen nicht anhand der Charaktertraits auseinander halten. dafür gibt es bekanntlich andere, recht eindeutige, Merkmale.

Zurück zu den Biomarkern: wer den ersten diagnostisch verwendbaren Biomarker für AD(H)S findet, wird als Held in die Wissenschaft eingehen.
Da AD(H)S jedoch sehr viele verschiedene Ursachen hat, wird das ganz schön schwierig.

Bekanntlich ist akuter schwerer Stress von AD(H)S nicht zu unterscheiden (obwohl akuter Stress Dopamin und Noradrenalin in PFC und Striatum überhöht, während DA und NE bei AD(H)S verringert sind). Grund ist, dass die Abweichungen vom optimalen Neurotransmitterspiegel die Symptome verursachen und eine Abweichung nach oben kaum von einer nach unten zu unterscheiden ist.
Chronischer Stress dagegen führt zu DA- und NE-Verringerungen in PFC und Striatum.
Der Unterscheid zwischen Stress und AD(H)S ist: Stress geht mit dem Stressor, AD(H)S bleibt.
AD(H)S kann nun eine Folge von chronischem Stress sein, der in einem Individuum seine epigenetischen Veränderungen bewirkt hat und, so dass die zuständigen Gene nun so anderes laufen, dass DA und NE verringert da sind oder wirken.
Alternativ kann AD(H)S eine Folge von Genen (Genvarianten) sein, die DA und NE verringern und so seit Jahrhunderttausenden durch die Geschichte geistern. Kommen von denen zu viele in einem Individuum zusammen, addiert es sich eben - wie Monsterwellen auf dem Ozean.
Am häufigsten dürfte AD(H)S eine Folge von Stress der letzten 2, 3 Generationen sein, da die epigenetischen Veränderungen über 2 bis 3 Generationen weitervererbt werden und dann wieder verschwinden (sofern sie nicht erneut durch massiven Stress epigenetisch verändert werden).

Die selben Symptome werden also von ganz vielen verschiedenen Ursachen ausgelöst (es sind hunderte, wahrscheinlich aber eher tausende von Genen involviert).
Und selbst auf der Symptomseite wissen wir alle hier, dass es sehr viele verschiedene Ausdrucksformen von AD(H)S gibt. Jeder AD(H)Sler hat ein ein wenig anderes AD(H)S.
Da ist es nicht so einfach, einen gemeinsamen Biomarker zu finden.

Auf der Ursachenseite gibt es sehr viele verschieden Möglichkeiten (Gene) und dadurch neurophysiologische Wege, wie AD(H)S entstehen kann.
Auf der Folgenseite ist es von chronischem Stress neurophysiologisch kaum zu unterscheiden, was die Erkennung massiv beeinträchtigt.

Viele Grüße

UlBre

Die würden mich ja mal interessieren. :wink: Darüber hinaus gibt es auch weitaus mehr auf dieser Welt als nur Männer und Frauen. Das macht Statistiken vermutlich nicht unbedingt übersichtlicher.

Dass auch chronischer Stress als Ursache vermutet wird, ist mir ganz neu, interessant…

Update dazu: Study: Detecting ADHD with near perfect accuracy - University at Buffalo

Medscape hat das auch aufgegriffen, da ist aber Bezahlschranke.

Die Methode hatte laut Studie ne Trefferquote von 99%

Hier noch von Medscape Brain Connectivity Patterns Reliably Identify ADHD

Es gab schon so manche extrem beeindruckenden Studienergebnisse, von denen mal leider in der Praxis nicht mehr viel gesehen oder gehört hat.

99% ist weit mehr als alles was es sonst so gibt.
Aber die 99 % sind auch nur eine Erkennungsrate bei der Auswahl zwischen Gesunden und AD(H)S-Betroffenen im Labor.
Klar, die anderen Studien messen auch nur so, deshalb sind 99 % (wenn reproduzierbar durch andere Studien mit anderen Autoren) schon sensationell.

In der freien Wildbahn gibt es eben eine krude Mischung von Betroffenen aller möglichen Störungen. Erst wenn eine Methode die alle sauber auseinander halten kann, dann wird man sie in jeder Neurologenpraxis sehen.